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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Tauchen oder Fußabwehr?



oka
20.11.2012, 09:37
Morsche.

Habe bereits gesucht, jedoch gibt es hier keinen Thread, in dem Videos analysiert werden bzw. wir untereinander Fragen stellen können... Und zwar gesammelt.
Ihr kennt es ja: Man schaut sich irgendwelche Torwartvideos an und denkt sich "War die Technik richtig?".

Dann fange ich auch mal direkt an.
Mir ist eben bei einem Video von Frank Rost folgendes aufgefallen:

In der Minute 3:14 pariert er einen Ball bewusst mit den Füßen und trainierte dies wohl gezielt. Auch Trapp pariert sehr oft mit der Fußbabwehr. Mein Torwarttrainer würde mir den Kopf dafür abhacken und besteht auf das "Abknicken". Also wo ich ein Bein nach hinten ziehe und mich nach vore zum Ball fallen lasse. Sei es gradeaus oder seitlich... Ich denke die Profis wissen schon was sie da tun. Ist die Reaktion mit der Fußabwehr einfach schneller? Also kommt man damit wirklich schneller zum Ball?

Hier das Video:
http://www.youtube.com/watch?v=9SRWQJryoOc


Grüße

übergreifer
20.11.2012, 10:03
Ich weiß nicht ob man das in einen ähnlichen Thread packen kann. Wenn es dem so ist, dann wird schon einer der Mods den Post auch dahin verschieben können. Man kann schon schnell nach unten tauchen. Aber die Beinabwehr ist ein legitimes Mittel, und soll auch trainiert werden. Die Reaktion per Beinabwehr ist in bestimmten Situationen einfach schneller. Ich weiß nicht warum diese von deinem TWT so veteufelt wird. Vielleicht weil du sie auch benutzt wo du hättest tauchen können? Es ist aber so, dass man nicht übertrieben versuchen soll die Beinabwehr anzuwenden.

oka
20.11.2012, 10:38
Dieses Abknicken kommt mir wirklich unnatürlich vor. Du musst dir vorstellen, dass du beide Hände vorne hast und ein hinteres Bein ruckhaft nach hinten ziehst und so automatisch runterfällst. Bin ich der einzige TW der sowas trainiert? Oder trainiert Ihr auch diese Fußabwehr gezielt.
Die Fußabwehr wendet man ja irgendwie aus einer Art Urinstinkt an, bin ich zumindest der Meinung.

Steffen
20.11.2012, 19:55
Also, einen Video Thread haben wir ja schon... auch mehrfach... das Video z.B. gehört eher in Torwarttraining bei Profivereinen... aber da wir nun über Dich sprechen, lasse ich es mal stehen.
Das Bein nach hinten ziehen ist Käse, weil man so nicht sauber stürzen kann.
Wenn muss man den Fuss vor dem Standbein vorbei und hoch schwingen, während das Standbein einknickt... so fällt man nicht nach vorn, aber trotzdem rasend schnell abwärts und seitlich.
Das nennt sich Tauchen... mit Tauchen kann man verdammt schnell unten sein und Bälle knapp neben den Füssen sichern....

Trotzdem muss man ab und zu leider die Füsse benutzen, nur kann man damit eben einen Ball nur abwehren, nicht sichern

(GK)
20.11.2012, 22:35
Teilweise gibst Du Dir die Antwort selbst, oka, die Aktionen von z.B. Trapp zeigen deutlich, was die Fussabwehr in gewissen Situationen reissen kann. Die Idee gewisser Torwarttrainer, dass man möglichst auf Fussabwheren verzichten soll, hat meist einen gewissen dogmatischen Hintergrund. Wie Steffen schreibt, kann man mit den Füssen nur abwehren, nicht festhalten (zumindest in den allermeisten Situationen, ausser man ist Zirkusakrobat) und das finden gewisse TwT halt eben unelegant und der edlen Torhüterzunft unwürdig.

Nun gibt es aber die Situation, und die ist sehr häufig, dass ein Ball sehr nahe ans Standbein und sehr schrarf geschossen kommt. Selbst wenn man da per schnellem Tauchen noch runterkommt, kann man den Ball, da hartgeschossen/ kurze Distanz/ abgefälscht whatever meist eh nicht festhalten. Dadurch erübrigt sich das einzige Argument für das Tauchen, deswegen kommt in der Situation dann das Bein zum Einsatz. Bei harten Bällen kann man den Ball mit dem Fuss meist sowieso sehr weit abprallen lassen, was dann die Zeit gibt, auf den Abpraller zu reagieren. Hat man den Ball nach einem "Taucher" nicht in den Händen, ist man in der Regel "tot" also Ball drin oder kurzer Abpraller.

Es kommt auch auf Dich als Torwarttyp drauf an: je kleiner/ beweglicher man ist, desto eher macht schnelles Tauchen Sinn. Hat man aber lange Beine, nutzt man evtl. besser deren Reichweite.

Meine Meinung: Beide Techniken haben ihren Wert. Du darfst Dir auf keinen Fall die Reflexe, einen nahe am Standbein hart geschossenen Ball mit dem Fuss zu parieren, von einem dogmatischen TwT abtrainieren lassen. Das sieht dann sonst so aus, wie wenn sich Unnerstall über einen flachen Ball drüber hinwegwirft, den er beinahe mit dem Innenrist hätte stoppen können.

Persönlich wende ich schnelles Tauchen selten an. Bleibt genügend Zeit für eine saubere Aktion, dann mache ich einen Seitschritt und nutze den tiefen Umarmungsgriff. Bleibt keine Zeit dafür, bleibt meist auch keine Zeit für Tauchen, sondern Fuss raus und weg die Pille, grade beim 1 gg 1. Das Tauchen bliebe übrig für die Bälle dazwischen, ein Stück weiter weg vom Fuss, nicht ganz flach, abgefälscht oder sonstwie nicht die typischen Fussabwehr-bälle. Aber die sind, zumindest bei mir, eher selten.

als kleiner Nachtrag: die Situation im Video ist ein gutes Beispiel für eine Fussabwehr. Mit tauchen wäe Rost da wohl zu langsam gewesen.

Beim Traninig kommt es natürlich auch darauf an, wie weit der Torhüter technisch sonst schon ist. Spielst Du schon seit Jahren im Tor und dein neuer TwT will Dir die Reflexe wegtrainieren, ist das Gift. Stellt man aber einen Feldspieler zum ersten mal ins Tor, wid er bei zu vielen Bällen die Fussabwehr verwenden, dort ists ne andere Sache, da muss die Aktion mit der Hand zum Ball erst richtig verinnerlicht werden. Im Training notfalls auch mal bei Bällen, die dafür nicht ideal sind, sondern unter "realen" Bedingungen vom Torhüter per Fussabwehr geklärt werden.

Steffen
21.11.2012, 07:13
Also, daß Tauchen hier hinzustellen, als könnte man damit keine festen Schüsse halten ist schlicht inkorrekt. Macht man es richtig, kann ich damit wirklich auch knochenharte Brecher halten. Sicher!
Das Tauchen, so wie ich es mache, geht leider nicht schrägt vorwärts, sondern seitlich. Das hat die Gründe, weil es nur so schnell genug ist und nur so auch den Körper sauber hinter den Ball bekommt...
Alles was leicht vorwärts und über den Ball geht, bringt den Körper meistens nur ungenügend hinter den Ball, zudem ist das Fallen komplexer, und damit langsamer...
Wenn nun dogmatisch IMMER der Torwart vorwärts zum Ball fallen soll, dann muss das Schwungbein nach hinten gezogen werden und das geht anatomisch wieder nicht so gut, die Bewegung wird daher gehemmt und langsamer und das tauchen wird langsamer, zudem bewegungsmotorisch ineefektiv...

La_Chat
21.11.2012, 08:57
Die Idee gewisser Torwarttrainer, dass man möglichst auf Fussabwheren verzichten soll, hat meist einen gewissen dogmatischen Hintergrund.

Tja, dann gehöre ich wohl auch zu diesen gewissen Torwarttrainern. Allerdings finde ich die Bezeichnung Dogmatisch ein wenig frech...
Es gibt natürlich immer mal Spielsituationen, in denen eine Fußabwehr gerechtfertigt ist. Dennoch sollte dies immer nur eine Notlösung sein!
Was habe ich denn von einer Fußabwehr? Ich bereinige vllt die aktuelle Situation, schaffe aber sofort eine neue Gefahr. Der Ball wird immer unkontrolliert von meinem Fußabprallen. Im schlimmsten Fall direkt nach vorne. Also besteht das hohe Risiko, daß der Gegner sofort wieder an den Ball und zum Torabschluß kommt. Ich als Torwart gucke dann dumm in die Wäsche, denn ich sitze ja noch auf dem Hosenboden und kann nicht reagieren. Als Torwart muß ich es Anstreben, jeden Ball nach Möglichkeit zu sichern. Nur ein gefangener Ball kann vom Gegner nicht mehr eingetütet werden.
Und an dieser Stelle kommt die Technik des Tauchens ins Spiel. Wie Steffen absolut treffend beschrieb, kann man - bei korrekter, technischer Ausführung - seinen Körper schnell genug nach unten bekommen um auch harte, körpernahe Schüsse aus kurzer Distanz zu halten. Und dies absolut unabhängig von köperlichen Gegebenheiten. Ein in dieser Technik gut trainierter Keeper, ist genau so schnell unten, wie manch anderer seinen Fuß hinter den Ball bekommt.
Wie die Technik korrekter Weise aussehen sollte, kann Steffen sehr gut erklären und demonstrieren. Beim 2ten TW.de-Camp hatten wir auch eine Übung dazu.

Ach ja... Dogmatische Torwarttrainer... Das Ziel eines Torwarttrainers sollte es sein das Optimum aus seinen Schützlingen herauszuholen. Das heißt er sollte auch die - nach seiner Philosophie - perfekte Technik anstreben. Wer sich mit lalafitti zufrieden gibt, kann mit seinem Arsch auch zu Hause bleiben.

Back to Topic:
Da Frank Rost ja ungefähr meine Generation Torhüter ist, kann ich das Trainingsprinzip ein wenig nachvollziehen. Aber es ist auch recht altbacken. Die Fußabwehr im Hürdensitz habe ich in meiner Jugendzeit auch oft angewendet - ein Relikt aus einem kurzen Ausflug zum Handball, wo diese Technik zum 1x1 der Torhüter gehört - und wurde sehr häufig direkt bestraft. Entweder durch Gegentreffer (der berühmte 2te Ball), oder durch Verletzungen. Die Technik ist auch im Handball sehr umstritten, da die Verletzungsgefahr für die Beine/Knie sehr hoch ist.
Die Fußabwehr geziehlt zu trainieren birgt übrigens noch ein zweites Risiko: Der Torwart wird faul! Er geht zunehmen häufiger mit dem Fuß zum Ball, auch wenn er diesen locker sichern könnte. Reine Bequemlichkeit und die Technik wurde ja so trainiert...

Was mir in dem Video übrigens stark auffällt ist, daß Frank Rost bei allen Übungen aus der Bewegung (mit den Markierungstellern) seinen Körperschwerpunkt viel zu weit hinten hat und nach hinten abkippt. Auch hier: Andere Generation. "Früher" war es den meisten TwT egal wo der Schwerpunkt lag. Hauptsache man hatte die Murmel...

(GK)
21.11.2012, 11:58
Tja, dann gehöre ich wohl auch zu diesen gewissen Torwarttrainern. Allerdings finde ich die Bezeichnung Dogmatisch ein wenig frech...


Klar, dogmatisch sind immer nur die Anderen :cool:


Ich habe in meine Votum klar differenziert. Es gibt die Situation, in welcher Tauchen zu langsam ist. Für diese Situation muss der Torhüter schnelle Reflexe mit den Beinen haben, das ist vor allem im 1 gg 1 oder bei sehr nahen Abschlüssen der Fall, wo man immer mal wieder Torhüter sieht, die sich auf seitlich von einem relativ zentralen Ball "wegschmeissen"um dort hintauchen zu können. Dann springen sie entweder Unnerstall-mässig über den Ball drüber oder lassen ihn wegprallen, der zweite Ball liegt dann im Tor. Da ich nicht davon ausgehe, dass diese Torhüter dumm sind oder einfach showmässig fliegen wollen, gehe ich jeweils davon aus, dass ihre Torwarttrainer ihnen die Reflexe mit dem Fuss abtrainiert haben weil "eine Fussabwehr imme rnur eine Notlösung sein kann" (viel dogmatischer geht's gar nicht, ein solcher Satz in den Ohren eines Kindes wird zur unumstösslichen Wahrheit, ungefähr so werthaltig wie "wenn er rauskommt, muss er ihn haben" oder "den Ball im fünfer muss der TW haben" und dergleichen mehr.

Das Argument mit dem zweiten Ball gilt für beide Techniken. Einen wirklich harten Ball aus kurzer Distanz kann man auch bei Training bis zum Abwinken nicht mit 100% Sicherheit mit tauchen festhalten, man sieht ja weiss Gott auch bei den besten Hütern auf höchstem Level, wie diese Bälle oftmals prallen oder wie sie für wirklich harte, schnelle Schüsse von Anfang an nur mit der ballnäheren Hand tauchen und von Anfang an den Abpraller einkalkulieren. Das Argument ist in dem Bereich grösstenteils Dogma. Man kann immer sagen "ja aber hätte er nochmal 5 Stunden Pro Woche nur schnelles tauchen traniert, dan hätte er dan Ball bestimmt festgehalten" zum Ausdruck kommt aber primär ein vom Wunsch her geprägtes Denken.

Gleiches gilt für den zweiten Ball. Bei der Fussabwehr ist man im Hürdensitz, beim tauchen liegt man seitlich, "tot" ist man in beiden Fällen. Und zu argumentieren, dass Körperbau und Talent für den Entscheid, für oder wieder die eine oder andere Technik keine Rolle spielen, muss man wohl auch zwischen D-Jugend und "fertigem", erwachsenen Torhüter unterscheiden. Klar bringt man den kleinen Stoffels die abstrakt betrachtet "beste Technik" bei, doch über die Jahre und Jahrzehnte der Spielpraxis zeigen sich Talente verschiedener Art, welche man einem Torhüter einfach nicht abtrainieren darf. Diesen Fehler machen zu viele twT, weil sie oftmals den gerade in der Mode befindlichen Dogmen nacheifern und ihren Torhüter noch in einer Weise formen wollen, die bei einem fertigen Torhüter nicht mehr geht. Ich erinner mich da an Thomas Kraft bei Bayern, der plötzlich aus dem 16er rausgeflogen kam und versuchte, mit Kung-fu sprüngen die Bälle vor dem Gegner zu klären. Oder Wise und Weidenfeller, die zunehemden versuchen, Steilpässe abzulaufen usw. man sieht von weitem, dass sie das nicht in der richtigen Phase ihrer Torhüterentwicklung gelernt haben und darin nicht mehr wirklich gut werden.

Gut ausgebildete Torhüter, die effektiv zu oft mit den Beinen zum Ball agieren, gibt es praktisch kaum, d.h. in dem Bereich muss man sich wenig sorgen machen, was aber zu oft vorkommt, auch bei sehr guten Torhütern, sind Torhüter, die einen leicht zu parierenden Ball ins Tor lassen, weil sie einen Moment zögern, den Fussreflex abwürgen und stattdessen (zu spät und zu langsam) tauchen.

Wie gesagt, man muss differenzieren, wie weit ein Torhüter schon ist und seine Talente beachten. Für den Rest dürfte die dogmatische Herangehensweise nicht so schlimm sein. Hauptsache der TW kann eine dieser beiden Notfalltechniken gut anwenden.

Shay Given
28.12.2012, 21:07
Ja, bin seit Wochen nicht mehr hier richtig aktiv, wegen den Abiklausuren....Nun möchte ich mal meine Meinung dazu bringen. Das Tauchen ist sehr effektiv, wenn man diese Technik richtig praktiziert. Aber nicht nur die Ausführung selbst ist nötig, sondern auch die Grundstellung, aus der man reagiert. Das heißt: Körperschwerpunkt nach vorn durch das Stehen auf dem Vorderfuß, wobei man nicht auf den Zehenspitzen alleine stehen soll. Diesen Fehler habe ich bis vor drei Wochen begangen. Dieses dauernde "auf den Zehenspitzen stehen" ist wirklich sehr anstrengend, du kannst es mir glauben :).Dann noch tief in die Torwarthocke, aber so, dass man noch gut in jede Richtung agieren kann. Ich schätze mal, dass die Fußabwehr wegen der zu hohen Torwarthocke sehr oft benutzt wird, weil der Körperschwerpunkt um eine größere Strecke nach unten verlagert werden muss, was bei mir vor einigen Monaten selbst noch der Fall war. Ja, benutzen kann man sie einige Male, aber ich finde diese Anwendung nur sinnvoll, wenn man nicht "bereit" oder "Rechtzeitig fertig" zur Aktion sein kann, z.B. nach einem Querpass innerhalb des Strafraums, der zu weit vom Torwart weg ist, um abgefangen zu werden und man sich schnell wenigstens halbwegs sinnvoll positioniert und die kinetische Energie nicht schnell auf null gesetzt werden kann, was die Grundstellung zum einen bezweckt, um nicht mit einem Schuss gegen die Laufrichtung überrascht zu werden.Oder bei einem verdeckten Schuss, vor allem in diesem Fall wird die Fußabwehr problematisch, da man aufgrund sehr geringer Reaktionszeit nur eine sehr kleine Fläche von sich selber "hinter dem Ball" stellen kann, und so der Ball öfters unglücklich ins Tor abtropft. Das konnte ich auf jeden Fall bei mir erkennen...