Ich hätte nun ein Cross-Posting in beiden Themen des Unterforums der Profi-Torhüter erstellen müssen und zwar im Rensing und dann auch im Adler Thema, doch in beide hätte es nicht gepasst.
Also, dann jetzt hier.
Gestern war ja nun DFB Pokal, Bayer 04 Leverkusen gegen FC Bayern München. Für mich als TwT schlicht das Duell Adler gegen Rensing.
- Adler, der ja junger Wilder und im Moment gesetzter Torwart der DFB Nationalmannschaft spielt, vertritt laut vieler Leute das 'moderne Torwartspiel', so daß man da die Bezeichnung "Torspieler" gern ansetzt.
- Rensing, der im Moment viel gescholtene junge Torwart des FC Bayern muss in Fußspuren treten, die er vielleicht sein Leben lang nicht ausfüllen wird, denn das Erbe eines solchen Torwart wie Oliver Kahn es war, anzutreten, da zerbrechen viele. Steht er doch dann oft in der Kritik, kein Vertreter des modernen Torwartspiels zu sein, sondern ist oft als "Linientorwart" verschrien und gilt daher bei vielen als "Torhüter".
Vergleicht man nun aber die Spielweise des Torspielers und des Torhüters fällt auf, daß gestern beide sich nicht viel geschenkt haben. Dabei will ich nun nicht jede Reaktion und jede Szene gegeneinander aufwiegen, sondern einfach die zu Grunde liegende Spielweise der Beiden beleuchten.
Adler, der als mitspielender Torwart gilt, und Rensing, der wie sein Vorgänger Kahn nicht als fußballerisch stark engagierte Torwart gilt, konnte man dann gestern in einem wunderschönen Vergleich beobachten.
Beide auf der Linie mit tollen Reaktionen, doch wo bitte, wo war das "moderne Torwartspiel"?
Es war gestern schlicht kaum gefragt.... Es gab zwar im Spiel einige Flanken, doch nun zu denken, der moderne Torspieler würde 90% davon abfangen, weit gefehlt. Adler hatte nur drei Situationen, wo er wirklich gefragt war, einmal dabei sogar mit einem Patzer.
Darf man hier von einer Luftraumüberlegenheit und Strafraum Dominanz sprechen, die ein moderner Torwart haben muss und soll?
Rensing hatte wie Adler auch nur eine oder zwei Flanken... also wo bitteschön war in diesem Fußballspiel, wo sich beide Teams nichts geschenkt haben und bis zum Schluss gekämpft wurde, die Forderung vieler Trainer, gerade im Amateurbereich, nach einem "modernen Torwart" der eine Luftraumüberlegenheit herstellt?
Weder der eher "klassische" Rensing, noch der "moderne" Adler waren hier repräsentativ für diese Vorstellung dieser Trainer.
Auch der mitspielende Torwart, gestern irgendwie nicht so zu sehen. Warum auch, gab es kaum Rückpässe. Man spielt nach vorn, denn dort ist das gegnerische Tor, was soll also der nach hinten rumgekicke, fragen sich zu Recht sicherlich einige, und das sind nicht nur Fans. So waren weder Rensing an sein Tor gebunden, noch war ein Rene Adler als "Libero" zu erkennen.
Nein.. unter Druck ging ein Rensing sogar in den Sturm und zeigte so den Mut, sich ggf. auch mit Kopf, Brust oder Beinen dort im Gewühl zu behaupten.
Rene Adler war nur ein einziges Mal zu einer Aktion vor dem Strafraum hinausgeeilt, wo er wie jeder Torwart der in diese Situation gerät, denn Ball weggeschlagen hat.
Auch in einer anderen Situation muss er vor dem Strafraum klären, und geht hier in ein Tackling, welches man eher mit "nur weg mit dem Ball" umschreiben kann, als mit einer fußballerischen Glanzleistung. So war auch hier vom 'spielerischen' Torwart nicht viel zu sehen.
Es stellt sich also die Frage, ob nicht die so häufig angemahnte und mit drohendem Zeigefinger so viel zitierte neue Forderung an den Torhüter ein guter Fußballer zu sein, nicht doch mißverständlich ist und vielleicht auch einfach überbewertet ist?
Auffällig waren gestern hingegen aber, daß ein Spiel, wie es bei Bayern und Leverkusen zu sehen war, und sicherlich beide bestrebt sind, den derzeitigen Fußball zu repräsentieren, also ein schneller Spiel mit wenig Dribblings, sondern mit raschen und schnellen Pässen den Gegner auszuschalten, einen reaktionsgewandten Torwart braucht.
Viele Abschlüsse der Offensive fanden innerhalb des 16 Meter Raumes statt, die Distanz waren oft 12 bis 8 Meter...
Aber auch genug Distanzschüsse kamen Richtung der Gehäuse. Dabei war nun bei beiden Torhütern eine überdurchschnittliche Leistung zu verzeichnen.
Die so oft geforderte Sicherheit aber war oft nur im Nachfassen vorhanden. Also das so oft von "Experten" verlangte "ein Schuss, ein Griff - sicher" war nicht immer zu erkennen, obwohl beide Torhüter sicherlich für die Mannschaften gefühlt als starker Rückhalt zu bezeichnen waren.
Stellt sich nun abschließend die Frage, ob beim modernen Fußballspiel von vielen Leuten nicht die Fußballerischen Anforderungen und die Strafraumbeherrschung des Torhüter überbewertet werden, oder dies zu sehr im Fokus steht.
Für mich sieht es eindeutig danach aus, denn eher deutlich war, daß ein Torwart immer noch Reaktion haben muss, und die Fähigkeit, einen Ball sicher mit den Händen zu halten.
Luftraumüberlegenheit konnte ich weder hie noch da erkennen, noch eine Notwendigkeit dafür erkennen, Fußballerisches Talent war auch nicht gefragt oder gefordert, sondern eher kompromissloser Einsatz im Tackling und von einer Strafraumdominanz will ich gar nicht sprechen...
Sicherlich, ein heutiger Torwart muss schon aufgrund der Rückpassregel ein Fußballer sein, aber nun dies immer wieder und wieder mit erhobenem Zeigefinger zu fordern oder gar einem anderen Torwart vorzuhalten.. oft erscheint mir dies übertrieben.
Ebenso ist klar, daß ein Torwart wenn er raus geht oder zu einer Flanke geht, erstens rufen muss, zweitens das Ding sicher zu klären hat, am Besten indem er den Ball fängt. Aber nun zu erwarten, daß er jeden hohen Ball, der auch nur annähernd in Richtung Torraum kommt, nun herunter holt und das sicher, halte ich für ebenso überzogen.
So scheint mir, daß die Entwicklung des sogenannten modernen Torwartspiels zwar mehr fußballerische Aspekte beinhaltet, aber zunächst einmal nicht der Schwerpunkt ist. Auch ein Toni Schumacher musste Flanken abfangen können und sein Fehler führte letztendlich zum Aus der Nationalmannschaft bei der WM. Auch hier halte ich das Setzen eines Schwerpunktes für nicht gerade überwichtig, es gehört aber ohne Zweifel zu den Grundtechniken des Torwart. Nur eben ist es nichts, was nun nahezu ausschließlich einen Torwart bemaßen wird.
Wichtig weiterhin ist die Reaktion, der unbändige Wille den Ball in Besitz zu bekommen. Sehr wichtig die gute Technik, um eben den Ball auch in Besitz nehmen zu können, als der Weg zum Ziel zu sein, den Willen auch umsetzen zu können.
Und die Technik, das ist dann auch Schlüssel zur Sicherheit.
Bleibt also vieles beim Alten?
In vieler Hinsicht ja.
Immer noch muss ein Torwart eine gute Technik haben, um einen Ball sicher zu fangen, oder auch mit einer guten Reaktion und einer Parade ein Tor zu verhindern. Schlüssel dazu ist die Technik, das Fundament.
Denn ohne die richtige Fangtechnik kann der Torwart auch keine Flanke abfangen.
Daher ist es wichtig, daß der Torwart also fangsicher ist und mit den Händen zum Ball geht, ggf. auch in den brenzligen Situationen sein Heil nicht in einer "irgendwie Fußabwehr" sucht, sondern sicher mit den Händen den Ball greift und so kontrolliert.
Erst dann kommt Reaktionsschnelligkeit, einfach, damit er aufgrund der Technik auch mal einen sogenannten "Unhaltbaren" abwehrt, so ein Ding aus 3 Metern, oder er liegt am Boden, der Stürmer lupft und Gedankenschnell greift der Torwart über und löffelt das Ding ins Seitenaus.
Das geht auch nur, wenn Erfahrung da ist, ein weiterer schwerwiegender Punkt, was einen Torwart auszeichnet, und die entsprechende Koordination aller Gließmaßen im Zusammenspiel vorhanden ist...
Ja, und erst dann kommt das Fußballerische, also Abstoß, Abschlag, Tackling, Rückpass, Annahme und Passspiel. Es kommt also doch recht weit hinten, und von Strafraumbeherrschung und Spielverständnis, nun, das kommt also dann im Anschluss....
Okay, man legt heute Wert darauf, ist in Ordnung. Aber man sollte es nicht überbewerten, wie das gestrige Spiel gezeigt hat...