PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hinter den eigenen Erwartungen liegen



Torwartsepp
13.03.2012, 09:50
Hey Leute, ich muss das hier jetzt einfach mal los werden, weil es mich mental bedrückt und mich somit in meinem Torwartspiel doch schon sehr beeinträchtigt: und zwar habe ich das Gefühl, dass ich, obwohl ich 4 bis 5mal die Woche trainiere (ich gehöre zu den vier Fittesten meiner Mannschaft), nicht meine Leistung bringe beziehungsweise meine Leistung nicht so abrufen kann, wie es der Aufwand gebiert. Ich habe so das Gefühl, dass ich meinem Team nicht wirklich helfen kann, dass ich nicht der Torhüter bin, den sie eigentlich brauchen/ der ich eigentlich sein möchte!!

Geht es euch auch manchmal so? Wie geht ihr damit um?

LG Torwartsepp

Tobias 30
13.03.2012, 12:44
Seit wann trainierst du denn schon in dieser Intensität? Und gibt es von der Leistung in deinen Augen einen Unterschied zwischen den Pflichtspielen und dem Training?

Ich habe es mal vor einiger Zeit ähnlich wie du mit der Trainings- Intensität gehalten, konnte soweit im Training sogar noch ein gutes Niveau erreichen, war dann allerdings derart ausgelaugt, dass ich in den Spielen, meist eine sehr unglückliche Figur abgegeben habe. Daraufhin habe es mit einem noch härteren Training versucht und verkrampfte dabei und auch dadurch nur noch mehr. Ich bin damals keineswegs noch befreit oder mental klar in ein Spiel hinein gegangen. Anstatt mich dann als die neue Nummer 1 in der ersten Mannschaft zu präsentieren, wurde ich teilweise sogar nur zur Nummer 2 in der zweiten Mannschaft.

Zwar hatte ich auch kein gutes Verhältnis zum Trainer, da er mich von meinem Stil her nicht so sehen wollte, wie ich es auszulegen pflege, aber die Schuld bei ihm allein möchte ich nicht sehen. Ich war irgendwann in einer körperlichen und natürlichen auch mental in einer Art Disbalance und verfiel in ein tiefes Leistungsloch, aus dem ich mich über einen Zeitraum von Monaten Schritt für Schritt rauskämpfen musste.

Gleichzeitig ist es aber auch von Bedeutung, welcher Torhüter du denn sein möchtest. Wo siehst du deine Stärken und deine Schwächen? Vor allem aber auch, welchen Keeper deine Mannschaft denn deiner Meinung nach braucht.

Aber eines vorweg, gebraucht wirst du, egal in welcher Rolle und egal, welchen Torwart- Stil du besitzt bzw. wie du deine Position interpretierst. So lange du spielst oder du ein wirklicher Bestandteil der Mannschaft bist, wirst du auch von der Mannschaft gebraucht. Es ist dabei auch nicht immer wichtig, als der Held über den Platz getragen zu werden. Viel mehr geht es doch darum, dass du dich selbst im Spiel findest und in deiner Rolle aufgehst.

Hierzu noch ein kleines Beispiel. Robert Enke bezeichnete sich selbst erst ab der Zeit auf Teneriffa als den Keeper, der sein wollte. Er hatte sich bis dato immer an anderen orientiert und man sollte dabei vielleicht noch betonen, dass er da schon 9 Jahre als Profi tätig war.

Auch ich habe in den vergangen 3 Jahren, meinen Stil etwas verändert, aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich meinen Platz auf dem Fußball- Platz gefunden habe. Ich bin nunmehr 24 Jahre alt, aber trotz alledem habe ich noch sehr viel zu lernen.

Torwartsepp
14.03.2012, 14:18
Naja, ich habe im letzten Dezember in dieser Intensität begonnen zu trainieren, um mich auf die Rückrunde vorzubereiten.
Eigentlich brauche ich mir keine Gedanken zu machen, da ich der einzige richtig ausgebildete Torhüter bin (wir sind nur ein kleiner Dorfverein in der 1. Kreisklasse), also brauche ich mir keine Gedanken machen, dass ich nicht spielen werde. Aber genau das nervt auch wieder, weil ich mit Leistung überzeugen will und nicht aus einem Mangel heraus immer spiele. Ich setze mich dann im jeden Spiel immer unter Druck, dass ich fehlerfrei und zu Null halte und zumindest die Null steht leider nur sehr selten und das trotz meines Trainings.
Ich möchte halt ein Torhüter sein, auf den sich die Mannschaft verlassen kann, der auch mal einen Patzer der Vorderleute ausbügeln kann. Ich will gar kein Held sein, ich will einfach nur mir selber in die Augen sehen können und sagen: Joo, du hast heute dein absolut Bestes getan, was ging. Wenn ich aber meinem Ziel von der Null nicht gerecht werden kann, dann kann ich auch nicht stolz auf mich im ganzen Umfang sein.
Ich denke, mein Problem ist einfach, dass ich zu hohe Anforderungen an mich stelle, aber bitte welcher Torhüter geht denn nicht mit dem Motto: "Die Null steht heute, fehlerfrei!"?
Ich bin auch so 22 und ich denke mal, dass ich da nicht der einzige bin, der so denkt, wenn ich sage, dass da kein Karrieresprung mehr kommt, deswegen will ich wenigsten da, wo ich spiele, richtig gut sein!!!

Tobias 30
14.03.2012, 17:18
Es gibt von Ronald Reng eine gute Beschreibung bezüglich des Themas. Er sagt, dass eine Aktion nicht das ganze Spiel ist, ein Spiel nicht die ganze Saison und eine Saison nicht die ganze Karriere ist.

Mein Ziel ist es zu gewinnen und meinen Teil dazu beizutragen, egal in welcher Form und wenn ich auch nur ein Antreiber bin. Fehler passieren und sie kosten dich nicht dein Leben. Es ist ok, Fehler zu machen und es ist vor allem menschlich. Niemand wird dir deswegen den Tod wünschen.

Und ich sage dir es ist nicht wichtig fehlerfrei zu sein! Es ist da schon eher wichtig, in dem Sport dein Glück zu finden und ein Fehler ist nicht der Untergang im Gegenteil, er ist eine dunklere Farbe in deiner Welt des Glücks und diese Welt besteht aus so vielen Farben, hellen wie dunklen, Schwarz wie Weiß. Das mag vielleicht ein wenig abstrakt klingen, aber ich will dir damit nur sagen, dass Fehler zum ganzen dazugehören und das ist auch gut so.

Franz Beckenbauer sagte sogar einmal, dass Tore nur aufgrund des Zusammenspiels von Glück, Können und möglicherweise auch Fehlern passieren.

Wenn du sagst, dass du einen Fehler deiner Vorderleute ausbügeln möchtest, gestehst du ihnen aber den möglichen Fehler zu und dann ist es auch nur fair, dir den eigenen Fehler auch einzugestehen. Für diese Einsicht habe ich lange gebraucht und auf dem Weg dahin auch bitter dafür bezahlt, aber die Einstellung dass Fehler passieren können und dies auch ok ist, machte mich stärker als ich vorher je hätte sein können. Als Keeper wandelt man immer auf diesem schmalen Grad zwischen Verhinderung oder dem Gewähren des Balles in das Tor und du minderst deine eigene Chance wenn du in Angst vor deinem eigenen "Versagen" lebst und spielst. Ein Fehler ist kein Versagen, bitte sei dir dessen bewusst.

Wenn du dich aufgrund der Trainingsintensität erschöpft fühlst, würde ich dir raten auch das mal ein wenig zu minimieren, manchmal ist weniger tatsächlich mal mehr, auch bei der Trainingsintensität.

Du wirst dir sogar am meisten gerecht, wenn dir Null nicht als Bürde über dir schwebt. ICh hoffe du verstehst meine Intention und meine Hilfe.