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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ein Plädoyer gegen das (gar nicht mehr so) moderne Torwartspiel



Marsson
22.06.2018, 06:42
Moin zusammen!

Ich beschwere mich hier ja immer wieder über das falsch verstandene moderne Torwartspiel. Gestern ist mir dann doch im Spiel Argentinien-Kroatien der Kragen geplatzt.
Was sich der (Ersatz-)Torwart der Argentinier als letzter Mann leistet (versuchter Chip über den Stürmer im eigenen 16er) - das ist nicht modernes Torwart-Liberoverhalten, sondern Rene Higuita-Selbstmordkommando-Taktik.

Wenn es um nichts gehen würde von mir aus - aber bei einer WM? Im zweiten Gruppenspiel, in dem es um alles geht?

Das muss ich in letzter Zeit leider immer öfter sehen, dass der Versuch des Spielaufbaus durch den TW zu Lasten der Sicherheit geht. Klar - drischt er den Ball auf die Trbüne, sagt der supertalentierte und bestausgebildete Reporter wieder "das hätte er auch eleganter lösen können". Im Gegensatz zum Eiskunstlauf wird beim Fußball aber nicht Eleganz bewertet und ein Torwart auch nicht primär für seine Assits - sondern dafür keine Tore zuzulassen. Der Torwart ist KEIN Libero.

Es ist eine absolute Schande, was ich da sehen muss. *Bildzeitungschefredakteurpseudoechauffiermodusaus *

Ich will Rüdiger Vollborn zurück.

LG, Marsson

Steffen
22.06.2018, 07:51
Ich will Rüdiger Vollborn zurück.



Mal abgesehen davon, daß ich nicht glaube, daß er einen Chip Ball über den Ofensiven spielen sollte, sondern der einfach am Ball vorbei getreten hat.... Was um alle Welt war den Vollborn jetzt so überragend, daß Du diesen erwähnst?

Marsson
22.06.2018, 09:26
Was um alle Welt war den Vollborn jetzt so überragend, daß Du diesen erwähnst?

Der hätte wegen der Rückpassregel einfach draufgedroschen. Er steht einfach nur für eine Generation Torwarte mit zwei linken Füßen. Was er im übrigen selbst zugegeben hat. Das ist plakativ und nicht überzubewerten.

Wenn der Torwart gestern tatsächlich den Ball auf die Tribüne hämmern wollte, muss er dringendst an seiner Schussstärke arbeiten. Der wäre selbst mit Vollspann nur bis zur Auslinie gekommen - wenn überhaupt.

Wie auch immer - in meinen Augen wesentlich schlimmer als alle Klopse von Karius im CL-Finale zusammen. Denn die waren keiner Überheblichkeit geschuldet im Glauben, man könnte einen kroatischen Stürmer ausspielen. Zu Recht haben die eigenen Fans ihn ausgepfiffen. Ich kenne keine Situation, in der das berechtigter wäre.

edit:
das sollte auf jeden Fall ein Chip werden. Die ganze Körpersprache passt dazu.

Bahnschranke18
25.06.2018, 16:52
Wollter er den Chippen ? Ja
Ist das riskant? Ja
Ist er der Depp? Ja
Deswegen das moderne Torwartspiel anprangern? Naja...


Das Tor hat meiner Meinung nichts mit einer Philosophie zu tun, sondern war einfach eine schlechte Idee die noch schlechter ausgeführt wurde.


Ich selber (unterste Ligen) bekam auch schon von Coaches und vorallem Spieler den Vorwurf, dass ich bei Rückpässen zu oft den mal wegdräsche. Teilweise so, als ob ich damit schon ein Tor verschuldet hätte.

Marsson
26.06.2018, 06:33
Ich selber (unterste Ligen) bekam auch schon von Coaches und vorallem Spieler den Vorwurf, dass ich bei Rückpässen zu oft den mal wegdräsche. Teilweise so, als ob ich damit schon ein Tor verschuldet hätte.

Mehr Wasser auf meine Mühlen. Es wird mittlerweile auch vom unterklassigen Torwart die Libero-Rolle erwartet. Da sage ich (altklug): Schuster bleib bei Deinen Leisten!
Es gibt tatsächlich Torspieler, die das drauf haben. aber das sind wenige. Und das muss einem auch gar nicht peinlich sein. Nicht einmal Boateng muss schöne kurze, intelligente Pässe spielen. Dafür ist er einfach nicht da. Der grätscht und schlägt schöne intelligente LANGE Pässe.

Wo kommen wir da hin? Muss eines Tages Ronaldo Junior ins Tor, weil er super im eigenen Fünfer 3 Stürmer ausdribbelt - jedoch mit erheblichen Defiziten auf der Linie? Dann geben wir doch einfach dem Sané ein Paar Handschuhe. Der zaubert dann schön eigensinnig im eigenen Strafraum.

Ich bleibe dabei. "Ein Spieler jeder Mannschaft ist der Torwart, dessen Kleidung sich farblich eindeutig von der der anderen Spieler und dem Schiedsrichter und seinen Assistenten unterscheiden muss. "
Der heißt per Definition Torwart - und nicht Feldspieler, der auch die Hand benutzen darf.

Sonst nennen wir ihn einfach nicht mehr Torwart, sondern "Schnitzelbrötchen" und das Spiel nicht mehr Fußball, sondern "Hängebrücke". Hat dann nämlich nichts mehr mit Fußball zu tun...

Ok - das moderne Fußballspiel baut generell auf Ballbesitz und Flachpässen vom eigenen Sechzehner auf. Keiner spielt mehr kick 'n' rush. Da ist es natürlich praktisch, wenn der Torwart da gleich damit anfängt. Aber nicht auf Kosten eines Tores.

twtrainer
09.07.2018, 12:14
Ok - das moderne Fußballspiel baut generell auf Ballbesitz und Flachpässen vom eigenen Sechzehner auf. Keiner spielt mehr kick 'n' rush. Da ist es natürlich praktisch, wenn der Torwart da gleich damit anfängt. Aber nicht auf Kosten eines Tores.



Wenn uns die WM eine Erkenntnis gebracht hat, dann die, dass das Quer- und Zurückgeschiebe nach Balleroberung der Mannschaften wie Italien (erst gar nicht qualifiziert), Deutschland (in der Vorrunde raus), Spanien, Argentinien und Portugal (verdient rausgeflogen) nicht mehr dem modernen Fussball entspricht. Beim Ballgeschiebe ohne Tempo waren selbst die Superstars nicht mehr in der Lage, Räume für geniale Pässe zu finden.
Auch gab es für die Turob-Dribbler nicht den gewünschten Raum, weil der Gegner sich so tief staffelte, dass kaum ein Vorteil dadurch entstand, dass man einen Zweikampf gewann, weil es danach noch enger wurde.


Wo ich dir uneingeschränkt recht gebe ist, dass es bis auf ganz wenige Ausnahmen keine Keeper gibt, die einen präzisen mittellangen oder langen Paß schlagen können. Der kurze Paß zum Mitspieler mag zwar einfacher sein. Macht man dies jedoch regelmäßig, kann sich der Gegner leicht darauf einstellen. Ein vernünftiger Spielaufbau wird schwierig, weil der Gegner sofort Druck auf den Ball ausübt und darüber hinaus genügend Zeit bekommt, sich wieder zu sortieren.

Schon aus taktischen Gründen macht es Sinn, wenn der Keeper sehr variabel das Spiel eröffnet. Denn so kann sich der Gegner nicht darauf einstellen und die eigenen Mitspieler bekommen die Gelegenheit, die Schwachstellen des Gegners zu erkennen und für sich auszunutzen.

Damit der Keeper jedoch taktisch in der Lage ist die bestmögliche Variante zur Spieleröffnung durchzuführen, bedarf es einer umfangreichen Technik-Ausbildung. Doch die wird vielfach im Nachwuchsbereich vernachlässigt, weil nach der Entscheidung, wer das Tor hüten soll, entweder gar kein spezielles TW-Training mehr erfolgt oder dieses TW-Training so isoliert stattfindet, dass sich der Keeper gar nicht auf den Anspielstationen im Feld hinein versetzen kann. Denn diese Rolle übernehmen in seinem Training nur allzuhäufig Pylonen, Hütchen, Stangen und allerlei statisch verwendbares Trainingsmaterial einen Ersatz schaffen sollen. Aber wie soll sich der Keeper vorstellen können, dass sich Spieler permanent bewegen und dadurch situativ neue, torgefährliche Räume entstehen? Gar nicht anders ist es bei der zügigen Spieleröffnung, die im TW-Training ebenfalls durch statisches Material ersetzt werden. In homogenen, kleinen Traiingsgruppen könnte man sehr viel umfangreicher und abwechselungsreicher trainieren. Hier könnten die Trainingsteilnehmer nicht nur von ihrem Trainer, sondern auch gegenseitig voneinander lernen. Sie könnten sich gegenseitig pushen und dabei die bisherigen eigenen Grenzen überwinden.

Wie vielen von euch war auch mir klar, dass selbst Manuel Neuer in die Kritik geraten würde. Allerdings war zunächst einmal davon auszugehen, dass es um seinen Trainingsrückstand ging! Doch statt nach dem Rückstand gegen Südkorea auch seinem Team auf dem Feld unterstützen zu können, mußte man feststellen, dass sein technisches Niveau mit dem Ball am Fuß nicht mal für 2 - 3. klassige Südkoreaner ausreichte.

Wenn man Keeper will, die die Aufgaben des Libero übernehmen können, dann muß man diese Aufgaben ausreichend ins Training einfließen lassen. Denn allein vom Zuschauen lernt man es nicht. Genauso wie ein Feldspieler seine Erfahrungen auf mehreren Positionen machen darf, sollte auch ein Nachwuchskeeper nicht nur die Torwartaufgaben kennen lernen, sondern darüberhinaus die Aufgaben unmittelbarer Mitspieler bzw. die Angreiferpositionen (wie die der Gegner) kennenlernen.

Es wird sich da einiges verändern, von denen auch der Torwart profitieren wird, wenn er sich den neuen Herausforderungen stellen will. Aber selbstverständlich wird es weiterhin den klassischen Torwart geben, der das Herumgerennte auf dem Spielfeld nicht mag und sich in seinem kleinen Aktionsradius wohlfühlt. Jedem, wie er es mag! Denn was man mag, dass macht man besonders gut!

Sogar im Endspiel wollte Lloris beweisen, was für ein toller Feldspieler er doch sein könnte, indem sich beim heran stürmenden Manzukic für eine Finte entschied. Das ging es schief und der Ball landete im eigenen Tor.

Auch für einen technisch besonders versierten Feldspieler wäre der unnötige Zweikampf ohne Absicherung törricht! Aber das wußte Lloris wohl selbst? So zumindest habe ich das Lachen bei anschließenden Videobildern gedeutet. Nur was wäre gewesen, wenn ausgerechnet dieses Tor dem Gegner zum Sieg verholfen hätte?

Marsson
17.07.2018, 07:53
Nächstes Beispiel: Lloris im WM-Finale. Für solche Späßchen gehört er fristlos entlassen. Absolut nicht hinnehmbar. Das ist ja eine Tätlichkeit gegen die Mannschaft.

twtrainer
17.07.2018, 12:46
Nächstes Beispiel: Lloris im WM-Finale. Für solche Späßchen gehört er fristlos entlassen. Absolut nicht hinnehmbar. Das ist ja eine Tätlichkeit gegen die Mannschaft.

Soweit würde ich allerdings mit meiner Interpretation über diese "Torwart-Leistung" nicht gehen wollen.

Ausnahme-Profi-Torhüter sind in ihrer Entwicklung häufig nur deshalb soweit gekommen, weil sie sich über Konventionen hinweg gesetzt auf der Suche nach neuen Grenzen u.a. autodidaktisch weiterentwickelt haben. Eine dieser Methoden ist es Erfahrungen über "try and error" zu sammeln. Anhand der Fernsehbilder wurde dem Zuschauer klar, dass Lloris selbst seinen Bockmist in dieser Aktion erkannt hatte.

Wenn aber der gesamten Mannschaft Fehler erlaubt sind, dann muß dies auch für den Torwart gelten oder?

Marsson
18.07.2018, 07:26
Wenn aber der gesamten Mannschaft Fehler erlaubt sind, dann muß dies auch für den Torwart gelten oder?

Das ist ja das alte Lied: Nein. Und zwar nicht, weil der Torwart nicht auch Mensch sein darf, aber er hat eine herausragende Position. Selbiges gilt für Stewardess und Pilot. Wen juckt es, wenn die schusselige Stewardess jedem Passagier heißen Kaffee in den Schritt gießt? Ist lustig und schmerzhaft, aber wayne juckts...

Der Pilot sollte sich allerdings besser keinen Schnitzer erlauben, schon gar nicht, weil er meint, einen (Achtung Fußballanalogie) gegnerischen Berg knapp zu umkurven, wenn er ihn auch einfach (regulär) weit umfliegen könnte. Es gibt nun einmal Berufe, die derartige Verantwortung besitzen, in denen geht sowas nicht. Torwarte haben verrückt und gleichzeitig verantwortungsbewusst zu sein. Das ist die mit Abstand beste und wichtigste Position - denn wer zu Null spielt, verliert nicht.

Aber hey, wenn es Dir egal ist, dass Dein Anwalt Deine Scheidung total verkackt, Du alles verlierst, für das Du die letzten 20 Jahre gearbeitet hast, dazu auch noch das Sorgerecht für die Kinder - was soll's der darf auch mal nen schlechten Tag haben. Da solltest Du ihn für in den Arm nehmen.

Nein - der Torwart ist der Pilot auf dem Platz. Fehlertoleranz: Null.

twtrainer
18.07.2018, 09:04
Ich glaube, du hast es mißverstanden?

Ein Torwart kann sich nur aufs allerhöchste Niveau heran arbeiten, wenn er mutig (nicht zu verwechseln mit dumm) ist und was riskiert! Er sollte dabei kreativ und ehrgeizig sein, um seine eigenen Leistungsgrenzen immer weiter nach oben zu schieben.

Deine Beispiele mögen stimmen. Aber ums mal abzuschließen: viele Menschen haben hohe Verantwortung, dennoch passieren tagtäglich Fehler. Die Gerichtstermine, in denen es allein um ärztliche Kunstfehler geht, sind voll! Und hierbei geht im Vergleich zum Fussballspiel wirklich um schlimme Dinge, die das Leben nachhaltig verändern.

Beim Fussballspiel geht`s nicht um Leben und Tod und nicht mal um die familiäre Existenz! Einige wenige hatten das große Glück ihr Hobby zum Beruf machen zu dürfen. Unter Professionalität gibt es sicherlich eine große Bandbreite des Verständnisses. Wir Deutsche mögen darunter eine Menge mehr verstehen als in manchen südeuropäischen, amerikanischen oder afrikanischen Ländern. Schon allein die Pünktlichkeit ist etwas, was man so kaum in einem anderen Land findet. Aber gibt es uns deshalb das Recht, unsere eigenen Maßstäbe über die aller Anderen zu setzen? Das mit der "Nulltoleranz" wird ja momentan bei allen möglichen Gelegenheiten ins Spiel gebracht. Größtes Problem dabei ist allerdings, dass die Fehler anderer ein "Nogo" sind, während eigene Fehler zu Kavaliersdelikten erklärt werden.

Ich denke, nicht mal ein Hobbykicker in der untersten Liga geht mit den Gedanken auf den Platz, heute besonders schlecht zu spielen, sondern er gibt sein Bestes für sich und für die Mannschat. Dass die Leistungen schwanken, ja das ist wohl so.

Gerade ein guter Torwart muß in der Lage sein, sich nach einem Fehler sofort wieder zu konzentrieren. Das ist deshalb schon besonders schwer, weil es pro Spiel ca. 10 - 15 torgefährliche Aktionen gibt, während die Feldspielerkollegen sehr viel mehr Aktionen haben, um nach einem Patzer wieder ins Spiel zu kommen.

Selbst jeder Torwart-Laie, zu denen leider auch viele Sportreporter gehören, darf sich über Torwartfehler auslassen. Aber wann wird schon mal ein Goalgetter in dieser harten Form attackiert? Da muß man als Torwart wie als Torwarttrainer schon ein dickes Fell haben, um mit der teilweise auch unfairen Kritik umgehen zu können. Unter dem Strich muß aber der Spaß überwiesen, sonst macht man es nicht!

Marsson
18.07.2018, 13:13
Ich glaube, du hast es mißverstanden?

Ein Torwart kann sich nur aufs allerhöchste Niveau heran arbeiten, wenn er mutig (nicht zu verwechseln mit dumm) ist und was riskiert! Er sollte dabei kreativ und ehrgeizig sein, um seine eigenen Leistungsgrenzen immer weiter nach oben zu schieben.

Deine Beispiele mögen stimmen. Aber ums mal abzuschließen: viele Menschen haben hohe Verantwortung, dennoch passieren tagtäglich Fehler. Die Gerichtstermine, in denen es allein um ärztliche Kunstfehler geht, sind voll! Und hierbei geht im Vergleich zum Fussballspiel wirklich um schlimme Dinge, die das Leben nachhaltig verändern.

Beim Fussballspiel geht`s nicht um Leben und Tod und nicht mal um die familiäre Existenz! Einige wenige hatten das große Glück ihr Hobby zum Beruf machen zu dürfen. Unter Professionalität gibt es sicherlich eine große Bandbreite des Verständnisses. Wir Deutsche mögen darunter eine Menge mehr verstehen als in manchen südeuropäischen, amerikanischen oder afrikanischen Ländern. Schon allein die Pünktlichkeit ist etwas, was man so kaum in einem anderen Land findet. Aber gibt es uns deshalb das Recht, unsere eigenen Maßstäbe über die aller Anderen zu setzen? Das mit der "Nulltoleranz" wird ja momentan bei allen möglichen Gelegenheiten ins Spiel gebracht. Größtes Problem dabei ist allerdings, dass die Fehler anderer ein "Nogo" sind, während eigene Fehler zu Kavaliersdelikten erklärt werden.

Ich denke, nicht mal ein Hobbykicker in der untersten Liga geht mit den Gedanken auf den Platz, heute besonders schlecht zu spielen, sondern er gibt sein Bestes für sich und für die Mannschat. Dass die Leistungen schwanken, ja das ist wohl so.

Gerade ein guter Torwart muß in der Lage sein, sich nach einem Fehler sofort wieder zu konzentrieren. Das ist deshalb schon besonders schwer, weil es pro Spiel ca. 10 - 15 torgefährliche Aktionen gibt, während die Feldspielerkollegen sehr viel mehr Aktionen haben, um nach einem Patzer wieder ins Spiel zu kommen.

Selbst jeder Torwart-Laie, zu denen leider auch viele Sportreporter gehören, darf sich über Torwartfehler auslassen. Aber wann wird schon mal ein Goalgetter in dieser harten Form attackiert? Da muß man als Torwart wie als Torwarttrainer schon ein dickes Fell haben, um mit der teilweise auch unfairen Kritik umgehen zu können. Unter dem Strich muß aber der Spaß überwiesen, sonst macht man es nicht!

99% aller Sportreporterkommentare bzgl. Torwarten halte ich für falsch.

Ich rede auch nicht von normalen Fehlern, sondern von solchen, die im Tennis "unforced errors" genannt werden. Auch der Anwalt ist nicht fehlerfrei und auch der Pilot nicht. Wie denn auch.
Durch das (missverstandene) moderne Torwartspiel wird jedoch viel zu viel Risiko eingegangen. Man kann - egal zu welchem Spielstand - nicht versuchen Mandzukic auszutricksen. Das ist vollkommenes Russisches Roulette - und zwar auf Kosten der Mannschaft. Das hat nichts mit Flutschfinger oder abdrehenden Bällen oder von mir aus auch falscher Einschätzung der Flugbahn zu tun. Das kommt vor, das ist unvermeidbar.
Aber im Dribbling mit dem Topstürmer des Vizeweltmeisters den Ball zu verlieren ist töricht - und unprofessionell.

Selbstverständlich werden Leute wie z.B. Sané nicht dafür kritisiert, dass sie dauernd den Ball auf genau diese Weise vor dem gegnerischen 16er verlieren. Denn das hat keine Konsequenzen. Das sollte der Torwart mal machen - dann steht es 0:10. Im Fußball zählen nur Tore. Sonst nichts. Nicht die 10 Ballverluste vor dem gegenerischen Tor. Das ist schon immer so und damit sind wir seit der F-Jugend groß geworden. Wer wird in der Kabine von den Kameraden angeschissen dass ihm ein Ball durch ist? Dem Stürmer? Natürlich nicht.

twtrainer
18.07.2018, 15:08
Da bin ich voll bei dir, dass der "letzte Mann" keinen (vollkommen überflüssigen) Zweikampf suchen sollte. Über dieses Wissen verfügen bereits die meisten E-Jugend-Spieler.

Wenn man aber weiß, dass selbst bei vorbildlichem Abwehrverhalten der Gegner mal mit einer genialen Idee ein Tor macht, dannn gilt es dem Respekt zu zollen. Allerdings sollte man danach in der Lage sein, mindestens 1 Tor mehr als der Gegner zu schießen!

Glaubt man den Statistiken, dann hatte Deutschland in der Gruppenphase die meisten Torabschlüsse, aber gleichzeitig die geringste Ausbeute. Das lag sicher nicht an den fast übermenschlichen Fähigkeiten gegnerischer Torleute, sondern der Spielweise der Mannschaft, an der zu geringen Leidenschaft, am Siegeswillen und so manchen Nebenkriegsschauplatz, der selbst bei gestandenen Profis für Unruhe sorgte!

Die wenigsten Fehler passierten beim Spielaufbau. Sogar Kroos konnte seinen Patzer selbst noch im Spiel ausübeln. Fast alle Fehler geschahen im gegnerischen Drittel, weil hier der Gegner den Raum immer enger machen konnte und nur geduldig auf einen Fehlpaß warten mußte. Das Defensivpressing ist sogar noch kraftsparend gegenüber anderen Pressingarten. Weil allerdings bei dieser "Hurra-Angriffs-Taktik" ein Nachsetzen und ein schnelles Zurücklaufen nötig gewesen wäre (um wieder Überzahl in Ballnähe zu schaffen), machte Hummels seinen Unmut Luft. Denn dieser Mist wurde ja schon in den 5 Testspielen gezeigt, ohne das sich etwas geändert hätte. Das konnte nicht gut gehen!

Durch die Ballzirkulation ohne Tempo wäre es m.E. auch egal gewesen, ob Sane, Müller oder sonst wer diese Position gespielt hätten. Denn man kann seine Schnelligkeit nur dann nutzen, wenn Raum zum Aufdrehen zur Verfügung steht.

Man kann also sagen, keine bzw. zu wenig Tore zu erzielen hat fatale Folgen! Bin regelmäßig auch bei anderen Teams, die diese Form des Ballbesitzspiels bevorzugen, eingeschlafen bzw. habe mir ein gutes Buch genommen. Denn es genügte mir vollkommen, die wenigen Sekunden zu beobachten, in denen wirkich was (meistens ein Tor) passierte.

Vielleicht ist man im Laufe der Jahre zu anspruchsvoll geworden? Aber ich habe das Gefühl, die fussballerischen Highlights dieser WM lassen sich in 20 Minuten zusammen fassen? Deshalb sollte man seine Enttäuschung nicht nur an unserer Nationalmannschaft auslassen.

Die Kommentare nach den WM-Spielen waren manchmal noch schlimmer als das Spiel selbst. Für mich war Kahn mal wieder der größte Schlaumeier. So wurde er sofort, was falsch gemacht wurde. Man hätte nur 3 - 4 andere Spieler mitnehmen müssen und schon wäre der WM-Titel so gut wie sicher gewesen. Einfach nur peinlich und darüberhinaus respektlos. Das wird ja immer schlimmer mit ihm? Vielleicht sollte er mal überlegen, warum ihm niemand eine sportliche Verantwortung zutraut, sondern nur noch als Ersatz-Skandalnudel für "Weißbierwaldi" taugt:)?

So aber nun wieder ernst!

Ich denke mal, nach 14 Jahren überwiegend erfolgreicher Arbeit des DFB-Trainerstabes haben sie es sich verdienst, eine selbstkritische Analyse zu geben. Erst danach kann man gemeinsam entscheiden, wie es weitergeht. Denn wie Spieler kann sich auch ein Trainerteam, was die höchsten Ziele erreicht hat, abnutzen. Vermutlich wird es auch personelle Veränderungen als Folge haben?

Anadur
25.07.2018, 23:40
Ich denke mal, nach 14 Jahren überwiegend erfolgreicher Arbeit des DFB-Trainerstabes haben sie es sich verdienst, eine selbstkritische Analyse zu geben. Erst danach kann man gemeinsam entscheiden, wie es weitergeht. Denn wie Spieler kann sich auch ein Trainerteam, was die höchsten Ziele erreicht hat, abnutzen. Vermutlich wird es auch personelle Veränderungen als Folge haben?


Überwiegend erfolgreich? komisch, außer dem Titel 2014 war da kein Erfolg und das Ausscheiden in diesem Jahr war mehr als nur peinlich. Und die selbstkritische Analyse hat ja Bierhoff und Grindel schon abgeliefert. Der Türke ist schuld. Mehr wird da nicht mehr kommen. Den Termin für die entsprechende Pressekonferenz hat man ja auch so gelegt, dass gar keine Zeit bleibt um aus den Analysen Konsequenzen zu ziehen, steht doch das nächste Pflichtspiel bereits vor der Haustür.

Ganz ehrlich, was gibt es denn da noch zu analysieren? Für solche Katastrophen gibt es ein passendes Sprichwort: Der Fisch stinkt vom Kopf. Leider sehen wir gerade ein komplettes Versagen der Kontrollgremien auf verschiedenen Ebenen, vom DFB Präsidenten bis hin zur Presse.

twtrainer
26.07.2018, 11:19
Naja, erfolgreich ist immer relativ.

Hier mal eine Top-Ten-Liste:

Platz 1: Vicente del Bosque: Spaniens Nationaltrainer gewann ganz klar mit 231 Punkten.
Platz 2: Cesare Prandelli: Italien punktet mit 83 Zählern und gelangt somit auf den zweiten Rang. Irgendwie ganz wie im realen Spiel.

Platz 3: Luis Fernando Tena: Mexiko steht mit 70 Punkten auf den dritten Platz beim Ranking.

Platz 4: Jogi Löw: Unser Bundestrainer gelangt mit gerade einmal 48 Punkten auf den vierten Platz. Vor ihm (fast) wie immer: Spanien und Italien.

Platz 5: Hervé Renard: Für Überraschung sorgt dieser Franzose. Denn Renard platziert sich auf den fünften Rang mit 38 Punkten. Der Franzose ist Nationaltrainer von Sambia, einem südafrikanischen Staat, welches den Afrika Cup 2012 gewann.

Platz 6: Alejandro Sabella: Dieser Platz sei Argentinien mit 21 Punkten vergönnt. Sabella ist erst seit 2011 in seinem Amt.

Platz 7: Paulo Bento: Portugal gelangt auf den siebten Platz mit 16 Punkten. In der EM gelangte Bento mit seiner Nationalmannschaft bis in das Halbfinale, wo er dann gegen Spanien ausschied.

Platz 8: José Néstor Pekérman: Kolumbien gelangt mit 15 Punkten auf den achten Platz mit seinem erst seit Januar 2012 gewählten Nationaltrainer.

Platz 9: Fabio Capello: 13 Punkte erhielt der Italiener Fabio Capello, der die russische Nationalmannschaft seit dem Jahre 2012 anführt.

Platz 10: Der Platz 10 mit 9 Punkten wird von zwei Nationaltrainern geteilt. Zum einen ist dies Reinaldo Rueda mit seiner Nationalmannschaft in Ecuador und Japans Nationaltrainer Alberto Zaccheroni.

Quelle: https://www.oeffentlichen-dienst.de/wirtschafts-news/124-die-top-10/518-nationaltrainer.html


Löw landet hier zwar auf Platz 4. Aber Spanien hat sich auf dieser WM auch nicht mit Ruhm bekleckert und Italien erst gar nicht qualifizieren können. Aber was kann man sich für Ruhm kaufen, wenn die dabei erworbenen Erkenntnisse nicht mehr auf den Prüfstand gestellt werden?

Bis zur WM-Qualifikation (10 Spiele = 10 Siege) hatte man noch das Gefühl, als sei alles im Grünen Bereich. Aber dann gab es mehr als peinliche Testspiele! Gebetsmühlenartig wurde versichert, dass man den Hebel schon zur WM umlegen könnte. Allerdings schien man dabei die Konkurrenz aus den Augen verloren zu haben? Bei der Planung des Mannschaftsquartiers ging man bereits davon aus, dass Deutschland das Finale erreichen wird! Dabei war lange vorher klar, dass wieder einmal andere Teams mit Stars glänzten und unser Star die Mannschaft war. Wenn dem so ist, dann trägt selbstverständlich der Trainerstab die oberste Verantwortung für das Mißlingen. Ich denke mal, dass bis auf die ziemlich mißlungene Stellungnahme von Bierhoff und Grindel alle anderen wissen, dass sie in der Pflicht stehen!

Wem hilft es mehr als der Konkurrenz, wenn man alles schlecht redet? Ich sehe deshalb mehr Sinn darin anhand von belegbaren Zahlen und Fakten genau zu analysieren, was gut und was schlecht war, um schnellstmöglich wieder an die Weltspitze des Fussballs zurück zu kehren.

Auch sehe ich es als positiv an, wenn nicht nur bei der Nationalmannschaft geschaut wird, was man besser machen kann, sondern im Nachwuchsbereich nach Optimierungspotenzialen geschaut wird. Denn dort stecken die Wurzeln. Hier wurde nach dem peinlichen Ausscheiden als Gruppenletzter bei der EM 2000 ein neues flächendeckende Nachwuchsförderkonzept geschaffen, was nunmehr in die Jahre gekommen ist.

Übrigens schien damals ebenfalls nach einer grandiosen Quali mit bedeutsamen Spielern wie: Oliver Kahn, Lothar Matthäus und Mehmet Scholl aus! Also Leute, die heute zu den größten Kritikern zählen. Übrigens gehörte auch Oliver Bierhoff dazu, allerdings in einer anderen Rolle als heute!

Manchmal wiederholt sich die Geschichte und holt ihre "Helden" ein!

Natürlich kann es so sein, dass Grindel (schon allein um seinen Kopf zu retten) einen Nachfolger für Löw präsentieren wird? Es kann aber auch sein, dass Grindel derjenige ist, der zum Sündenbock erklärt wird. Im Moment ist fast alles möglich. Man trifft sich, tauscht sich aus. Aber m.E. gleicht es zur Zeit einer Wetterprognose, bei der es genügt, dass in China ein Sack Reis umfällt, um hier für einen Tornado zu sorgen.

Ich hoffe mal, Löw und sein Stab werden gewissenhaft die Defizite erarbeiten, damit es mit ihnen oder einer etwas anderen Besetzung gut weitergehen kann.

Marsson
06.08.2018, 08:26
Gestern bei VfB Stuttgart gegen Athletico Madrid gab es ein Altherrenspiel, bei dem Wohlfahrt im Tor stand (sieht aus, als hätte er einen Ball unter seinem Trikot versteckt).
Der machte genau das, was ich in Bedrängnis erwarten würde: Kurz und schmerzlos den Ball wegdreschen ohne Mätzchen.

"Klären" nannte man sowas früher.

twtrainer
06.08.2018, 11:08
Verwechselst du da nicht Ursache und Wirkung?

Zwar gab es früher schon Torleute, die wie Jens Lehmann erst im oberen Jugendbereich ihr Begeisterung für die Torwartposition ausleben konnten. Aber der Großteil der Torleute wurde schon sehr früh zum Stammtorwart. Natürlich gab es auch früher schon Torwarttraining. Aber wie hoch war die Quote der Torleute, die damals schon Fussball spielen konnten? Genauso wie man es von einem Spieler verlangt, einen Ball mit seinem starken und schwachen Fuß zu verarbeiten. einen kurzen Paß oder einen Torabschluß in der Box auch mit dem schwachen Paß hinzubekommen, braucht auch ein Keeper Grundkenntnisse mit dem Ball am Fuß. Leider können das heute manchmal noch nicht einmal Nationalkeeper (siehe Lloris beim WM-Finale). Dabei ist Beidfüssigkeit gar nicht so schwer erlernbar, wenn man früh genug damit anfängt. Dem Keeper hilft sie darüberhiinaus seine Bewegungsabläufe zu beiden Seiten hin zu verbessern und seine Defizite in der schwachen Ecke zu reduzieren. Vollkommen beidfüssig sind die wenigsten, weshalb man daraus kein Standard-Torwartprofil ableiten sollte. Wer mehr kann, der kann sein Risiko minimieren. Aber man muß auch Fehler zulassen, damit ausreichend Erfahrungen gesammelt werden können, um zu einem kalkulierbaren Risiko zu gelangen.

Sich zu sagen: "dann hau ich die Pille einfach weit weg" führt zu keinem Unterschied, ob ein Torwart auch ein guter Fussballspieler ist oder ob er nur deshalb Torwart wurde, weil es andere besser konnten. Wenn wir heute junge Keeper ausbilden, dann doch möglichst breit angelegt. Denn was wissen wir schon darüber, wie das Torwartspiel in 5 oder 10 Jahren sein wird? Wie hätte man das ballorientierte Spielsystem weiterentwickeln können, ohne das sich die Torwartaufgaben veränderten und damit auch die Ausbildungsanforderungen? Jedoch sollte man sich davon lösen eine Torwartleistung isoliert zu betrachten, sondern sie in die Mannschaftsleistung integrieren.

Gerade, weil wir unsere Schlüsselpositionen in den vergangenen Jahren nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt haben, gibt es hinter Klose und Gomez, aber auch hinter unseren Top-Keepern Neuer, Ter Stegen, Trapp und Leno einen deutlichen Leistungsknick. Also "gibt es nicht - gibt es nicht"! Selbst und gerade weil viele Keeper und Torwarttrainer Autodidakten sind, sollte man die eigenen Leistungsrenzen durch Ausprobieren immer weiter nach oben verschieden.

Das Gute in der langen Tradition der deutschen Torleute zu bewahren heißt nicht gleichzeitig, auf Neues zu verzichten! Es steht zu befürchten, dass wir nach Kahn und Neuer auf längere Zeit auf Top-Keeper verzichten müssen. Denn schon heute wächst die Zahl ausländischer Keeper auf dieser Position in unseren höchsten Ligen. Ich möchte allerdings das Bild nicht zu schwarz zeichnen. Allerdings fordert die Spieleröffnung als planloses Wegdreschen ein wenig Provokation heraus, doch noch einmal darüber nachzudenken!

Marsson
06.08.2018, 14:01
Verwechselst du da nicht Ursache und Wirkung?

Das kann natürlich sein. Aber meiner Meinung nach wird der Fokus zu sehr auf den Spielaufbau und nicht die Torverhinderung gelegt.
Klar. Einen Neuer mit Bestform zu haben, der 35 Meter vor der Grundlinie alles weggrätscht und dann den tödlichen Pass spielt - das ist natürlich schon toll. Aber das ist nicht die Norm. Nicht einmal für Neuer.

Das fängt aber schon bei der Abwehrarbeit an. Wenn man heute einen Ball nicht festhält, sondern faustet oder - noch schlimmer - abklatschen lässt, werden ja sofort Karius-Vergleiche gezogen.

Das ist nicht ok. Ich bin auch schon immer der Auffassung gewesen, dass die einarmige Faust richtig eingesetzt besser ist, als irgendeine Murksaktion. Steffen wird das allerdings schon als Murksaktion bezeichnen.

Heute soll der Torwart den Ball möglichst immer festhalten und dann das Spiel eröffnen. Das geht so nicht.

twtrainer
06.08.2018, 16:11
Dann haben wir uns richtig verstanden.
1. die Keeper spielen etwas defensiver
Bei der WM konnte festgestellt werden, dass sehr viele Keeper tief positioniert waren. Manche sogar so tief, dass sie nicht einmal mehr nachfallen konnten, wenn sie den Ball nicht sicher fangen konnten. Die Diskussion darüber, ob ein größerer Abstand zum Schuß mehr Vorteile bringt als ein differenzierteres Stellungsspiel ist bei den Männern sehr viel häufiger anzutreffen als im Frauenfussball. Denn im Seniorenbereich geht es sehr viel dynamischer zu, sodass hier im Bruchteil einer Sekunde entschieden werden muß, ob man den Ball erfolgreicher als Raum- oder Zielverteidigung verteidigen kann.

1.a. Einarmiges Fausten
Statt einer tiefen, passiven Position bei vielen Standards einzunehmen, bei denen der Ball an den 5-er gespielt wird, wurde das einarmige Fausten diskutiert. Allerdings müßte dazu der Abwehrblock nicht so dicht gestaffelt werden, damit der Torwart in eine gute Position gelangt. Ein taktisches Thema, was Vor- und Nachteile hat und deshalb zwischen Mannschafts- und Torwarttrainer diskutiert werden muß.

2. Höheres Risiko beim Ballbesitzspiel und gegnerischem Konter
Dies war ein weiterer Faktor, warum sich die Torleute für eine tiefere Position entschieden haben. Denn dadurch konnten sie ein paar Sekunden mehr Zeit gewinnen, damit mehr Mitspieler hinter den Ball gelangen. Geklappt hat es allerdings nicht, weshalb Frankreich diese Vorteile für sich noch am besten nutzen konnte.

3. "Blocken" weniger zu sehen
Das erfolgreiche Blocken mit erfolgreicher Fußabwehr a la Ter Stegen war sehr selten zu sehen. Wenn, dann waren es häufig die Hände eher am Ball. Aber ich bin da vollkommen deiner Meinung, man kann nicht jeden Ball festhalten. Flache Bälle mit hohem Druck aus kurzer Distanz fasst nur mit Fußabwehr erreicht. Ähnlich ist es mit hohen Bällen, die aus der Distanz heraus erreicht werden sollen. Auch hier ist das Fausten und Lenken eine gute Option, wenn man sich nicht sicher ist, dass der Ball gefangen werden kann.

Insgesamt sah man durchwachsene Torwartleistungen mit einer Reihe technischer Fehler. Insbesondere bei den Kontern war es häufiger zu beobachten, dass die Keeper im Moment der Ballabwehr noch nicht in guter Ballance waren, sodass eigentlich haltbare Bälle aus dem Tornetz geholt werden mußten.

Hier gibt es noch viel zu tun. Hier bietet das isolierte Torwarttraining wenig Lösungen für ein gegnerisches variantenreichen Konterspiel. Vielmehr sollte der Torwarttrainer soweit geschult werden, dass er während des Trainings sowohl den Keeper als auch die Denfensive coacht, damit sie als Abwehreinheit gut funktionieren. Viele Torwarttrainer besitzen ein hohes Ansehen in den Vereinen. Doch ob ein Chefcoach das zuläßt ohne sich dabei nen Zacken aus der Krohne zu brechen, ist eine andere Frage? Da braucht es noch ein wenig andere Einstellungen, damit der Torwart und sein Torwarttrainer besser ins Mannschaftstraining integriert werden.

Icewolf
06.08.2018, 21:33
Das kann natürlich sein. Aber meiner Meinung nach wird der Fokus zu sehr auf den Spielaufbau und nicht die Torverhinderung gelegt.
Klar. Einen Neuer mit Bestform zu haben, der 35 Meter vor der Grundlinie alles weggrätscht und dann den tödlichen Pass spielt - das ist natürlich schon toll. Aber das ist nicht die Norm. Nicht einmal für Neuer.
[...]Das ist doch das kranke:
Die Maßstäbe wurden - ACHTUNG - erNeuert. *rimshot*
Im Ernst: Es wird gelehrt, dass das eigentlich jeder kann oder lernen kann und dass das schon irgendwie geht.
Wenn nicht, bist Du halt ne Graupe.

Dann haben wir uns richtig verstanden.
1. die Keeper spielen etwas defensiver
[...]
1.a. Einarmiges Fausten
[...]
2. Höheres Risiko beim Ballbesitzspiel und gegnerischem Konter
[...]
3. "Blocken" weniger zu sehen
[...]
Insgesamt sah man durchwachsene Torwartleistungen mit einer Reihe technischer Fehler. Insbesondere bei den Kontern war es häufiger zu beobachten, dass die Keeper im Moment der Ballabwehr noch nicht in guter Ballance waren, sodass eigentlich haltbare Bälle aus dem Tornetz geholt werden mußten.

Hier gibt es noch viel zu tun. Hier bietet das isolierte Torwarttraining wenig Lösungen für ein gegnerisches variantenreichen Konterspiel. Vielmehr sollte der Torwarttrainer soweit geschult werden, dass er während des Trainings sowohl den Keeper als auch die Denfensive coacht, damit sie als Abwehreinheit gut funktionieren. Viele Torwarttrainer besitzen ein hohes Ansehen in den Vereinen. Doch ob ein Chefcoach das zuläßt ohne sich dabei nen Zacken aus der Krohne zu brechen, ist eine andere Frage? Da braucht es noch ein wenig andere Einstellungen, damit der Torwart und sein Torwarttrainer besser ins Mannschaftstraining integriert werden.Mir ist das alles zu akademisiert.
Zu kompliziert, zu verstrickt.

Mir erscheint es viel mehr so, dass niemand mehr genau weiß, worum es eigentlich geht.
Entweder stehe ich richtig hoch und fange den tiefen Pass ab oder ich toleriere die Annäherung ans Tor und warte dann entweder auf einen technischen Fehler des Angreifers, so dass ich den Ball "einsammeln" kann, oder dränge den Spieler in eine Situation, die mir recht ist und wage dann den Ballangriff.
Heute stehen sie alle zu tief, um rechtzeitig eingreifen zu können, aber auch zu hoch um sich auf das Stellungsspiel und die Beinarbeit Richtung Ball und Gegner konzentrieren zu können.
Seit wann ist es erfolgsversprechend, im Rückwärtslaufen Bälle halten zu wollen?
Halbhoch-stehen und nicht-so-genau-wissen, folglich siehst Du immer aus wie ne Wurst oder wirst halt mal angeschossen.

Es geht doch erstmal darum:"Was kann ich (der Torwart <= ich benutze absichtlich das old-school-Wort) unternehmen, damit kein Tor fällt?"
Und nicht: "Wenn die anderen so-und-so mitmachen dann kann ich mich da-und-da hinstellen und dann sind die Bratwurst-Zone und die Doppelkorn-Zone im Deckungsschatten."
Dann nagelt Dir jeder leicht kreative Fußballspieler - man munkelt, sie hätten das schonmal auf dem Schulhof getan - den Ball volles Programm in den kurzen oberen Winkel und Sense.
Hilfsmittel und Leitsätze sind prima, um Dinge zu veranschaulichen und sich besser einprägen zu können, aber Fußball ist kein kompliziertes Spiel.
Viele wollen es gerne dazu machen.

Marsson
07.08.2018, 10:51
Das ist doch das kranke:
Die Maßstäbe wurden - ACHTUNG - erNeuert. *rimshot*
Im Ernst: Es wird gelehrt, dass das eigentlich jeder kann oder lernen kann und dass das schon irgendwie geht.
Wenn nicht, bist Du halt ne Graupe.


Nächster Punkt:

Ich beobachte auch hier im Forum, dass immer wieder TWs dafür verurteilt werden, wenn sie einen flatternden 20 Meter Vollspannschuss dem Gegner vor die Füße abklatschen.

Natürlich ist das nicht lege artis und natürlich geht das besser und NATÜRLICH hätte Neuer den festgehalten, im Fallen den freien Mann entdeckt und immer noch im Fallen auf diesen abgeworfen und das Kontertor vorbereitet.

Aber da frage ich mich manchmal ob diejenigen, die sich da beschweren, jemals so ein Ding draufbekommen haben.
Die meisten können froh sein, wenn sie den überhaupt berühren.

Selbst hochklassig kann es sich kein TV-Kommentator verkneifen, wenn ein Toptorwart faustet, das mit "oh... da nimmt der die Fäuste zur Hilfe..." zu kommentieren - und es soll nicht nur wie ein Vorwurf klingen, sondern es ist einer. Ein Keeper soll heute alles festhalten. Was für ein Schmarrn. Raus kommen Karius-Tore.

Man sieht heute kaum mehr das vor sich abtropfen lassen und wieder aufnehmen. Früher vollkommen üblich. Und wenn kein Gegner den Schlappen drunterhält - ok, ich gebe zu , das ist mir auch schon passiert, wofür ich damals berechtigt eine fette Rüge des Trainers kassiert habe - ist das vollkommen ungefährlich. Ungefährlicher als Flutschfinger.

edit: Ich spreche hier ausdrücklich nicht von Bällen, bei denen man den Torso hinter den Ball bekommt. Das ist ne andere Nummer.

twtrainer
07.08.2018, 13:58
Es geht doch erstmal darum:"Was kann ich (der Torwart <= ich benutze absichtlich das old-school-Wort) unternehmen, damit kein Tor fällt?"
Und nicht: "Wenn die anderen so-und-so mitmachen dann kann ich mich da-und-da hinstellen und dann sind die Bratwurst-Zone und die Doppelkorn-Zone im Deckungsschatten."
Dann nagelt Dir jeder leicht kreative Fußballspieler - man munkelt, sie hätten das schonmal auf dem Schulhof getan - den Ball volles Programm in den kurzen oberen Winkel und Sense.
Hilfsmittel und Leitsätze sind prima, um Dinge zu veranschaulichen und sich besser einprägen zu können, aber Fußball ist kein kompliziertes Spiel.
Viele wollen es gerne dazu machen.

Für mich ist der Fussball ein kompliziertes Spiel, über das ich kaum etwas weiß. Immer wenn ich eine neue Erkenntnis gewonnen habe, ergeben sich daraus gleich mehrere offene Fragen.

Beim Fussball gibt es eine unendliche Zahl an Situationen, von denen ich jeweils nur einen Teil hinreichend verstehe. Denn um mehr darüber zu erfahren, müßte mir zunächst die Gelegenheit gegeben werden, alle an der Situation Beteiligten zu fragen, warum sie genau so und nicht anders gehandelt haben? Doch selbst dann, hätte ich noch nicht viel gewonnen. Denn ich würde vermutlich von einem Teil der Befragten hören, man habe sich entschieden und das dann einfach gemacht. Ob es erfolgreich war, die beste oder doch nur eine der Möglichkeiten war, erfuhren sie erst nach der Situation. Ist es der Wunsch nach Perfektionismus, dann will man sich nicht mit schlechteren Lösungen zufrieden geben.

Wenn aber der Fussball im Wettkampfmodus nicht komplett vorhersehbar ist, wie kann er dann einfach sein? Sind es nicht immer nur Erkenntnisse, die bis auf Wideruf durch eine bessere Lösung ein begrenztes Verfallsdatum haben?

Auch der Torwart hat seine Aufgaben im Laufe der Jahre anders interpretiert. Man muß sich dazu nur mal Spiele anschauen, die 10, 20 oder 30 Jahre alt sind. Genauso, wie wir uns heute über deren Leistungen z.T. amüsieren, wird man in einigen Jahren über uns schmunzeln. Olli Kahn galt zu seinerzeit als der weltbeste Keeper. Würde er heute mit seinen Fähigkeiten nur noch die Reservebank warmhalten?

Allerdings wird kaum ein Trainer so ehrlich sein, beim überragenden Spiel seiner Mannschaft wäre Glück im Spiel gewesen. Umgekehrt möchte er gern das Pech bei einer Niederlage anführen, was ihm allerdings nur dann hilft, wenn es sich in naher Zeit nicht wiederholt.

Aber weil der Fussball im Seniorenbereich eine Ergebnissportart ist, wird gern vereinfacht. Als Sieger hat man immer Recht (oder wie einst Otto Rehagel sagte: Taktik ist, wenn du gewinnst) und der Verlierer kann es beim nächsten Spiel wieder gut machen.

Oder reden wir hier aneinander vorbei?

Wenn nicht, dann fallen mir hierzu 2 Aussagen in der WM ein.
Thomas Müller meinte, der Gegner (Mexiko) habe ganz anders gespielt, als wir gedacht haben. Das ist von außen betrachtet zunächst einmal sehr unwahrscheinlich, weil man seine Gegner doch intensiv studiert hat.

Aber verwunderlich ist dennoch, dass den besten Profis mit internationaler Erfahrung darauf in 90 Miinuten gar nichts einfällt? Nun mag der Trainer während des Spiels keinen großen Einfluß aufgrund der lauten Kulisse haben. Aber in der Halbzeitpause kann er doch signifikante Veränderungen darlegen.

Mats Hummels erklärte, es habe an der taktischen Ballance gefehlt. Viele seiner Kameraden seien einfach nach vorn gerannt und hätten die beiden IV und den Keeper mit den Abwehraufgaben allein gelassen!

Wenn man denn erstmalig bei einer WM eine Trainerunterstützung via Headset zuläßt, dann hätte doch der oben auf der Tribüne platzierte Beobachter des Trainerstabs schon nach den ersten gefährlichen Kontern "Alarm schlagen" können! Aber von außen war da nix zu erkennen!

Zum Schluß noch etwas über die Trainersprache! Leider gibt es nach wie vor keine einheitliche Trainersprache für den Torwartbereich. Das ist dann schwierig, sich zu unterhalten, wenn jeder etwas anderes darunter versteht. Allerdings sind wir meistens als Autodidakten unterwegs, weshalb es sich lohnt zuzuhören. Denn jeder weiß etwas, was der andere gern wissen möchte. Da sind wir vielleicht etwas anders als Mannschaftsspieler und Mannschaftstrainer, von denen viele meinen, besser zu sein als die Anderen?

Marsson
08.08.2018, 09:45
Olli Kahn galt zu seinerzeit als der weltbeste Keeper.

Unterschreibe ich so.


Würde er heute mit seinen Fähigkeiten nur noch die Reservebank warmhalten?


Nein, er wäre früh komplett aussortiert worden. Wie einst Rensing, der allerdings zu jung war, um oldschool zu bleiben und umlernen musste. Ob er das geschafft hat, sei mal dahingestellt.

Steffen
08.08.2018, 12:24
Nein, er wäre früh komplett aussortiert worden. Wie einst Rensing, der allerdings zu jung war, um oldschool zu bleiben und umlernen musste. Ob er das geschafft hat, sei mal dahingestellt.

Begründe!

Dieser Spruch fällt immer wieder und entbehrt immer der Grundlage. WARUM denn?
Schauen wir zurück zur WM, wo Kahn auf die Reservebank ging und Lehmann spielte.. WAS hatte sich denn wirklich geändert, WAS hatte Lehmann, was KAHN (angeblich) nicht hatte?
Wenn es SO wichtig war, wie konnte Dortmund ohne solch einen Torhüter zweimal (!!) deutscher Meister werden? Und jetzt, wo Dortmund auf der Torwartposition einen wirklich ECHTEN Torhüter hat, der eben beidfüssig und mit entsprechender taktischer Schulung aufwarten kann, versinkt Dortmund im Nirgendwo, ja sogar der Torwart steht in der Kritik?!

Also, BEVOR Du solche aussagen triffst, begründe diese...

twtrainer
08.08.2018, 12:26
Ja, Wessels, Rensing, Kraft konnten seinerzeit die Erwartungen nach der Karriere von Olli Kahn nicht erfüllen, weshalb Jörg Butt nochmals ran mußte. Butt hatte zwar einen volkommen anderen Charakter wie Kahn, entsprach jedoch den Vorstellungen der Verantwortlichen deshalb, weil sein Torwartverständnis dem von Kahn noch am ehesten glich. Allerdings konnten alle 3 Keeper aus dem Bayern-Nachwuchs-Bereich in anderen Verenen ihr Können unter Beweis stellen. Denn sie hatten mit Nachwuchsbereich noch das Torwartspiel hinter einem Libero trainiert und brauchten einige Zeit, um den größer gewordenen Verteidigungsraum hinter einer Kette für sich zu erarbeiten. Andere Keeper (z.B. Roman Weidenfäller, Gabor Kiraly) standen noch viele Jahre in der Verantwortung. Anderen (u.A. Tim Wiese) "oldschool-keepern" gelang dies nicht.

Wessels trainiert mitlerweile die U 19 Keeper des DFB, Kraft läßt seine Karriere bei der Hertha ausklingen und Michael Rensing will es noch mal bei Fortuna Düsseldorf wissen. Allerdings hat Rensing bereits einige Höhen und Tiefen in seiner Karriere miterlebt. Er sollte schon wissen, wie es nach dem Ende der aktiven Karriere weitergeht? Wo Tim Wiese gerade ne Oma vom Parkplatz jagt, weiß ich allerdings nicht, aber mit Fussball hat er wohl nichts mehr zu tun oder?

Icewolf
08.08.2018, 21:42
Für mich ist der Fussball ein kompliziertes Spiel, über das ich kaum etwas weiß. Immer wenn ich eine neue Erkenntnis gewonnen habe, ergeben sich daraus gleich mehrere offene Fragen.

Beim Fussball gibt es eine unendliche Zahl an Situationen, von denen ich jeweils nur einen Teil hinreichend verstehe. Denn um mehr darüber zu erfahren, müßte mir zunächst die Gelegenheit gegeben werden, alle an der Situation Beteiligten zu fragen, warum sie genau so und nicht anders gehandelt haben? Doch selbst dann, hätte ich noch nicht viel gewonnen. Denn ich würde vermutlich von einem Teil der Befragten hören, man habe sich entschieden und das dann einfach gemacht. Ob es erfolgreich war, die beste oder doch nur eine der Möglichkeiten war, erfuhren sie erst nach der Situation. Ist es der Wunsch nach Perfektionismus, dann will man sich nicht mit schlechteren Lösungen zufrieden geben.

Wenn aber der Fussball im Wettkampfmodus nicht komplett vorhersehbar ist, wie kann er dann einfach sein? Sind es nicht immer nur Erkenntnisse, die bis auf Wideruf durch eine bessere Lösung ein begrenztes Verfallsdatum haben?Das ist doch genau das heutige Problem.
Ich hatte für eine Weile angenommen, dass die Mehrheit darüber hinweg wäre, aber es kommt schlimmer zurück denn je:
Hinterher klugscheiszen. "Hättste mal...", "Hättste mal nicht" und "So kann das ja nicht klappen".
Es gibt einfach immer noch eine gut Portion Reaktion und Dynamik, die aus dem Torwart-Spiel nicht wegzudiskutieren sind, sie sind aber mittlerweile in der Betrachtung des Torwartspiels völlig unterrepräsentiert.
Sieht man ja - kann keiner mehr.
Du kannst Dich nicht darauf verlassen, dass Schüsse aus mehr als 25 Metern normalerweise nicht drin sind.
Weil es als antiquiert angesehen wird, dass man bestimmte Dinge einfach einschleifen muss. Wiederholung um Wiederholung.
Es gibt doch nichts besseres, als zum Warmmachen erstmal 30 einfache Bälle auf die Bude geschruppt zu bekommen. Und die sauber zu verarbeiten.
Aber ist ja old. Und out. :rolleyes:

Auch der Torwart hat seine Aufgaben im Laufe der Jahre anders interpretiert. Man muß sich dazu nur mal Spiele anschauen, die 10, 20 oder 30 Jahre alt sind. Genauso, wie wir uns heute über deren Leistungen z.T. amüsieren, wird man in einigen Jahren über uns schmunzeln. Olli Kahn galt zu seinerzeit als der weltbeste Keeper. Würde er heute mit seinen Fähigkeiten nur noch die Reservebank warmhalten?Meines Erachtens definitiv nicht.
Seine No-Risk-Politik und seine Reaktionsstärke würden heute noch ihresgleichen suchen. Nicht zu vergessen seine Persönlichkeit und sein Biss, sein Wille. Wobei letzteres eher eine Persönlichkeitsfrage ist, das hilft auch auf jeder anderen Position auf dem Fußballplatz.

Allerdings wird kaum ein Trainer so ehrlich sein, beim überragenden Spiel seiner Mannschaft wäre Glück im Spiel gewesen. Umgekehrt möchte er gern das Pech bei einer Niederlage anführen, was ihm allerdings nur dann hilft, wenn es sich in naher Zeit nicht wiederholt.

Aber weil der Fussball im Seniorenbereich eine Ergebnissportart ist, wird gern vereinfacht. Als Sieger hat man immer Recht (oder wie einst Otto Rehagel sagte: Taktik ist, wenn du gewinnst) und der Verlierer kann es beim nächsten Spiel wieder gut machen.

Oder reden wir hier aneinander vorbei?

Wenn nicht, dann fallen mir hierzu 2 Aussagen in der WM ein.
Thomas Müller meinte, der Gegner (Mexiko) habe ganz anders gespielt, als wir gedacht haben. Das ist von außen betrachtet zunächst einmal sehr unwahrscheinlich, weil man seine Gegner doch intensiv studiert hat.

Aber verwunderlich ist dennoch, dass den besten Profis mit internationaler Erfahrung darauf in 90 Miinuten gar nichts einfällt? Nun mag der Trainer während des Spiels keinen großen Einfluß aufgrund der lauten Kulisse haben. Aber in der Halbzeitpause kann er doch signifikante Veränderungen darlegen.

Mats Hummels erklärte, es habe an der taktischen Ballance gefehlt. Viele seiner Kameraden seien einfach nach vorn gerannt und hätten die beiden IV und den Keeper mit den Abwehraufgaben allein gelassen!

Wenn man denn erstmalig bei einer WM eine Trainerunterstützung via Headset zuläßt, dann hätte doch der oben auf der Tribüne platzierte Beobachter des Trainerstabs schon nach den ersten gefährlichen Kontern "Alarm schlagen" können! Aber von außen war da nix zu erkennen!

Zum Schluß noch etwas über die Trainersprache! Leider gibt es nach wie vor keine einheitliche Trainersprache für den Torwartbereich. Das ist dann schwierig, sich zu unterhalten, wenn jeder etwas anderes darunter versteht. Allerdings sind wir meistens als Autodidakten unterwegs, weshalb es sich lohnt zuzuhören. Denn jeder weiß etwas, was der andere gern wissen möchte. Da sind wir vielleicht etwas anders als Mannschaftsspieler und Mannschaftstrainer, von denen viele meinen, besser zu sein als die Anderen?Hier bin ich bei der grundsätzlichen Sicht von Anadur, dass es irgendwie erschreckend ist, dass eben genau das nicht passiert:
Ein Eingreifen von außen zur Korrektur einer Fehleinschätzung. Hat aber nix mit dem Thema zu tun, meines Erachtens.
Zumal die Spieler sich normalerweise so lange an die Vorgaben zu halten haben, bis sie widerrufen werden. Sonst bräuchte man ja keinen Trainer.

Begründe!

Dieser Spruch fällt immer wieder und entbehrt immer der Grundlage. WARUM denn?
Schauen wir zurück zur WM, wo Kahn auf die Reservebank ging und Lehmann spielte.. WAS hatte sich denn wirklich geändert, WAS hatte Lehmann, was KAHN (angeblich) nicht hatte?
Wenn es SO wichtig war, wie konnte Dortmund ohne solch einen Torhüter zweimal (!!) deutscher Meister werden? Und jetzt, wo Dortmund auf der Torwartposition einen wirklich ECHTEN Torhüter hat, der eben beidfüssig und mit entsprechender taktischer Schulung aufwarten kann, versinkt Dortmund im Nirgendwo, ja sogar der Torwart steht in der Kritik?!

Also, BEVOR Du solche aussagen triffst, begründe diese...Bei Kahn / Lehmann war - zu dem Schluss bin ich nach langer Überlegung gekommen - ausschlaggebend, welches Ihre typische Spielweise war.
Du hättest von Kahn Dropkicks an die Mittellinie in den Fuß verlangen können, hätte er wohl auch auf die Reihe gekriegt, aber Lehmann hat das schon mehrere Jahre so gespielt.
So auch die außergewöhnliche Begabung von Lehmann in den späteren Jahren, 10 - 15 Meter vor dem Tor Lufthoheit zu haben. Mit erstaunlicher Souveränität. Kahn (No-Risk) hat das so nicht gespielt, daher keine Sicherheit und keine innere Überzeugung darin. Interessantes Gedankenspiel: Kahn galt als rigoros und hart, vielleicht wäre er für die Aufgabe super geeignet gewesen?
Und die Maßgabe war, dass Deutschland 2006 sehr aktiv und sehr druckvoll agieren würde und daher die Erwartungshaltung gewesen ist, hoch zu stehen. Lehmann hatte das einfach schon viel häufiger so gemacht, weil Arsenal die 4er-Kette viel exzessiver gespielt hat.
Bürki hat drei Trainer-Wechsel hinter sich, während er sich mit Mitte 20 als Nr 1 in einem deutschen Spitzenklub etablieren sollte.
Wer in diesen Situationen sehr gut performed ist eine Ausnahme oder hat eine exzellente mentale Verfassung/Betreuung.

Steffen
09.08.2018, 08:18
Bei Kahn / Lehmann war - zu dem Schluss bin ich nach langer Überlegung gekommen - ausschlaggebend, welches Ihre typische Spielweise war.

Aber GANZ genau! Die typische Spielweise.
Völlig unbewußt, spielt mir diese Aussage immer und immer wieder in die Karten MEINER persönlich Denkweise zum Torwartspiel und wie man es EIGENTLICH betrachten sollte... aber wie gesagt, daß ist wieder etwas anderes.


Du hättest von Kahn Dropkicks an die Mittellinie in den Fuß verlangen können, hätte er wohl auch auf die Reihe gekriegt, aber Lehmann hat das schon mehrere Jahre so gespielt.

Das ist für mich einer der wichtigsten Punkt! Du hättest es von Kahn verlangen können! Man hat es aber so von Ihm nicht verlangt. Lehmann hingegen war durch seine Spielzeit in England jemand, der diese Form der Spieleröffnung bringen MUSSTE.
Das war der vordringlichste Unterschied. Und in einer Auswahl kommt es nicht darauf an, was man verlangen könnte, sondern was für Optionen man angeboten bekommt. Lehmann war einfach in dieser Form des Spiels - insbesondere der Spieleröffnung die weitaus stärkere Option als Kahn.
Oliver Kahn hätte das sicherlich auch mit Übung hinbekommen, aber die Notwendigkeit bestand nicht, den in seinem Club war das einfach nicht gefodert und damit fehlt einfach das Auge und auch die notwendige Übung.
Dies kannst Du mühelos auf heutige Jugendtorleute übertragen! Da gibt es genügend Torleute in den höheren Ligen, die nich in der Lage sind, einen Ball zu verarbeiten, einen Flugball zu spielen oder auch nur dann einen Ball an den freien Mann zu bringen. Da wird eine Flanke abgefangen und dann dem Spieler der Abwurf auf die Brust gekurbelt, das der Brüllhusten bekommt, anstelle den Ball sauber abzuwerfen, daß dieser im hohen Tempo mit dem Fuss verarbeitet werden kann.


So auch die außergewöhnliche Begabung von Lehmann in den späteren Jahren, 10 - 15 Meter vor dem Tor Lufthoheit zu haben. Mit erstaunlicher Souveränität. Kahn (No-Risk) hat das so nicht gespielt, daher keine Sicherheit und keine innere Überzeugung darin.

Ja, das war etwas, was Jens Lehmann sicherlich drauf hatte - und wenn man es ein wenig beobachtet - auch in England der Grund war, warum er geholt wurde und dann auch spielte. Denn die "Cross Defence" war etwas, wo die Engländer in dieser Zeit verdammt viel bekommen haben und schaute man sich einfach mal - auf die Aussen, schnell zur Grundlinie, Flanke... das war oft der Fall. Ein Torwart der hier vor dem Tor die Bälle nicht nur "weg bekam" sondern sogar sichern konnte, daß war viel wert.
Lehmann gehörte in diese Kategorie, der seinen persönlichen Schwerpunkt in der Raumverteidigung gefunden und auch stark verbessert hatte.
Wie war das eigentlich jetzt bei der WM? War da noch viel Raumverteidigung?


Interessantes Gedankenspiel: Kahn galt als rigoros und hart, vielleicht wäre er für die Aufgabe super geeignet gewesen?

Raumverteidigung braucht viel, viel Training. Du kannst einen Torwart 30000 mal durch die Koordinationsleiter jagen und es wird Ihn nicht besser machen, die Laufwege zu koordinieren, damit er korrekt und sicher zum Ball abspringt.
Da nun Tw Training in vielen Vereinen sich auf 45 Minuten pro Woche beläuft, kannst Du Dir sicherlich denken, wie viel Zeit die Torleute wirklich aufwenden (können), um just diese komplexen koordinativen Laufwege zu trainieren. Verlangt wird das, aber für die Sicherheit, wie Lehmann diese hatte, oder auch Timo Hildebrand, musst Du einfach da Schwerpunkte setzen und das viel, viel intensiver trainieren. Macht aber kaum jemand und weil das so ist...
Das ist auch die Sache mit Kahn. Es war einfach nicht im Trainingsportfolio enthalten, daher.... schaut man sich nun Videos an, und the Röhre hat eine Menge, so fällt auf: Doch Kahn hatte das schon irgendwo. ABER nie mit dem Punkto Sicherheit, sondern immer nur mit Fausten, Wegschlagen oder ähnliches. Ihm fehlte einfach diese Präsenz, den Raum einzunehmen und den Ball zu holen. Er war eher der Typ, den in den Raum kraftvoll und dynamisch eindrang, um enem Jäger die sicher geglaubte Beute doch noch vor den Fangzähnen wegzuschlagen.... Sprich sein ganzes Timing war für eine Sicherung nicht passend, für eine Verteidigung aber optimal.


Und die Maßgabe war, dass Deutschland 2006 sehr aktiv und sehr druckvoll agieren würde und daher die Erwartungshaltung gewesen ist, hoch zu stehen. Lehmann hatte das einfach schon viel häufiger so gemacht, weil Arsenal die 4er-Kette viel exzessiver gespielt hat.

Jaja... Hoch stehen, Gegenpressing, etc. Das waren damals die Punkte, die sich bis heute gehalten haben - und dann scheiden wir in der vorrunde mit einem Welttorhüter aus. Keine Frage, der Torwart war nicht schuld und nicht die Ursache... aber das "System" an sich darf man nun nicht als Mutter der Spielsysteme betrachten, die jeder Kritik erhaben ist.
Doch da sind wir wieder bei der Mannschaft und diese darf nicht das Thema werden, denn Mannschaftstaktiken sollte man vielleicht mal in einem eigenen Thema beleuchten - dies ist für Torleute nicht uninteressant, ergibt sich nämlich daraus wichtiges für das eigene Stellngsspiel, Trainingsinhalte und natürlich Spieleröffnung!

Doch mal zurück zum Thema: Lehmann kannte die Spielweise hinter der Kette. Viele sehen Ihn als Mitbegründer des "modernen Torwartspiels", doch das ist schlicht Bullshit! Lehmann machte nur, was gefordert war - er erkannte, daß viele Bälle einfach durch die Schnittstelle gespielt worden sind. Jens Lehmann musste also sein Spiel just diesen Dingen anpassen und seine "Zielverteidigung" wurde aufgrund dieser Bälle weniger wichtig, als wie die Raumverteidigung im höher und damit vorteilhafter sich selbst in Position zu halten, um diese Bälle ggf. vor dem Stürmer zu erreichen.
Nenne es mal präventive Zielvertiedigung: Der Ball wird geklärt BEVOR der Stürmer in Abschlussposition kommt.
Nun ist HEUTE die 4er Kette sicherlich nix neues mehr. Schon 1992 also als Rensing geboren wurde, war 4er Kette etabliert - es spielten nur eher weniger Mannschaften. Heute 2018 gibt es kaum eine Truppe, die eben nicht 4er Kette spielt. Kaum ein Torwart, der nach 1992 geboren ist und Fussball spielt, kennt ein System Vorstopper, Manndecker und Libero. Die kennen nur Kette.
Und das ist für mich immer ein Problem. Persönlich... denn damit ein Torwart taktisch und positionstechnisch gut geschult ist, müsste man Ihn hier z.B. auch mal mit der Spielweise Vorstopper, Manndecker, Libero konfrontieren. Denn allein Stellungsspiel, Aufgaben und Kommunikation wird plötzlich völlig anders sein und stellt den Torwart damit vor völlig neue Herausforderungen und auch Spielweisen.
Jens Lehmann konnte zum Glück beides, und seine Spielweise entstand aus dem Verständnis des alten defensiven 1-2-1 Systems in der Raute, aus welchem er dann seine Spielweise zu dem eher flachen 4 System entwickeln konnte und musste. Um also heute Torleute für zukünftige Aufgaben zu wappnen, die ja NUR das flache 4er System der Defensive kennen, müßte man diese also mal mit dem 1-2-1 System konfrontieren...
Und ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage - Anadur hat das mehrfach angedeutet - das wird eine Pflichtaufgabe der Zukunft sein. Aber das ist nun wieder Mannschaftstaktikisches....

Lehmann war also damals, mit dem hohen Gegenpressen sicherlich die bessere Option als Oliver Kahn, doch nüchtern betrachtet, muss man heute feststellen, mit etwas Übung hätte man auch mit Oliver Kahn das gleiche erreichen können. Wird gern bestritten, doch diese Theorie bringt man einfach ins Wanken, denn Dortmund spielte mit Weidenfeller erfolgreich ein so derbes Gegenpressing und die Abwehr war zum Teil so hoch - da hätte eigentlch Weidenfeller überhaupt nicht passen dürfen können sollen, doch das Gegenteil war der Fall.
Klar, im Umkehrschluss kann man sagen, daß es vielleicht (!!) mit einem anderne Torhüter noch besser geklappt hätte - ABER just um dieses VieLLEICHT in der Argumentation geht es, denn dafür fehlt fast jeder Beleg. Es gibt Ausnahmen, aber eben nichts handfestes - es gibt immer nur "Gefasel"


Bürki hat drei Trainer-Wechsel hinter sich, während er sich mit Mitte 20 als Nr 1 in einem deutschen Spitzenklub etablieren sollte.
Wer in diesen Situationen sehr gut performed ist eine Ausnahme oder hat eine exzellente mentale Verfassung/Betreuung.

Naja, kann man als Entschuldigung so stehen lassen - aber mal ehrlich, darum geht es doch gar nicht.
Es geht hier um den Einfluss des Torhüters auf die Spielentscheidungen. Sprich: Ist Roman Bürkis offensives Torwartspiel, also Rückpassverarbeitung, Spieleröffnung sowie Raumverteidigung VOR dem Strafraum wirklich ein GARANT für einen Spielerfolg, oder sind andere Aktionen für einen Spielerfolg, also Punktgewinn eher wichtig.

twtrainer
09.08.2018, 10:35
@Icewolf

Ich hab mir mal diese Passage von dir herausgegriffen. Auf alles zu antworten wäre sicher zu lang:

"Das ist doch genau das heutige Problem.
Ich hatte für eine Weile angenommen, dass die Mehrheit darüber hinweg wäre, aber es kommt schlimmer zurück denn je:
Hinterher klugscheiszen. "Hättste mal...", "Hättste mal nicht" und "So kann das ja nicht klappen".
Es gibt einfach immer noch eine gut Portion Reaktion und Dynamik, die aus dem Torwart-Spiel nicht wegzudiskutieren sind, sie sind aber mittlerweile in der Betrachtung des Torwartspiels völlig unterrepräsentiert.
Sieht man ja - kann keiner mehr.
Du kannst Dich nicht darauf verlassen, dass Schüsse aus mehr als 25 Metern normalerweise nicht drin sind.
Weil es als antiquiert angesehen wird, dass man bestimmte Dinge einfach einschleifen muss. Wiederholung um Wiederholung.
Es gibt doch nichts besseres, als zum Warmmachen erstmal 30 einfache Bälle auf die Bude geschruppt zu bekommen. Und die sauber zu verarbeiten.
Aber ist ja old. Und out. :rolleyes:"

Ich denke, du hast es ganz gut auf den Punkt gebracht!

Ein Torwart hat normalerweise 10 - 15 schwierige Bälle pro Spiel, in der er nicht alle Faktoren kennt, sich aber dennoch im Bruchteil einer Sekunde entscheiden muß. Denn ohne seine Reaktion wäre es fast immer ein Gegentor! Selbst kleine Fehler können darüber entscheiden, ob die Aktion von Erfolg gekröhnt wird.

Hinzu kommt und das wird allzugern vergessen, dass auch dem Gegner mal eine geniale Idee gelingt, sodass ihm die Fairness des Lobs gebührt.

Es ist ein Spiel der Kontrahenten mit sehr vielen Unwägbarkeiten. Aber nur allzu gern wird der Einfluß des Gegners auf den eigenen Erfolg ignoriert! Doch genau die Interaktionen aller Spieler im ballnahen Raum sind es, an denen wir mit unseren Torleuten Tag für Tag hart arbeiten und sie dennoch bei ihren unerklärlichen Leistungsschwankungen im Wettkampf beobachten.

Statt aber ehrlich zu sein und zu sagen - ich weiß es nicht genau, was da ablief - weil mir die dazu nötigen Informationen fehlen - wird klugscheißerisch "hätteste mall ... " "Hätteste mal nicht" und "So kann das ja nicht klappen" propagiert. Manchmal glaubt man dem Torwart generell bestimmte Fähigkeiten abzusprechen. Den Beleg dafür meint an 1 - 2 Gegentoren ableiten zu können.

Dabei ist man kaum mehr als 10 % an der Realität angekommen, weil nur ein paar Faktoren dabei berücksichtigt werden, damit es so einfach wie möglich wird.

Kann er das Tor deshalb wieder gut machen? Nein!

Mir fehlt mir schon der Respekt vor der Leistung des Torwart! Und noch schlimmer: wie soll es ihm diese oberflächliche Kritik an der Verbesserung helfen?

Dann besser den Torwart und seine Mitspieler zunächst zu Wort kommen lassen, um sie mit den eigenen Eindrücken abzugleichen. Bilder (z.B. Videoanalayse) können helfen, sind aber auch kein Ersatz. Gelangt man danach zu einem anderen Bild, dann muß es gelingen, sich den Irrtum einzugestehen, um alle weiteren Aufgaben fürs Training (geeignete Übungen, Spielformen) rasch zu planen.

Der Torwart soll selbständig Entscheidungen treffen. Damit schließt sich der Kreis! Wenn ich als Torwart nichts mache, dann hab ich schon verloren. Also ist es besser etwas zu machen. Wenn sie erfolgreich war, ist es müßig im Wettkampf schon darüber nachzudenken, ob es eine noch bessere Lösung gegeben hätte. Ferner ist es vollkommen ausreichend, wenn der Keeper es auf seine Weise erfolgreich löst!

Eine spätere vollständige Analyse ohne die Beteiligten ist nutzlos. Wer das Video nur dazu nutzt, um Schuldige zu finden, sollte sich beim Mißbrauch dieser Bilder selbst infrage stellen.

(Aufwärmübungen wäre sicher ein eigenes Thema wert, weshalb ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen möchte.)

Marsson
09.08.2018, 11:06
Begründe!

Dieser Spruch fällt immer wieder und entbehrt immer der Grundlage. WARUM denn?
Schauen wir zurück zur WM, wo Kahn auf die Reservebank ging und Lehmann spielte.. WAS hatte sich denn wirklich geändert, WAS hatte Lehmann, was KAHN (angeblich) nicht hatte?
Wenn es SO wichtig war, wie konnte Dortmund ohne solch einen Torhüter zweimal (!!) deutscher Meister werden? Und jetzt, wo Dortmund auf der Torwartposition einen wirklich ECHTEN Torhüter hat, der eben beidfüssig und mit entsprechender taktischer Schulung aufwarten kann, versinkt Dortmund im Nirgendwo, ja sogar der Torwart steht in der Kritik?!

Also, BEVOR Du solche aussagen triffst, begründe diese...

Schmarrn. Wie soll man denn etwas begründen, bevor man die Aussage macht. Das Wort, das wir im Deutschen benutzen und das Du wahrscheinlich meinst ist "wenn". ;)

Es ging hier nicht um eine retrospektive Sicht, sondern um ein Alternativszenario. Wäre Kahn heute noch Weltklasse? Nein, denn niemand würde ihm einen Vertrag geben. Aber Toni Schumacher auch nicht. Und Sepp Maier auch nicht - und auch nicht Rüdiger Vollborn.

Die Begründung für meine Aussage steckt übrigens in der Rensing-Analogie.

Steffen
09.08.2018, 14:19
Schmarrn. Wie soll man denn etwas begründen, bevor man die Aussage macht. Das Wort, das wir im Deutschen benutzen und das Du wahrscheinlich meinst ist "wenn". ;)

Es ging hier nicht um eine retrospektive Sicht, sondern um ein Alternativszenario. Wäre Kahn heute noch Weltklasse? Nein, denn niemand würde ihm einen Vertrag geben. Aber Toni Schumacher auch nicht. Und Sepp Maier auch nicht - und auch nicht Rüdiger Vollborn.

Die Begründung für meine Aussage steckt übrigens in der Rensing-Analogie.

Aha. Klar logisch. Jens Lehmann gibt HEUTE auch niemand mehr einen Vertrag, denn mit einem Opa im Tor kann man nicht spielen, gleiches trifft auf die von Dir genannten zu.. obwohl ich nicht weiß, ob nicht vielleicht Toni Schumacher eine Ausnahme sein könte. Vertrag hat er in jedem Fall, die Frage ist ob er (noch) spielberechtigt ist.
Wenn Du es nur Alternativ betrachten wolltest, ist aber der ansatz nicht ganz korrekt, denn wenn Du für ein noch modernes Tw Spiel plädierst und dann Torleute nennst, diesen diese als retrospektives Beispiel der Spielweise und bilden den Anachronismus, sie dienen dann als Synonym für die Spielweise an sich - und sind damit der in Frage gestellte Anachronismus an sich. Vergleiche sind daher vom Alter der Synonyme losgelöst zu betrachten, um den Anachronismus an sich zu untersuchen und auf Wahrheit zu prüfen, und nicht, ob der physikalische JETZTZustand des Namensträgers überhaupt noch in der Lage wäre....

Daher ist das kein Schmarrn, sondern gelebte vergleichende Diskussion. Und die Begründung ist dann also rein, daß die körperliche Fitness es nicht zulassen würde... Das ist mir zu weich, denn da bin ich mit Ice schon ein großes Stück weiter

Icewolf
10.08.2018, 22:28
Aber GANZ genau! Die typische Spielweise.
Völlig unbewußt, spielt mir diese Aussage immer und immer wieder in die Karten MEINER persönlich Denkweise zum Torwartspiel und wie man es EIGENTLICH betrachten sollte... aber wie gesagt, daß ist wieder etwas anderes.Meinst Du mit Deiner persönlichen Denkweise das "Multi-System-Training", TW hinter 3er-, 4er-, 5er-Kette oder Manndeckung?
Ja, das war etwas, was Jens Lehmann sicherlich drauf hatte - und wenn man es ein wenig beobachtet - auch in England der Grund war, warum er geholt wurde und dann auch spielte. Denn die "Cross Defence" war etwas, wo die Engländer in dieser Zeit verdammt viel bekommen haben und schaute man sich einfach mal - auf die Aussen, schnell zur Grundlinie, Flanke... das war oft der Fall. Ein Torwart der hier vor dem Tor die Bälle nicht nur "weg bekam" sondern sogar sichern konnte, daß war viel wert.
Lehmann gehörte in diese Kategorie, der seinen persönlichen Schwerpunkt in der Raumverteidigung gefunden und auch stark verbessert hatte.
Wie war das eigentlich jetzt bei der WM? War da noch viel Raumverteidigung?Weiß ich nicht mehr.
Ich erinnere mich, dass es Stimmen gab, dass Kahn womöglich die Italien-Tore verhindert hätte.
Elfmeterschießen gegen ARG war natürlich stark.
Aber sonst finde ich es schwer, bewerten zu können, ob Lehmanns persönliche und torwarttechnische Stärken maßgeblich für die Leistung waren.
Mir persönlich hat es viel gegeben: Seitdem spiele ich NIKE Vapor Grip 3 :D , es hat mir eine neue Sichtweise auf das Torwartspiel ermöglicht und Kahn erschien in einem völlig anderen Licht.

[...]Lehmann war also damals, mit dem hohen Gegenpressen sicherlich die bessere Option als Oliver Kahn, doch nüchtern betrachtet, muss man heute feststellen, mit etwas Übung hätte man auch mit Oliver Kahn das gleiche erreichen können. Wird gern bestritten, doch diese Theorie bringt man einfach ins Wanken, denn Dortmund spielte mit Weidenfeller erfolgreich ein so derbes Gegenpressing und die Abwehr war zum Teil so hoch - da hätte eigentlch Weidenfeller überhaupt nicht passen dürfen können sollen, doch das Gegenteil war der Fall.
Klar, im Umkehrschluss kann man sagen, daß es vielleicht (!!) mit einem anderne Torhüter noch besser geklappt hätte - ABER just um dieses VieLLEICHT in der Argumentation geht es, denn dafür fehlt fast jeder Beleg. Es gibt Ausnahmen, aber eben nichts handfestes - es gibt immer nur "Gefasel"Finde ich auch immer wieder interessant zu betrachten.
Bringt aber nix, "die Leute" lassen sich nicht auf den Gedanken ein.

Naja, kann man als Entschuldigung so stehen lassen - aber mal ehrlich, darum geht es doch gar nicht.
Es geht hier um den Einfluss des Torhüters auf die Spielentscheidungen. Sprich: Ist Roman Bürkis offensives Torwartspiel, also Rückpassverarbeitung, Spieleröffnung sowie Raumverteidigung VOR dem Strafraum wirklich ein GARANT für einen Spielerfolg, oder sind andere Aktionen für einen Spielerfolg, also Punktgewinn eher wichtig.Meines Erachtens ist das schon mehr als eine Entschuldigung, von Freiburg nach Dortmund ohne Netz und doppelten Boden ist schon ein Brett.
Und Mitte 20 bist Du nicht fertig in der Persönlichkeitsentwicklung im Sinne eines Fußballers.

VIEL wichtiger, und absolut mein Punkt:
Wer kann beweisen, dass es einen mittelbaren Zusammenhang gibt zwischen den fußballerischen Fähigkeiten des Keepers und dem Erfolg einer Mannschaft.
Ich habe noch niemanden gefunden.
Und wir reden nicht darüber, dass jeder Rückpass ein halbes Eigentor ist.
Es ist gut, wenn der Keeper fußballtechnisch stark ist, keine Frage.
Aber ob man gewinnt, weil der Keeper seine Abstöße so schön auf außen in den Fuß schlägt, will ich in Frage stellen.

Statt aber ehrlich zu sein und zu sagen - ich weiß es nicht genau, was da ablief - weil mir die dazu nötigen Informationen fehlen - wird klugscheißerisch "hätteste mall ... " "Hätteste mal nicht" und "So kann das ja nicht klappen" propagiert. Manchmal glaubt man dem Torwart generell bestimmte Fähigkeiten abzusprechen. Den Beleg dafür meint an 1 - 2 Gegentoren ableiten zu können.100% Zustimmung.
Der Trainer haben häufig die menschliche Größe nicht.
Ein paar Trainer hatte ich, die wenigstens kamen und sagten:"Wie war das? Sah komisch aus..."

Dabei ist man kaum mehr als 10 % an der Realität angekommen, weil nur ein paar Faktoren dabei berücksichtigt werden, damit es so einfach wie möglich wird.

Kann er das Tor deshalb wieder gut machen? Nein!

Mir fehlt mir schon der Respekt vor der Leistung des Torwart! Und noch schlimmer: wie soll es ihm diese oberflächliche Kritik an der Verbesserung helfen? Tja. In einer besseren Welt...
Viele freuen sich, wenn sie sich an irgendwas hochziehen können. Und der Torwart ist ja bekanntlich immer Schuld.
Bis sie es mit mir zu tun bekommen... ;)

[...](Aufwärmübungen wäre sicher ein eigenes Thema wert, weshalb ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen möchte.)Ich meine nicht nur Aufwärmübungen.
Auch als Training.
In Kombination mit Koordination, Konzentration oder Kraft/Ausdauer.
Linke Hürde, rechte Hürde, scharfer Schuss flach auf Mann. Sauber verarbeiten. Ein Torwart-Trainer darf gut oder sehr gut schießen können. :rolleyes:
Aber wer macht das denn noch (mit)?

twtrainer
13.08.2018, 09:32
[QUOTE=Icewolf;1026019
Ich meine nicht nur Aufwärmübungen.
Auch als Training.
In Kombination mit Koordination, Konzentration oder Kraft/Ausdauer.
Linke Hürde, rechte Hürde, scharfer Schuss flach auf Mann. Sauber verarbeiten. Ein Torwart-Trainer darf gut oder sehr gut schießen können. :rolleyes:
Aber wer macht das denn noch (mit)?[/QUOTE]

Gibt es überhaupt ein "Oldschool"? Die Vergangenheit ist immer auch ein Teil der Gegenwart und wird es für die Zukunft! Da wird ja nichts von ein- auf den anderen Tag abgeschafft, sondern es gelangen immer wieder neue Strömungen hinein, weshalb sich die Ansichten darüber verändern. Nur beim Torwart ist die Skala vom Held zum Depp sehr klein, weshalb die differenzierte Betrachtung seiner Fähigkeiten recht schwierig ist.

Genau das meine ich, weshalb das Aufwärmen für mich ein eigenes Thema ist. Da wäre zum einen die Rolle des Torwarttrainers Es gehört für mich zu den Fähigkeiten eines guten Torwarttrainers, dass er Schüsse aus kurzer und mittlerer Distanz beidfüssig so gut hinbekommt, als dass der Keeper genau die Anforderungen bekommt, die er als Vorbereitung für sein Spiel braucht. Mach ich es ihm zu einfach, dann wird er den veränderten Schwierigkeitsgrad im Spiel nicht hinbekommen. Mach ich es zu schwierig, dann verunsichere ich ihn bereits, bevor der Wettkampf losgeht. Genau deshalb braucht es diese Fähigkeiten für den Torwarttrainer.

Habe ich also einen "fusskranken Torwarttrainer", dann stellt sich die Frage, ob ein anderer Spieler oder ein Torwartkollege mein Aufwärmprogramm begleitet. Diese Konstellation sieht man sehr häufig.

Der Austausch des Torwarttrainers durch einen Spieler oder Torwartkollegen mag beim Aufwärmen noch eine gute Alternative sein. Aber im Training braucht der Keeper einen Torwarttrainer, dessen technische Fähigkeiten soweit ausgereift sind, dass die Übung reproduzierbar wird, weil er gleichzeitig die vollständige Torwartaktion beobachten kann, um korrigierend eingreifen zu können. Sehr viele Profi-Torwarttrainer können das.

Aber im Amateurbereich findet man noch eine große Anzahl an ehemaligen Torhütern mit stark ausgeprägter Einfüssigkeit und technischer Limitation. Bei ihnen wurde es in der Ausbildung vernachlässigt. Man glaubte, je früher eine Stammposition vergeben wird, je länger kann man daran arbeiten. Aber ganz ehrlich, was wären wir ohne diese Torwarttrainer, die mit sehr viel Herzblut bei der Sache sind. Hier sollte man die Kirche im Dorf lassen und die Ansprüche analog dem sonstigen Umfeld stellen.

Wenn es die Stärke des Torwarttrainers ist, seinem Keeper die notwendige Sicherheit fürs Spiel durch sehr gute Distanzschüsse beim Warmmachen zu geben, dann ist das genau die Kombination, die für beide optimal ist.

Allerdings sind Übungen nicht alles, was es zu einer guten Vorbereitung braucht. Es bedarf auch einer taktischen Einstellung. Welche besonderen Stärken und Schwächen besitzt der Gegner. Wie wollen wir in diesem Spiel agieren bei gleichzeitig kalkuliertem, geringem Risiko? Schließlich kommen hierbei die Stärken/Schwächen des Keepers ins Spiel. Auf welche 2 - 3 Dinge will er besonders achten? Mehr sollte man möglichst vermeiden, denn wenn man sich zu viele Baustellen setzt, wird die Konzentration um wesentliche schwierig. (dann könnte es sein, dass ich einen schwierigen Ball halte, aber nichts gewonnen hab, weil mir ein einfacher Ball ins Netz ging)

Welcher Anteil das individuelle physischen, psychischen Warmmachen als Torwart und zu denen im Rahmen der Mannschaft sind, dass hängt sicher von jedem Torwart wie von jeder Mannschaft ab. Darüber hab ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht, sondern das eher aus dem Bauchgefühl heraus gesteuert. Meistens ging es gut, aber manchmal auch total in die Hose! Deshalb hab ich ein einfaches Rezept: wenn es jemand besser kann, dann so er es probieren! Man könnte auch sagen: "Est der Ruf erst ruiniert, lebt es sich danach ungeniert!" Ähnlich "dickhäutige Keeper" wünsche ich mir! Mit den "Minosen" kann ich nicht viel anfangen. Wenn das Selbstbewußtsein nicht vorhanden ist, dann wird sich der Keeper wohl kaum in eine "innere Meisterstimmung" (sich auf schwierige, aber sehr gut gemeisterte Aufgaben besinnen) versetzen lassen.

Man könnte sicherlich ein Buch übers Warmmachen schreiben. Denn eine isolierte Betrachtung des Warmmachens gibt längst nicht alle Facetten preis, deren Betrachtung wünschenswert wäre. Denn weil sie bei jedem Keeper und jedem Torwarttrainer etwas anders verläuft, wäre die Bündelung des Know-How für alle Nachwuchskeeper von großem Vorteil.

Steffen
13.08.2018, 10:59
Meinst Du mit Deiner persönlichen Denkweise das "Multi-System-Training", TW hinter 3er-, 4er-, 5er-Kette oder Manndeckung?Weiß ich nicht mehr.

Nein. Schau, Du kannst nicht JEDEN Fussballer z.B. als Innenverteidiger stellen. Gerade bei einer 3er Kette brauche ich aber einen Innenverteidiger, der eben mit den beiden Aussenverteidigern harmoniert, und das verschieben 100%ig klappt.
Just jetzt kommt mein Gedanke ins Spiel und den verfolge ich bereits seit Einführung der Rückpassregel und je mehr ich Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, etc. verfolge, desto sicherer werde ich mir:
Die Position des Torwarts ist zu komplex, als das es ein Spieler für jede taktische Ausrichtung erfüllen könnte. Nehmen wir mal eine 4er Kette und starkes Gegenpressing. Hier brauche ich wirklich einen Torwart, der mehr Libero als Torwart ist. Der muss einfach sehr viel vor dem Strafraum lösen und viel auch Bälle verteilen. Hier ist die Spieleröffnung und das aktive, ja offensive Mitspielen, ebenso wie das klären von Bällen als Feldspieler mehr im Portfolio, als die klassische Zielverteidigung.
Stelle ich nun, wie bei der WM zum Teil zu erkennen, auf ein System um, wo ich plötzlich eine 5er Kette vor dem Strafraum habe, ist die Raumverteidigung im Gegenpressing plötzlich gar nicht mehr so von Relevanz, sondern der Gegner wird viel mehr Abschlüsse aus der Distanz versuchen müssen, weil er nicht durchkommt. Hier brauche ich plötzlich einen Torwart, der extrem stark in der Zielverteidigung ist.

Ich bin der Meinung, daß das zwei völlig gegensätzliche Typen sind, in etwa wie Lehmann und Kahn - das passt recht gut.

Ich stelle daher keine Nummer Eins mehr, in der klassischen Denkweise, sondern ich stelle einen Torhüter auf, der zu meinem taktischen System passt. Spiele ich defensiv, nehme ich den defensiven Keeper, spiele ich offensiv mit Gegenpressing, nehme ich den offensiven Torwart (von mir aus Torspieler)...
Aber wenn ich einen offensiven Torwart in ein System bringe, wo ich mehr unter Druck bin und eher defensiv spiele - und der Torwart ist sehr, sehr wichtig im System - dann könnte ich damit einen neuralgischen Punkt im ganzen System fehl besetzen. Damit bringe ich meine Mannschaft auf dieser Position in einen gravierenden Nachteil.
Ebenso, wenn ich einen defensiven Torwart ins Tor stelle, ich aber den Gegner überleben mit Pressing in der eigenen Hälfte festnagele.

Das wirft ein ganz anderes Bild auf die Situation, eine Sache, die aber vielen Torleuten gar nicht schmeckt - für mich aber ist das die Lösung der Zukunft und ich weiß nicht, warum just darüber nicht wirklich ein vernünftig denkender Trainer reden möchte. Warum ist die Position Torwart so unantastbar, anstelle hier, wie bei jeder anderen Position entsprechend der Taktik den besser geeigeneten Spieler auf die Position zu stellen?

Ich schreibe das immer und immer wieder - aber zuhören will da offensichtlich niemand.


Ich erinnere mich, dass es Stimmen gab, dass Kahn womöglich die Italien-Tore verhindert hätte.

*lächel* Stimmen gibt es immer, doch ist das so?
Schau doch mal hin, die Röhre hat ja alles... behalte aber meine obige aussage mal im Kopf... denn bei Italien spielte ja Buffon... vergleich da doch mal.


https://www.youtube.com/watch?v=RCMQeobKQl0

Und nun nehmen wir das in den Kontext Kahn und Lehmann... weißte, hätte, hätte, Fahrradkette... diese Diskussion will ich ja gar nicht stellen... ich frage mich nur, ob ein anderer Typ Torwart nicht vielleicht den Deutschen hier mehr geholfen hätte... denn bei Italien können wir festhalten: Buffon hatte einen großen Anteil an dem Sieg seiner Mannschaft.
Ich behaupte nicht das Lehmann schlecht war oder schuld war, aber die Frage, ob er für dieses Spiel die beste Wahl war, die werfe ich mal unverblümt in den Raum. Klar, kann und darf die Antwort auf diese Frage sein: Ja, Lehmann war die beste Wahl, weil.... und dann kommen die Gründe...
Aber für mich stehen solche Sachen auch immer in dem Kontext obiger Gedanken, also keinen fixen, festen Torwart zu haben, sondern auch auf der Position variabel zu sein...



Elfmeterschießen gegen ARG war natürlich stark.
Aber sonst finde ich es schwer, bewerten zu können, ob Lehmanns persönliche und torwarttechnische Stärken maßgeblich für die Leistung waren.

Du, Lehmann war schon ein sehr, sehr guter Torwart. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Und beim Elferschießen zeigte er das auch... aber an einem Elfmeterschießen mache ich keine TW Leistung fest.
Aber wir können mal attestieren, daß die Entscheidung pro Lehmann mal nicht grundsätzlich falsch war... definitiv nein.
Aber ich sehe das zum Teil wie gesagt aus einem anderen Blickwinkel, heute sgar noch mehr als damals...



...Kahn erschien in einem völlig anderen Licht.

So? In welchem denn?



Finde ich auch immer wieder interessant zu betrachten.
Bringt aber nix, "die Leute" lassen sich nicht auf den Gedanken ein.

Das ist der springende Punkt: Man muss sich auf etwas einlassen! Aber einlassen heißt auch, daß man Butter zu den Fischen gibt, daß man erklärt... ich mag das neuerdings wenig handfeste rumgeschwurbel nicht mehr.
Die Behauptung z.B. das Koordinationstraining und dieses LifeKinetic zwingend einen Torwart, oder Sportler überhaupt, besser macht - insbesondere dann, wenn es alibimäßig von Trainern ausgeführt wird. So dieses 3000mal durch die Leiter hecheln, etc... Ich stelle das ja gar nicht in Abrede, denn ich kenne ja die Mechaniken dahinter, ich verstehe nur nicht, wenn man das weiß, warum dann einige Dinge 'erlaubt' sind, denn das z.B. völlig automaisierte Durchlaufen der Leiter in bestimmten Abfolgen hat ÜBERHAUPT keine korodinative Wirkung mehr. Hier läuft ein Programm ab... Sprich der Sportler läuft durch die Leiter, in einem fixen Program unter hohem Tempo. Das ist wie ein Programm auf dem Rechner - Du tippst execute und dann läuft es durch bis ready. Der Spieler geht in die Leiter, das Gehirn macht execute und am Ende der Leiter kommt das Ende: Ready...
Da passiert im Kopf nix mehr - und das ist widersinnig zum Koordinationstraining. Aber die Trainer machen es, immer weiter und weiter - ohne Nachdenken, ohne Verständnis

Ebenso bei LifeKinetic... Dabei sagt Dir jeder halbwegs gute LifeKinetic Trainer, daß wenn sich Zeichen von Automatismen einschleichen, die Übung sofort zu ändern ist, damit das Programm eben auch seine Vorteile der "Gehirnflexibilisierung" beibehalten kann...
Und ich sage: Okay, Multitasking geht nicht, aber ich kenn die Taktung steigern und lernen, viele Dinge rasch unterscheidlich nacheinander machen, so daß es förmlich zeitgleich aussieht... so haben es die ersten Computerprozessoren auch gemacht... heute hat man dafür mehrere Prozessorkerne, so daß wirklich zeitgleich Programme laufen - aber wir haben nur ein Gehirn!!! Also mogeln wir...

Aber viele Menschen behaupten etwas, es gibt Studien - nur niemand prüft nach einiger Zeit nach, ob was die Studien behauptet haben auch wirklich eingetreten ist, oder ob sich überahupt eine Steigerung eingestellt hat. Vielleicht hat sich etwas verändert, ja - nur war diese Veränderung auch wirklich leistungssteigernd? Wenn ja, war die Leistungssteigerung anderen Verfahren auch überlegen, also hat dieses Verfahren überhaupt ein Anrecht aufden Hype - oder ist das Verfahren lediglich ein anderes Verfahren, erreicht daher nur die ungefähr gleiche Leistungssteigerung?
Das sind die interessanten Punkte des Trainings...

Oft ist das in etwa so, wie mit Trinkwasser in Flaschen, dem Sauerstoff zugesetzt wird - zur Leistungssteigerung, denn unser Körper braucht den Sauerstoff zur Energiegewinnung. Gibt Studien darüber und die beweisen: Mehr Sauerstoff, mehr Leistung!
Doch kann unser Körper überhaupt den Sauerstoff im Trinkwasser resobieren und zur Energiegewinnung heranziehen? Darüber gibt es weder eine Studie, noch gibt es irgendeinen stichhaltigen Beleg das wir einen Gasaustausch über den Verdauungstrakt in signifikanter Größe hinbekommen - sprich der Sauerstoff mag für einige Bakterien ganz nett sein, aber er ist für die körperliche Leistung völlig unerheblich, so scheint es...
Aber es wird weiter so hingestellt, als wäre Sauerstoff im Flaschenwasser ein Leistungsbringer...



Meines Erachtens ist das schon mehr als eine Entschuldigung, von Freiburg nach Dortmund ohne Netz und doppelten Boden ist schon ein Brett.
Und Mitte 20 bist Du nicht fertig in der Persönlichkeitsentwicklung im Sinne eines Fußballers.

das alles mag sein... stellt aber nicht in Abrede, daß eben Bürki immer mal wieder in der Kritik stand und steht, für einie Dinge, die eben supotimal gelaufen sind.
Er stand vielleicht aber gerade weil er bei Dortmund spielt, auch etwas mehr im Fokus, als z.B. Oliver Baumann oder Lukas Hradecky...
Und die Dortmunder scheinen ja mit Bürki nicht ganz unzufrieden zu sein, den mit etwa der gleichen ausbildung kommt ja mit Marwin Hitz jetzt förmlich der "Zwillingsbrunder" in den Kader...

Trotzdem ändert es nicht mehr Frage, ob der Fussballer im Tor eine Auswirkung auf das Abscheniden der Dortmunder hatte... bewußt sage ich Fussballer, und nicht Torhüter!!!



VIEL wichtiger, und absolut mein Punkt:
Wer kann beweisen, dass es einen mittelbaren Zusammenhang gibt zwischen den fußballerischen Fähigkeiten des Keepers und dem Erfolg einer Mannschaft.
Ich habe noch niemanden gefunden.

Aber diesen Beweis sollte ich doch bringen, wenn ich diesen Hype des Torspieler so betreibe! Wenn ich also den Torwart über 80% seines Daseins nur Fussball spielen lassen, den Torwart ausschließlich als Fussballer betrachte, der ja nur ab und an einen Ball halten muss - und damit das Fussballspielen des Torwarts über alles andere stelle - dann sollte ich in der Lage sein, zu belegen, daß eben dieser Fussball im Tor auch wirklich die Leistung und den Erfolg, also Punktgewinn, der Mannschaft steigert und sicher stellt.
Ansonsten mache ich das Gleiche, wie mit Sauerstoff in Wasserflaschen - ich behaupte etwas, habe aber für die Wirkung keine Beweise....

Und diese Beweise fehlen mir, ausser das es so richtiggehende Schwurbeler gibt, die da Vollgas was erzählen, nicht aber einen einzigen stichhaltigen Beleg abliefern.
Spielverlagerung.de machte mal eine schöne In-Depth-analyse von Neuer... daß ist jetzt Jahre her, mich würde interessieren, wie sich das inzwischen darstellt, nachdem man ja jetzt versucht hat, egal wo mit einer Art Neuer zu spielen :D



Und wir reden nicht darüber, dass jeder Rückpass ein halbes Eigentor ist.

Nein, auch wen in einigen Spielklassen sicherlich das zu befürchten ist, bzw. kurz nach Einführung der Reückpassregel sogar hätte eintreten können *lacht*



Es ist gut, wenn der Keeper fußballtechnisch stark ist, keine Frage.
Aber ob man gewinnt, weil der Keeper seine Abstöße so schön auf außen in den Fuß schlägt, will ich in Frage stellen.

Es geht nicht darum, daß der Torwart seine Abstöße in den Fuss spielt.. für den Ballbesitzfussball ist das ja wünschenswert... es geht eher darum, wie oft der Torwart durch sein aktives Mitspielen das Spiel zu beeinflusst hat, daß wirklich zählbares heraus gekommen ist.
Salopp gesagt: Der Torwart spielt mit, und daher schieße ich vorne immer eins mehr, als ich hinten überhaupt bekomme...
Ist das aber wirklich so, oder ist das Prinzip: Ich habe hinten einen Torwart, der hält auch mal die Null fest... vielleicht doch das eher entscheidende und wichtige Kriterium?

Anadur
13.08.2018, 12:54
Ich stelle daher keine Nummer Eins mehr, in der klassischen Denkweise, sondern ich stelle einen Torhüter auf, der zu meinem taktischen System passt. Spiele ich defensiv, nehme ich den defensiven Keeper, spiele ich offensiv mit Gegenpressing, nehme ich den offensiven Torwart (von mir aus Torspieler)...
Aber wenn ich einen offensiven Torwart in ein System bringe, wo ich mehr unter Druck bin und eher defensiv spiele - und der Torwart ist sehr, sehr wichtig im System - dann könnte ich damit einen neuralgischen Punkt im ganzen System fehl besetzen. Damit bringe ich meine Mannschaft auf dieser Position in einen gravierenden Nachteil.
Ebenso, wenn ich einen defensiven Torwart ins Tor stelle, ich aber den Gegner überleben mit Pressing in der eigenen Hälfte festnagele.

Das wirft ein ganz anderes Bild auf die Situation, eine Sache, die aber vielen Torleuten gar nicht schmeckt - für mich aber ist das die Lösung der Zukunft und ich weiß nicht, warum just darüber nicht wirklich ein vernünftig denkender Trainer reden möchte. Warum ist die Position Torwart so unantastbar, anstelle hier, wie bei jeder anderen Position entsprechend der Taktik den besser geeigeneten Spieler auf die Position zu stellen?

Ich schreibe das immer und immer wieder - aber zuhören will da offensichtlich niemand.




Weil es nicht funktioniert. Fußball ist nicht statisch genug, es ist zu chaotisch. Zieh mal den Vergleich zum American Football. Dort hat man die Spezialisierung auf die Spitze getrieben. Es gibt für jede Spielsituation Spezialisten. Das Spiel ist statisch. Klar, kann schon passieren, dass deine Abwehrspezialisten mal einen Angriff laufen müssen, aber höchstens bis zur nächsten Unterbrechung. Und die kommt garantiert innerhalb der nächsten 10 Sekunden. Dann schickst du wieder deine Angreifer aufs Feld.

Unser Fußball hat diese Unterbrechungen nicht. Innerhalb von wenigen Augenblicken ändert sich die taktische Ausrichtung und damit die Aufgaben eines jeden Spielers. Mal von Barca oder Bayern abgesehen, wenn sie gegen das Ligafallobst spielen, haben alle Mannschaften abwechselnde Phasen der Dominanz oder der Defensive. Die Bundesliga ist da zwar nochmals ein Spezialfall, weil da niemand Fußball spielen will außer Bayern und mit Abstrichen noch der BVB, aber das wollen wir jetzt erstmal ignorieren.

Also du kannst gar nicht vor dem Spiel wissen, was von deinem Keeper gefordert wird. Obwohl doch, kannst du schon. Denn egal wie dominant du bist, egal wie sehr du den Ballbesitz perfektioniert hast, irgendwann wird der Gegner den Torwart zu einer klassischen Ballabwehr zwingen. Das mag bei einer Spitzenmannschaft seltener vorkommen, als bei der Schießbude der Liga, aber es entscheidet auch da die Spiele.

Oder mal als Beispiel die Bayern genommen. Neuer ist sicherlich fußballerisch kein schlechter. Er kann mit dem Ball umgehen. Aber, deine Idee mal ernst genommen, warum sollte ich einen Neuer ins Tor stellen? Fußballerisch ist er deutlich schlechter als fast alle anderen Spieler im Kader. Dann stell ich mir doch lieber Hummels, Süle, Boateng, Martinez oder Alaba in die Bude. Und für Spiele, bei denen ich defensiver agiere, also ab Champions League Viertelfinale kauf ich mir dann doch besser einen Keeper, der stärker auf der Linie ist als Neuer. Zumindest wenn ich deiner Argumentation mal bis zum Ende folge.


@WM 2006: Das Ding hat taktisch Klinsmann/Löw verloren. Die haben nicht erkannt, dass Italien umgestellt hat zum Ende des Spiels hin, weg vom 4-4-1-1 hin zu einem 4-2-1-3. Da brauch man über den Torhüter nicht reden.
Kahn von 2002 hätte den Ball sicher gehabt, Kahn von 2006 eher nicht. Zumindest der Erste. Der war schon gut getroffen.



Es gehört für mich zu den Fähigkeiten eines guten Torwarttrainers, dass er Schüsse aus kurzer und mittlerer Distanz beidfüssig so gut hinbekommt, als dass der Keeper genau die Anforderungen bekommt, die er als Vorbereitung für sein Spiel braucht.

Wieso beidfüssig? Für den Torwart ist echte Beidfüssigkeit ja schon vernachlässigbar bzw. benötigt zu viel Zeit zu trainieren, die man für wichtigere Sachen braucht. Warum soll der Torwarttrainer das können? Selbst die meisten Feldspieler benötigen das nicht.

Steffen
13.08.2018, 16:21
Danke Anadur... ich habe es gelesen, habe aber keine Zeit zu antworten. Das bereite ich mal vor und mache es morgen... dann ändert sich dieser Beitrag.
Aber schon jetzt hast Du meinen ernst gemeinten Dank - denn dein Beitrag hat wie immer genügend Begründungen, wo eine Diskussion ansetzt kann, die Menschen (hoffentlich) voran bringt

twtrainer
13.08.2018, 16:32
@Anadur

Komplette Beidfüssigkeit gibt es nur sehr selten. Jedoch ist der Aufwand für einen beidfüssigen Paß oder Torschluß im und am 16-er in jeder Altersstufe erlernen. Auch noch mit 40 Jahren und darüberhinaus. Die Behauptung, es würde zu viel Zeit kosten, find ich lustig! Da sollte man besser auch auf einen Führerschein oder andere Dinge verzichten, weil sie zu viel Zeit kosten oder!

Nein wirklich, so hoch ist der Zeitaufwand nicht. Aber der Nutzen ist für meine Keeper vorhanden, weil man auf diese Weise mit ihnen die Unterschiede von Rechts- und Linksfüßlern bei Flanken bzw. Schüssen zur jeweiligen Torseite situativ trainieren kann und ihm so zusätzliche Sicherheiten vermittelt.

Aber Beidfüssigkeit wird zur Zeit wieder mal bis auf höchster Ebene diskutiert! Nur dann, wenn in einer torgefährlichen Szene mal was schief geht (z.B. Angreifer will sich den Ball auf seinen starken Fuß legen und vertut seine Chance, weil der Gegner die Schußbahn zustellt oder Torwart will sich den Ball zum starken Fuß vorlegen, aber ein Angreifer knöpft ihn den Ball ab), dann ist man sich wieder einig!

Anadur
13.08.2018, 16:59
@Anadur

Komplette Beidfüssigkeit gibt es nur sehr selten. Jedoch ist der Aufwand für einen beidfüssigen Paß oder Torschluß im und am 16-er in jeder Altersstufe erlernen. Auch noch mit 40 Jahren und darüberhinaus. Die Behauptung, es würde zu viel Zeit kosten, find ich lustig! Da sollte man besser auch auf einen Führerschein oder andere Dinge verzichten, weil sie zu viel Zeit kosten oder!

Nein wirklich, so hoch ist der Zeitaufwand nicht. Aber der Nutzen ist für meine Keeper vorhanden, weil man auf diese Weise mit ihnen die Unterschiede von Rechts- und Linksfüßlern bei Flanken bzw. Schüssen zur jeweiligen Torseite situativ trainieren kann und ihm so zusätzliche Sicherheiten vermittelt.

Aber Beidfüssigkeit wird zur Zeit wieder mal bis auf höchster Ebene diskutiert! Nur dann, wenn in einer torgefährlichen Szene mal was schief geht (z.B. Angreifer will sich den Ball auf seinen starken Fuß legen und vertut seine Chance, weil der Gegner die Schußbahn zustellt oder Torwart will sich den Ball zum starken Fuß vorlegen, aber ein Angreifer knöpft ihn den Ball ab), dann ist man sich wieder einig!


Trainingszeit ist begrenzt. Trainiere ich nun meinen schwachen Fuß, so dass ich keinen schwachen mehr habe, benötigt das Zeit. Zeit die mir dann fehlt für andere Dinge. Klar sollte man mit seinem schwachen Fuß ein paar grundsätzliche Fähigkeiten haben, die dem Niveau der Liga entsprechen, aber da sollte man es nicht übertreiben. Für den Torhüter gibt es da viele, viele andere Dinge, die um ein vielfaches wichtiger sind. Selbst für Feldspieler ist der nutzen begrenzt. Ich bin mir sicher, ein Robben hätte wohl das ein oder andere Tor mehr mit rechts gemacht, wenn er die Trainingszeit statt seinen linken Schuss zu optimieren für den rechten geopfert hätte. Insgesamt war es so aber die bessere Entscheidung.

twtrainer
14.08.2018, 13:41
Ja, das hast du recht! Trainingszeit ist kostbar! Da kommt es darauf an, wie man sie sinnvoll nutzen kann. Hier kann man sogar vom Profibereich der Frauen lernen. Denn, weil hier nicht genügend Geld verdient wird, müssen die meisten Spielerinnen noch einen Beruf nachgehen, weshalb die Trainingszeit nicht frei verfügbar ist.

Waldläufe, Platzrunden, usw. werden immer seltener und werden durch spielnahes Training ersetzt, bei der sogar in der aktiven Regeneration der Ball immer eine Rolle spielt.
Doch Unfug wird leider auch dort trainiert? Welchen Vorteil soll es haben, einen Ball möglichst oft jongieren zu können? Es sei denn, man bereitet sich auf eine Zirkuskarriere vor.

Auch bei den Torleuten finden sich Übungen, wo man sich fragt, was sie bringen sollen, weil ihr größter Anteil in der reinen Ballbeschäftigung liegt. Doch aus vielen Ballkontakten werden nicht automatisch auch gute Ballkontakte, weshalb die Gefahr besteht, solche Bewegungsabläufe einzuschleifen, die in der Weiterentwicklung eine Sackgasse bedeuten können.

Bei Bewegungen der Arme und Hände stellen wir uns nicht die Frage, ob dass zu beiden Seiten hin, gleich gut gelingen soll. Denn zum Fangen brauchen wir sie nun mal Beide. Wenn wir aber unter Gegnerdruck beide Füße gut einsetzen können, dann sind das gleich 2 Vorteile. Erstens habe ich ein besseres Ballancegefühl und guten Schwerpunkt, weil meine Gleichgewicht zu beiden Seiten hin sehr präzise funktioniert. Bei Robben mag es im hohen Geradeaus-Tempo vielleicht zu vernachlässigen sein. Denn sein Vorteil ist das Aufdrehen, sodass ihm kaum jemand folgen kann. Und wenn doch, dass weiß er sich durch eine Schwalbe sehr gut zu helfen. Aber ich gebe dir recht, dass seine Torgefahr noch größer wäre, wenn er sein anderes Bein nicht nur fürs Heineken-Bier aus dem Keller holen hätte. Dafür hat Robben jedoch eine besondere Technik verfeinert, den Ball aus dem Halbfeld oder sogar aus noch spitzerem Winkel über den Keeper hinweg oben ins lange Eck zu zirkeln. Denn hier hat der Keeper zwar eine günstige Torfläche, aber beim Ball aus spitzen Winkel ca. 8 Meter an Tiefe! Fast alle internationalen Topspieler beherrschen Techniken, die sie taktisch sehr gut einzusetzen wissen.

Doch kommen wir wieder auf den Torwart zurück. Hier stellt sich die Frage, inwieweit die der Reifegrad der Technik seine Taktik bedingt. Praktisch gefragt heißt das: hat er einen Vorteil dadurch, wenn er jeweils den ballnahen Fuß einsetzen kann? Diese Frage kann man im Fall eines Gegnerdrucks bejagen. Ohne Gegnerdruck mag es keine Rolle spielen bzw. kann es sogar von Vorteil sein, den Ball erst mit dem zweiten Ballkontakt präzise und mit dem gewünschten Druck zum Mitspieler zu spielen, anstatt bei weniger ausgeprägter Technik ein hohes Risiko zum Fehlpaß einzugehen. Wenn er eine gute Spieleröffnung hinbekommt, bei der die Mitspieler nicht gleich unter hohem Gegnerdruck stehen, dann ist die Wahrscheinlichkeit einer klugen Spieleröffnung größer. Insofern wird seine Mitwirkung in einem größeren Aktionsradius unmittelbar wie mittelbar sichtbar gemacht.

Noch ein in meinen Augen wichtiger Punkt spielt für mich eine Rolle. Wenn wir heute anfangen Torhüter auszubilden, dann wissen wir noch nicht genau genug, was sie in 10 Jahren alles können sollen. Deshalb bringt in meinen Augen eine möglichst breitangelegte Ausbildung der Nachwuchskeeper durchaus Vorteile, weil darin das mit hoher Wahrscheinlichkeit auch enthalten ist, was er später gut gebrauchen kann. Muß er es später erst erlernen, während andere es bereits können, dann ist er im Nachteil.

Welchen Nachteil hat die Beidfüssigkeit? Bis auf die Wiederholung jeder Übung mit dem rechten und linken Fuß eigentlich keine. Das sollte doch in ca. 15-jähriger Ausbildungszeit irgendwie hinzubekommen sein oder?

Steffen
15.08.2018, 14:59
Weil es nicht funktioniert. Fußball ist nicht statisch genug, es ist zu chaotisch.

Chaotisch würde ich das nicht nennen... nennen wir es flexibel oder agil.
Das hat man aber in vielen Dingen, weshalb die Strategie die Basis ist, hingegen aber die Taktisch die Agilität bringt.
Ob ich nun defensiv oder eher offensiv agiere, ist daher eigentlich auch keine Taktische Vorgabe, sondern eine strategische. Taktisch ist dann eher, ob ich über die Flügel spiele oder versuche, mit schnellen Bällen durch die Mitte zu kommen...
Aber, die meisten Fussballer und Trainer kommen damit nicht klar und behandeln das ALLES unter Taktik.


Zieh mal den Vergleich zum American Football. Dort hat man die Spezialisierung auf die Spitze getrieben. Es gibt für jede Spielsituation Spezialisten. Das Spiel ist statisch. Klar, kann schon passieren, dass deine Abwehrspezialisten mal einen Angriff laufen müssen, aber höchstens bis zur nächsten Unterbrechung. Und die kommt garantiert innerhalb der nächsten 10 Sekunden. Dann schickst du wieder deine Angreifer aufs Feld.

Das ist mir bewußt und just darum kam mir auch die Sache mit den Torleuten in den Sinn. Und ich glaube immer noch, daß man das sicherlich versuchen kann.


Unser Fußball hat diese Unterbrechungen nicht. Innerhalb von wenigen Augenblicken ändert sich die taktische Ausrichtung und damit die Aufgaben eines jeden Spielers. Mal von Barca oder Bayern abgesehen, wenn sie gegen das Ligafallobst spielen, haben alle Mannschaften abwechselnde Phasen der Dominanz oder der Defensive

Richtig, ich will aber den Torwart nicht wirklich auswechseln, sondern man geht ja eigentlich mit einer gewissen Grundhaltung in ein Spiel. Du gibst als Trainer ja etwas vor.. und just zu dieser Vorgabe denke ich mir, würde der eine oder der andere Torwart besser passen. Das soll sich auch nicht innerhalb der 90 Minuten ändern, auch wenn man mal nicht im Ballbesitz ist, aber aufgrund der vorgabe sollte der Torwart dann besser in der Lage sein, die Situationen zu lösen, als der andere.
Gebe ich dann eine andere Grundausrichtung als Trainer vor, spiele ich das Spiel ja anders und dann habe ich eben den Torwart drinne, der dafür besser passt.

Verzocke ich mich da, habe ich einen Torwart drinne, der plötzlich nicht mehr 100%ig passt, aber das habe ich in anderen Spielen mit einer klaren Nummer 1 ebenso, weil dan Spiele passieren, wo dieser Torwart, auf den ich mich festgelegt habe und hatte, eben hier nicht gerade seine Stärken ausspielen kann...



Die Bundesliga ist da zwar nochmals ein Spezialfall, weil da niemand Fußball spielen will außer Bayern und mit Abstrichen noch der BVB, aber das wollen wir jetzt erstmal ignorieren.

Oha, du hast ja eine sehr hohe Meinung von den anderen Mannschaften. Ich glaube, die Kollegen von RB Leipzig, Schalke, Leverkusen und sicherlich auch Hoffenheim würden Dir da doch vehement widersprechen...


Also du kannst gar nicht vor dem Spiel wissen, was von deinem Keeper gefordert wird. Obwohl doch, kannst du schon. Denn egal wie dominant du bist, egal wie sehr du den Ballbesitz perfektioniert hast, irgendwann wird der Gegner den Torwart zu einer klassischen Ballabwehr zwingen. Das mag bei einer Spitzenmannschaft seltener vorkommen, als bei der Schießbude der Liga, aber es entscheidet auch da die Spiele.

Hm, deute ich das dann so, daß Du immer noch die Klassischen Aktionen allen anderen Aktionen vorziehst?
Das Fussballspielen des Torwarts wird doch so hervorgehoben und von so vielen Trainern abgefeiert, warum bist Du in der Richtung dann so dagegen?
Ich denke hier an so viele Torwarttrainer, die nahezu jede Aktion mit Ballspielen einleiten, oder sogar ihre Torleute fast ausschließlich situativ damit konfrontieren, daß Ballan- und Mitnahme sowie das Passspiel gefordert sind, während die anderen Aktionen Ballangriff und / oder 1gg1 Aktionen darstellen. Ich denke hier z.b. an einen Braunschweiger Tw Trainer, der hier seinen Fokus auf dieses Mitspielen ebenso gelegt hat, wie der ehem. WFV Torwartspezialist, der jetzt mit Goalplay Spielanalysen und Trainingsideen mit Oliver Kahn als Schirmherr unter das Volk bringt...
Diese Gewichtung hin zum Mitspielen, Fussball spielen und einfach der Gewichtung hin zu 80% Felspieler Fertigkeiten kann man da nicht in Abrede stellen.

Daher hier also meine Frage - denn ich bin da neugierig.

Denn von vielen wird ja der Vorteil des fussballers im Tor angemahnt, ich sehe das eher auch kritisch, denn ich stelle mir immer die Frage: Kann er so einen Einfluss haben, der Fussballer im Tor, daß Zählbares, also Tore und Punkte dabei rauskommen - oder ist doch eher das defensive Spiel, das Halten von Bällen, die Abwehr von Gegentoren viel wichtiger, weil zwar keine zählbaren Tore rausspringen, aber für den Gegner zählbare Tore und damit ggf. auch für den Gegner zählbare Punkte unterbunden werden....
diese Gewichtung ist in der ganzen Argumentation um den Fussballspielenden Torwart immer verloren gegangen, weil man statistisch nur darauf schaut, was der Torwart am häufigsten im Spiel machen muss... oder wie er am häufigsten den Ball gespielt hat - und eben nicht, wo ggf. zählbares heraus gekommen ist.

Ketzerisch stelle ich immer wieder die Frage, wo sind Belege dafür, daß der Fussballer im Tor wirklich zählbares auf die Reihe bringt, also dem Team nachvollziehbar Punkte und Tore erbringt...



Oder mal als Beispiel die Bayern genommen. Neuer ist sicherlich fußballerisch kein schlechter. Er kann mit dem Ball umgehen. Aber, deine Idee mal ernst genommen, warum sollte ich einen Neuer ins Tor stellen? Fußballerisch ist er deutlich schlechter als fast alle anderen Spieler im Kader. Dann stell ich mir doch lieber Hummels, Süle, Boateng, Martinez oder Alaba in die Bude. Und für Spiele, bei denen ich defensiver agiere, also ab Champions League Viertelfinale kauf ich mir dann doch besser einen Keeper, der stärker auf der Linie ist als Neuer. Zumindest wenn ich deiner Argumentation mal bis zum Ende folge.

Ich verstehe deine Idee dahinter, verstehe auch die Sache mit Hummels und den anderen. Klar, die sind Balltechnisch und fussballerisch vielleicht besser - aber gerade Manuel Neuer sagte man immer nach, daß er mühelos als 6er spielen könnte. Wenn dem so ist, wie kommt es dann, daß Du das ein wenig in Abrede stellst?
Zudem um es auf Torleute zu beziehen, ist Neuer für mich eher der offensive Torwart, also eher der Spieler.... als Defensiven Torhüter würde ich dann doch, um bei Bayern zu bleiben, Ulreich ansehen.



@WM 2006: Das Ding hat taktisch Klinsmann/Löw verloren. Die haben nicht erkannt, dass Italien umgestellt hat zum Ende des Spiels hin, weg vom 4-4-1-1 hin zu einem 4-2-1-3. Da brauch man über den Torhüter nicht reden.

Mag sein, doch wir haben das Thema auch angeschnitten - wie denkst Du kann man solche Dinge optimieren - also das taktische Umstellungen rascher erkennt und dann auch besser von der Mannschaft kompensiert werden?
Oder glaubst du, daß Deutschland oft nicht gut genug sich auf taktische Änderungen einstellen kann - und daher unter Druck gerät


Kahn von 2002 hätte den Ball sicher gehabt, Kahn von 2006 eher nicht. Zumindest der Erste. Der war schon gut getroffen.

Wie gesagt, darum geht es mir nicht zwingend. Mir ging es darum, daß Kahn eine andere Präferenz und Gewichtung der Fertigkeiten und Fähigkeiten im Vergleich zu Lehmann hatte...



Wieso beidfüssig? Für den Torwart ist echte Beidfüssigkeit ja schon vernachlässigbar....

Danke, und zur Kenntnis genommen. Die Diskussion habe ich verfolgt, die Frage stellt sich mir aber:
Wenn der torwart unter Druck gerät und eigentlich alle doch einen Tw haben, der den Ball zumindest im Spiel hält, ist es dann nicht doch von Vorteil, wenn ich den Ball auf der linken Spielhälfte in der Lage bin mit Links nach vorn zu hauen, damit er sich vom Drall im Spielfeld hält, als wenn ich mit Rechts das Ding dann meistens eher Richtung Tribüne schlage... selbst bei so einer rudimentären Aktion wäre Beifüssigkeit prima, oder nicht?
Ich bin aber bei Dir, daß es sehr viel Zeit und Aufwand kostet, die Frage ist nur: Betreibe ich den Aufwand nicht, inwiefern siehst Du die Nachteile als wirklich spielbeeinflussend und spielentscheidend an?

Icewolf
25.08.2018, 20:03
Um mal etwas zu Ausgangsfrage zurückzukehren, weil das Thema meines Erachtens eine hohe Daseinsberechtigung hat:

Wir finden doch eigentlich das wieder was in vielen anderen Gesellschaftsbereichen (Schulsystem/Bildung, Benimm/Manieren, tw. Arbeitsbelastung) auch stattfindet:
Irgendwas läuft nicht, und sach- und ausbildungsferne Heinis werden angewiesen, das gerade zu ziehen.

Jetzt haben also alle Angst, dass ihr Keeper ein "Fußkrüppel" ist.
Also immer schön üben.
Dabei vergisst man, wozu die Nase eigentlich mal in die Kiste gestellt worden ist.

Mal ohne Flachs:
Ich ärgere mich häufig über Tore, die aus Torwart-Sicht in dem Bereich Zielverteidigung fallen.
An anderer Stelle habe ich mich auch über das Tor bei der WM aufgeregt, das de Gea gegen Portugal gefangen hat:
Ihr wisst schon - wo er die Hände gegen den Ball hält, wie zwei Nackensteaks die gleich auf den Grill sollen.
Meine persönliche Meinung: So ein Tor bei der WM ist eine Frechheit.
Entweder hat er keinen Bock oder er hat es nicht drauf. Beides ne Vollkatastrophe auf dem Niveau.
Einfach WIE das alles passiert, nicht dass er einen Fehler macht.
So'n Ball musst Du doch im Schlaf halten, zumindest das Tor verhindern. Und das wäre auch passiert, wenn sich das Training mit mehr vermeintlich "konservativen" Inhalten befassen würde.

Steffen
25.08.2018, 22:12
Und schon sind wir wieder bei der ketzerischen Frage: Was bringt das Fussballspiel des Torwarts an verwertbaren Zählern? Wie viele Spiele haben Mannschaften dank des Fussballspiels des Torwarts gewonnen?

Gegenthese: Wie viele Paraden haben Torleute gemacht und damit der Mannschaft verwertbare Zähler "geholt"? Wie viele Spiele wurden dank der Paraden des Torwarts gewonnen?

Marsson
28.08.2018, 10:01
Und schon sind wir wieder bei der ketzerischen Frage: Was bringt das Fussballspiel des Torwarts an verwertbaren Zählern? Wie viele Spiele haben Mannschaften dank des Fussballspiels des Torwarts gewonnen?

Gegenthese: Wie viele Paraden haben Torleute gemacht und damit der Mannschaft verwertbare Zähler "geholt"? Wie viele Spiele wurden dank der Paraden des Torwarts gewonnen?

Das trifft natürlich genau das, was Otto Rehhagel gestern (sinngemäß) sagte: "Das Wichtigste beim Fußball ist, dass man Tore schießt." Nicht etwa, dass man keines bekommt.

Wirtschaftlich betrachtet scheint dafür aber ein Torwart erforderlich zu sein. Ansonsten hätten Torwarte ja keinen Marktwert. Und mein Liebling Oblak hat derzeit einen von € 70.000.000,--. :cool:

Sieht man die Vereine als Wirtschaftsunternehmen und deren Ausgaben für Torhüter unter der Berücksichtigung von der Preisbildung durch Angebot und Nachfrage bestimmt, scheinen Torwarte wichtig zu sein, obwohl nichts Zählbares aus Rehhagels Sicht rauskommt. Einen Kartoffelsack ins Tor zu stellen scheint auf jeden Fall nicht zu reichen.

twtrainer
28.08.2018, 15:34
Ich denke mal, die Frage, wieviele Spieleröffnungen durch die Torhüter zu Toren geführt haben ist schon deshalb schwer zu beantworten, weil der Torwart nur selten als Assist auftaucht, weil es zwischen Spieleröffnung und Torabschluß noch ein paar Ballkontakte gab.

Es mögen hierzu weitere Faktoren von Bedeutung sein (z.B. wie stark ist der Gegner, bzw. wo presst der Gegner).

Hingegen sehe ich keinen Nachteil einen Torwart im Kasten zu haben, der auch ordentlich Fussballspielen kann. Allerdings sehe ich im Kinder- und Jugendfussball einen großen Vorteil darin, dass jeder die Chance bekommt alle Positionen kennenzulernen. So kann er in Abstimmung mit seinem Trainer ein oder zwei Positionen finden, wo er sich besonders wohlfühlt und seiner Mannschaft am besten hilft. Schickt man die Lütten aber gleich in den Kasten, wie soll er da Fussballspielen lernen? Man verbaut ihm bereits als Kind die Möglichkeit später einmal auf einer anderen Position so gut zu spielen, dass er seiner Mannschaft helfen kann. Wird aber ein Keeper gleichzeitig die Feldspieler-Technik vermittelt, kann er auch auf dem Feld spielen, wenn der Bedarf da ist oder wenn sein Kollege das Tor hütet.

Warum soll jemand, der zunächst als Feldspieler ordentlich Fussballspielen gelernt hat kein guter Torwart werden? Man beobachtet ja, wie gerade zum Wechsel in die U 15 vorherige Feldspieler ins Tor wechseln und schon nach kurzer Zeit ihre "fußkranken" Vorläufer, die bereits seit den Bambinies im Kasten standen, an Leistung überholen. Kenn einige Fälle, in denen jemannd beim NLZ als Feldspieler den hohen Anforderungen nicht mehr genügte, aber sich als Torwart sehr gut weiterentwickelt hat. Gerade was das Verständnis im Raum anbelangt, hat so jemand deutlich mehr Erfahrungen auf jeden Quadratmeter des Rasens gesammelt als einer, der sich nicht von der Torlinie weg traut.

Ich sehe einen Zusatznutzen, wenn ein Keeper fussballerisch in der Lage ist, selbst unter starkem Gegnerdruck eine intelligente Spieleröffnung technisch sauber auszuführen. Ob daraus wirklich ein Tor wird, mag dahin gestellt bleiben. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores höher, wenn ein "fußkranker" Keeper entweder direkt zum Gegner oder ins Seitenaus pöhlt.

Icewolf
28.08.2018, 21:49
Gerade was das Verständnis im Raum anbelangt, hat so jemand deutlich mehr Erfahrungen auf jeden Quadratmeter des Rasens gesammelt als einer, der sich nicht von der Torlinie weg traut.

Ich sehe einen Zusatznutzen, wenn ein Keeper fussballerisch in der Lage ist, selbst unter starkem Gegnerdruck eine intelligente Spieleröffnung technisch sauber auszuführen. Ob daraus wirklich ein Tor wird, mag dahin gestellt bleiben. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores höher, wenn ein "fußkranker" Keeper entweder direkt zum Gegner oder ins Seitenaus pöhlt.Super beschrieben und unumstritten ist das der Fall.

In der Diskussion geht es aber um Maß und Ausmaß der Gewichtung und Wertung und Betonung dieser Fähigkeiten.
Und ja: Mit 13, 14, 15 kannst Du noch Dinge entwickeln, verändern und so weiter.
Aber dieser Weg ist etwas zu idealistisch - meistens läuft das nicht so.
Außerdem ging es nicht um Entwicklung von Jugendspielern, wie deren Trainings-Schwerpunkte zu gestalten sind, damit sie sich möglichst ausgeglichen und stark entwickeln.

Es ging darum, dass - unter anderem und im speziellen - uns der Eindruck entsteht, dass gestandene, gar weltklasse Keeper ihre Fähigkeiten "verstellen", also nicht optimal austarieren.
Wird wohl am Training liegen, Spiele haben die Profis ja genug.
Und da drängt sich der Eindruck auf, dass die Zielverteidigung und das Stellungsspiel zur Torverteidigung zu kurz kommt, sonst wären die Fehlgriffe nicht herzuleiten.
So viele Keeper haben nicht plötzlich mal ihren schlechten Tag.

twtrainer
29.08.2018, 11:24
Danke, ich nehm es mal als Kompliment!

Ich gebe dir auch recht, dass in den aller meisten Fällen das Torwarttraining im Nachwuchsbereich nebenher läuft, weshalb eine gute Entwicklung eher mit der hohen Eigenmotivation und Trainingsfleiß zu beantworten ist. Selbst in den NLZ der Bundesligisten gibts meist erst ab der U 15 ein qualifiziertes TW-Training. Je nach dem, wie lang der Keeper dann schon im Kasten ist, haben sie bereits einige fehlerhafte Automatismen eingeschliffen, für die viel Zeit nötig wird, sie erfolgreich zu korrigieren. Aber das ist sicher ein anderes Thema.

Aber so recht weiß ich auch keine Antwort auf deine Frage, ob die Gewichtung des Schwerpunkts zur Zielverteidigung korrekt gewählt sind?

Hab mal in einer Untersuchung gelesen, dass ca. 9 % der Torwartaufgaben beim Spiel in der Zielverteidigung, dies jedoch fast 70 % des Trainingsinhalts bestimmt. Aber was sagen allein die Zahlen aus, wenn:
- man sogar bei den Top-Torhütern unerwartete Patzer sieht,
- keine Wertigkeit zwischen Raum- und Zielverteidigung hat (gemeint ist, in wie viel % der Fälle durch gute Raumverteidigung der gegnerische Angriff erfolgreich abgewehrt wurde, so dass keine Zielverteidigung nötig war)

Ich sehe die Vermutung ähnlich, dass nicht genügend Wert auf die Zielverteidigung und das Stellungsspiel zur Torverteidigung gelegt wird.

Seitdem ich fast kein isoliertes Torwarttraining mehr, sondern Kleingruppentraining mache, in der echte Akteure das Trainingsmaterial ersetzen, können typische Szenen einen größeren Realitätsbezug erhalten, bei denen mehr Fortschritte für alle Akteure erzielt werden. Denn jeder erhält dabei unterschiedliche Aufgaben, die er für sich interpretiert und sofort eine Antwort erhält, ob sie wie gewünscht funktionieren. Allerdings bedarf es dazu auch der Zustimmung des Chefcoaches, der einen Nutzen darin sehen muß. Da hakt es manchmal, weil man die Gefahr sieht, die eigene Handschrift könnte durch Leistungen anderer verfälscht werden.

Denn es gibt hier einen weiteren großen Unterschied in der Trainingsmethode des Kleingruppen-Trainings! Jeder Torabschluß erfolgt hier so, dass der Keeper eine realistische Abwehrchance hat. Dadurch wird der Spieler zum Trainer. Beim klassischen Training in Spielform oder dem Abschlußspiel agiert die Offensive als Gegner. Je nach Zusammenstellung bzw. Über-/Unterlegenheit ergeben sich dadurch eine Reihe von Aktonen, die für den Torwart fast nichts bringen. Entweder steht er bei deutlicher Überlegenheit seines Teams nur dumm rum oder aber er soll mit Minutentakt 100 %-ige Großchancen des Gegners vereiteln. In beiden Fälle läßt die Konzentration des Torwarts rasch nach, sodass wenig Nützliches beim Keeper im Training hängen bleibt.

Die Ziel- und Raumverteidigung kann aber auch untrschiedlich interpretiert werden. Für die Zuschauer mag eine spektakuläre Hechparade einer der Gründe sein, warum er ins Stadion geht. Für die Trainer kann häufiges Hechten aber auch bedeuten, dass der Torwart meist falsch steht und er die Hechtparade nur noch als letztes Mittel sieht, was nichts anderes mehr geht.

Da stellt sich die Frage für den Keeper, was seinen Erfolg mehr garantiert? Mehr Show oder mehr Effektivität. Wenn er bei einer tollen Hechtparade mal nicht an den Ball kommt, so wird ihm das meist als "unhaltbar" nicht weiter angelastet. Flutscht ihm aber trotz guten Stellungsspiels mal ein Ball zwischen den Händen hindurch, dann wird seine Qualifikation sofort infrage gestellt! Was ist richtig, was falsch?

Weil aber der Trainer letzendlich die Verantwortung für die Mannschaftsaufstellung trägt, sind seine Erwartungen ein wesentlicher Teil des Torwartverhaltens. Je nach Trainertyp wird sehr viel Wert auf die Offensive gelegt, sodass man den Torwart nahezu allein in die Verantwortung nimmt, wenn der Gegner mal ein Tor mehr als das heimische Team erzielt. Aber es gibt andere Trainertypen, die gern aus einer sicheren Defensive heraus agieren. Ob der eine Trainertyp als aktiver Spieler mal Angreifer war, während der andere früher in der Defensive agierte, dass läßt vermuten, aber wohl nicht belegen? (auf die Kuriosität, sogar mit einem defensiv starken Fänger offensiv erfolgreich zu sein, wurde bereits an anderer Stelle hingewiesen - aber der Taktstock eines Trainers wird solange ein stets gehütetes Geheimnis bleiben, bis der Code von einem ehrgeizigen Konkurrenten geknackt wurde!)

Marsson
29.08.2018, 12:27
Ich gebe dir auch recht, dass in den aller meisten Fällen das Torwarttraining im Nachwuchsbereich nebenher läuft

Du meinst: "So jetzt haut dem mal aus nächster Nähe einhundert Bälle auf die Kiste - am Besten alle gleichzeitig!"? ;)



Hab mal in einer Untersuchung gelesen, dass ca. 9 % der Torwartaufgaben beim Spiel in der Zielverteidigung, dies jedoch fast 70 % des Trainingsinhalts bestimmt. Aber was sagen allein die Zahlen aus, wenn:
- man sogar bei den Top-Torhütern unerwartete Patzer sieht,
- keine Wertigkeit zwischen Raum- und Zielverteidigung hat (gemeint ist, in wie viel % der Fälle durch gute Raumverteidigung der gegnerische Angriff erfolgreich abgewehrt wurde, so dass keine Zielverteidigung nötig war)

Ich sehe die Vermutung ähnlich, dass nicht genügend Wert auf die Zielverteidigung und das Stellungsspiel zur Torverteidigung gelegt wird.



Analogie aus dem Golfsport, die Deine Einschätzung stützen dürfte:

Bei einem durchschnittlichen Par 4 Loch, muss man mindestens 1/4, wenn nicht die Hälfte Putten (also 2 Schläge).
Das bedeutet, dass das Putten 25-50% des Golftrainings einnehmen müsste. Macht es natürlich nicht! Denn schon der Abschlag in die richtige Richtung mit bestmöglicher Länge ist NOCH wichtiger. Das kann man also nicht anhand der Zahlen wettmachen.

edit zur Sicherheit für Nichtgolfer: Vom Tee abschlagen kann man genau 18 Mal. Putten muss man (und das gilt nur für Tiger Woods und Hole-In-Ones ausgenommen) MINDESTENS 18 Mal. Eher 36, wenn nicht gar 54 Mal. Man müsste also 3 Mal soviel Putten üben, wie abschlagen. Das macht NIEMAND.

twtrainer
30.08.2018, 08:19
@Marsson
Ja, es ist meine subjektive Wahrnehmung, dass das Nachwuchs-Torwarttraining in vielen Vereinen nebenher läuft.

Wenn dann noch im Training die eigenen Spieler die Rolle des Gegners vollständig einnehmen, dann kann es Situationen geben, die weder dem Mitspieler noch dem Torwart etwas bringen. Ich denke, dass da gleich mehrere Bälle gleichzeitig aufs Tor abgefeuert werden, diese Situation haben wohl die meisten Keeper schon mal miterlebt?

Ich kenne mich zwar nicht so im Golf aus, aber irgendwie scheint dein Vergleich zu passen. Es kommt auf die Reihenfolge in den Aktionen an. D.h. solange der Torwart das Ziel des Balles nicht kennt, ist es für ihn eine Raumverteidigung (mit permanenter Positionsanpassung). Trainiere ich aber in der Hauptsache die Zielverteidigung stellt sich die Frage, wie hoch die Quote der erfolgreich abgewehrten Bälle gewesen wäre, wenn der Ball bereits im Raum erobert worden wäre?

Wenn ich bereits durch vorausschauendes Handeln (z.B. Vorderleute coachen, eigenes Stellungsspiel) den Gegner erfolgreich vom Torabschluß abhalten kann, dann kann dieser alternativ lediglich eine schwache Flanke schlagen (ähnlich wie bei unserer Nationalmannschaft bei der WM in Russland, als nach gefühlten 200 Quer- und Rückpässen dann irgendwann eine hohe Flanke vors Tor geschlagen wurde)

Doch gerade, weil wir im deutschen Nachwuchsbereich derzeit noch sehr weit und einer irgendwie genormten und qualitativ gleichwertigen Torwart-Ausbildung entfernt sind, befinden wir uns im spekulativen Bereich. Selbst der DFB hat sich noch nicht auf Selektionsmerkmale für die Talentauswahl für Stützpunktkeeper einigen können. So befinden wir uns im spekulativen Bereich. Denn wenn du wissen willst, warum ein Torwart so und der nächste ein wenig anders agiert, dann mußt du auch in seiner Vergangenheit (Ausbildung) nach den Ursachen dafür suchen. Denn was man in 10 - 15 Jahren gelernt hat, wird man so schnell nicht ablegen können.

Allerdings gibt es m.E. kein Alter, in der der Lernprozeß aufhört. Genau das war ja auch meine Kritik an Bürki. Ich halte auch ihn für lernfähig. Aber muß muß dann auch schauen, ob sein "Lehrmeister" (Torwarttrainer) ihm dabei die Hilfe zukommen lassen kann, die er benötigt? Denn wenn der TW-Trainer sich irgendwann auf seinen Lorbeeren ausruht, dann ist das nicht gut für die Keeper. Jetzt scheinen beide "gut versorgt" zu sein? Aber warten wir es mal ab? Denn Torwarttrainer standen in der Vergangenheit nur selten in der Kritik, obwohl auch ihre Rolle sehr wichtig ist.

Wenn aber das Torwarttraining im Nachwuchsbereich oft vernachlässigt wird, dann muß man sich die Frage nicht stellen, warum die Mitwirkung des Torwarttrainer im Seniorenbereich eine m.E. zu geringe Bedeutung findet. Ach ja, bevor ich`s vergesse: der DFB hat jetzt doch eine Torwarttrainerlizenz. Allerdings nur für deren Mitarbeiter. Vergeben wird sie von Jörg Daniel und Michael Fuchs. Die Anforderungen daran sind allerdings so hoch, dss fast jeder diese Lizenz bekommen könnte.

Icewolf
07.09.2018, 20:19
Analogie aus dem Golfsport, die Deine Einschätzung stützen dürfte:

Bei einem durchschnittlichen Par 4 Loch, muss man mindestens 1/4, wenn nicht die Hälfte Putten (also 2 Schläge).
Das bedeutet, dass das Putten 25-50% des Golftrainings einnehmen müsste. Macht es natürlich nicht! Denn schon der Abschlag in die richtige Richtung mit bestmöglicher Länge ist NOCH wichtiger. Das kann man also nicht anhand der Zahlen wettmachen.

edit zur Sicherheit für Nichtgolfer: Vom Tee abschlagen kann man genau 18 Mal. Putten muss man (und das gilt nur für Tiger Woods und Hole-In-Ones ausgenommen) MINDESTENS 18 Mal. Eher 36, wenn nicht gar 54 Mal. Man müsste also 3 Mal soviel Putten üben, wie abschlagen. Das macht NIEMAND.Das Beispiel finde ich GROßARTIG! *feier*

Es ist ein bisschen PARETO darin:
80% des Trainings für 20% der Aktionen,
aber 20% der Aktionen für 80% des Erfolgs.

Bevor sich irgendwer über die Prozentangaben aufregt - bitte erst lesen, was PARETO ist.

[...]
Wenn aber das Torwarttraining im Nachwuchsbereich oft vernachlässigt wird, dann muß man sich die Frage nicht stellen, warum die Mitwirkung des Torwarttrainer im Seniorenbereich eine m.E. zu geringe Bedeutung findet. Ach ja, bevor ich`s vergesse: der DFB hat jetzt doch eine Torwarttrainerlizenz. Allerdings nur für deren Mitarbeiter. Vergeben wird sie von Jörg Daniel und Michael Fuchs. Die Anforderungen daran sind allerdings so hoch, dss fast jeder diese Lizenz bekommen könnte.Du bist mir wieder viel zu sehr bei der Schaffung von Voraussetzungen, Vermittlung von Grundfertigkeiten - Basisarbeit.
Ich finde viel spannender - und darum ging es Marsson ehedem (nehme ich an) - wie die Keeper eingestellt werden. Von Ihren Trainern.
Wozu sie angehalten werden und wie fundiert das geschieht.
Wie ist sonst so ein "In-the-middle-of-nowhere"-Stellungsspiel erklärbar? Doch nicht weil Nationalkeeper das nicht besser können.

Ich habe eben beim Zappen die U21 gesehen. Der deutsche Keeper fängt ne Ecke ab, läuft zur Strafraumgrenze und macht einen schönen, seitlichen Abschlag knapp hinter die Mittellinie, fast auf die Seitenlinie.
Mustergültig.
Die Ballverarbeitung des empfangenden Spielers ist hervorragend, er nimmt den Ball mit in einer Bewegung an, gleich in Laufrichtung.
*Alle Fußballer-Herzen fliegen hoch*
Dann spielt der Spieler einen schlampigen Pass dem Gegner in die Füße.
*Alle Leute mit Fußballer-Herzen fallen rückwärts um*
Alles hin. Das gute Rauskommen, das entschlossene nach vorne Laufen, die exzellente Antizipation, der gute Fokus, die saubere technische Ausführung, die schöne Verarbeitung.
Ganz bösartig: Hättst den Ball auch ins Aus kloppen können.

Viele Dinge im neuen Systemfußball sind und bleiben Theorien, die nur unter optimalen Bedingungen genau so zum Erfolg führen können.
Ich könnte mir vorstellen, dass es das war, was Mehmet Scholl zum Ausdruck bringen wollte.

twtrainer
11.09.2018, 08:47
@Icewolf
Ich bin mir nicht sicher, ob dein Beispiel für die Aussage von Scholl, nicht allzusehr im Systemfussball haften zu bleiben, sondern wieder mehr Raum für individuelle Kreativität zu schaffen, damit das langweilige Ballgeschiebe (Ballbesitzfussball), um das Spiel wieder schnell und damit auch interessanter fürs Publikum zu machen.

Ein Torwart hat während seiner Ausbildung gelernt, dass es situativ von Vorteil sein kann, wenn er nicht aus der momentanen Position das Spiel eröffnet, sondern zunächst bis zur Strafraumgrenze geht, um sich ggf. auf dem Weg dorthin anders zu entscheiden, weil sich eine bessere Alternative bietet. Bei deinem Beispiel hat er sich offensichtlich richtig entschieden, weil sein Mitspieler sofort Tempo mit dem Ball aufnehmen kann, anstatt mit dem Rücken zum gegnerischen Tor zunächst den Ball mitzunehmen und dann erst aufdrehen zu können. Auch darf der Keeper davon ausgehen, dass sein Mitspieler über genügend individuelle Qualität besitzt, um etwas besseres als einen schlampigen Pass in die Füße des Gegners zu schlagen.

Allerdings gibts ja auch den umgekehrten Fall! Man stelle sich einen Distanzschuß vor. Der Torwart kann durch schnelle Positionsanpassung den Ball eigentlich sicher fangen. Stattdessen entscheidet er sich für eine spektakuläre Hechtparade (weil er davon ausgeht, dass soetwas seinen Chefcoach und das Publikum mehr imponiert). Um im Anschluß nochmals in den Fokus zu stehen, entscheidet er sich dafür, den Ball ins Seitenaus zu lenken. Der anschließende Eckball wird an die Grenze des 5-er geschlagen, jedoch unterläuft der Keeper den Ball und darf ihn anschließend aus dem Tor holen. "Jetzt fallen alle Leute mit Fußballer-Heren rückwärts um." Da hätte er doch einfach den Ball besser fangen und wegdreschen können.

Ich glaube, Scholl hat soetwas wie "Schwarmintelligenz" gemeint, in der jedes Teammitglied Impulse schafft, die seine Mitspieler zu noch besseren Leistungen animiert. Stattdessen wird "Sicherheitsfussball" propagiert. Wenn man Thomas Müller glaubt, dann geht es hier um 5 %, die letzendlich den Unterschied ausmachen sollen. Naja, eine Abwägung des Risikos mag sinnvoll sein, sollte jedoch nicht dahin führen, das man die gegnerische Taktik lediglich spiegelt. Ich bin zwar kein Freund eines 4 : 1 : 4 : 1, aber das Team hat im Spiel gegen Peru die zentrale Achse besser besetzt als in den Spielen davor. Hier kommt es aber auch darauf an, wie es von den Spielern interpretiert wird. Löw hat den Spielern scheinbar Freiheiten gegeben, weil er sich selbst nicht genau daraüber im Klaren war, wie es gegen Peru laufen würde?

Beim Systemspiel, das er m.E. teilweise zu recht bemängelt, geht es darum, die Trainervorgaben perfekt umzusetzen, obwohl spätestens zur Halbzeit eine Reaktion hätte erfolgen müssen, weil der Gegner so nicht zu bezwingen war. Die Reaktion hätte sein können, das Spieler auf dem Platz ihre Aufgaben so interpretieren, um der Mannschaft besser helfen zu können. Wenn z.B. Bälle zu leicht verloren werden, dabei nicht nachgesetzt wird. Dann erkenne ich doch, dass die Mitspieler sich gar nicht bewegen, sodass es kaum Anspiele am torgefährlichen Bereich gibt. Also muß ich mich ohne Ball mehr bewegen, damit mein Mitspieler eine Anspielstation hat. Wenn ich sehe, dass es so keine Torchancen gibt, weil der Gegner das Zentrum sehr gut zustellt, dann muß ich mich mit hohem Tempo in diesen Bereich bewegen, sodass der Gegner gar nicht die Zeit findet, um sich zu sortieren. Ich denke mal, kein Trainer hat etwas dagegen, wenn seine Spieler aus guten Vorgaben noch bessere Lösungen entwickeln?

Betrachten man nun das WM-Spiel gegen Mexiko und gegen Südkorea, so hatte man das Gefühl, hier wird ein System durchgezogen unabhängig davon wie der Gegner darauf reagiert. Eine gute Ballance wäre vorstellbar gewesen, wenn man sich dort im Spiel angepaßt hätte, wo der Gegner besonders gefährlich agiert (z.B. Konter), anstatt zu warten und zu vertrauen, dass schon nichts passiert und man ein Tor macht, damit der Gegner durch mehr Risiko weitere Angriffsraume freigibt. Wenn man sich die anschließenden Analysen anschaut, dann werden hier häufig nur die jeweiligen Szenen auf Optimierungsmöglichkeiten bewertet, ohne jedoch die Ursache der Spielentwicklung zu erforschen. Problem vieler Scholl-Aussagen ist aber, dass sie viel Provokation enthalten, auch wenn er im Kern meist richtig liegt.

Je länger ich drüber nachdenke, je größer wird meine Sorge, dass wir hier grundlegende Veränderungen benötigen, weil wir mit zu viel Ballast unterwegs sind. An der Führungsspitze hat nun Rauball seinen Rücktritt erklärt, für zukünftige Aufgaben Kompetenzen zu suchen. Denn es laufen beim DFB und der DFL zuviele Silberrücken rum, die sich ihre Verdienste für den deutschen Fussball erworben haben, aber nunmehr neuen Ideen mehr Raum geben sollten.

Man wird sehen, wie sich die Führungsriege nach dem Ergebnis über die EM-Vergabe neu positioniert?

Marsson
11.09.2018, 09:58
Mal ganz abgesehen von der Ausrichtung "von oben":

Welcher genetisch talentierte Fußballer mit angeborenem Feingefühl und Beidfüßigkeit darf denn in der F-, E-, D-Jugend ins Tor? Da sagt JEDER Trainer "ach komm, spiel doch lieber draußen".

Ins Tor muss der Dicke mit der Brille... Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie viele erstklassige Torwarte dabei verloren gehen...

twtrainer
11.09.2018, 12:36
@Marsson

Ja, es kommt in Ausnahmefällen schon mal vor, dass ein richtig gutes Talent ins Tor darf!

Aber im Regelfall heißt es: "der ist zu stark auf dem Feld ... der darf nicht ins Tor ..."!

Von der Vorstellung, dass der "dicke Paule" die ideale Torbesetzung ist, können sich viele Trainer nicht lösen. Man ist sich dabei besonders sicher, weil der ohnehin keine andere Wahl hat in die Mannschaft zu kommen. Außerdem hat man die Erfahrung, dass später sowieso stärkere Keeper kommen werden.

Allerdings muß dabei festgestellt werden, dass selbst die talentierten Keeper sich deshalb häufig nur unzureichend weiterentwickeln, weil sie im Gegensatz zu ihren Kollegen auf dem Feld kein qualitativ hochwertiges Training bekommen. Das gibt es, wenn überhaupt nur in den NLZ! Auf dem DFB-Stützpunkt gibt`s das mehrheitlich noch nicht. Aufgrund des Reformstau`s dort hat man sich noch nicht einmal auf Selektionsmerkmale für den Torwart einigen können. Aber das soll wie niemand daran hindern, sich schon mal Torhüter auszusuchen:)

Hinzu kommt, dass eine sehr frühe Vergabe des Stammplatzes auf der Torwartposition fast nur Nachteile hat. Denn das Mitspielen erlernt man in diesem Altersbereich sehr viel besser auf dem Feld als auf der Torlinie. Die Keeper sollen sich meist nach dem Willen ihrer Trainer an der Torlinie aufhalten, damit kein hoher Ball ins Netz geht. Der Trainer kennt fast immer nur die Abwehraktion mit lang ausgestreckten Armen. Je nach Altersgruppe erwartet er ein abklatschen oder fangen.

Es braucht hier sicherlich noch kein Torwarttraining. Dazu sind die Konzentrationsphasen noch zu kurz. Allerdings kann man 10 Minuten lang Torwartübungen mit allen Teilnehmern alle 14 Tage ins Mannschaftstraining integrieren. Das hat den Vorteil, dass man gefahrlos jeden, der möchte, ins Tor stellen kann. Daraus wird sich ein Kreis von Teilnehmern mit der Zeit bilden, die über den Spaß an den Torwartaufgaben mit mehr Eigenmotivation die Neugier befriedigen möchte, sodass hier eine besondere Förderung lohnenswert wäre.

Wenn man denn den Nachwuchsbereich reformieren möchte, dann wäre es mein Wunsch, erst nach einer sehr breit aufgestellten Ausbildung mit wechselnder Aufgabenverteilung mit einer Positionsausbildung zu beginnen. Damit einher gehend sehe ich frühen Leistungsdruck zur Erzwingung höherer Leistungen fast immer als kontraproduktiv. Denn wer wird etwas riskieren, um über sich hinaus zu wachsen, wenn ihm jeder Fehler angekreidet wird? Im unteren Jugendbereich sollte in einer angstfreien Umgebung die Möglichkeit geschaffen werden den Fussball kennenzulernen, um darin eine Leidenschaft entwickeln zu können.

Natürlich wollen sie Kinder dabei messen! Allerdings geht es ihnen dabei nicht darum, den Gegner niederzukämpfen und durch einen Sieg vernichtend zu schlagen (wie man dies aus der Sportberichterstattung so kennt), sondern dabei spielerisch möglichst viel an Erfahrungen mitzunehmen.

Dem entgegen steht jedoch eine von Erwachsenen geführte Kommerzialisierung des Kinderfussballs, der auch an den jungen Torwarttalenten nicht vorbei führt. Man möchte aus der Quantität vorhandener Talente eine Qualität an kapitalisierbarer Masse schaffen, durch die im Jugendbereich einerseits das Image gepflegt wird, andererseits NLZ-Budget amortisiert wird.

Da kommen schon 11-jährige mit Beratern, weil es nirgendwo eine neutrale Beratung gibt. Sie verlangen 10 % Provision von den 250 -300,- monatlichem Taschengeld (was bereits die Fahrtkosten zum Training und den Spielen enthält)! Aber niemand nennt es Geschäft!

Wir sind es selbst, die die Eskalationsschraube immer schneller drehen. Statt wie in der Schule den Kindern zunächst unterschiedliche Aufgaben zu geben, findet bereits früh eine Positionsausbildung statt. Hierbei wird stets davon ausgegangen, dass die Eignunung auch den Neigungen des Kindes entspricht.

Es treffen auf dem Fussballplatz 2 Welten aufeinander, die nicht immer harmonieren. Der Trainer, der seine Erfahrungen aus dem Seniorenbereich in den Kinderfussball überträgt und die Kinder, die einfach spielen wollen. Wenn dann Ergebnisfussball auf Erlebnisfussball trifft, dann kann es sogar man nach einem Schiedsrichterpfiff vorkommen, dass ein Kind meint: "Schiedsrichter, das war kein Aus". Wenn dann der Schiedsrichter entgegnet: "wer meckert, kann bestraft werden", kann ih die Antwort: "aber wir haben in Deutschland doch Meinungsfreiheit" ungeahnt in Erklärungsnotstand bringen. Wer fragt sich schon, wie Kinder denken?

Marsson
12.09.2018, 07:06
@Marsson

Ja, es kommt in Ausnahmefällen schon mal vor, dass ein richtig gutes Talent ins Tor darf!

Aber im Regelfall heißt es: "der ist zu stark auf dem Feld ... der darf nicht ins Tor ..."!

Von der Vorstellung, dass der "dicke Paule" die ideale Torbesetzung ist, können sich viele Trainer nicht lösen. Man ist sich dabei besonders sicher, weil der ohnehin keine andere Wahl hat in die Mannschaft zu kommen. Außerdem hat man die Erfahrung, dass später sowieso stärkere Keeper kommen werden.

Allerdings muß dabei festgestellt werden, dass selbst die talentierten Keeper sich deshalb häufig nur unzureichend weiterentwickeln, weil sie im Gegensatz zu ihren Kollegen auf dem Feld kein qualitativ hochwertiges Training bekommen. Das gibt es, wenn überhaupt nur in den NLZ! Auf dem DFB-Stützpunkt gibt`s das mehrheitlich noch nicht. Aufgrund des Reformstau`s dort hat man sich noch nicht einmal auf Selektionsmerkmale für den Torwart einigen können. Aber das soll wie niemand daran hindern, sich schon mal Torhüter auszusuchen:)

Hinzu kommt, dass eine sehr frühe Vergabe des Stammplatzes auf der Torwartposition fast nur Nachteile hat. Denn das Mitspielen erlernt man in diesem Altersbereich sehr viel besser auf dem Feld als auf der Torlinie. Die Keeper sollen sich meist nach dem Willen ihrer Trainer an der Torlinie aufhalten, damit kein hoher Ball ins Netz geht. Der Trainer kennt fast immer nur die Abwehraktion mit lang ausgestreckten Armen. Je nach Altersgruppe erwartet er ein abklatschen oder fangen.

Es braucht hier sicherlich noch kein Torwarttraining. Dazu sind die Konzentrationsphasen noch zu kurz. Allerdings kann man 10 Minuten lang Torwartübungen mit allen Teilnehmern alle 14 Tage ins Mannschaftstraining integrieren. Das hat den Vorteil, dass man gefahrlos jeden, der möchte, ins Tor stellen kann. Daraus wird sich ein Kreis von Teilnehmern mit der Zeit bilden, die über den Spaß an den Torwartaufgaben mit mehr Eigenmotivation die Neugier befriedigen möchte, sodass hier eine besondere Förderung lohnenswert wäre.

Wenn man denn den Nachwuchsbereich reformieren möchte, dann wäre es mein Wunsch, erst nach einer sehr breit aufgestellten Ausbildung mit wechselnder Aufgabenverteilung mit einer Positionsausbildung zu beginnen. Damit einher gehend sehe ich frühen Leistungsdruck zur Erzwingung höherer Leistungen fast immer als kontraproduktiv. Denn wer wird etwas riskieren, um über sich hinaus zu wachsen, wenn ihm jeder Fehler angekreidet wird? Im unteren Jugendbereich sollte in einer angstfreien Umgebung die Möglichkeit geschaffen werden den Fussball kennenzulernen, um darin eine Leidenschaft entwickeln zu können.

Natürlich wollen sie Kinder dabei messen! Allerdings geht es ihnen dabei nicht darum, den Gegner niederzukämpfen und durch einen Sieg vernichtend zu schlagen (wie man dies aus der Sportberichterstattung so kennt), sondern dabei spielerisch möglichst viel an Erfahrungen mitzunehmen.

Dem entgegen steht jedoch eine von Erwachsenen geführte Kommerzialisierung des Kinderfussballs, der auch an den jungen Torwarttalenten nicht vorbei führt. Man möchte aus der Quantität vorhandener Talente eine Qualität an kapitalisierbarer Masse schaffen, durch die im Jugendbereich einerseits das Image gepflegt wird, andererseits NLZ-Budget amortisiert wird.

Da kommen schon 11-jährige mit Beratern, weil es nirgendwo eine neutrale Beratung gibt. Sie verlangen 10 % Provision von den 250 -300,- monatlichem Taschengeld (was bereits die Fahrtkosten zum Training und den Spielen enthält)! Aber niemand nennt es Geschäft!

Wir sind es selbst, die die Eskalationsschraube immer schneller drehen. Statt wie in der Schule den Kindern zunächst unterschiedliche Aufgaben zu geben, findet bereits früh eine Positionsausbildung statt. Hierbei wird stets davon ausgegangen, dass die Eignunung auch den Neigungen des Kindes entspricht.

Es treffen auf dem Fussballplatz 2 Welten aufeinander, die nicht immer harmonieren. Der Trainer, der seine Erfahrungen aus dem Seniorenbereich in den Kinderfussball überträgt und die Kinder, die einfach spielen wollen. Wenn dann Ergebnisfussball auf Erlebnisfussball trifft, dann kann es sogar man nach einem Schiedsrichterpfiff vorkommen, dass ein Kind meint: "Schiedsrichter, das war kein Aus". Wenn dann der Schiedsrichter entgegnet: "wer meckert, kann bestraft werden", kann ih die Antwort: "aber wir haben in Deutschland doch Meinungsfreiheit" ungeahnt in Erklärungsnotstand bringen. Wer fragt sich schon, wie Kinder denken?

tja... leider alles wahr, was Du schreibst...

twtrainer
12.09.2018, 09:14
Allerdings gibt es durchaus Beispiele dafür, dass man sich Gedanken über eine bessere Unterstützung der Torhüter macht.

So gibts seit 2017 eim FVM eine Studie über eine Anpassung der Torhöhe für den untersten Jugendbereich. Dabei wird ein Netz in den obersten Torbereich gehängt, sodass das Tor nur noch 1,65 Meter (statt 2 Meter) hoch ist. Erste Erfahrungen damit zeigen, dass weniger hoch aus der Distanz geschossen wird, sondern spielerische Lösungen gesucht werden, um aus kürzeren Distanzen den Torwart zu fordern. Denn eine Förderung gelingt dann am besten, wenn auch der Torwart immer eine realistische Chance hat, einen Ball erfolgreich abzuwehren.

Schon seit einigen Jahren gibts im F-Jugend - (mancherorts auch im E-Jugend) Bereich die Fairplay-Liga. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, den Kindern ihren Fussball zurück zu geben. Konkret mündet dies in mehreren Veränderungen:
1. Fanzone (Zuschauerzone)
Die Zuschauer (meistens Eltern) sollen sich ca. 15 Meter vom Spielfeld entfernt aufhalten. Durch die größere Distanz hofft man, dass weniger ins Spiel hinein gerufen wird. (es hat leider immer mal wieder sogar Pyrotechnik und Prügeleien unter den Erwachsenen gegeben, obwohl es in dieser Altersklasse eigentlich nur um die Goldene Ananas geht.

2. Spiel ohne Schiedsrichter
In dieser Altersgruppe gab es früher meist Laienschiedsrichter, an deren Entscheidungen es Verärgerungen unter den Zuschauern gab. Nunmehr sollen die Kinder (wie im Straßenfussball) selbst entscheiden und dabei Verantwortung übernehmen. Selbst, wenn sie mal aus Mangel an Regelkenntnissen falsch entscheiden, soll dies im Spiel nicht korrigiert werden, sondern beim nächsten Mannschaftstreffen thematisiert werden. Im Auswahlbereich wird schon seit Jahren auch in anderen Altersgruppen häufig ohne Schiedsrichter gespielt. Dort klappt es prima. Denn wie uns aktuell nach der Einführung des Videobeweises gezeigt wird, irren auch Profischiedsrichter in spielentscheidenen Situationen. Wenn hier schon früh der Fairness-Gedanke transportiert wird, dann kann das durch die Akteure selbst geleitete Spieler besser werden, weil der Versuch einer Täuschung (z.B. Schwalbe) unterbleibt.

3. Coachingzone (Trainerzone)
Die Trainer beider Mannschaften halten sich in der Coachingzone auf. Ihre Aufgaben bestehen zwar weiterhin in der Betreuung ihres Teams (Ein-Auswechselung, Lob und kleine Hinweise). Auch sollen sie gemeinsam entscheiden, wenn die Kinder sich mal nicht einig werden können. Gerade durch die räumliche Nähe sollen die Trainer dazu animiert werden, sich zu benehmen. Denn manche Trainer drehen schon nach wenigen Spielminuten total am Rad! Ein Trainer läuft wild gestikulierend am Spielfeldrand auf und ab, während sich der andere Trainer neben den Torpfosten positioniert, um dem Keeper Anweisungen (z.B. rauslaufen, Anspielpartner bei Abschlag, Abstoß)zu erteilen. Hin und wieder erteilt er dem Keeper sogar eine Ansage (z.B. "Jan-Luca, wie oft hab ich dir gesagt, dass du ... nicht machen sollst"?)

4. Keine Tabellen
Es wird lediglich festgehalten, ob das Spiel gewonnen, verloren oder unentschieden endete. Egal, wie hoch es war, wird lediglich 1:0 , 0:0 oder 0:1 eingetragen. Damit soll den Trainern, die bei schwächeren Gegnern alles dran setzen, um zweistellig zu gewinnen, der Spaß genommen, sich selbst darüber profilieren zu wollen. Denn dieser Trainertyp sagt: "Ich habe das Spiel 11 : 0 gewonnen", aber "meine Mannschaft hat das Spiel 0 : 11 verloren"! Doch Kinder in dieser Altersgruppe sehen das Erlebnis eines Spiels ganz anders. Schon 1 Stunde danach meint das Kind, es hätte das Spiel gewonnen und selbstverständlich war er der beste Spieler. Deshalb wird man mal Profi und Nationalspieler. Das Kind lügt aber nicht - es hat lediglich über seine Erlebnisse gesprochen.

Natürlich hätten unsere Jüngsten für den Start in den Vereinsfussball bessere Trainer verdient! Denn auch die Fairplay-Liga findet nicht nur Freunde. Da gibt es Trainer in Staffeln, die private Tabellen führen, weil man sich untereinander messen möchte! Sie würden die Fairplay-Liga am liebsten von heute auf morgen abschaffen, weil es nach ihrer Meinung etwas für Weicheier ist. Denn ein richtiger Kerl kann nur werden, wer den heißen Atem seines Trainers in jeder Minute des Trainings und des Wettkampfs spürt, um Befehle gehorsam auszuführen. Dazu zählt selbstverständlich auch der Schiedsrichter, dessen Weisungen zwar noch nicht verstanden werden, aber dennoch unverzüglich umzusetzen sind.

Aber lernen die Kinder nicht schon so früh genug, mit Ungerechtigkeiten klar zu kommen? Muß das denn auch noch in ihrem Hobby eine Fortsetzung finden? Soll der Fussball lediglich Fortsetzung von Schulunterricht sein, bei der es Strafen (z.B. Liegestütz, Rundenlaufen, usw.) gibt und Noten für gute und schlechte Leistungen (z.B. Stammplatz, Reservebank)?

Doch kommen wir zurück zum Torwart als Teil der Mannschaft. Wenn es um das "Plädoyer gegen das (gar nicht mehr so) moderne Torwartspiel" geht, dann darf man weder die Vergangenheit noch die Gegenwart glorifizieren, sondern jeweils Licht und Schatten betrachten, um das Gute dabei zu bewahren und Neues zu wagen.

Icewolf
12.09.2018, 20:15
Stellt sich immer noch die Frage, ob die Keeper den Unsinn (@Topic) spielen, weil nicht vollends kompetente Trainer sie anweisen, oder weil sie ernsthaft meinen, dass es der beste Weg ist?

Steffen
13.09.2018, 09:34
Stellt sich immer noch die Frage, ob die Keeper den Unsinn (@Topic) spielen, weil nicht vollends kompetente Trainer sie anweisen, oder weil sie ernsthaft meinen, dass es der beste Weg ist?

Ice, was glaubst Du denn?
Schaue ich mir die Spanier an, die haben überhaupt keinen "modernen Torwart", in England wird das immer wieder versucht, aber irgendwie geht das immer wieder schief. Wird für Leno sehr interessant... Tuchel jetzt bei Saint Germain - Aponse ist stark, auch fussballerisch, aber WARUM dann Buffon, ein Vertreter des "antiken Torwartspiels" überhaupt?

Ich will gar nicht über die Bundesliga reden, wo man hier noch einem Wellenreuther die besten Zukunftsaussichten prophezeite, weil er so hoch steht und fussballerisch so überragend mitgespielt hat... Was ist mit Baumann, Sommer, Fährmann... alles keine Anti Fussballer, aber wirklich "moderne Torleute" wie das viele immer behaupten, oder doch anders?

twtrainer
13.09.2018, 10:27
@Icewolf

Zwar hab ich noch keine Statistiken darüber gefunden, wieviele begeisterte Nachwuchskeeper aufgrund von Trainern, die ihnen auf "traditionelle Weise" das Torwartspiel vermitteln möchten, irgendwann frustriert entweder aufs Feld oder aber gleich das Hobby wechseln, aber ich gehe mal davon aus, dass die Zahl derer, die irgendwann erkennen, dass es so, wie der Trainer es will, keinen Spaß macht, schon beträchtlich ist. Meistens findet diese Entscheidung in der D-Jugend statt, wo die Kinder den Erwachsenen nicht mehr alles für bare Münze abkaufen, sondern eigene Ideen entwickeln. Wenn zur C-Jugend hin andere Keeper kommen, dann haben die schon mal den kleinen Vorteil, meist schon bei etwas erfahrenen Trainern etwas mehr Verständnis für ihre Aufgaben zu finden.

Allerdings ist es meine subjektive Wahrnehmung, dass jährlich immer weniger Nachwuchs-Keeper in den Seniorenbereich der Vereine im Breitensportbereich wechseln. Zwar hat auch hier der Einfluß von Sponsoren dazu geführt, dass man mit zusätzlichem Geld Keeper anderer Vereine abwerben konnte. Doch man hat erkannt, dass diese Methode mittelfristig das Problem nicht löst. Denn diese Söldner haben keine Vereinsbindung und ziehen für ein paar Euro mehr zum nächsten Verein. Für den Fortbestand im Breitensport sehe ich es als unerlässlich an, mehr für die Ausbildung im Nachwuchsbereich zu investieren. Das Problem ist aber, dass es nach der Denkweise vieler Vereisverantwortlicher nur eine Kostenerstattung für den Trainer der 1. Seniorenmannschaft geben darf. Allenfalls unterstützt man die steuerlichen Vorteile der "Übungsleiterpauschale". Aber davon profitieren eher gutverdienende Ledige, nicht sosehr Familienväter, Studenten, Schüler, Hartz-4-Empfänger. Von ihnen wird nicht nur verlangt, dass sie ehrenamtlich ihre Zeit dem Verein zur Verfügung stellen, sondern auch noch ihr privates Geld für den Trainerjob einsetzen.

Der "Unsinn" nicht vollends kompetenter Trainer wird von den Vereinen indirekt unterstützt. Denn weil gute Trainer nicht kostenlos arbeiten, werden zusätzliche Gelder benötigt. Doch man befürchtet, dass eine Anhebung der Mitgliedergebühren gerade im Jugendbereich (wo ja die meisten Mitglieder sind, davon ein Teil nur noch passiv) zu Massenaustritten führen könnten? Weil jedoch die Zuschüsse der Kommunen und des DFB mitgliederabhängig gezahlt werden, kann man mancherorts sein Kind für einen Kasten Bier im Jahr anmelden.

In den Niederlanden haben die Kommunen deshalb schon vor Jahren mit "sanftem Druck" ihre finanziellen Mittel an bestimmte Vorgaben gekoppelt. Auch werden Kredite (z.B. Kunstradenplätze) daran gekoppelt, dass die Vereine wieder zum Treffpunkt der Generationen werden, wodurch ihr sozialer Wert steigt. Hier hingegen kann man beobachten, dass zunehmend Fussballplätze leerstehen und vermutlich in einigen Jahren nur noch von vierbeinigen Rasenmähern kurz gehalten werden, weil man die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat.

Es sind aber die Masse der Breitensportvereine, in denen unsere späteren Profis und Nationalspieler das Fussballspielen kennenlernen. Wenn aber dort aber schon gravierende Fehler gemacht werden, dann handelt es sich um eine Talentverschwendung mit Duldung von ganz oben! Das kann manchmal schon recht kurios ausschauen. Da bekommt der frühere Heimatverein einer Nationalspielerin eine 4-stellige Prämie vom DFB, die natürlich für die zukünfige Förderung investiert werden soll. Man läßt sich öffentlichkeitswirksam dafür feiern. Doch weder den DFB noch den Verein interessiert es, dass zwischenzeitlich der komplette Bereich des Mädchen- und Frauenfussballs in diesem Verein aufgelöst wurde.

Icewolf
23.09.2018, 19:43
Hab mich im Giefer-Thread schon etwas personenbezogener geäußert.
Wenn ich den Fehler von Giefer sehe:

Würdet Ihr sagen, dass man solche Bälle im Schlag verarbeiten muss?
Oder besteht kein Zusammenhang zwischen dem Fehler und dem nicht ausreichend verwurzeltem Automatismus, so einen Ball zu verarbeiten?
Ist das Konzentrations-Sache?
Oder sind es falsche Schwerpunkte in Training und Spielanlage.

twtrainer
24.09.2018, 10:34
Hallo Icewolf
Ich kann dir dazu nur meine persönlichen Erfahrungen aus vielen Jahren Torwarttraining geben.

Beim traditionellen Torwarttraining wurden häufig die defensiven (z.B. Fangen eines flachen Balles) und offensiven Aufgaben (z.B. Abschlag) getrennt trainiert. Im Vergleich zu den defensiven Aufgaben haben jedoch die offensiven Aufgaben durch den Wegfall des Libero`s zugenommen. Eine sehr häufige Variante der offensiven Aufgabe bestand darin den gefangenen Ball in ein Zielgebiet zu dreschen, wo ein großgewachsener, kopfballstarker Spieler den Ball an einen Angreifer weiterleiten sollte. Weil der Ball lange in der Luft war, spielte es kaum eine Rolle, ob das schnell oder etwas langsamer stattfand. Denn es kam ja lediglich auf den Gewinn des Kopfballduells an.

Das "mitspielen" des Keepers verlangte weitere Fähigkeiten. Unter anderem sollte der Torwart eine Spielsituaition richtig erkennen, um daraus die bestmögliche Spieleröffnung abzuleiten. Das sollte selbstverständlich so rasch geschehen, damit die gegnerische Unordnung beim Umschalten von Angriff auf Verteidigung dabei ausgenutzt werden kann.

Während es für die Feldspieler bereits in der Ausbildung normal war, komplexe Situationen unter Gegnerdruck zu traineren, wurde dies unter Zurhilfenahme von allerlei Trainngsmaterial simuliert. Hinzu kam, dass das TW-Training sehr häufig isoliert von der Mannschaft stattfand. Weil bei den Spielformen und dem Abschlußspiel nur der Chefcoach das alleinige Sagen hatte, gab es kaum nützliche Hinweise für den Keeper.

Auch heute gibts ausreichend Trainer für die es wichtig ist, dass der Ball vom Torwart so weit wie möglich nach vorn gespielt wird, damit wenigstens der 2. Ball in den eigenen Reihen landet. Für den Rest ist die Mannschaft zuständig.

Das heutige Torwarttraining unterscheidet sich deutlich von der traditionellen Form. Seinerzeit ging man davon aus, dass man allein durch die Häufigkeit der Wiederholungen einen Automatismus trainieren kann, wodurch die Fehlerquote so gering wie möglich gehalten werden kann. Heute weiß man, dass aus vielen Ballkontakten nicht automatisch auch gute Ballkontakte werden, wenn nicht ausreichend Wert auf die Detailarbeit von vollständigen Abläufen gelegt wird. In einigen NLZ ist man bereits dazu übergegangen in kleinen Gruppen die Nachwuchskeeeper mit spielnahen Situationen jeweils andere Aufgaben (als Torwart, als Defensivspieler, als Offensivspieler) zu verteilen, um dabei so intensiv wie möglich die korrekte Reihenfolge von Bewegungsabläufen zu trainieren und darüber hinaus Sicherheiten zu schaffen. Auf sehr gute Erfahrungen kann Mathias Novak (Bayern) verweisen, der im Multitaking das Gehirn trainiert, zunächst die Dinge in der richtigen Reihenfolge zu sortieren, um sie danach mit hoher Konzentration im Detail abarbeiten zu können. Manchmal sind andere TW-Trainer dafür notwendig, die sich mit neueren Trainingsmethoden auseinandersetzen (Beispiel BVB). Doch solche Möglichkeiten kleine, leistungsmäßig homogene Torwart-Gruppen zusammen zu stellen, hat nicht jeder Verein. Es gehört dann auch eine gute Kooperation zwischen den Chefcoaches und den TW-Tranern dazu.

Es ist ein sehr breites Feld, worüber deshalb unterschiedliche Meinungen vertreten werden, weil man zu wenig flächendeckend gesicherte Erkenntnisse vorliegen. Gibt dabei auch unterschiedliche Vorstellungen darüber, ob ein Torwart für ein oder mehrere System besser ist?

Es gibt zur Zeit sehr wenig richtig gute Nachwuchskeeper bei uns, die mal einen Neuer oder Ter Stegen ablösen könnten. Denn die beiden kann man fast schon als "Allrounder" bezeichnen. Leider gibt es aktuell viel zu wenig sehr gute Nachwuchskeeper, die die Beiden mal ersetzen könnten. Da haben wir viele Jahre großes Glück gehabt. Doch nun gibt es m.E Anlaß, sich mit alternativen Trainingsmethoden auseinander zu setzen. Was nützten sensationelle Torwart-Hechtparaden, wenn bei einfachen Bällen zu viele Fehler passieren?

Icewolf
24.09.2018, 19:54
[...]
Es gibt zur Zeit sehr wenig richtig gute Nachwuchskeeper bei uns, die mal einen Neuer oder Ter Stegen ablösen könnten. Denn die beiden kann man fast schon als "Allrounder" bezeichnen. Leider gibt es aktuell viel zu wenig sehr gute Nachwuchskeeper, die die Beiden mal ersetzen könnten. Da haben wir viele Jahre großes Glück gehabt. Doch nun gibt es m.E Anlaß, sich mit alternativen Trainingsmethoden auseinander zu setzen. Was nützten sensationelle Torwart-Hechtparaden, wenn bei einfachen Bällen zu viele Fehler passieren?Sind doch ganz brauchbare Erfahrungen... ;)

Gerade in diesem letzten Absatz kommen wir zueinander:
Einfache Bälle verarbeiten. Da würde ich mir manchmal einfach eine etwas altertümlichere Herangehensweise wünschen.
Dass viele Ballkontakte nicht gute Ballkontakte sein müssen, und dass man sich auch einen Haufen Mist antrainieren kann, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren.
Es gibt meiner Meinung nach trotzdem Bälle, die Du einfach mega-zuverlässig verarbeiten MUSST. Und da führt für mich einfach kein Weg dran vorbei.
Mein Eindruck ist, dass durch die extreme Verweichlichung der didaktischen Mittel dieses Bewusstsein gar nicht mehr entsteht.
Ganz grob gesagt finde ich, dass Du die inneren 2/3 des Tores sicher abdecken musst. Und wenn der Ball nicht besonders hart ist, fängt man den bitte.
Das kuriose daran: Wenn so ein Keeper in der heutigen Zeit rumläuft, wird der schon als gut betrachtet.
Für mich ist das die Basis.
Dann kann man über Herauslaufen, Strafraumbeherrschung, Stellungsspiel reden.

Wo findet denn ernsthaft ein konstruktiver Spielaufbau unter Angriffs-Pressing statt? Sehe ich nirgends, da wird immer noch lang gekloppt.
Und das ist mein Punkt:
Es werden Dinge trainiert, die nicht nur unnötig sind, weil die Situation nie stattfindet, sonder auch, weil es eine Nischenfähigkeit des Spielers im Tor darstellt.
Ich will gar nicht vorschreiben, was stattdessen passieren sollte. Aber wenn man seine Trainingszeit mit schönen 50-Meter-Pässen an die Außenlinie verbringt, kommen eben solche Bolzen dabei heraus, wie nun bei Fabian Giefer.

twtrainer
25.09.2018, 08:03
Sind doch ganz brauchbare Erfahrungen... ;)
Mein Eindruck ist, dass durch die extreme Verweichlichung der didaktischen Mittel dieses Bewusstsein gar nicht mehr entsteht.


Deine Kritik deckt sich mit dem, was viele Trainer für die Ursache dafür halten, warum ca. 95 % aller Fussballer ihr Leistungslimit nicht erreichen. Sehr viele Talente scheitern genau an diesem Punkt beim Versuch aus ihrem Hobby einen Beruf zu machen. Nur, ist das wirklich so neu oder behauptet das nicht jede Generation von der Nachfolgenden?

Jeder möchte gerne gelobt werden. Lob bekommt man jedoch nicht für die einfachen Dinge, sondern für Außergewöhnliches. Allerdings nur dann, wenn auch die einfachen Dinge zuverlässig erledigt werden. Letzteres wird aber gern vergessen.

Die Antwort darauf könnte in folgendem Satz, den ich wiederholt von Profis gehört habe, liegen: "Es gab in meiner Jugend viele Spieler mit mehr Talent als ich, aber ich habe mich durchgesetzt." Talent allein genügt nicht, wenn sie nicht mit Leistungskonstanz in einem günstigen Verhältnis steht.

Allerdings fehlt es einerseits an der Lebenserfahrung, andererseits lebt man in einem Umfeld, in der Berater und Verein den Alltag regeln, so dass kaum Entscheidungen getroffen werden müssen. Wer jedoch nicht lernt, die Konsequenzen eigener Entscheidungen hinreicht zu spüren, der läuft Gefahr "sich zu verweichlichen", in dem er andere für sich entscheiden läßt und irgendwann die Quittung, nicht mehr den Ansprüchen zu genügen.

Es ist die eigene Lebenserfahrung: wenn du etwas machst, dann mach es richtig. Denn halbherzig kannst du nichts erreichen. Allerdings ist das nicht immer so einfach zu erkennen. Denn man sieht die Fehler anderer, die aber nicht bestraft werden und wieder andere werden bestraft, obwohl ihnen keine Nachlässigkeit vorzuwerfen war? Es geht derweil hochemotional her, obwohl kühler Kopf sehr viel besser wäre, weil damit sehr viel Geld verdient, aber auch verloren werden kann.

Es scheint letzendlich fast immer eine Frage des starken Willens zu sein, weil das Talent allein nicht ausreicht, den größtmöglichen Nutzen aus seinen Fähigkeiten für die Mannschaft auf den Platz zu bringen. Beim Fussball zählen aber letzendlich nur die Ergebnisse, weshalb dem französischen Nationalkeeper gern das geschenkte Tor im WM-Finale verziehen wird, während einem andern (Giefer) die Schuld an der Niederlage gegeben wird.

Icewolf
26.09.2018, 21:34
Deine Kritik deckt sich mit dem, was viele Trainer für die Ursache dafür halten, warum ca. 95 % aller Fussballer ihr Leistungslimit nicht erreichen. Sehr viele Talente scheitern genau an diesem Punkt beim Versuch aus ihrem Hobby einen Beruf zu machen. Nur, ist das wirklich so neu oder behauptet das nicht jede Generation von der Nachfolgenden?Häufig sagt die ältere Generation sowas, weil sie neidisch ist, dass Dinge in der heutigen Zeit einfacher zu erlangen sind. Und dann vergleichen sie ihren Weg mit dem heutigen und ärgern sich, dass sie es so schwer hatten.
Ich bin weit entfernt davon, mir das Gebrüll und die Strafen und dergleichen aus den 80er und frühen 90er Jahren zurückzuwünschen.
Man hat erkannt, dass Druck kein Ratgeber ist und dass bestimmte Menschen sehr negativ darauf reagieren, während sie bei entsprechender Didaktik zu Großem getaugt hätten.


Mittlerweile ist jeodch ein Niveau erreicht, von dem ich das Empfinden habe, dass - wie in der Erziehung - eine Schraube überdreht ist.
Es gibt weitestgehend nur noch Trallala-Hopsassa.
Und so entwickelt man keine Stress-Resistenz und die braucht man im Fußball auf jeden Fall (in anderen Bereichen auch, aber das führt zu weit).
Wie willst Du sonst in wichtigen oder schwierigen Momenten sicher sein, dass Dir die Birne (auf'm Hals) keinen Streich spielt. Die Basics MÜSSEN einfach sitzen.
Wie vermittelt man das richtige Gefühl dafür, dass die Aktion jetzt klappen MUSS, Du als Keeper das aber auch bewältigen wirst, weil Du es drauf hast?

[...]
Es scheint letzendlich fast immer eine Frage des starken Willens zu sein, weil das Talent allein nicht ausreicht, den größtmöglichen Nutzen aus seinen Fähigkeiten für die Mannschaft auf den Platz zu bringen. Beim Fussball zählen aber letzendlich nur die Ergebnisse, weshalb dem französischen Nationalkeeper gern das geschenkte Tor im WM-Finale verziehen wird, während einem andern (Giefer) die Schuld an der Niederlage gegeben wird.Sorry, aber völlig unvergleichlich.
Unterschiedlicher Wettbewerbsmodus, Spielstand, Relevanz der Aktion für das Spiel, Art der Fehlleistung, Bereich der Fehlleistung, Vorgeschichte bis zum Fehler - ich könnte weiter machen.

Marsson
27.09.2018, 07:53
Nächstes Beispiel:

Gestern erstes Gegentor für Zieler gegen Leipzig. Er könnte den Ball ganz locker zur Ecke abklatschen - dann würde er natürlich wieder den Kommentar kassieren "oje dieser Zieler, den kann er nicht festhalten".
Was macht Zieler also? Er versucht ihn festzuhalten. Klappt nicht. Springt in genau die falsche Richtung weg, dem Leipziger vor die Füße, Tor.

Genau SO darf man als Torwart nicht handeln. DAS sind die Dinger, die ich den Torwarten ankreide. Das kann jeder fette Mittfünfziger in ner Freizeitmannschaft geschmeidiger lösen.

Nur keinen Ball zur Ecke klären. Immer schön alles festhalten.

Endstand 0:2. Ganz schön gut dieses moderne Torwartspiel.

[Exkurs: komischerweise ist das einhändige Fausten nicht so verpönt, wie noch vor 30 Jahren - damals wurde man dafür schlimmer zusammengestaucht, als wenn man heute den Ball nicht festhält]

twtrainer
27.09.2018, 10:06
1. Ich bin weit entfernt davon, mir das Gebrüll und die Strafen und dergleichen aus den 80er und frühen 90er Jahren zurückzuwünschen.
Man hat erkannt, dass Druck kein Ratgeber ist und dass bestimmte Menschen sehr negativ darauf reagieren, während sie bei entsprechender Didaktik zu Großem getaugt hätten.


2. Mittlerweile ist jeodch ein Niveau erreicht, von dem ich das Empfinden habe, dass - wie in der Erziehung - eine Schraube überdreht ist.
Es gibt weitestgehend nur noch Trallala-Hopsassa.

3. Und so entwickelt man keine Stress-Resistenz und die braucht man im Fußball auf jeden Fall (in anderen Bereichen auch, aber das führt zu weit).
Wie willst Du sonst in wichtigen oder schwierigen Momenten sicher sein, dass Dir die Birne (auf'm Hals) keinen Streich spielt. Die Basics MÜSSEN einfach sitzen.
Wie vermittelt man das richtige Gefühl dafür, dass die Aktion jetzt klappen MUSS, Du als Keeper das aber auch bewältigen wirst, weil Du es drauf hast?
Sorry, aber völlig unvergleichlich.
Unterschiedlicher Wettbewerbsmodus, Spielstand, Relevanz der Aktion für das Spiel, Art der Fehlleistung, Bereich der Fehlleistung, Vorgeschichte bis zum Fehler - ich könnte weiter machen.

----------------

zu 1. Es wurde weniger Inhalt vermittelt, weil mehr Wert auf die Autorität des Trainers gelegt wurde.

zu 2. Durch stetige Erhöhung des Lernpensum entsteht der Wunsch nach Freiräumen (Trallaa-Hopsassa) ohne Leistungsstress, weil die Leistungsselektion immer früher beginnt.

zu 3. Übungen/Spielformen immer ein klein wenig anders gestalten, damit das "Spekulieren" (routinemäßiger Bewegungsablauf bei ähnlichen Situationen) vermieden wird. Ist allerdings nicht allein auf den Torwart gemünzt und läßt sich fast beliebig übertragen. (wir glauben täglich dem Wetterbericht, obwohl der meistens nicht stimmt und sich niemand jemals für seinen Irrtum entschuldigit hat) Als Beispiel fällt mir der geworfene Papierkneul ein, der beim Spiel des HSV gegen Werder einen Ball leicht abfälscht und schließlich zum Siegtor führt.

Allgemein: Wer aber meint, es gäbe irgendein zuverlässiges Rezept, bestimmte Fehler ausschließen zu können, der irrt. Den Beweis dafür liefert jeder selbst täglich. Dabei macht es keinen Unterschied, ob er sich im Moment seines Fehlers über etwas anderes nachdenkt oder sogar ärgert.

Richtiger Umgang mit Fehlern wäre eine andere Sache! Allerdings sind es häufig die eigenen Fehler, die als Kavaliersdelikte gesehen werden, während die der anderen unverzeihlich sind. Gerade, weil nur das Ergebnis am Ende zählt, ist es eine hochemothionale Sportart, die aus endlosen Überraschungen besteht. Langweilig und fast mitleidig verfolgt man das Spiel, wenn ein Favorit seiner Rolle gerecht wird. Man freut sich über einen Sieg ganz besonders, wenn das Spiel spannend war!

Man mag sich die Frage stellen, ob man als "Fussballbekloppter" eher die Frage stellen sollte, aus dem Guten etwas noch Besseres zu machen, als aus dem Schlechten etwas halbwegs Gutes zu machen?

Icewolf
27.09.2018, 20:13
[...]
Allgemein: Wer aber meint, es gäbe irgendein zuverlässiges Rezept, bestimmte Fehler ausschließen zu können, der irrt. Den Beweis dafür liefert jeder selbst täglich. Dabei macht es keinen Unterschied, ob er sich im Moment seines Fehlers über etwas anderes nachdenkt oder sogar ärgert. Es geht auch nicht darum Fehler auszuschließen, sondern eine bestimmte Art von Fehlern weitestmöglich einzudämmen.
Dein Beispiel zu 3. leuchtet mir leider überhaupt nicht ein... :confused:
Mir geht es darum, dass man damit zurecht kommt, dass es Anforderungen gibt, die unangenehm sein können, die aber Pflichtprogramm sind.
Mentale Stabilität, wenn Du so willst. Sonst bist/wirst Du nicht gut.
Und ich lehne diese mehr oder weniger esoterischen Ansätze ab (nicht auf Dich bezogen, aber was manche so veranstalten).

[...]
Man mag sich die Frage stellen, ob man als "Fussballbekloppter" eher die Frage stellen sollte, aus dem Guten etwas noch Besseres zu machen, als aus dem Schlechten etwas halbwegs Gutes zu machen?Ist ein verbreiteter Ansatz auch in der Wirtschaft, sich vertikal (also in der Tiefe) zu verstärken und nicht horizontal (in der Breite). In der Finanzwirtschaft oder im Großhandel mag das möglich sein.
Funktioniert im Ballsport nur ganz bedingt, beim Fußball-Keeper meiner Meinung nach überhaupt nicht.
Wenn einer merkt, dass Du reaktionstechnisch ne Rakete bist, aber bei allen hohen Bällen auf der Linie klebst, wird man diese Schwäche belasten. Und das geht nicht lange gut.
Zu behaupten, man könne eine Stärke derartig ausbauen, dass Du alles, aber auch alles auf der Linie hältst, auch wenn Du keine 4 Meter raus kommst, ist Unsinn, würde ich sagen. Das geht nicht.

twtrainer
28.09.2018, 08:54
Hallo Icewolf

Du spricht über die mentale Sicherheit, die sich m.E. aus einer Reihe von Faktoren zusammen setzt.

1. Sicherheit im Training
Zunächst einmal eine Ergänzung zum Punkt 3. Wenn man sein Training sehr abwechselungsreich gestaltet, gibt man seinem Keeper ein Füllhorn an Möglichkeiten mit, aus denen er im Wettbewerb wählen kann. Ein reduziertes Übungensprogramm führt zwangsläufig dazu, aus den wenigen Möglichkeiten heraus zu spekulieren, was der Gegner nun wohl mit dem Ball vorhat? Die Torartaktion erfolgt meist zu früh, sodass der Angreifer sich darauf verlassen kann, den Ball in die leere Seite des Tores einschieben zu können. Für den Torwart ist es wichtig im Training die Sicherheit zu gewinnen, für typische Spielsituationen und darüberhinaus gute Lösungen kennengelernt zu haben.

2. Sicherheit im Spiel:
Natürlich ist jedes Spiel das wichtigste. Jeder bereitet sich mental anders darauf vor. Der streng Gläubige findet seine innere Ruhe im Gebet, der Abergläubige im gewohnten Ritual, manch einer versucht sich in eine "innere Meisterstimmung" zu versetzen, indem er sich in besonders schwierige Situationen versetzt, die er meisterlich absolviert hat. An irgendwas glaubt wohl jeder, doch realistisch gesehen läßt sich damit gar nichts vorher sagen.

3. Sicherheit im Team
Habe ich ein gutes "Standing" im Team, dann wird mir ein Fehler leichter verziehen, als wenn fast alle Teammitglieder nichts mit mir anfangen können.

4. Sicherheit im Verein
Kann ich mich eines Rückhalts meines Trainers und anderer Vereinsverantwortlicher versichern, wird es sich günstig für meine sportlichen Leistungen auswirken als wenn ich weiß, dass ich nur "Lückenfüller" bin oder beim nächsten Fehler "fliege"!

5. Privates (famliliäres) Umfeld
Bin ich in einer glücklichen Beziehung, sind alle mir wichtigen Menschen gesund und munter, kann ich mich auf meinen Beruf besser konzentrieren, als wenn ich die Sorgen mit zum Arbeitsplatz schleppe.

6. Innere-/äußere Ansicht
Es gibt Menschen, die können sich und ihre Fähigkeiten realsistisch einschätzen. Andere unterschätzen oder überschätzen sich. Letztere Gruppe läuft stets Gefahr die Bodenhaftung zu verlieren, weil sie u.U. eigenbrödlerisch Dinge zusammen spinnen, die sich immer weiter von der Realität entfernen. Die Gefahr ist dann besonders groß, wenn es für Lebenseinschnitte keine Menschen im Umfeld gibt, denen man Vertrauen kann und dessen Rat eine große Hilfe bedeutet. Eigentlich sollten gute Berater hier zur Seite stehen. Leider merkt so mancher Profi zu spät, dass er an den falschen geraten ist.

7. Kurz-/mittel-/langfristige Ziele
Dieses Thema ist sicherlich ein weites Feld, weshalb ich es gern zusammenfassen. Wer selbst keinen Plan B hat, der begibt sich in eine besonders hohe (unnötige) Abhängigkeit, denn er hat (sich) keine Wahl (gegeben).

Marsson
28.09.2018, 09:50
Allgemein: Wer aber meint, es gäbe irgendein zuverlässiges Rezept, bestimmte Fehler ausschließen zu können, der irrt.

Naja - ein bisschen geht das schon nach der alten Methode "Alle sagten das geht nicht und dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht".

Ich bleibe bei meinem Exkursbeispiel des einhändigen Faustens. Das ist natürlich nicht lege artis und risky, aber manchmal besser als nichts. Dennoch ist man vom Trainer früher beinahe kielgeholt worden, wenn man das gemacht hat (meine Spezialität).
Da kam der Assistenztrainer während des Spiels hinter's Tor gelaufen und hat mich angezischt "Das will ich nicht noch einmal sehen..."

Was will ich damit sagen: Ein bisschen weniger Dogma, sondern auch unorthodoxe Abwehr-Methoden zuzulassen - bspw. auch Fußabwehr - früher als ärmlicher Handballtorwartreflex abgetan, heute (fast) etabliert. Denn im Endeffekt zählt beim Fußball nur die "Null". Es gibt keine Haltungswertung.

[Anders bei 75 % der Fernsehkommentatoren - bei denen geht die Torwartgüte nach Qualität des Fliegens zum dankbaren halbhohen Ball. Aber wehe, ein Ball geht ins TORWARTECK (Jehova!)... dann sollte man den Keeper eigentlich sofort auswechseln und billigst verkaufen...]

twtrainer
01.10.2018, 09:20
Ich bin ebenfalls kein Freund davon, dass sich die Torleute immer mehr bei hohen Flanken auf die Torlinie positionieren und ihren Vorderleuten beim Gewinn von Kopfballduellen vertrauen. Mir wäre in solchen Fällen die einarmige Abwehr des Keepers lieber. Problem dabei ist leider das erhöhte Verletzungsrisiko im Bereich der Rippen durch einen versteckten Ellenbogencheck des Gegners. Hier müßte das Regelwerk m.E. geändert werden. Solange diese Checks nicht mit "Rot" bestraft werden, wird es nicht nur bei Nasenbluten bleiben.

In bestimmten Situationen (z.B. flacher Ball aus kürzerer Distanz) wäre der Weg nach unten zum Abtauchen zu lang, sodass die Fußabwehr den Torerfolg verhindern kann.

Der Anteil der Fußarbeit beim Torwartspiel wächst, wenn Gegner das Offensivpressing wählen und der Torwart einziger sicherer Anspielpartner wird.

Besonders dämlich empfand ich allerdings seinen Kommentar von Zieler beim Interview, wonach er seinem Mitspieler die Schuld am Gegentor hab. Der hätte ihn nicht mit dem Einwurf anspielen dürfen. Ja, warum denn nicht, wenn er durch den Einwurf den bestmöglichen Anspielpartner finden kann? Er darf dann schon damit rechnen, dass sein Torwart nicht während der Aktion ins Publikum grüßt.

Aber war es lediglich fehlende Konzentration oder war es auch ein Defizit bei der Ballmitnahme? Letzteres läßt sich im Training durchaus verbessern. Für traditionelle Torleute mag jeder Ballkontakt mit dem Fuß lästige Pflicht sein, für den modernen Keeper wird er jedoch immer mehr zur Selbstverständlichkeit, weil von ihm das mitspielen verlangt wird!

Ich sehe allerdings in der Beurteilung von traditionellen und modernen Torwartaktionen keinen Widerspruch, sondern lediglich einen Entwicklungsweg. Wir sind nie fertig in den Optimierungsmöglichkeiten des Torwartspiels. Wäre ja sonst auch langweilig oder?

Icewolf
05.10.2018, 20:48
Das Konzentrationsding von Zieler ist einfach irgendwie gurkig.
Es war ne Fehleinschätzung von ihm, dass er mal n Moment Zeit hat und dann passiert so ein Müll.
Thema durch.

Ich bleibe dabei, dass die meisten Trainer haben nicht die Traute oder das taktisch/didaktische Vermögen, Offensiv-Pressing zu spielen bzw. es zu entkräften.
Speziell letzteres.
Immer noch mein Punkt: Die Keeper verwenden Trainingszeit darauf unter Pressing Spieleröffnung zu machen, aber im Spiel kommt dann doch wieder die Ansage "weghauen".
Und weil irgendwelche vermeintlichen Heraus-Spiel-Fähigkeiten trainiert werden, leidet das Stellungsspiel, die Zielverteidigung und - meines Erachtens - besonders das Verhalten bei hohen Bällen.

Diese Schraube sollte zurückgedreht werden.
Für schöne Pässe gibt es keine Punkte, ähnliches Problem wie beim Ballbesitzfussball.
Kriegst auch keine Punkte für über 65% Ballbesitz.

twtrainer
08.10.2018, 12:11
@Icewolf

Wenn ausreichend Trainingszeit dafür verwendet würde, Keeper bei gegnerischem Offensiv-bzw. Gegenpressing auszubilden, hätte man weniger Probleme es auch im Wettkampf gut hinzubekommen. Wie man aber beim Spiel der Bayern gegen Mönchengladbach sehen konnte, ist die Antizipation einer Situation nicht allein die Aufgabe des Keepers, sondern auch die der Mitspieler.

Auf diesem (hohen) Niveau darf ein Keeper die sichere Ballverarbeitung seines Mitspielers erwarten.

Nun komme ich zu deiner Aussage: "Ball weghauen".

Aber im Amatuerbereich sieht die Sitatuation im Trainnig sicherlich noch anders aus. Denn hier findet die Ausbildung mit dem Ball am Fuß häufig mit sehr viel geringerer Qualität statt, weil auch die ausbildenen Torwarttrainer wenig mit dem Ball am Fuß anfangen können. Da ist es schon schwierig ohne eigene technische Fähigkeiten seinen Torleuten gutes Fussballspielen beizubringen. Da hilft es nur, seine Torleute auch auf dem Feld spielen zu lassen, um dort die nötigen Fähigkeiten zu erwerben.

Wer will das da einem Trainer verübeln, der zig mal geseehen hat, dass es aufgrund großer Defizite seines Keepers mit dem Ball am Fuß einem Ballwegdreschen den Vorzug gibt? Wenn dann hin und wieder so ein Ball beim Mitspieler landet oder aber der 2. Ball erobert wird, dann sieht er sich auf der besseren Seite, als wenn er das hohe Risiko beim Fehlpaß dem Gegner eine Großchance zu eröffnen sieht. Gerade im Seniorenbereich wird der Fussball selbst im Breitensportbereich immer mehr zum Ergebnissport. Allseits schwindende Zuschauerzahlen zeigen, dass der Einfluß von Sponsoren das Erlebnis beim Fussball reduziert, weil dort fortan Kicker aus fremden vereinen spielen und auch einem Torwart keine Fehler zugestanden werden. Wo gibt es denn noch sportliche Verlierer? Das aber kann zum Hemmschuh der Vereinsentwicklung werden, wenn man sich immer nur mit kurzfristig erfolgreichen Maßnahmen identifiziert. Ein Verein sollte immer langfristige Ziele haben! Leider waren es gerade die Trainer, die zu allererst aus fremden Vereinen kamen. Es waren die Trainer, die als erstes Geld für ihr Hobby bekamen. Dabei stellte sich nicht mal die Frage, ob sie es auch ohne Bezahlung gemacht hätten? Wenn man allerdings Geld zahlt, dann glaubt man dies mit speziellen Anforderungen verknüpfen zu können, die in aller Regel an Tabellenplätze verknüpft werden. Wer also bleiben will, der setzt auf kalkuliertes Risiko. Sonst ist er schneller wieder weg als er es glaubt.

Dennoch sehe sehe ich keine Weiterentwicklung darin, die fussballerischen Fähigkeiten eines Keepers wieder abzuschaffen, was bei guter Ausbildung der Mannschaft hilft. Die Frage ist nur wie? Wenn es also keinen entsprechenden TW-Trainer gibt, dann könnte die Lösung vielfach darin bestehen, seine Keeper auch auf dem Feld einzusetzen, damit sie dort entsprechende Fähigkeiten erwerben. Später könnte man bei sonst gleichen Talentanlagen sich für den Keeper entscheiden, der zusätzlich der bessere Fussballspieler ist.

Das mag heute vielleicht noch sehr wenig Rückhalt bei den Trainern und Vereinen finden, wo man sich die Keeper häufig noch mit dem Zollstock (je größer der Torwart, desto besser) aussucht, anstatt die Handlungsschnelligkeit (Intelligenz, Athletik, Schnelligkeit) einen größeren Raum bei der Selektion einzuräumen. Für mich erfüllt ein Mensch von normaler Körpergröße die Allrounderfähigkeit eines Keepers genauso gut, weil der moderen Fussball vom Kopf in den Fuss gespielt wird.

Icewolf
09.10.2018, 08:33
[...]
Dennoch sehe sehe ich keine Weiterentwicklung darin, die fussballerischen Fähigkeiten eines Keepers wieder abzuschaffen, was bei guter Ausbildung der Mannschaft hilft. Die Frage ist nur wie? Wenn es also keinen entsprechenden TW-Trainer gibt, dann könnte die Lösung vielfach darin bestehen, seine Keeper auch auf dem Feld einzusetzen, damit sie dort entsprechende Fähigkeiten erwerben. Später könnte man bei sonst gleichen Talentanlagen sich für den Keeper entscheiden, der zusätzlich der bessere Fussballspieler ist.

Das mag heute vielleicht noch sehr wenig Rückhalt bei den Trainern und Vereinen finden, wo man sich die Keeper häufig noch mit dem Zollstock (je größer der Torwart, desto besser) aussucht, anstatt die Handlungsschnelligkeit (Intelligenz, Athletik, Schnelligkeit) einen größeren Raum bei der Selektion einzuräumen. Für mich erfüllt ein Mensch von normaler Körpergröße die Allrounderfähigkeit eines Keepers genauso gut, weil der moderen Fussball vom Kopf in den Fuss gespielt wird.Du bist mir schon wieder viel zu sehr bei der Ausbildung.
Und dass ich die Weiterentwicklung von fußballerischen Fähigkeiten abschaffen will, habe ich nicht geschrieben.

Meine Aussage sollte dahin gehen, dass man bedarfsgerecht trainiert.
Wenn der Keeper Herausspielen unter Offensiv-Pressing lösen kann, die Abwehr aber nicht, wieso sollte der Keeper dann trotzdem versuchen seine Fertigkeiten zu vertiefen?
Da muss dann erstmal im mannschaftstaktischen Bereich was passieren. So lange kann er an anderen Dingen feilen.

Generell würde ich darauf einfach nicht so übertrieben viel Wert legen, der Keeper kann in der Regel gut genug Fußball spielen.
Wenn er sicher nen Ball von A nach B bringt, auch gerne über 30, 40, 50 Meter, hoch oder flach, dann ist doch erstmal alles chic.

Nochmal: Es spielt (in Deutschland) kaum einer Offensiv-Pressing und selbst wenn, wäre der Anspruch gar nicht, das spielerisch aufzulösen.
Die Deutschen sind angstgetrieben und sicherheitsfanatisch, was das angeht. Und im Torwartspiel eben auch.
Wie war die Reaktion auf Bayerns extrem dominante Zeit vor zwei, drei Jahren? Alle spielen 5-4-1 und hoffen, dass der eine lange Ball dem Abwehrspieler übern Fuß springt und man dann das 1:0 nach Hause mauern kann.
Und so lange die Rentner-Denke beim spielerischen Lösen von Pressing Situationen ("Dat geht doch schief, sach' ich Euch gleich!") nicht aus den Trainer-Köpfen radiert ist, ändert sich das wohl auch nicht.

twtrainer
09.10.2018, 13:46
Na, dann probier ich es mal anders.

Es gibt da seit einiger Zeit einige Regeln bei der Spieleröffnung

1. Blickkontakt zwischen Passgeber und Passnehmer aufnehmen
2. Paßnehmer bestimmt, ob in Fuß oder in den Lauf gespielt wird.
3. Kurz geht vor lang (denn ein kurzer Paß ist präziser und wird den Mitspieler mit höherer Wahrscheinlichkeit als die breite Streuung eines weiten Abschlags)
4. Flach geht vor hoch (denn ein flacher Paß kann schneller/besser verarbeitet werden als ein hoher Ball)

Die taktischen Aspekte setzen ein technisches Können (beim Paßgeber und Paßnehmer) voraus.

Dennoch ist die Entscheidung situativ zu sehen und zu bewerten. Mal kann es richtig sein, einen weit Paß zu spielen und mal kann die kurze Spieleröffnung die bessere Variante sein. Ich würde mich da gar nicht festlegen wollen, sonst wird man bei der anschließenden Spielanalyse zu eindimensioniert in seiner Bewertung und gelangt nicht zu den gewünschten Erkenntnissen aus seinen Fehlern zu lernen.

Zum Ausbildungsaspekt möchte ich gern Horst Hrubesch sinngemäß zitieren. Er meint, ein Spieler ist erst dann fertig, wenn er mit 35 oder später ausscheidet. Er glaubt daran, dass Ausbildung solange nicht abschlossen sein kann, wie man sich auf Wettbewerbsniveau im Ligabetrieb befindet. Ich denke mal, dies sollte für alles, was den Fussball betrifft gelten.

Jeder Trainer sollte die Stärken und Schwächen seiner Spieler und möglichst auch gut im Bilde über die Stärken und Schwächen seiner Gegner sein. Hier ist es eine Abwägung der technischen Qualitäten, ob er seinem Keeper die Order erteilt, den Ball lang, mittel oder kurz zu schlagen. Das ist allerdings meist eher Wunschdenken! (z.B. das jämmerliche Abschneiden bei der letzten WM in Russland und die Aussage von Hummels: "...die haben ganz anders gespielt als wir gedacht haben ...)

Man ist vor Überraschungen nie sicher, weil fast nie das passiert, was man geplant hat. Dazu kommen kurzfristige Verletzungen und Formschwankungen sowie unterschiedich agierender Gegner und weitere Überraschungen (z.B. spielentscheidende Schiedsrichterpfiffe), die es fast in jedem Spiel gibt, kannst du noch so viel grübeln. Es wird immer anders laufen als du gedacht hast. Nur selten kann man sich als Trainer ein Spiel in Ruhe anschauen, weil man permanent das gesamte Spiel (nicht nur den Ball und die nähere Umgebung) im Blick haben muß.

Diese situative Weitsicht, die ein Trainer auf seine Spieler transportieren möchte läßt sich kaum besser beschreiben, als das der moderne Fussball "vom Kopf in den Fuß gespielt" wird.

Steffen
10.10.2018, 17:23
Immer wieder frage ich mich, inwiefern die "Spieleröffnung" so ein entscheidendes Gewicht hat, daß man Torleute ausschließlich oder hauptsächlich darauf drillt.... und den Rest als völlig nebensächlich abtut...
Torspieler, auch hier steht der Fussballspieler mehr im Fokus, als der Torverhinderer... immer noch fehlt mir, wie viele Spiele der Torwart entscheidet, indem er einen Pass spielt, ein Spiel eröffnet ... und im Vergleich dazu, diese wenigen Prozent, wo der Torwart eben ein Tor verhindern muss...

Beispiel Wochenende - das Spiel geht 1:2 aus, zwei recht unglückliche Gegentore fallen.
Das Eine ist ein Fehler, daß andere eine unglückliche Verteidigung.
Auf der Gegenseite das Gegentor ein Distanzschuss...

Beide Torleute haben keinen einzigen Fehlpass gespielt und auch alle Spieleröffnungen gingen direkt zum eigenen Mitspieler. Keine Spieleröffnung führte zu einem Tor, kein Passspiel leitete eine direkte Torchance ein.
Aber das eine Gegentor war unglücklich, weil ein Heber ins lange Eck aus der Standzone... unglückliches Stellungsspiel, inkorrekte Beinarbeit - darf man gern mal halten
Das andere Gegentor eine nicht geglückte Querpassverteidigung, hinten steht der Spieler lang und schiebt unbedingt ein.
Der Fernschuss schlägt ein, doch der Torwart hat keinen Abdruck - mit Abdruck hält er den Ball... kein Muss Ball, aber ein Kann Ball

Somit entscheiden nicht die offensiven Fähigkeiten, noch das Mitspielen der Torleute dieses Spiel... sondern die defensiven Fertigkeiten...

Modernes Torwartspiel?

twtrainer
11.10.2018, 08:01
Wenn man die Schwerpunkte einer Position ausser acht läßt, dann besteht die Gefahr, dass man falsch trainiert.

Beim "mitspielen" des Torwarts kann es darum gehen, die technischen und taktischen Varianten weiterzuentwickeln.

Aber das ist eigentlich nichts besonderes, weil es für jede andere Position ebenso gelten sollte. Gewicht erlangt es immer dann, wenn die Mannschaft Nachteile durch Defize in einer Position erleidet.

Unsere Traineraufgabe sehe ich darin, den Fussballern möglichst viel Technik zu vermitteln, damit für jede Situation eine gute Lösung auch technisch sauber ausgeführt werden kann.

Allerdings gibt es immer wieder Versuche, einen bestimmten Trend zu verfolgen, wodurch bestimmte Aufgaben überholte Funktionen erlangen. So erinnere ich mich noch gut daran, als es die sehr weiten und präzisen Abwürfe von Manuel Neuer große Bedeutung erlangten. Olli Kahn kommentierte das damals so, dass auch schon früher weite Abwürfe trainiert wurden. Allerdings mit dem Zweck damit Tore erzielen. Doch das sei im Wettkampf nie gelungen. Aufs Mitspielen des Torwart umgemünzt würde das bedeuten, dass das Ziel nicht direkt Tore erzielen, sondern Tore vorbereiten sein kann. Je variabler der Keeper ist, je schwerer ist er für den Gegner auszurechnen und je besser kann er seine Mitspieler in Szene setzen.

Der Fussball sollte m.E. immer als Ganzes gesehen werden. Jeder hat darin eine Position, aus der er heraus seine Aufgaben löst. Je besser er aber auch ein Verständnis für die Nachbar-Positionen von Mitspielern und Gegnern entwickelt, je genialer können seine Ideen für das Spiel sein.

Ich glaube, dass genau hier noch das größte Potenzial liegt, weil dem Fussballspiel immer mehr die Überraschungsmomente fehlen. Es hapert an der Weiterentwicklung, weil aus unzähligen Sicherheitsaspekten heraus streng reglementiert wird, was man in seiner Position tun darf und was nicht! Wenn also ein Torwart zusätzliche Fähigkeiten erlangt, die der Mannschaft (beim Spielaufbau) helfen, dann sehe ich darin Vorteile. Allerdings sollte das Tore verhindern weiterhin seine Schwerpunkt-Aufgabe sein. Denn dann kann der Schuß nach hinten losgehen!

Icewolf
11.10.2018, 20:49
Wenn man die Schwerpunkte einer Position ausser acht läßt, dann besteht die Gefahr, dass man falsch trainiert.Dann schreib bitte nicht, dass man möglichst diverse und ausschweifende Passübungen machen soll.

Allerdings gibt es immer wieder Versuche, einen bestimmten Trend zu verfolgen, wodurch bestimmte Aufgaben überholte Funktionen erlangen. So erinnere ich mich noch gut daran, als es die sehr weiten und präzisen Abwürfe von Manuel Neuer große Bedeutung erlangten. Olli Kahn kommentierte das damals so, dass auch schon früher weite Abwürfe trainiert wurden. Allerdings mit dem Zweck damit Tore erzielen. Doch das sei im Wettkampf nie gelungen. Aufs Mitspielen des Torwart umgemünzt würde das bedeuten, dass das Ziel nicht direkt Tore erzielen, sondern Tore vorbereiten sein kann. Je variabler der Keeper ist, je schwerer ist er für den Gegner auszurechnen und je besser kann er seine Mitspieler in Szene setzen.Ich MUSS einfach sarkastisch werden:
Der Gegner wird sich denken:"OHA! Jetzt kommt der Ball GANZ ANDERS zehn Meter (wenn's gut läuft) hinter Mittellinie runter als vorher! Wir sind sehr überrascht und verunsichert!"

Und dass ein schneller Abwurf oder Abschlag auf eine Seite mit Raum eine gute Konter-Situation einleiten kann, ist doch keine Raketen-Wissenschaft. Und nicht neu.

Der Fussball sollte m.E. immer als Ganzes gesehen werden. Jeder hat darin eine Position, aus der er heraus seine Aufgaben löst. Je besser er aber auch ein Verständnis für die Nachbar-Positionen von Mitspielern und Gegnern entwickelt, je genialer können seine Ideen für das Spiel sein. Du sagst es doch selber: Verständnis
Dafür muss ich doch nicht in jedem Training jede taktische Position einmal einüben.

Ich glaube, dass genau hier noch das größte Potenzial liegt, weil dem Fussballspiel immer mehr die Überraschungsmomente fehlen. Es hapert an der Weiterentwicklung, weil aus unzähligen Sicherheitsaspekten heraus streng reglementiert wird, was man in seiner Position tun darf und was nicht! Wenn also ein Torwart zusätzliche Fähigkeiten erlangt, die der Mannschaft (beim Spielaufbau) helfen, dann sehe ich darin Vorteile. Allerdings sollte das Tore verhindern weiterhin seine Schwerpunkt-Aufgabe sein. Denn dann kann der Schuß nach hinten losgehen!Sorry, aber Du relativierst komplett Deine von Dir hier dargelegte Grundhaltung.
Und auch hier wieder eine absichtliche Übertreibung, und zum 367. Mal Rückkehr zum eigentlichen Thema:
Wenn der Keeper n Okocha kann oder n Seitfallzieher und das im falschen Moment meint einsetzen zu können "als Bereicherung der mannschaftstaktischen Leistung" und dabei versagt, hast Du mit großer Sicherheit die Murmel im eigenen Netz als im anderen.

twtrainer
12.10.2018, 11:09
Ich stehe nach wie vor zu einem varianten und abwechselungrreichen Training. Dazu gehört auch die Ballverarbeitung und Passübungen. Der Torwart sollte für jede denkbare Situation des Spiel im Trainng gute Lösungen erarbeitet haben.

Nur Ballbatterien aus unterschiedlichen Distanzen aufs Tor zu ballern, fordert und fördert den Torwart nicht ausreichend. Denn es ist ein Zermürbungstraining, bei dem erst dann Schluß ist, wenn der Keeper auf allen Vieren vom Platz kriecht.
Wenn du was anderes meinst, dann schreibe es bitte!

Icewolf
12.10.2018, 19:30
Ich stehe nach wie vor zu einem varianten und abwechselungrreichen Training. Dazu gehört auch die Ballverarbeitung und Passübungen. Der Torwart sollte für jede denkbare Situation des Spiel im Trainng gute Lösungen erarbeitet haben. Gar keine Frage, dass Training variantenreich und abwechslungsreich sein soll. Und jedes Training in jedem Sport dient dazu, sich bestmöglich auf den Wettkampf vorzubereiten (Wenn das nicht sogar die Definition von Training ist). Sonst wäre es Bolzen im Park, oder so. Das ist überhaupt nicht der Diskussionspunkt.

Nur Ballbatterien aus unterschiedlichen Distanzen aufs Tor zu ballern, fordert und fördert den Torwart nicht ausreichend. Denn es ist ein Zermürbungstraining, bei dem erst dann Schluß ist, wenn der Keeper auf allen Vieren vom Platz kriecht.
Wenn du was anderes meinst, dann schreibe es bitte!Keine Ahnung, welches Trauma Du hast.
Ich habe irgendwann weiter oben geschrieben, dass ich mir ausdrücklich NICHT das 80er Training zurück wünsche. (Mal schön bei den Fakten bleiben.)
In irgendeiner Form - und die darf auch kreativ mit Gänseblümchen sein - brauchst Du Wiederholungen von Grundbewegungen ZWINGEND. Nicht durchgängig oder ausschließlich, aber Du brauchst sie.
Und in meinem Dafürhalten ist es da etwas wie mit Kleinkindern: Abwechslung muss gar nicht sein. Im Gegenteil.
Und denk immer daran, dass der Ausgangspunkt Erwachsene sind, sagen wir mal, Spieler 22 aufwärts.

Ich kann nur sagen, dass ich mich immer gut gefühlt habe, wenn ich gespürt habe, dass eine bekannte Übung gut lief, weil ich wusste worauf es ankommt. Wenn sich alles richtig anfühlt: Ballkontakt, Auftaktbewegung, Landung, Dynamik.
Wenn es mal ein Problem oder eine Verletzung gab, hatte ich einen Maßstab, was alles schon wieder geht. Und ob es gut ist.

Das was Steffen beschreibt "ahh, der war auch schwer, den kannste mal kassieren", diese komische Entschuldigungshaltung, gepaart damit, dass nicht genug Fokus und Arbeit und Fleiß in Grundlagen gesteckt wird, sorgt dafür, dass Keeper nicht mehr so im Fokus stehen und sportlich auch nicht mehr den Stellewert haben, wie noch vor 10, 15 Jahren.
Wo es dann auch mal hieß, "da reicht es nicht, den Ball einfach aufs Tor zu bringen". Weil das alles sicher gehalten worden ist.

twtrainer
15.10.2018, 10:10
@icewolf

Ich denke, ich habe dich jetzt verstanden. Da liegen wir in unseren Ansichten gar nicht so weit auseinander.

Beim Training nach dem Wettkampf geht es auch darum, an den im Spiel entdeckten Defiziten zu arbeiten. Hierbei ist es eine wichtige Voraussetzung, dass der TW-Trainer die Wettkampfsituation zunächst spielnah im gesamten Bewegungsablauf für den Torwart rekonstruiert. Danach wird das fehlerhafte Detail selektiert und mit geeigneten Übungen/Spielformen trainiert. Bei den Übungen ist der Wiederholungsfaktor relevant, damit der Keeper selbst zwischen vorher (fehlerhaft) und nachher (fehlerfrei) wahrnehmen und als Erfahrung speichern kann.

Für den TW-Trainer bedeutet das, dass er technisch in der Lage sein muß, den Torabschluß so präzise und mit dem gewünschten Balldruck technisch auszuführen, dass er dabei den gesamten Bewegungsablauf des Keepers beobachten kann. Ist die Streuung beim Schuß zu groß, so erkennt der Keeper jeweils eine andere Situation, weshalb der gewünschte Lerneffekt nicht errreicht wird.

Genau das Fehlen dieser technischen Fähigkeiten mit dem Ball am Fuß habe ich bei den "traditionellen" Torwarttrainern angeprangert. So sieht man bei Roman Bürki (nach dem Wechsel des TW-Trainers) erste hoffnungsvolle Ansätze in den Bereichen, wo bislang seine Schwächen lagen.

Wenn ein Torwarttrainer ganz einfach nach Plan sein wöchentliches Torwarttraining "abzieht", ohne dabei die Leistungsoptimierung gezielt einzusetzen, dann wird ein Torwart nur wenig davon profitieren. Denn Wiederholungen sind dort zwingend erforderlich, wo man für die Mannschaft auf der Torwartposition am meisten erreichen kann.

Die Torwartaus- und fortbildung ist mittlerweile ein sehr breites Feld geworden, sodass man leicht einmal aneinander vorbeireden kann. Danke deshalb für den Mut und die Geduld, dein Gedanken nochmals darzulegen.

Steffen
15.10.2018, 10:43
Das was Steffen beschreibt "ahh, der war auch schwer, den kannste mal kassieren", diese komische Entschuldigungshaltung, gepaart damit, dass nicht genug Fokus und Arbeit und Fleiß in Grundlagen gesteckt wird, sorgt dafür, dass Keeper nicht mehr so im Fokus stehen und sportlich auch nicht mehr den Stellewert haben, wie noch vor 10, 15 Jahren.

Du ich würde nicht mal sagen, daß der Stellenwert nicht da ist... aber wie soll denn der Stellenwert gehoben werden, wenn ein Torwart nicht auf sich aufmerksam macht, insbesondere mit Dingen, die meiner Meinung nach (also, wirklich meine Meinung - aber hey, wer bin ich schon) spielentscheidender sind?
Schau, für fussballerische Sachen, und darum geht es ja beim "modernen Torwartspiel" wäre ja überspitzt ein Feldspieler im Tor, der mal einen Ball fangen kann, die optimale Lösung. Beifüssig, Spielerfahren, mit Auge und so...
Stellen wir einen Messi hinten rein, denn ohne Frage: Der Mann kann Fussball spielen und ist nicht umsonst immer ganz vorn dabei, wenn es um Fussball spielen geht. Er hat das auge, er hat die Passqualität... warum stellen wir nicht so jemand da hinten rein?

Ganz einfach, mir fehlt immer noch der Beweis und Beleg, seit dem dieses "Torspieler Konzept" mit Studie durch den WFV vorgestellt und salonfahig gemacht worden ist, daß eben dieses Fussballspiel wirklich Spiele entscheidet!

Ganz sicher, niemand will zurück in die 80er Jahre, schon allein weil die Frisuren furchtbar waren :D - aber das Problem ist sicherlich auch die Trainingslehre und die Trainingsinhalte. Letzteres hat sich gebessert, aber immer noch gibt es meiner Meinung nach zu viele Defizite und viele Tw Trainer meinen jetzt, sie müßten (!!) das Torwartspiel neu erfinden oder den ganz großen Wurf leisten. Jeder wll jetzt Torspieler 2.0 befinden.
Dabei geht es darum meiner Meinung (also, wirklich meine Meinung - aber hey, wer bin ich schon) nicht. Klar, hinter der Kette sollte mein Torwart etwas fussball spielen können. So ein Flugball auf einen links Aussen oder rechts aussen sollte nicht schwer sein, ein guter Befreiungsschlag und dann auch Pässe Innenseite und Span sollte der Torwart spielen können... wenn es geht, gern beidfüssig. Bissi Auge für den freien Mann sollte auch da sein, aber das bekomt der Keeper insbesondere, wenn er eingespielt ist mit dem Team und er regelmäßig spielt, sonst spielt er Spieler an, die dann erst einmal ein 1gg1 gegen sich haben, anstelle selbst mit einem Pass etwas bewirken können...
Aber Spiele werden nicht damit gewonnen, sondern Spiele werden gewonnen, weil der Torwart einfach Dinge hält. Der dreht in der 90. Minute einen Schuss aus 16 Metern noch um den Pfosten oder kratzt mal einen Freistoß aus 22 Metern aus dem Kreuzeck... Doch just diese geschilderten Situationen, sie kommen vor, und die Torleute von heute - viele halten das nicht mehr. Einige der 90er Torleute, egal ob Illgner, Köpke, Hildebrand (wobei der ja schon fast zu jung ist ;) ) haben über solche Tore gelacht und hätten die Dinger locker von der Linie gekratzt, ja sogar fest gehalten.
Aber man spricht nicht darüber. Daher diese von Dir so schön genannte "Entschuldigungshaltung" - das es aber auch schwer war... Sicher, es ist nicht leicht, doch Torleute sind die letzte Instanz und genießen daher das Sonderrecht, eben die Hände benutzen zu dürfen, was dann in der Entwicklung von Torverteidigungstechniken endete, die eben forciert die Hände in den Fokus gesetzt haben und letztendlich es auch heute noch tun.
Aber schaut man sich das heute an, egal ob in der Jugend, oder aber bei den Aktiven: Das ist nicht mehr so!
Die Zielverteidigung liegt nicht mehr im Fokus, weil jeder meint, über 60% mit dem hin und her spielen von Bällen den Torwart beschäftigen zu müssen. Ich hatte das schon mal ausgerechnet, wenn man Pech hat, beschäftigt sich der Torwart in einer Trainingswoche bei einigen Trainern nur noch rund 15 Minuten mit Techniken der Zielverteidigung... Wie bitte soll er da in den Spielen das dann können?

Aber Ice, daß ist etwas, was meine Meinung (also, wirklich meine Meinung - aber hey, wer bin ich schon) darstellt... und ich für meinen Teil behaupte auch: Ein Torwart der weniger Fussball spielen kann, wird in einer guten Spielklasse, ruhig auch Landesliga dann wirklich Spiele entscheiden und auch helfen zu gewinnen, wenn er in der Raumverteidigung, Zielverteidigung und im 1gg1 einfach richtig gut ist. Dann wird auch das Fussball spielen. selbst das von vielen so gern angeführte "Gemurkse" von Oliver Kahn absolut nebensächlich sein... und dann hat der torwart auch wieder einen Stellenwert...

twtrainer
15.10.2018, 13:43
Auch, wenn ich Steffen in weiten Teilen recht gebe.

Die damaligen Torwartleistungen mit denen der heutigen Keeper zu vergleichen ist nicht ganz fair. Tempo war nicht ganz so hoch und die Standards nicht ganz so gut vorgetragen. Der Schwerpunkt des Trainings lag damals weitaus mehr auf die Entwicklung der Sprungkraft, als auf das Stellungsspiel. Trotzdem wurde auch damals genug "durchgelassen".

Wenn ein Keeper in einer Aktion ca. 5 - 6 Meter Distanz zurück legen muß, ein paar mal 20 - 25 m Sprint zum Ablaufen von Flanken zurück legt, dann reichen ca. 20 cm Körperlänge oder 40 cm Sprungkraft mehr allein nicht mehr aus, wei auch Jörg Daniel einmal erwähnte. Um der Mannschaft zu helfen, braucht es Handlungsschnelligkeit, die sich nicht mehr allein auf den finalen Erfolg beim Hechtsprung bezog. Irgendwann wurde der Begriff: "wer viel hechtet, der steht meist falsch" geprägt. Man versuchte bereits dort Stellung zu beziehen, wohin der Ball gespielt werden würde, statt erst dorthin unterwegs zu sein. War eine Aktion nicht erfolgreich, so hieß es pauschal: "der war noch nicht fertig" (gemeint war meist, dass der Keeper weder Gleichgewicht noch Körperspannung in seiner Aktion hatte).

Ich denke man kann den Theoretikern des Fussballs nicht vorwerfen, dass sie permanent nur Unsinn produziert hätten. Vielleicht wäre ein wenig mehr Demut angebracht gewesen. Denn wir wissen fast nichts über den Fussball und glauben deshalb allzugern an nicht hinterfragten Aussagen über den Fussball.

So fände ich es gut, auch die Rahmenbedingungen zur Ausbildung und Entwicklung der Torhüter ins Kalkül zu ziehen, statt sich allein auf das zu beziehen, was wir im Seniorenfussball als "traditionellen" oder "modernen" Torwart bezeichnen würden?

Hier stoßen wir bereits auf ein Problem bei der Positionsfixierung. Denn die entscheidet zuallermeist der Trainer, nicht der Spieler! Bei seiner Entscheidung handelt es sich vielfach um "Mulittalente", die auf jeder Position bessere Leistungen erzielen als ihre Kollegen. Statt Tore zu verhindern entscheiden sich die meisten Trainer dafür Tore zu erzielen.

Erst später, wenn die Teams homogener werden, kann es mal vorkommen, dass ein Talent die Chance bekommt, ins Tor zu wechseln. Doch auch dann meistens auf der Basis dessen, dass er auf dem Feld nicht mehr mit seinen Kollegen mithalten kann. Weil ihm danach weitere Praxis auf dem Feld fehlt, werden die Leistungsunterschiede schließlich immer größer, bis er im Seniorenbereich angelangt ist. Denn seine Trainngsinhalte sehen nunmehr deutlich anders aus.

Ich kenne vermutlich die Vision des Torspielers 2.0 zu wenig? Aber ein Gegentor zu kassieren, weil man es keine gute Spieleröffnung technisch ausführen kann, deshalb ein Tor kassiert, kann ja auch mal ein Spiel entscheiden.

Um Aussagen über Gegenwart und Perspektiven für die Zukunft zu treffen, lohnt fast immer ein Rückblick auf die Ausbildung von Torleuten. In der Nachwuchsförderung beobachtet man sehr häufig "multifunktionale" Talente, die im Fussball in allen Positionen ihren Mitspielern deutlich überlegen sind.

Aber so ein Multitalten spielt selten im Tor. Selbst wenn er es wollte, entscheiden seine Trainer darüber, wo er für die Mannschaft "wertvoller" ist. Da macht es doch mehr Spaß sein Team Tore schießen zu sehen als Tore zu verhindern. Auch später ist die Wertigkeit beim Angreifer höher als in der Defensive.

Wie soll man einen Beleg dafür liefern, dass so ein Multitalent auch auf der Torwartpostion bessere Leistungen als seine Kollegen, wenn das Multitalent nicht im Tor spielt bzw. dort nicht einmal spielen darf?

Icewolf
22.10.2018, 19:38
Wenn es danach ginge, dürfte man ja die gesamte Sportart nicht mehr vergleichen.


Sich weiterzuentwickeln ist nicht verboten.
Was aber verboten ist, ist vor lauter Innovations-Wut, wesentliche Dinge zu vernachlässigen. Und das ist passiert.
Man darf schon sagen, dass früher Fußballspieler andere Qualitäten hatten, die auch in der heutigen Zeit sinnvoll und brauchbar wären.
Ähnliche Diskussion gibt es ja mit den "Typen".

Wieder bist Du bei der Ausbildung und Entwicklung.
Es geht meines Erachtens um die langfristige Gewichtung des Trainings von Erwachsenen.

twtrainer
23.10.2018, 11:23
@Icewolf

Wenn es um Vergleichbarkeit von Leistungen geht, dann steht gerade ein interessanter Beitrag eines Prof. aus München hier drin. Er gelangt zur Erkenntnis, dass wir sehr viel mehr gern vergleichen möchten, obwohl es dazu wenig Möglichkeiten gibt. Selbst in seiner Skala der Leistungsbwertung vermag er den Eindruck subjektiver (statt objektiver) Beurteilung nicht auszuräumen.

Ich hoffe dich trotzdem einigermaßen verstanden zu haben, dass du die Gefahr in jeder neuen Entwicklungsphase sieht, den "Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen"! Ja, genau diese Gefahr sehe ich auch! In der Theorie mag manches vorteilhaft sein, was in der Praxis jedoch nicht den gewünschten Effekt hat. Weil man seine Zeit aber auch nicht doppelt verplanen kann, bleibt dabei immer etwas auf der Strecke.

Man kann sogar eine "wellenartige" Überbewertung bestimmter Faktoren, die erfolgsversprechend sein sollen, darin erkennen. Gerade der Fussball zeichnet sich dadurch aus, als das von Erkenntnissen gesprochen wird, die gar nicht hinterfragt einfach so übernommen werden. Unsere Medien sind voll von solchen Aussagen, in der es darum geht, reinen Zufällen einen Ordnungsfaktor beizumessen.

Wer dazu mehr wissen möchte, dem kann ich die Erkenntnisse von Roland Loy ans Herz legen. Er hat zusammen mit Studenten über 3000 Spiele analysiert und sehr häufig verwendete Aussagen widerlegen können.

Im Moment habe ich das Gefühl, dass sich die Bundesligisten und der DFB sehr intensiv mit dem "Erfolgstyp" auseinander setzen? Sie glauben, es würden sich zu viele "Weicheier" hochspülen, weil man es scheinbar viel leichter auf dem Weg des geringsten Widerstands eines Schleimers schaffen kann, als ein Typ, der seine Ecken und Kanten zeigt!

Mit deinem letzten Satz: "Es geht meines Erachtens um die langfristige Gewichtung des Trainings von Erwachsenen" nicht so richtig was anfangen? Soll man gar nichts im Senioren-TW-Training verändern, nur einen kleinen Teil anpassen? Soll man das machen, was die Keeper erwarten oder das machen, was man von den Keepern erwartet? Siehst du die Entwicklung von Senioren-Keeper vom Start in den Vereinsfussball bis zum Austritt aus der aktiven Karriere oder ist für dich nur der Teil vom Wechsel in den Seniorenbereich wichtig?

Wie hast du das gemeint?

Icewolf
05.11.2018, 20:06
Ich habe gemeint, dass es eine vernünftigere Gewichtung der Trainingsinhalte gibt.
Und diese Gewichtung sollte weniger Traumpässe und System-Dogmen enthalten, sondern sich ruhig auch mal mit "Ball halten, festhalten, wenn's geht" befassen.
Oder mit "auch ma 7, 8 oder 9 Meter vor der Bude die Flanke holen."

Man sollte das tun, was torwartspezifisch wesentlich ist.
Und sich angemessen weniger im "Kann"-, "Sollte"- und "Könnte"-Bereich bewegen.

twtrainer
06.11.2018, 07:49
@Icewolf

Über Gewichtung läßt sich reden.

In der Theorie sollten die Inhalte des TW-Training prozentual an der Häufigkeit des Vorkommens im Spiel orientiert sein. Wenn also ca. 9 % aller Toraktionen aus einer Zielverteidigung bestehen, dann sollte theoretisch 9 % des Trainings aus Zielverteidigungsaktionen bestehen. Wenn der Keeper ca. 30 % mitspielen muß, dann sollte das in dieser Relation im Training geübt werden.

Soweit die Theorie. In der Praxis nimmt aber ein typisches TW-Training in der Zielverteidigung ca. 70 % ein. Das hat mehrere Gründe. Einmal läßt sich die Zielverteidigung für einen TW-Trainer noch am ehesten in einem isolierten TW-Training realisieren. Zum anderen erscheinen Gegentore, bei denen die Zielverteidigung nicht funktioniert hat, für den Chefcoach (der zumeist nur über Grundkenntnisse über die Torwartausbidlung verfügt) scheinbar am ehesten zu verbessern sind.

So eine Konstellation gab es beim BVB bis zum TW-Trainer-Wechsel mal. Aktuell entspricht dies noch am ehesten bei Fortuna Düsseldorf. Wobei ich nun wirklich nicht Rensing allein die Niederlagen ankreiden möchte. Aber man erkennt, dass er sich deshalb hin und wieder falsch entscheidet (was zu Stellungsfehlern führt), weil Trainingsinhalte unzureichend trainiert werden.

Vereinfacht gesagt: erst dann, wenn ich das Ziel des Balles kenne, ist es eine Zielverteidung. Davor ist es eine Raumverteidigung. Das haben scheinbar andere Torwarttrainer in de Bundesliga besser verstanden.

Übrigens höre ich deine Kritik, es würde zu viel unterschiedliches mit den Keepern gemacht und man müsse den Torwart auch mal Torwart sein lassen, in der letzten Zeit öfter. Da möchte ich teilweise sogar recht geben. Denn machte Trainingsplätze sehen aus wie die Aachener Soers, vollbepackt mit Trainingsmaterial, was nicht unbedingt immer für den Torwart den Blick für das Wesentliche schärft. Da bin ich dann schon eher ein Fan kleiner, homogener Torwart-Trainngsgruppen. Hier wird meist spielnah trainiert. Jeder bekommt eine Aufgabe, in die er permanent Einscheidungen trifft und an deren Ergebnis er in der technischen Ausführung er sofort ein Feedback von seinen Kollegen bekommt. Auch für den TW-Trainer stellt dies eine erhöhte Herausforderung da. Denn statt in seinem TW-Trainingsplan Übungen abzuhaken, kann er hier lediglich einen "roten Faden" verwenden, damit genug Zeit bleibt an Details zu arbeiten. So ähnlich arbeitet man nach dem TW-Trainerwechsel beim BVB. Ich denke mal, dass auch Bürki davon profitiert hat und sich aktuell Verdienste als sicheren Rückhalt seiner Mannschaft erworben hat.

Dogmen, egal welche, verstellen den Blick auf die Realtität! Es besteht die Gefahr, dass nicht nur der Keeper spekulativ in die Übungen geht, sondern auch sein Trainer, weil ihm nur die Möglichkeiten seiner bisherigen Hintergrundkenntnisse bei der Korrekturarbeit zur Verfügung stehen. Es ist auch als TW-Trainer wichtig, regelmäßig mit der nötigen Distanz die Effektivität seiner Arbeit zu reflektieren. Doch hier betreten wir Neuland, weil die Beurteiler dieser Trainer in den Vereinen die Arbeit des TW-Trainers nicht wirklich beurteilen können. In den allermeisten Fällen genießen sie hohes Ansehen, weshalb sie über viele Jahre im selben Verein tätig sind.

Wie "dünn" die Kompetenz des DFB hier ist zeigt sich allein in der Tatsache, dass man sich bis heute nicht zu ein paar einfachen Selektionsmerkmalen für die Torwartleistung einigen konnte.

Die Diskussion darüber kann helfen, überhaupt einmal auf einige Standards in der Beurteilung von Torwartleistungen und damit indirekt auch auf die Leistungen ihrer Torwarttrainer zu kommen. Solange das nicht der Fall ist, ist jeder Torwartfehler ein Fehler des Torwarts, nicht seines Trainerteams. Da macht man sich schon eher Gedanken darüber, ob ein Teammitglied 5 Minuten zu spät zur Mannschaftsbesprechung kommt, weil allein davon der Sieg abhängt. Typisch Deutsch oder!

twtrainer
27.11.2018, 13:07
Nachtrag!

https://www.youtube.com/watch?v=af6nDyA2uAs

motörmatze
27.11.2018, 16:10
Da sind a paar geile Sachen dabei :D
Und das geilste: das sind PROFIS, keine B-Klassen Amateure. Und dennoch sind wir nach solchen Kracken alle gleich arm dran... der Profi findet sich halt nur öfters auf youtube wieder und bleibt damit weniger vergessen :confused:

twtrainer
28.11.2018, 09:22
@motörmatze

Ich hatte das Video anfangs nur deshalb reinstellen wollen, weil da viele "Fehler mit dem Fuß" drin sind. Weil Bilder mehr als Tausend Worte sagen, wäre es einfach gewesen darauf aufmerksam zu machen, dass da noch ein bißchen mehr an Können vorhanden sein muß als das, was so traditionell vermutet wird!

Man macht zwar viel mit den Torleuten für die 10 - 15 gefährlichen Wettbewerbsaktionen. Aber ich mußte im weiteren Verlauf der Clips feststellen, dass selbst bei einem Profi überhaupt gar nichts so trainiert werden kann, dass da im Spiel keine richtig dicken Böcke passieren können.

Vielleicht ist es aber eine gute Idee, seinem Chefcoach dieses Video zu zeigen, wenn mal wieder das Thema "Torwartfehler" auf der Tagesordnung steht? Allerdings sollte es dann noch um ein weiteres Video, auf dem die kapitalen Böcke der Feldspieler-Profis zu sehen ist.

Kennt da jemand vielleicht sowas?

Fliegenfaenger
07.01.2019, 17:39
nummer 17, 9 und 4 riechen stark nach schiebung, vor allem die 17 :D

twtrainer
08.01.2019, 14:14
Letzte Zweifel, ob Absicht als Ursache infrage kommt, wird man nie ausräumen können? Gerade, wenn es im Profi-Fussball häufig um sehr viel Geld geht, der ja bekanntlich den Charakter verdirbt.

Doch in der Menge dieser Videoclips wird man nicht umhin kommen, dass selbst Berufsfussballer keine Roboter sind, die zuverlässig Woche für Woche ihre Leistungen abspulen, sondern hin und wieder auch zu Fehlern fähig sind, die selbst in den untersten Ligen für Gelächter der einen und zu wutentbrannten Reaktionen der anderen sorgen können.

Aber so ist Fussball!

Man mag sogar auf den ersten Blick denken, es wäre in der Masse die "Fußfehler" der Torleute, die zu den Patzern führen. Allerdings sollte es derlei kapitale Fußfehler sehr viel häufiger bei den Feldspielern geben. Nur führen die dann meist nicht sofort zum Gegentor, weshalb man es ihnen eher vergibt als einem Torwart.

Neuere psychologische Forschung will sich über das Entscheidungsverhalten dem Phänom auf die Spur kommen, warum es neben den vielen schnellen und richtigen Entscheidungen immer wieder zu mal falschen Entscheidungen kommt. Hierbei reicht häufig schon kurzzeitige Unentschlossenheit im Handeln, um dem Gegner einen entscheidenen Vorteil zu gewähren.

In unserem Thema gehts ja im Kern darum, ob durch traditionelle Wiederholung und Automatisierung eine Torwart-Kernkompetenz aller wichtigen Situationen hergestellt werden kann oder ob eine besonders große Vielfalt an möglichen spielnahen Situationen die Leistung besser schult?

Es ist wohl eher die Kunst des Torwarts, in kürzestmöglicher Zeit auf Basis unvollständiger Informationen mutmaßliche Folgerungen zu ziehen, um darin eine optimale Lösung zu erzielen.

Dem Betrachter hingegen genügt es, allein das Ergebnis zu beurteilen. Wir kennen dazu Kommentare wie: "... glänzende Abwehr ... oder aber ... da sehr er aber nicht gut aus"! Beides soll das Verhalten beschreiben, kann es aber nicht annähernd beschreiben.

Man gelangt unweigerlich zur Erkenntnis, dass wir noch sehr wenig vom Fußball verstehen und uns über Versuch und Irrtum. Die Video-Clips sind beste Beispiele dafür, wie schnell man einem Irrtum unterlegen sein kann.

Deshalb habe ich auch keine kleine Bitte für die anregenden Diskussionen im neuen Jahr! Wenn wir uns mit ein wenig mehr Respekt begegnen, weil sich jeder mal irren kann und darf, dann kann jeder mehr für sich mitnehmen. Ansonsten sind die Themen sehr schnell "totdiskutiert"!