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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Libero oder Torwart

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Sherlock Holmes war damals seiner Zeit voraus. Er betrachete Kriminalfälle nicht aufgrund Theorien, sondern aufgrund der Sachlage. Anstelle sich eine Art Geschichte auszudenken, wie was gewesen sein könnte und anhand dieser Theorie zu ermitteln, legte er sich aufgrund Tatsachen etwas zurecht. Er bestimmte mit wissenschaftlicher Methodik aufgrund Indizien Dinge, die andere übersahen. Eine Schrift an der Wand gab Ihm, die Größe des Schreibers an, Spuren im Matsch geben aufschlüsse über die Verhältnisse.
Sir Conan Doyles Detektiv ist zur viktorianischen Zeit kein Held, sondern ein AntiHeld, der Verbrecher nicht fasst, weil er rauher, grober und verbissener ist, sondern weil er schlicht intelligenter und methodischer ist. die Zeit geprägt vom Umbruch ist Zeit der Vorurteile und Dogmen, die im englischen London insbesondere in den Medien der Presse ausgewalzt werden. Es sind keine Zeitungen, wie wir das kennen, oft sind es bloß zwei bis vierseitige Blätter, lediglich morgens sind die Ausgaben dicker, werden dafür um sogenannte ExtraBlätter zu brisanten Themen verstärkt, die über Strassenjungen für ein paar Pence verteilt werden.
Es ist die Zeit der Industrialisierung, die ersten Eisenbahnen rauschen durch die Ländereien und die ersten Dampfschiffe überqueren in einem Drittel der Zeit der Segelschiffe den Ozean. Es ist die Schwelle zum 20. Jahrhundert, eine Zeit des industriellen und gesellschaftlichen Wandels.
Scottland Yard war damals zwar fortschrittlich, hinkte aber immer noch der wissenschaftlichen Betrachtung hinter her, auch wenn Berater des Yard diese Methoden mehr und mehr in den Vordergrund rückten.
Doyle erschuff mit dem Detektiv den ersten Ermittler, der ausschließlich diese Methode anwandte - und vehement verteidigte und weil seine Fälle sich auch am damaligen Zeitgeschehen, ja sogar teilweise an aktuellen Kriminalfällen anlehnte, wirkten diese so real, daß man Sherlock Holmes sogar eine Wohnung gab und dort heute ein Museum ist - real aber die Person NIE existierte, wenn auch ihre Methoden und Vorgehen heute Standard aller Polizeiarbeit sind.
Sherlock Holmes legte sich keine Theorie zurecht und ermittelte dann passend zur Theorie, sondern legte die Fakten und Beweise wie ein Puzzle zurecht und versuchte die Lücken zu einem Gesamtbild zu verbinden an dessen Ende nicht der Täter allein stand, sondern oft auch die Hintergründe der Tat.
Dabei gibt Doyle dem Leser auch immer alle Indizien mit, nur oft kann der Leser nicht die Nachforschungen anstellen wie Holmes es tut. Als Beispiel wird erwähnt, daß ein Naturforscher einst Schullehrer war - der Leser kann darauf das Indiz der Vergangenheit ableiten, aber er erfährt erst am Ende, daß aufgrund dieses Indizes Sherlock Holmes seine Identität ausfindig und daher noch andere Indizien zur Person ermitteln konnte.
Holmes setzt daher diese Indizien zusammen und gewinnt daher ein Bild des Tathergangs, möglicher Zeugen und dann der Verdächtigen und vereint auf diese dann die Indizien - die dann den Täter zur Strecke bringen.
Sein einziges Dogma ist das Festhalten an den Indizien, alles andere fügt sich nach und nach, wobei bestimmte Teile immer wieder einen Platz wechsel und an anderer Stelle nicht nur eine andere Bedeutung, sondern sogar eine Wendung im Fall auslösen.

Wenden wir uns daher den Indizien des Torwartspiels zu und schauen, wohin diese uns bringen.
Klar kann auch Oli Kahn kicken. Jens Lehmann hat auf der Mittelfeld Aussenposition in einem Benefizspiel Deutschland Italien gespielt, Oli Kahn hat dem Spiel abgesagt wegen Hüftproblemen, daher hat dann Oliver Reck im Tor gespielt.
Roman Weidenfeller kann auch kicken und weil es gerade in die Diskussion passt: Joe Hart kann auch kicken.

Warum führe ich das an?

Ganz einfach: Derzeit wird diskutiert, ob Joe Hart nicht durch Guardiola entmachtet, nach Dortmund wechselt und dort anstelle Bürki spielt.
Wie past Joe Hart in eine Mannschaft wie dortmund? Eine berechtige Frage, doch damit geben wir uns der Theorie hin, also der Spekulation - diese ist nicht zielführend.
Haben wir überhaupt Indizien für einen Wechsel ins Ruhrgebiet?
Angeführt wird dann gern, daß Joe Hart ja gar nicht ins System passt, weil er kein Fussballer sei...

Das ist der Punkt, den ich aufgreifen möchte: Joe Hart kein Fussballer? Ja, was isser den dann? Klar wird dann angeführt, daß er der Torwart im klassischen System sei und eben nicht so mitspielt oder mitspielen kann... dauert nicht lange, so fällt der Begriff Manuel Neuer...
Das treibt mir sofort wieder die Röte ins Gesicht und man möchte seinen Gegenüber den Popo versohlen.
Oft frage ich mich, was Manuel Neuer immer damit zu tun hat ob und wer spielt... Manuel Neuer ist kein Ausnahmefuss(!!)baller und kann sicherlich nicht mit Fussballgrößen wie Messi, Ronaldo oder auch einem Schweinsteiger mithalten - er ist nun mal Torwart. Glaubt den wer allen ernstes, daß Neuer wirklich so eine Granate im Feld ist, daß er Khedira oder Schweinsteiger das Fürchten lehren würde? Das ist er bestimmt nicht.
Warum wird er dann immer und immer wieder angeführt?
Weil die Leute, die es anführen oft keine Ahnung haben und daher Ihn anführen, weil Ihnen nicht auffällt, was Neuer so aussergewöhnlich und so wertvoll - vor allem als Torwart macht.

Schauen wir mal in die Ära vor Neuer zurück. Damals sprach keiner von Neuer, sondern der Schalker Bub war hinter dem DFB Dauerauswahltorwart Rene Adler nur Nummer 1B, wenn nicht sogar nur 1C
Nuer hatte Potential, ja, aber im Fokus stand er nicht. Um aber zu verstehen, warum man sich dann doch für Neuer entschieden hat muss man noch weiter zurück gehen, in das Duell der Titanen. Kahn gegen Lehmann.
Konkurrenz, nicht nur im Tor und auf dem Platz, sondern auch menschlich nicht einfach.
Kahn, der titan... der Mann der im Eins gegen Eins seine Gegner reihenweise förmlich auffraß, der auf der Lnie den Unhaltbaren doch noch um den Pfosten drehte und damit Stürmer in eine Selbstkrise nach der anderen stürzte.
Lehmann hingegen war der König der Lüfte, seine Strafraumbeherrschung war angelehnt an Timo Hildebrand, aber bei weitem fortschrittlicher. Er spielte hinter der Kette sauberen Fuss-Ball, spielte eine schnelle Spieleröffnung und versuchte, möglichst die Situation zu klären, bevor der Gegner zum Abschluss gekommen war.
Es waren daher zwei völlig unterschiedliche Tw Typen die hier um die Krone konkurrierten und die Entscheidung fiel schnell - Lehmann würde unter dem neuen Bundestrainer spielen. Die Ära des Titan war zu Ende und als Vizekönig durfte er nicht auf, sondern nur neben dem Thron Platz nehmen.
Schnell stellt sich die Frage, ob es damals in Ordnung war. Doch hier muss man sagen: Es ist einfach eine logische Anpassung an das Spielsystem. Klinsmann war die Spieleröffnung, also der Vorwärtsfussball wichtiger, als die Torverhinderung. Torverhinderung war wichtig klar, aber er wollte mit schnellen Vorstößen die Entscheidung in der Offensive suchen, nicht im defensiven Verhalten eine Niederlage blockieren.
Waren die Deutschen früher mit Kahn einfach in der Lage eine Null zu halten und vorn dann auf Glück zu hoffen, spielten die Deutschen jetzt einen Angriffsfussball, den einige britische Magazine als Neuentdeckung des "Blitzkriegs" feierten. Und so war es auch, die schnelle Spieleröffnung und die Geschwindigkeit mit der in die Offensive agiert wurde, führte zu Flüchtigkeitsfehlern die dann Chancen und Tore ermöglichten. Großer Meister dieses Konzeptes war jedoch nicht Klinsmann, auch nicht Jogi Löw, sondern Jürgen Klopp.
Seine Mannschaft schalte nicht nur rascher um als alle anderen, sondern auf der Höher der Macht, waren die Dortmunder nach Ballgewinn in der Lage mit wenigen Ballkontakten und damit dem effektivsten Spiel der Liga schlicht den Gegner mit schnellen Stichen zu erlegen. Das Tempo der Dortmunder war zu dieser Zeit einfach grandios.
Just in dieser Zeit gewann ein Manuel Neuer mehr und mehr Bedeutung, denn er war ein Torwart, der die Spieleröffnung wie kaum ein anderer forcieren konnte. Seine weiten und präzisen, dabei schnellen Abwürfe wurden gefeiert und seine Ausflüge vor den Strafraum gelten als legendär.
Sweeper Keeper wurde er genant und trotzdem: Dortmund wurde Meister, und der in den Derbies geprüfte Manuel Neuer wechselte an die Isar... doch auch dieser Transfer konnte die erneute Meisterschaft der Dortmunder unter Klopp eine Saison später nicht verhindern.
Sweeper Keeper Neuer stand sich in diesen Duellen immer einem klassischen Torwart namens Roman Weidenfeller gegenüber.
Kritiker machten immer wieder klar, daß der Fussballerisch überlegene Neuer nie eine Konkurrenz in Weidenfeller hatte, trotzdem entscheid Dortmund mehr Spiele für sich als Bayern - und wurde erneut Meister.

Jetzt ist die Frage, was das mit den Torleuten zu tun hat und wir können denke ich es doch deutlicher erkennen.... Der Torwart hat und hatte gar nicht den großen Einfluss auf das Spiel, wie viele gern sahen. Zwar wurde später im Spiel Deutschland Alabanien zur WM klar, warum Neuer einzigartig war und warum der Begriff Sweeper Keeper so richtig war... aber das der Torwart dabei einfach der einzige und wichtige Ausschlag war... ich wage es zu bezweifeln. Keine Frage, Neuer hat gegen Albanien ein wichtiges Spiel gespielt und in der gesamten WM mehr als Weltklasse gespielt. Geschuldet ist das aber nicht Neuer, sondern es ist einfach das System welches gespielt wurde, denn der schnelle, laterale Fussball mit schnellen Vorstößen und raschen Abschlüssen bedingt eine hoch stehende Kette und damit Räume hinter der Abwehr, die dann ein Torwart 'abschirmen' muss... inzwischen kennt man dieses Spielprinzip und stellt Deutschland vor andere Herausforderungen, die einfach dieses rasche Spiel fast im Keim ersticken... Dies zeigte die EM2016 nur zu deutlich. Oft war die Deutsche Mannschaft der Führung ferner, als der Gegner und musste sich bei Abwehr und Neuer bedanken, daß eben der Rückstand nicht fiel oder höher ausfiel... denn Torreich waren die deutschen Offensivkräfte nicht.
Plötzlich geriet das Spiel ins Wanken und die Gewichtung des Torwartspiels verlagerte sich.
Wer aber nun denkt, daß solche Ausflüge aufgrund der obigen Erwähnung eher Lehmann anzutragen sind, wird beim Sichten der Videos eines besseren belehrt: Oliver Kahn war öfter vor dem Strafraum mit Kopf und Füssen da, um solche schnellen Spielzüge des Gegners zu blockieren. Kahn wird aber nie mit diesem Spiel assoziiert...
Man erzählt immer noch, daß Kahn der schlechtere Fussballer war. Ja, ich gehe in sofern mit, daß Kahn einfach nicht der Typ war, der das Spiel so eröffnen konnte, wie eben Jens Lehmann.
Bei Kahn, sind wir ehrlich haben wir diese gewaltigen Abschläge noch bildlich im Kopf, hingegen Lehmann den Hüftdrehstoß (Drehkreisspannstoß) zum Abschlag benutzte. Oliver warf zwar ab, aber nicht so präzise wie Lehmann, der den Abwurf zur Waffe erklärte. Hinzu kam, daß Lehmann viel aufgerückter spielte als Kahn und daher oft als der "bessere" Fussballer angesehen wird/wurde.
Bei Manuel Neuer sehen wird das zum Teil auf die Spitze getrieben, der oft dann nicht nur aufgerückt steht, sondern die Stellung als "erster Stürmer" sehr sehr wörtlich darstellt.
Trotzdem: Oliver Kahn war nicht nur in der Lage Fussball zu spielen, also den Ball mit dem Fuss zu verarbeiten, nein, er war durch seine lange Profi Zeit auch wirklich darin sehr gut. Er brauchte es nur nicht. Anders als Lehmann, der das mindestens ebenso gut konnte, aber durch seine Art es häufiger brauchte und zum Einsatz brachte. Doch just diese Art ist heute bei allen Torleuten zu befinden.
Gehen wir da nun ein wenig tiefer rein, sehen wir Ter Stegen, Baumann und andere auch als andere Bundesliga Torleute, ja sogar einen Roman Weidenfeller, die durchaus in der Lage sind, einen Ball sicher und sauber anzunehmen, vorzulegen und zu spielen. Sicher, die Präzision der langen Bälle, vor allem unter Druck ist nicht immer optimal, daß ist aber in der Regel eher vernachlässigbar.
Also haben wir früher als auch heute Fussballer im Tor stehen.

Was bringt also dieser Hype des Fussballer, also des besseren Fussballers im Tor?

Nun, im Profi Sektor ist inzwischen vieles wie in einer Art großes Interaktives Video Spiel. Automaten spielen Bälle dem Torhüter zu, der damit Ziele treffen muss. Schussmaschinen und interaktive Sichtbrillen treiben Reaktion und Wahrnehmung in bisher unerreichte Höhen.
Zudem ist die Zeit für diese Arbeit groß, trotzdem nimmt die Ausbildung der Hände und damit der Zielverteidigung immer noch einen Großteil ein. Ein Feldspieler im Tor kommt also selbst dort - im Profibereich - nicht vor, auch wenn Torleute mehr und mehr gefordert sind, die Verteidigung auch im Keim zu ersticken und trotzdem einen genauen Pass zu spielen.

Diese Zeit, vor allem aber diese Möglichkeiten, haben wir im Amateur Bereich gar nicht. Trotzdem erreicht uns vor allem im Jugendbereich immer und immer wieder die Forderung nach dem Fussballer im Tor, also mehr oder minder ein Feldspieler im Tor.

Diese Methode impliziert, wie bei der EM2016, daß man eigentlich immer mehr Tore schießt, als man bekommt, denn wenn die Zielverteidigung als weniger wichtig betrachtet wird, als Spieleröffnung und Spielverlagerung - dann werden sich hier Defizite zeigen.
Nun ist die technische Grundausbildung vieler junger Torleute in vielen Amateurvereinen sowieso schon mangelhaft, gerade in der Zielverteidigung. Was wird also bei dem Umsetzen der Forderung passieren, wenn man wirklich den 'Libero' ist Tor stellt?

Nun, in der Regel erst einmal wenig. Denn letztendlich kommen bei guten Mannschaften nur wenige Abschlüsse zu Stande. Oft sind diese dann unpräzise und damit für einen Torhüter im Jugendbereich auch einfacher zu halten.
Kommt man dann aber an Spielstarke Gegner, so zeigt sich, daß der "Liberotorwart" oft gar nicht zu seinem Spiel kommt, weil die eigene Mannschaft gar nicht so hoch stehen kann und wird, daß der Torhüter als Spieler hinter der Kette wirklich so gefragt ist - oft muss selbst dieser sogar zu Befreiungsschlägen oder Pässen ins Seitenaus greifen, anstelle hier Traumpässe und Spieleröffnung zu wagen, weil der Gegner einfach taktisch ebenso gut arbeitet.
Doch mit solchen Gegnern häufen sich die Torabschlüsse. Es gibt mehr Freistöße, mehr Strafraumszenen und nicht selten ist der Torwart gefragt, vor allem auch im Eins gegen Eins...
Und weil dies alles an den Techniken der Zielverteidiung hängt, zeigen sich hier plötzlich gravierende Schwierigkeiten.
Man bekommt unnötige Gegentore - denn der Torhüter ist nun in seinem urpsrünglichsten Element gefordert, der Verhinderung von Gegentoren mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Vielen ist das Antiqiert, viele Trainer sehen darin keine Notwendigkeit mehr... doch selbst Jörg Daniel Chefausbilder des DFB für die Torwarttrainer Aus- und Weiterbildung mahnte immer, diesen Sektor nicht zu vernachlässigen und das ein Libero im Tor nicht funktionieren wird. Trotzdem neigen Trainer dazu, stellen einen Torwart ins Tor, der eben in der Zielverteidung ausreichend ist, fussballerisch aber überdurchschnittlich. Und dann kommen Gegner, die eben nicht unter Druck gesetzt werden können, wo ein schnelles Spiel bis zum 16er des Gegners funktioniert, dann zum Erliegen gebracht wird, der Gegner aber ebenso rasche Vorstöße bringt, aber dann weiß, daß wenn man tief steht, das Heil der Abschluss und das Erzwingen des Tores über den sogenannten 2. Ball ist. Plötzlich ist der Fussballer im Tor in Nöten, denn ausreichend ist nicht mehr genug und die technischen Fehler führen dann sogar zu Fehlern und damit ab und an zu haarsträubenden Gegentoren. Zwar kommen die Trainer gut damit zurecht, man kann aber nicht in Abrede stellen, daß diese Tore oft höchstgradig vermeidbar gewesen sind.
Da zudem der Libero im Tor seine Stärke, also das Fussballspiel nicht in die Waagschale werfen kann, beginnt das Prinzip des "vorn einen mehr schießen als man hinten bekommt" nicht nur zu wackeln, es versinkt wie ein Stein im Morast. Langsam vielleicht, dafür umso sicherer.
Stellt man jetzt hingegen um, platziert einen Torwart ins Tor, der nun vielleicht was das Fussballspiel gerade befriedigend ist, torwarttechnisch in der Zielverteidiung aber gut bis sehr gut ist, beginnt nun das eben beschrieben Spiel zu drehen. Die Abschlüsse des Gegners sind nun nicht mehr so gefährlich, es kehrt Ruhe in die Abwehrkette durch gezieltes Coaching ein, denn der Keeper stellt seine Abwehr ja aufgrund seiner Fertigkeiten und Fähigkeiten - daher dirigiert kein Torwart wie der andere, sondern jeder Torwart genau so, wie er das für sein Spiel braucht und der Torwart mit Stärken in der Zielverteidigung ist darin sogar sehr, sehr effektiv, weil er die Gassen der Abschlüsse erkennt und diese deckt, während Spieler der Defensive den Angreifer möglichst in ungünstige Abschlusspositionen abdrängen. Dies schafft Freiräume und man beginnt wieder im Verbund, auch unter Druck zu verteidigen.
Dies sieht man sehr gut an Manuel Neuer, der oft sehr tief steht, wenn der Gegner viel Druck macht und das hohe Spiel der Kette unterbinden kann. Dies wird aber von den Trainern, die den Feldspieler im Tor fordern nur allzugern übersehen. Nun ist Neuer auch in der Zielverteidung sehr gut, vielleicht nicht so gut wie einige andere, aber im Gesamtpaket dann überragend.
Vielleicht habe ich dann mit dem Torwart auch nicht die Spieleröffnung, die ich bei einem Feldspieler erwarte, vielleicht ist vieles davon langsamer und wirkt langsamer, dafür ist es sicherer. Ein Torwart hat gut im Gefühl, wann das schnelle Spiel und wann das beruhigte Spiel sinnvoll sind, denn eine fortwährende schnelle Spieleröffnung wirkt irgendwann hektisch, wird durchsichtig und bringt damit wieder Fehler - postwenden ist der Ballverlust in der Vorwärtsbewegung zu sehen und gefährliche Abschlüsse sind die Folge. Die Folge sind dann Gegentore, mit dem Libero zwischen den Pfosten, oder Gegentore, weil der Torwart ungünstig stand oder im Eins gegen Eins geschlagen wurde.

Bleibt also festzuhalten, daß der Libero im Tor es einfach schwerer haben wird, denn die Indizienlage ist klar, die Nachteile sind nicht von der Hand zu weisen. Der Torwart hin gegen wird es einfacher haben.
Grund warum Dortmund mit Weidenfeller Meister werden konnte - weil derTorhüter im Tor wichtiger ist als der Feldspieler zwischen den Pfosten. Grund warum Italien mit Buffon immer noch Weltklasse ist, oder auch Spanien keinen Deut daran verschwendet einen "Sweeper Keeper" zu produzieren... aber jeder deutsche Jugendtrainer in seinen Reihen den "Next Neuer" haben möchte. Das Verständnisproblem von Notwendigkeit, in der Folge von Ursache und Wirkung wird schlicht ausgeblendet.
Man gibt sich daher der schlichten Theorie hin, anstelle sich den Indizien und auch Beweisen hinzugeben... Beweise sind für mich dann immer, womit ich Spiele bestreiten und auch erfolgreich gewinnen kann. Das ich nicht alle Spiele gewinnen werde, ist eine andere Sache, aber sich der Theorie hinzugeben, daß der Libero im Tor einfach der bessere Weg ist, ist schlicht mit zu wenig Indizien gestützt - warum es auch eigentlich keiner tut. Totzdem hält sich im Amateur- und Jugend-Bereich hartnäckig der Wille vieler Trainer genau das zu versuchen, scheinbar im Jugendbereich mit dem Ziel einen neuen Neuer zu züchten.
Dies gelingt aber nicht, denn Neuer ist ein Ausnahme Torwart, ein Ausnahme Talent. Seine Entwicklung, sein Lernprozess und seine Anlagen machen das Spiel so möglich, andere Torleute sind auch talentiert, aber nicht mit eben diesen Gaben versehen, weshalb Ter Stegen, Horn und andere junge Torleute dieses Spiel wie Neuer nicht spielen können und wahrscheinlich auch nicht wollen.
Das zudem diese Spielform weit überschätzt wird und ist, zeigt sich, daß Buffon als klassischer Torwart angesehen wird, bei der EM 2016 aber hinter der Kette gut mitspielte und trotzdem gegen Deutschland sehr erfolgreich agierte. Er muss sich nicht schämen im Elfmeterschießen ausgeschieden zu sein, denn von der Mannschaftsleistung war das alles was man von einem "modernen Torwart" erwarten kann - und das von einem Torwart, der von den wenigsten als Fussballer angesehen wird. Zeigt eindrucksvoll, wie verquer die Wahrnehmung des "modernen Torwartspiels" ist. Modern ist, was eine Mannschaft erfolgreich macht - und Buffon war ein Baustein davon. Auch zeigte sich das mit den beiden Meisterschaften des BVB mit Roman Weidenfeller im Tor. Vielleicht nicht jemand, den man ins Feld stellen würde, trotzdem kann er das gewisse und nötige Ballspiel um mit einer Mannschaft erfolgreich zu sein. Und gerade weil man Weidenfeller einen jüngeren Schweizer Torwart voranstellte, der plötzlich inder Affäre Joe Hart auch nicht mehr unantastbar war, stellt man sich die Frage - ob wirklich der Libero im Tor einfach heute das Non-Plus-Ultra ist. Denn angenommen Joe Hart wechselt ins Ruhrgebiet, wie einige Gazetten spekuliert hatten, dann wäre das was Fussballerische Fertigkeiten angeht, sicherlich ein Rückschritt im Vergleich zu Bürki. Ob aber dann Hart im klassischen Sinen der Zielverteidigung, also als Torwart besser ist, darf man schon jetzt als sehr, sehr spekulativ ansehen, vor allem wenn man mit Roman Weidenfeller einen Torwart hat, der in der Zielverteidigung einst mit Bestwerten glänzte. Thomas Tuchel, ein Trainer der wirklich Wert auf Statistiken, Werte und Taktiken legt, der immer up to date ist, würde sich nicht für Joe Hart interessieren, wenn da nicht etwas wäre, was Ihn überzeugt, daß es die Mannschaft stärker macht. Ball mit dem Fuss spielen kann daher nicht Entscheidung beeinflusst haben, und daher denke ich auch nicht, daß Hart ins Ruhrgebiet wechseln wird.
Das nun Pep Guardiona unbedingt Claudio Bravo verfplichten möchte, weil dieser im Ball-mit-dem-Fuss-spielen besser sein soll als Joe Hart ist eine Aussage, aber auch eine Ansage. Die Frage ist jetzt: Ist das wirklich der Grund? In Anbetracht dessen, daß Guardiola dann lieber Ter Stegen hätte verpflichten sollen, läßt Zweifel aufkommen, daß es der einzige Grund ist. Denn Bravo glänzte nicht mit Traumpässen in der Liga, wie mir Beobachter versichert haben, sondern vor allem damit, daß er in der Zielverteidigung ein starker Keeper ist. Also ist das Gesamtpaket aus Ball-mit-dem-Fuss-spielen und Zielverteidiung was Bravo für den Ex-Bayern Trainer interessant macht, sicherlich auch, weil Bravo ein Spanier ist... alte Bracelona Seilschaften. Das dann Joe Hart leiden muss, ist die Folge.
Doch dieser mystische Libero im Tor, er ist der größte Mumpitz den man jungen Trainern auch nur im Ansatz erzählen kann...
Beherrscht ein Torwart die defensiven Techniken der Zielverteidigung nicht, ist es einfach in den allermeisten Fällen ein Gegentor und da kann der Torwart noch so Traumpässe spielen und Angreifer im 16er ausdribbeln... ich muss diesen Gegentoren 'hinterher' laufen, ich muss dann mehr Tore schießen, als der Libero zwischen den Pfosten bekommt. Da beißt die Maus kein Faden ab. Versteht der gegnerische Torhüter jetzt sein Handwerk und hat einen guten Tag, dann geht das Spiel verloren - und das obwohl ich als Mannschaft eigentlich sogar recht gut gespielt habe, abgesehen davon, daß der Typ auf Spielfeldposition Eins eben einfach bei den Gegentoren keine persönlichen mittel hatte und wußte, weil er das nicht kann und weniger gut ist als mit-Ball-am-Fuss-spielen.
Das hat auch Jörg Daniel vom DFB erkannt und mahnt daher an, daß man im Tw Training schwerpunktmäßig die defensiven Techniken der Torhüter trainieren und schärfen soll, demit die Notlage, daß man gezwungen ist, mehr Tore zu schießen als der Gegner in jedem Fall unterbunden wird.
Wir brauchen daher weniger Neuers sondern wir brauchen mehr Oliver Kahns... allerdings eben Oliver Kahns, die in der Jugend und in der ausbildung das Spiel hinter der Kette erlernt haben, eine Ball An-Mit- und Weitergabe gut beherrschen, und auch in Punkto Spieleröffnung einfach dem aktuellen Spiel flexibler und besser angepasst sind. Aber wir brauchen keinen Libero im Tor...
Das ist der Grund, warum Buffon heute noch spielt oder warum Dortmund nicht zwingend mit Weidenfeller Spiele verlieren würde und muss. Es ist aber der Grund, warum vielleicht viele Trainer Spiele verlieren, weil Sie vom Torwart etwas verlangen, was nicht wirklich zielführend ist. Wir müssen aufhören damit, einen Libero zwischen den Pfosten sehen zu wollen, sondern wir brauchen wieder Torleute, die eben nicht starke Feldspieler sind, sondern die in der Lage sind, auch mal eine Null zu halten.
Das wird nicht vor dem Strafraum entschieden, sondern oft leider im Torraum oder auf der Torlinie - und dann nicht mit Ball-am-Fuss-spielen sondern mit klassischen Aktionen der Torhüter, die wir so hartnäckig versuchen zu leugnen...

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