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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Die Nummer Zwei

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Also, ich bin ja Coke Trinker.
Und mal ehrlich, ich finde BMW besser als Mercedes und Deutz besser als Fendt... Diese Liste ließe sich ewig fortführen... Das Beispiel mit der Coke ist aber genau so eine Sache: Geschmack entscheidet nun einmal. Der eine meint, die Pepsi schmeckt besser, der andere eben Coca Cola...
Witzigerweise habe ich in den USA 1997 nur Pepsi getrunken, hier fand ich die Coke einfach widerlich... bis mir jemand erläutert hat: Coca Cola passt das Rezept ein wenig auf die regionalen Gefplogenheiten an, daher schmeckt die Coke in den USA anders, als in Europa. Ebenso Pepsi... Pepsi in den USA schmeckt daher wie die europäische Coke, und die Coke hierzuzlande schmeckt wie in den USA Pepsi. Verrückt...


Schon oft habe ich geschrieben, daß ich denke, daß der Begriff der Nummer Eins überholt ist. Das es vielleicht in Zukunft nicht einen Torwart gibt, sondern man je nach Strategie und Taktik einen anderen Torwart stellt. Einfach um so aus der Mannschaft das letzte Quentchen rauszuholen.
Denn einen sehr offensiven Keeper brauche ich einfach, wenn ich mit einem starken Pressing und einer weit aufgerückten Defensive spiele, will ich aber mich eher defensiv verhalten, hinter einer kompakten Viererkette mit ggf. zusätzlich dann auch einer Kette des Mittelfelds davor und spiele auf Konter, kann ich ggf. mit einem Torwart der in der Zielverteidigung stärker ist, mehr rausholen.
Hier müßte ich einfach dann - aufgrund der anderen Taktik - einen anderen Torwart spielen lassen.
Viele Trainer tun dies aber nicht - ich verstehe nicht warum. Denn eigentlich haben die Mannschaften doch zwei Torleute, viele sogar drei, wenn nicht vier... und keiner davon spielt wie die eigentliche Nummer Eins.
Nehmen wir doch mal den BVB, ich glaube krasser kann man es schon nicht mehr ausdrücken...
Da haben wir die Nummer Eins mit Roman Bürki. Ein Torwart der komplett anders aufgestellt und ausgebildet ist, als es die Nummer zwei, Roman Weidenfeller, war und ist.
Der FC Bayern hat mit Manuel Neuer den besten Torwart der Welt, so jedenfalls die Weltpresse und viele Fussballsachverständige, im Tor. Dahinter dann mit Sven Ulreich und Tom Starke zwei starke Vertreter, aber keiner von beiden spielt wie Manuel Neuer.
Somit gibt es keine 100% Vertreter, denn mit einem anderen Torwart wird die Mannschaft anders spielen. Vielleicht sieht man das nicht mal an der Aufstellung, aber eben in der form wie die Mannschaft auf dem Feld agiert. Nicht das die Mannschaft unsicherer wird, sondern die Kontrolle, das Coaching und Miteinader ist einfach anders und das sieht man dann - und es muss nicht mal nachteilig sein, wie ich eingangs mit meiner Überzeugung auszudrücken versucht habe.
Auch die Konkurrenz, von so vielen beschworen, ist eher kontraproduktiv.
Kein Verein holt sich Ärger in die Truppe, gerade der Konflikt auf der torhüterposition sorgt nicht für TopLeistungen. Das muss man einfach mal festhalten und da gibt es kaum zwei Meinungen. Die da anderer Meinung sind, haben meiner Meinung nach Teambuilding nicht begriffen.
Daher war meine Frage auf dem Torwart.de Workshop an Thomas Kessler sehr ernst gemeint, und die Antwort von Kessler war auch klar: "Konkurrenz gibt es immer, aber nur sportlicher Natur." Er sprach sich dagegen aus, den Konkurrenten wirklich egal wo und egal wie immer wieder anzuzählen, oder ihn bestimmte Dinge spüren zu lassen. Sondern nicht der Konkurrent stellt sich selbst auf, sondern es ist der Trainer. Somit muss nicht der Konkurrent eigentlich angezählt und 'bestraft' werden, sondern der Trainer... doch ist die Nummer Zwei da eher in der Defensive und als Nicht-Teamspieler dann sogar jemand, der sich mehr und mehr aus der Mannschaft kegelt, sich selbst abschafft.
Daher zeigt die Nummer Zwei im Training und in den Testspielen das er da ist, es kann - bietet sich an. Aber er stützt und fordert seine Mannschaft, ebenso wie seinen vorgesetzten Konkurrenten. Das ist wichtig. Daher ist eine unabdingbare Konkurrenz auch nicht förderlich, ja sogar unsinnig.
Sie schafft auf der Position Eins nur Stress. Dieser Stress resultiert in Nervosität und unterdrückten Ängsten - und das sind die schlimmsten Fehlerquellen auf der Position. Ein Torwart braucht Rückhalt, auch wenn er mal einen Fehler macht, darf das Vertrauen nicht schwinden und auch die Unterstützung der Mannschaft ja des Konkurrenten auch nicht.

Dies ist eine extrem schwierige Situation für eine Nummer Zwei.
Denn dieser Ersatzmann muss ebenso gammer darauf sein, zu spielen... aber er wird eigentlich nicht eingewechselt, noch wirklich aufgestellt. Trotzdem muss er vor jedem Spiel so brennen wie die Nummer Eins selbst.
Zudem muss er sich absolut in dieser Hierachie unterordnen, muss seine Rolle als Ersatzmann nicht bloß akzeptieren - er darf auch nicht am goldenen Käfig der Nummer Eins rütteln.. Er muss geduldig auf seine Chance warten. Muss oft Zitronen fressen und muss noch öfter im Training fast zweimal soviel leisten.
Zudem uss er an Spieltagen oft ohne große Vorbereitung auflaufen. Denn er wird meist auf und ins Spiel gebracht, ohne lange Anlaufzeit... Die Nummer Eins hat sich verletzt und die Nummer Zwei muss nun ran, oft sogar plötzlich und mitten im Spiel. Ja, es gibt Situationen, da ist der Einsatz sogar gleich mit der heftigsten Probe versehen: Es gibt einen elementar gefährlichen Freistoß, ja vielleicht sogar einen Strafstoß. Die mentale Belastung ist dann mit einer Einwechslung dreimal so hoch als normal. Denn vielleicht kommt man rein, weil die Nummer Eins dies verursacht hat und mit einer Spielsperre belegt worden ist. Da war dann schon viel Aufregung dabei und nun muss der Ersatztorwart ran...
Bei einem Strafstoß beginnt er das Spiel oft sofort mit einem Gegentor... das muss man erst einmal verdauen und diese hohe Mentale Last, daß ist nicht jedem in die Wiege gelegt. Das braucht ganz besondere Typen.
Man stelle sich das vor: Manuel Neuer klärt vor dem Strafraum einen Ball unglücklich, bekommt die gelb-rote Karte, Kimmich geht raus, dafür kommt Ulreich rein... und das beginnt mit Mauer stellen und einem Freistoß aus einer top-torgefährlichen Situation, vielleicht sogar gegen einen richtig guten Freistoßexperten... Der Keeper ist nicht wirklich warm geschossen, nicht wirklich so 100% hochgefahren wie der Mann, der eben vom Platz in die Kabine geht - trotzdem, JETZT muss er da sein. Er wird jetzt gebraucht. Nicht in 1-2 Minuten, sondern sofort!
Nerven wie Drahtseile ist da zu wenig. Du musst da komplett superstructure sein. Ausblenden was war, sofort voll da sein, sofort hellwach und hochkonzentriert. Du musst sofort im Spiel sein, und auch sofort in deine Mannschaft kommen, die Jungs pushen, aufrichten und denen klar machen, daß es weiter geht und gehen muss.
Das bedingt einen völlig anderen Torwarttypen... einen der mental wesentlich anders drauf sein muss, als die Nummer Eins vielleicht.
Einen, der sich vor dem Spiel nicht 1 Stunde einstimmt, sich mit Musik und der Truppe hochfährt und dann so reinkommt. Sondern jemand, der den Schalter umlegt, und sofort im Spiel ist. Nicht warm, sondern glühend heiß, hell brennend ist Spiel kommt... jemand, der das Gegentor eines Strafstoßes ebenso locker wegsteckt, wie er einfach einen hochbrisanten Freistoß dir aus dem Kreuzeck fischt....
Überlegen wir mal, was für ein Typ das sein muss...

Schauen wir nun zum BVB finden wir Roman Weidenfeller in dieser Rolle, oder beim 1. FC Köln mit Thomas Kessler ebenso einen solchen Routinier. Beide sind starke Persönlichkeiten, haben eine große Erfahrung, viele Spiele gemacht und sind daher sicherlich auch mental in der Lage, daß hin zu bekommen. Aber diese Torleute müssen das auch uneingeschränkte Unterstützer der aktiven Nummer Eins sein - woran man bei Roman Weidenfeller immer Zweifel hegte, doch seine Nominierung als Nummer Drei des Weltmeisterkaders zeigte: Der kann das! Der macht das!
Beim FC Bayern hat man mit Tom Starke und Sven Ulreich gleich zwei solche Granaten geparkt, wobei defeinitiv diesen Stress kennen und beide sicherlich genau auch diese Leistung erbringen können, keiner aber an Neuers Stuhl sägt... und genau das macht Neuer so stark. Er hat Vertrauen in seine beide Vertreter, jederzeit. Er weiß das diese Ihn nicht nur gut vertreten, sondern 100%ig vertreten werden, wenn es sein muss. Er weiß aber auch, daß diese den Platz sofort frei machen, wenn er wieder da ist. Da gibt es kein Gezänke oder Rangbeißereien... da gibt es diese klare Hirachie, für die der Trainer gesorgt hat und jeder akzeptiert dies. Und das fordert nicht nur besondere Ersatztormänner, es stärkt auch die Nummer Eins, weil diese eben nicht ständig als Silberrücken sein Revier und seine Position klar machen muss. Seine Position ist klar... und die Ersatztorleute stützen dies.
Das geht so oft in Vergessenheit.

Gerade im Amateurbereich fordern viele Trainer immer noch die bedingungslose Konkurrenz, doktern gern an der Position rum, nörgeln oder demontieren sogar. Unruhe auf dieser wichtigen Position wird aber nie wirklich eine Mannschaft stark machen. Ja, vielleicht muss man dann sogar einen granatenstarken Torspieler gehen lassen oder wegschicken, weil man sonst ständig diese Rangbeißereien hat und damit nie Ruhe und Sicherheit auf der wichtigsten Position des Fussballplatzes einkehrt....
Hat man aber zwei klasse Keeper, hat sich aber dann auf einen eingeschossen, der andere nimmt hingegen die Rolle des Ersatztorwarts super an - warum sollte man jetzt unbedingt für Unruhe sorgen, nur damit der Ersatzmann noch mehr aus sich rausholt, wo er doch höchstwahrscheinlich nie spielen wird? Zudem sorgt das nur für Unsicherheiten und Unruhe... Warum, liebe Trainer tut Ihr so etwas?

Und wenn Ihr endlich Ruhe in die Position gebracht habt, Sicherheit und Vertrauen der Nummer eins hergestellt habt - wann nehmt Ihr eure Nummer Zwei ernst, vor allem für seine Rolle als ständig bereiter, ständig motivierter und vor allem uneingeschränkter Unterstützer des Teams, der seltenst bis gar nicht sich beweisen muss und darf? Warum in den Einsätzen die er bekommt, bringt Ihr blöde Kommentare, die eher demotivierend isnd als aufbauend?
Liebe Trainer - Ihr habt oft eine Nummer Zwei gefunden, und wisst dieses Juwel nicht zu schätzen. Bedenkt was für ein Typ das ist und sein muss - um diesen Job zu machen.
Dieser Torwart braucht mehr als Streicheleinheiten, er verdient einfach mehr. Denn oft will er gar nicht Nummer Eins sein, aber zollt Ihm Respekt, lasst Ihn Euer Vertrauen spüren und versucht nicht auf Teufel komm raus jemand besseren zu finden - der dann vielleicht nur Unruhe ins komplette Team bringt.


Und letztendlich, wenn Ihr in der Winterpause mal Muse habt, denkt nicht nur darüber nach, sondern auch darüber, was ich immer wieder schreibe... und Vielleicht habt Ihr bald keine Nummer Eins mehr, sondern eine Nummer 1a und eine 1b, vielleicht sogar eine 1c... und dann stellt die Mannschaft von hinten bis vorn so auf, daß es taktisch passt. Glaubt mir, es kommt, wenn Ihr kommunikativ in der Lage seit es zu erläutern, keiner zu kurz...
Falls Ihr aber im Jugendbereich an eingefahrenen Mustern festhalten wollt, dann bitte denkt daran, was Euch die Nummer Zwei, also der Erstztorwart wert ist und das Ihr diesen eigentlich kaum wirklich wert schätzt - und das ist der größte Fehler den Ihr machen könnt...

Kommentare

  1. Avatar von Steffen
    Zitat Zitat von schalkekeep
    Was denkst du über so eine Situation, auch was die Motivation angeht? Oder die Effektivität und Spielpraxis? Auch die Situation im Team?
    Schau, es ist immer schwer, als Aussenstehender etwas zu sagen. Wer spielt, wer sitzt auf der Bank... kann ich das entscheiden, ist es meine Entscheidung... nein.

    Selbst als Tw Trainer hatte ich in den meisten Fällen nicht wirklich Mitspracherecht, in vielen Fällen hat der Trainer einfach gemacht, was er denkt - und nicht immer war diese Entscheidung von Erfolg gekrönt.
    Aber der Trainer entscheidet nun mal - letzt- und schlussendlich.

    Was also tun? Nun, es muss der Trainer dem Team klar machen, was die Nummer 2 und Nummer 3 wert sind, warum diese da sind... und schaut man es sich in der Natio an, klappt das doch auch... Da spielt Neuer, und dann gibt es Spiele für Ter Stegen und Leno... so ein bissi ist das Konkurrenzkampf um die Nummer 2, aber selbst bei Bayern spielen in den Testspielen die anderen beiden Torleute...
    Und in Dortmund darf Weidenfeller sogar in wichtigeren Pokalspielen ran, was dem Team nur zu deutlich zeigt, daß er vom Trainer auch Vertrauen genießt.

    Das vergessen gern die Trainer der unteren Amateurligamannschaften... viel machen kann man da nicht.

    Was bleibt? Ein Wechsel... oder einfach auch, sich mit der Situation abfinden.

    Motivation findet man nur bei sich... denn wenn man es nicht ändert, muss man damit klar kommen... und logisch, Spielpraxis gibt es da nicht, also jedenfalls nicht so oft und nicht so intensiv...
    Das ist schwierig, denn die Nummer 2 muss das kompensieren können... und das ist der schwerste Punkt.

    Somit bleiben nur Streicheleinheiten - doch leider geht das immer und immer wieder vergessen, für mich zu oft...
  2. Avatar von Steffen
    Zitat Zitat von ryx0riz0r
    Steffen? Haben se dich hier bei mir eingeschleust?
    Wieso? Du hast doch einen Top Tw Trainer... da braucht es doch Monsieur Gummifoot nicht.

    Jetzt kommt meine späte Chance Landesliga Erfahrung im Ligaaltag zu sammeln. Drück mir die Daumen!
    Daumen drücken obligatorisch, ich kenne Dich und weiß, daß Du ein starker Torhüter bist. Somit passiert nichts, was Du nicht meistern und worin Du nicht bestehen könmntest. Vertraue daher auf Dich und deine Fähigkeiten.

    Und späte Chance... denk immer daran, daß die Nummer 2 genau für diese Dinge da ist, daß Sie genau dafür ständig unter Strom steht... Jetzt eben nicht geladen, geputzt und im Schrank, sondern jetzt geladen, entsichert und den Finger am Abzug!!!

    Time for you - time to bite!

    Who let the dogs out
  3. Avatar von ryx0riz0r
    Zitat Zitat von Steffen
    Wieso? Du hast doch einen Top Tw Trainer... da braucht es doch Monsieur Gummifoot nicht.
    Das stimmt, Phil ist ein Top-Trainer!

    Zitat Zitat von Steffen
    Daumen drücken obligatorisch, ich kenne Dich und weiß, daß Du ein starker Torhüter bist.
    Danke für das Kompliment, ich werd mein Bestes geben!


    Zitat Zitat von Steffen
    Time for you - time to bite!
    So schauts aus.