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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Frankfurt Underground

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Yes, indeed!
Es sind lange Zeiten her, daß ich selbst mal Torwarttraining hatte. Verglichen mit dem, was heute gemacht wird oder gemacht werden sollte, was das damals pure Folter, so richtig Underground/Gangsta und Outlaw Training....

Vielleicht Zeit, mal aus der Erinnerung zu schreiben. Man darf nun nicht vergessen, daß ich aufgrund meines Knieschadens nicht immer 100% oder 120% gegangen bin, und ich oft Abends mein Schnitzel auf dem Knie aufgetaut habe, weil es wieder mal so dick und teigig wie eine Grundmasse für ein gutes Roggenmisch-Sauerteigbrot war...
Mein Tag zum Training begann mit Tasche packen. Ich hatte schon immer einen Spleen für weite Klamotten. Teddy de Beer trug damals ein violett gelb gestreiftes Trikot. Wollte keiner haben, gab es günstig und ich habe es gleich mal eine Nummer größer als normal genommen. So sah das kurze Höschen eher wie ein Röckchen aus und so ganz in violett gelb gestreift, sah ich aus wie der Karnevalsprinz, nicht aber wie ein Torwart. Egal, ich hatte in der A-Jugend auch einen rosaroten/pink farbigen Adidas Anzug, der mit den Namen "Pink Panther" einbrachte, weil ausser mir keiner dieses Weihnachtsgeschenk im Training trug. Doch, schon immer waren Spott und Hähme Begleiter meines Lebens - ich bin und war schon immer anders.
So wanderte in meine Tasche damals das Teddy de Beer Set, meine Handschuhtasche, was nichts anderes als ein gelber Kulturbeutel mit bunten Blümchen war, sowie die Fussballschuhe (Puma Brazil), Badelatschen und frische Klamotten inklusive Handtuch in die Uhlsport Fussball Tasche.
Eine lange Torwarthose stopfte ich, für alle Fälle dazu.
Los ging es mit dem Auto einem alten roten Opel D-Kadett... völlig ohne Luxus, ohne Tuning und Sound System. Wozu auch? Auto war Transportmittel.
Angekommen und umgezogen. Dann stand auch, im gelb/violetten Röckchen wieder die Golfplatz Runde an. Joggingschuhe war was für Weicheier, also bin ich die 5 Kilometer um en Golfplatz in Niederrad immer in Fussballschuhen gelaufen. Dafür habe ich zwischen 30 und 45 Minuten gebraucht, nein, ich war nicht schnell.
Kurz was getrunken, und ab zum Torwarttraining, welches auf dem Grünstreifen zwischen Hartplatz und Kunstrasen statt fand, wenn der Platzwart gute Laune hatte auch mal auf dem Rasen.
Nach kurzen, völlig inkorrekten Dehnen gab es erst einmal ein paar Schüsse. Als 18 jähriger stand ich damals im Tor, kurz nach meiner Verletzung und ein neuer Spieler der SG28 rohrte damals Bälle auf das Tor, daß ich glaubte die würde ich nie halten.. nur weil er beweisen wollte, wie die 1. Mannschaft schießt. Da war man gleich herzlich Willkommen... ich hatte mich inzwischen das Plus an Energie und Kraft, insbesondere Durchschlagskraft und Geschwindigkeit der Bälle.
So waren die lockeren Schüsse dann doch schon locker, so eben für die Gewöhnung.
Dann ging es los: 15 Hockenwenden über die Umrandung des Platzes, linksrum 15 und rechts rum 15.. mindestens.
2 Medizinbälle, einen in der Hand, der andere wurde einem zugeworfen, Ball dem TwT zurück prellen, am Besten in dessen Arme.
Es wurde einem das Fussballtor auf die Schultern gelegt und dann gingen Kniebeugen los, mindestens 20 Stück schon tief runter.... den anderen Torwart Huckpack nehmen und über den Platz rennen und zurück.
Ein Metallmülleimer hingelegt, links und rechts seitlich drüber springen: mindestens 80 mal....
Dazwischen wurde dann mal auf's Tor geschossen, zur Erholung. Oder das Geburtstagsspiel gespielt, da durfte man sich nur vor drücken, wenn man Geburtstag hatte... Das war von der Mitte des Tores aus zum Pfosten rennen, anschlagen und zurück auf die andere Seite einen Ball erhechten, wobei man über eine Hürde hechten musste.
Damit man schnell wurde, der PowerJoint: 20 Bälle ca. 7 Meter vor dem Tor und dann abwechselnd links und recht in die Ecke geschossen, als Ball um den Pfosten drehen, schnell hoch, andere Ecke... rapido!
Tja, und wenn man dann artig war, dann spielte der TwT einem noch ein paar Bälle, Medizinbälle über die Querlatte, die man als Torwart dem Trainer zurück ditschen musste. Also Ball anspringen und in der Luft über die Latte zurück 'pritschen' - diese Übung fand ich klasse, auch wenn diese anstrengend ist.
Torverkleinerung haben wir nie gemacht, Technik, keine Ahnung.
Zum Hechten musste man in die Hocke gehen, und dann eine "Linie" machen, also man bekam den Ball, meist den Medizinball, auf eine Seite geworfen, Beispiel nach links. Also aus der Hocke nach links den Ball erhechten, Ball zurück werfen, wieder in die Hocke, Hechten, Fangen, Zurück werfen, Hocke... eben die Aussenlinie runter.... oder eben vom Torpfosten zur Eckfahne und dann wieder zurück.
War keine Hürde da, hechtete man über liegende Metallmülleimer oder Bierzeltbänke oder -tische.
Krafteinheiten gab es als Auflockerung, z.B. Sit-Ups mit Medizinball, oder beide Hände an die Umrandungsstange, und dann mit dem Kopf unter der Stange durch tauchen, bis die Stange im Nacken anschlug und dann wieder zurück drücken, ebenso Liegestützen mit Füsse auf der Stange, ebenso Klimmzüge unter der Stange liegend im hängen.
An Schnitzeltagen wurde man paniert, daß hieß ab in die Sandgrube. Ein Medizinball links in die Ecke, den anderen rechts in die Ecke und dann los. Immer schön links zum Ball runter, dann hoch, rüber rechts zum Ball runter.. Hin und her... später dann das ganze mit Hechten, als rechts Ball anschlagen, nach links zum geworfenen Ball hechten, rechts anschlagen, hechten...
Reise nach Jerusalem haben wir auch gern gemacht: 4 Bälle, vier Nummern... mein Torwart wird sich erinnern, scheiße, wie lange habe ich selbst als TwT diese Übung gemacht? Heute? Nicht zu denken...
Man steht in der Mitte der Bälle und der Trainer ruft eine Nummer, hin zum Ball in vollem Tempo, runter und Ball sichern, da bekam man schon die nächste Nummer zugerufen, also wieder hoch, zum nächsten Ball... nach 15 Rufen war man ruiniert...
Meist machte man dann noch ein Spielchen oder hatte Schusstraining, alles bei rund 30° C ohne Schatten... Wasser gab es keins, hatte man Durst ging man an den Wasserkran - Trinkwasser heißt es nicht umsonst. Und mit dem Gluckerbauch musste man dann Hechten - Pause? Wozu?
Nach dem Duschen war man meist wie mit Blei gefüllt, müde fuhr man heim und schlief wie ein Sack... 5 Uhr klingelte der Wecker und wach oder ausgeruht war man da auch nicht...

so war das zu meiner aktiven Zeit, und man müßte heute mal en Retro-Training machen... oder vielleicht besser nicht.
Stichworte: erinnerungen Stichworte bearbeiten
Kategorien
Torwarttraining , Fussball , Gedanken

Kommentare

  1. Avatar von Bob
    Ich hab in der A-Jugend auch so Trainingseinheiten geschoben. Und ich bin erst 22. So Einheiten sind einfach nur Horror und viel bringen tun sie auch nichts. Manchmal konnte ich nach der Einheit mich erstmal 15min nicht mehr bewegen weil ich so fertig war.
  2. Avatar von Schnapper82
    ...nach solchen Einheiten brüsten sich die TWT dann noch damit, wie fertig sie ihren Schützling gemacht haben. Das dieser nach einiger Zeit nicht mehr die Kraft hat die Techniken sauber auszuführen merkt der TWT gar nicht, wobei ich mir auch nie sicher bin, ob ihn es interessiert!
  3. Avatar von Believer
    ... und da ist dann meist letzteres der Fall. Oder was kann da anderes wichtig sein?