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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Das Auge des Trainers

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Es ist mir beim Erstellen des gleichnamiges Themas erst bewusst geworden. Und ehrlich gesagt, ich muss sogar ohne Umschweife zum Thema kommen, weil dieses schon so breit gelagert ist, da gibt es keine Möglichkeit einer Einleitung.
Beginnen wir mal mit dem Satz "Ich bin ein A.schloch!"
Das ist natürlich harter Tobac, aber es darf von mir gesagt werden. Warum wird sich erklären. Wir Torwarttrainer sind nämlich ein komisches Völkchen. Das ist mir gerade bei Schreiben des Torwart.de Blogs aufgefallen.
Ist Euch eigentlich allen bewusst, welchen Luxus Ihr habt, also Ihr Torleute? Zu meiner Zeit gab es keine Torwarttrainer. Wir haben schmerzhaft gelernt, wie das geht. Ich darf mich daher glücklich schätzen, dass ich ab der B-Jugend durch den älteren Co-Trainer der Mannschaft regelmäßig Torwarttraining hatte. Jetzt dürft Ihr Euch das bloß nicht so vorstellen, dass man irgendwas an Technik beigebracht bekommen hat, sondern letztendlich waren es eher allgemeine Übungen zur Kondition. Das war dann so etwas wie springe über die vier Hürden, dann hechte zum Ball... Da hat keiner darauf geachtet, ob man da zum Ball agiert, wie man abdrückt, da war der Weg das Ziel.
So war es für mich außergewöhnlich, denn noch Monate zuvor hatte der "Stani" als unser geehrter C1 Torwart mir erklärt, dass man vor dem Fausten etwas Dreck aufhebt, in die Faust nimmt, damit man besser Fausten kann.... Und ich, ich habe es geglaubt... Mit "Stani" haben wir uns Bälle zugeworfen, oder irgendwas gemacht - und es war für uns warm werden und auf Schusstraining vorbereiten, nachdem wir mit der Mannschaft erst einmal obligatorisch Dutzende Platzrunden abgespult haben.
Jetzt gab es richtige Übungen, aber es tat die Hölle weh... Torwarttraining und Torwarttechnik in den Kinderschuhen.
Doch dann kam der Tag, der mir am meisten half. Ich trainierte ja in Niederrad, und hatte gehört, dass die Nationalmannschaft am Waldstation sich trifft um zu trainieren - Zuschauer erlaubt.
Ich fuhr früher los, schloss mein Fahrrad irgendwo an. Ein freundlicher Gärtner lies mich rein und erklärte, wo ich hinzugehen hatte.
Wintersporthalle, und dann der Rasen... Kein Rasen, grüner Teppich aus Halmen. Es stand eine Tür offen und ich schlupfte hindurch. Da stand ich nun... Und sah zu, wie die Spieler ausliefen und scheinbar die Pressevertreter noch letzte Bilder machten, als mich jemand ansprach. Ob ich zu spät gekommen sein, wollte er wissen und ich blickte in ein Gesicht, was ich nur aus dem TV her kannte. Ich erklärte, nervös aber ehrlich, dass ich es wohl verpasst hätte, und eigentlich wegen dem Torwarttraining gekommen sei, weil ich selbst im Tor spielte. Die leicht bayrische Ansage war dann, dass ich zu bleiben hätte, denn das ginge ja jetzt erst los.
Und so war es auch... Angesprochen hatte mich kein anderer, als der Bundestorwarttrainer Sepp Maier persönlich und ich DURFTE bleiben. Kein Tag bisher, war bedeutungsvoller, kein Tag bisher schöner.
Dann kamen die Gladiatoren, Eike Immel, unsere Nummer eins, Bodo Illgner der Riese und der junge Andreas Köpke. Ich durfte nicht nur zusehen, sondern wie Jörg Daniel auch, erklärte Sepp Maier mir, was er macht, was es bringt und der junge Andreas Köpke erklärte sogar ein wenig die Technik.
Mein Training danach war ein anderes, denn ich achtete nun auf mich, und wenn es nicht sofort gelang, ich wusste, diese Tipps wären wichtig.
Und ich fragte mich, warum mein Tw Trainer nicht dort war, sich das angesehen hatte...

Schaue ich mir das heute an, so hat sich da wenig geändert. Ich stehe auf dem Torwart.de Camp und bin sicherlich von allen Trainern der, der das niedrigste Niveau mitbringt. Phil hat eine Torwartschule und trainiert zudem hochklassige Jugendtorhüter regelmäßig, ich nicht. Simon Panter trainiert Bundesliga Torfrauen, Sven Walzer hat Regionalliga und Junioren-Bundesliga Erfahrung. Matthias Bolz lange Jahre als Trainer der Bundesliga Damenmannschaft des ersten FFC durfte mit der Nationaltorfrau Nadine Angerer und auch Silke Rottenberg arbeiten... Eberhard Trautner, Tw Trainer der Bundesligamannschaft des VfB Stuttgart, Christian Lasch, Erfahrungen in der Juniorenbundesliga und auch Ausbilder/Referent des DFB. Thomas Schlieck, DFB Referent, Junioren DFB Auswahl Tw Trainer und Tw Trainer in der Bundesliga....
Doch, man hat Komplexe, denn man stellt sich einem Anspruch und muss sich immer fragen, ob man diesem auch gerecht wird. Denn die anderen machen es aus einer völlig anderen Erfahrung.
Trotzdem, man besucht hier einen Trainer, besucht hier eine Fortbildung. dabei geht es mir selten noch um die Inhalte, sondern mir geht es um den Austausch mit den Trainern... Denn das moderne Torwartspiel gibt es nicht, nur ein modernes, oder sagen wir besser, aktuelles Torwarttraining. Und da ist jeder Trainer anders. Es gibt Technisch wenige große Unterschiede, aber in der Auslegung und der Philosophie gibt es großartige Unterschiede. So kann man als Trainer immer und immer wieder was lernen. Das merkt man dann auch auf den Torwart.de Workshops / Trainertagen. Fasziniert bin ich allerdings, dass sich die Tw Trainer zwar anderes ansehen, aber wenig Austausch / Diskussion statt findet.
Ich habe nach so einem Workshop sofort und ein paar Tage später meistens einen 40 Tonnen Schüttgutwagen voll an Fragen und Punkten, wo ich gern nachhaken würde... Andere Trainer scheinen aber auf diesen Workshops nicht diese Fragen zu haben. Oft kommt es mir vor, als würden diese konsumieren, nicht aber verstehen oder verstehen wollen. Das ist kein Angriff, denn viele der Trainer sehen Sichtung so immer mal öfter und bekommen also Fragen dann sicherlich geklärt... Doch findet z.B. direkt an solchen Tagen kaum Diskussion statt.
Ich weiß noch, das erste Mal bei VfB... Trautner erzählte fast vier Stunden auf dem Platz über Raumverteidigung, Flanken und Fausten... Danach traf man sich zur Diskussionsrunde, und bis auf eine Handvoll Leute, war keiner mehr da... Dabei waren gerade jetzt, durch den jungen Michael Rechner interessante Fragen gestellt worden und es kam zu einer Diskussion, die sicherlich ebenso, wenn nicht wertvoller war, als die vier Stunden Trainingsarbeit. Diese Diskussion war der Schlüssel, findet aber kaum statt. Warum denn nur?

Ich erinnere mich daran, wie es bei mir war. Ich war auch mal jung und fetzte mich hier im Forum mit Thomas Jack. Natürlich war ich so stur wie er, und letztendlich... Thomas hatte in vielen Dingen recht, im Nachhinein betrachtet.
Somit formte mich auch diese, schwere Anfangszeit, und sie gab mir eines mit auf den Weg: du lernst nie aus, du bist nie fertig!
Später bekam ich ja von anderer Seite mitgeteilt, beigebracht, was Thomas vergeblich versucht hatte, mir klar zu machen. Ich war damals ein A.schloch, doch es öffnete mir die Augen... Denn ich verstand aber auch, dass man eben nicht bloß eine Linie haben konnte, ja durfte... Man müsste breit aufgestellt sein, breit gefächert sein, sich nicht verschließen... Und man musste unter Umständen ausprobieren. Marten Arts beieinflusste mich, doch noch schwerer Hans Leitert, der mir an vielen Stellen, auch heute noch, geholfen hat (Danke Hans!)
Prägend war für mich aber die Aussage von Matthias Bolz: "
wenn ich früher gewusst hätte, was ich heute weiß, ich hätte ganz anders trainiert!
"
Und das ist etwas... Ja, ich hätte viel anders gemacht, aber einiges kann und will ich gar nicht anders machen. Denn ich muss und will mich hinterfragen. Dabei stellt man rasch fest, dass eben früher nicht gleich schlechter war. Auch ohne Zonenspiel und Technik haben Leute wie Köpke, Immel, Aumann, Illgner, Lehmann und letztendlich Oliver Kahn im Tor Leistungen vollbracht, die fast legendär waren. Kahn musste sich immer mit dem fußballerisch überlegenen Van der Sar vergleichen lassen, doch Kahn war der bessere Torwart, so war das einfach. Denn der Fusballer war damals vielleicht wegweisend, aber eben in der primären Aufgabe nicht so gut, leider möchte man sagen.... Doch warum leider? So war es, basta!
Schaut man sich die alten Köpke/Kowarz Videos an, so fällt die Breite technische und koordinative Ausbildung der beiden auf. Allein beim Hechten gibt es drei bis vier technische Muster, bei Wenden und Aufstehen drei... Und alle werden intuitiv angewandt, was heißt, dass diese verinnerlicht sind.. Und heute?
Die Ausbildung und technischen Leitbilder blockieren dies. Denn ein Leitbild gilt förmlich wie ein Regelwerk, dass ist nicht Idee und gedankliche Basis, sondern unumstössliches Gesetz. Deutsch eben!
Und so sind dann Torwart-Trainer auch! Jeder für sich, jeder sein Ding. Gedanklicher Austausch findet kaum statt.
Das Torwart.de Camp könnte eine Ausnahme sein, doch die Trainer haben zu wenig Zeit dafür... Und selbst wenn die Zeit da ist, wird der Austausch wenig bis gar nicht gepflegt. Matthias Bolz stand da, und sah mal Eberhard Trautner mit offenem Mund an... Da muss man einfach hier definitiv sagen: Leute, staunt nicht, bohrt nach.
Greift Euch die Leute!
Warum sind wir Tw Trainer nur so eigen, so verschlossen, ja so egomanisch?
Wir werden nicht besser, wenn wir uns nicht auf die Probe stellen... Wir werden aber auch nicht besser, wenn wir uns nicht der Diskussion stellen. Wir können, und dürfen auch nicht übersehen, dass es auch früher sehr gut war. Jedenfalls in der Zielverteidigung, im 1 gg 1 und auch in der Raumverteidigung war das zum Großteil alles andere als schlecht, sondern es würde auch heute zum Großteil noch passen.
Und da bin ich wieder bei Leitert, denn seine sieben Prinzipen unterliegen allem und jeder Philosophie des Torwartspiels, egal wo! Und beobachtet man Immel, Lehmann, Schmeichel, van der Sar oder Kahn, stellen wir fest, das z.B. Letzterer oft in völligem Einklang mit diesen Prinzipien spielte und daher so heraus ragte. Oft machte ihn genau das so unüberwindlich.
Doch wir mäkeln daran herum und anstelle die Diskussion zu suchen und das zu sehen, behaupten wir, es wäre nicht mehr zeitgemäß. Fußballerisch, sicherlich. Von der Spieleröffnung grösstenteils... Aber in der eigentlichen und klaren Aufgabe des Torwarts, und das ist nun mal das Verhindern von Toren, war und ist das hervorragend gewesen.
Warum also tauschen und diskutieren wir Trainer nicht darüber? Warum stellen wir etwas, was man heute als Idealbild gilt, nicht immer mal wieder in Frage? Ich kann doch etwas nicht verbessern, wenn ich es nicht in Frage stelle! Ich kann etwas nicht verbessern, wenn ich nicht etwas Neues versuche, etwas anders mache... Ich muss nur ggf. auch einsehen, wenn es eben nicht ideal war oder ist... Das habe ich hier Thomas Jack zu verdanken, denn auch wenn ich immer noch nicht 100prozentig mit ihm konform bin, ich habe in jedem Fall bestimmte Dinge auf den Prüfstand gestellt.
Vielleicht müssen meine Torleute immer mal wieder als Versuchskanninchen herhalten und etwas ertragen. Aber wir prüfen so zusammen, ob die Dinge passen und vor allem, ob diese uns diese Dinge weiterbringen, ja besser machen.
Ich übernehme nicht mehr einfach, ich hinterfrage.
So hinterfrage ich was Michael Rechner im Eins gegen Eins erklärt hat. Nicht weil ich Ihn nicht respektiere oder nicht glaube, sondern weil ich es auf die Probe stelle... Und damit offenbaren sich Fehler im Verständnis, Lücken im Wissen... Und daraus kommen Fragen, Fragen die geklärt werden wollen... Und vielleicht sind diese Fragen ungeklärt, bedürfen einer Untersuchung und gemeinsam entdeckt man etwas, was beide weiterbringt... Das weicht vielleicht dann ab, aber es macht besser...

Und daher frage ich mich, warum wir Trainer oft schweigend nur zuschauen, warum suchen wir nicht das Gespäch und fragen, oder stellen unseren Standpunkt zur Diskussion... Wir werden doch nur besser, wenn wir uns austauschen.
Zu oft schweigen wir nur, konsumieren wir... Und sind vielleicht uns zu selbstsicher, zu überzeugt.
Ist es Angst, das wir dadurch weniger respektiert werden? Furcht, dass man verbessert, korrigiert oder eines Irrtums überführt werden könnte?
Nun, mir ist es doch auch passiert, und ich bin gestärkter den je wieder aufgestanden.
Zudem habe ich etwas verstanden! Ich habe zudem bemerkt, dass mein Fehler nicht in Gänze fehl war, sondern an bestimmten Stellen wichtig und notwendig ist...
Das geht aber nur, wenn Fehler erkannt, aufgezeigt und die Lücke des Wissens geschlossen wird.
Dazu ist Gespräch nötig.

Bestes Beispiel: Tauchen!
Auf dem Torwart.de Camp 2008 oder 2009 habe ich das gemacht... Und viele Trainer haben mir versichert, dass diese Technik überholt, unnötig und nicht wichtig sei... Ja, Blödsinn wurde mir vorgeworfen!
Doch nun kehrt diese Technik ins Leitbild zurück, findet in der Kippzone sogar einen direkten Platz.
Es war gut, dass ich hier stur geblieben bin, aber gelehrt hat es mich, dass die Diskussion nicht gesucht worden ist .... Ich habe damals immer wieder die Diskussion gesucht, und bin eigentlich bestätigt worden... Heute diskutiert man nicht mehr, heute gibt es das Leitbild und die eigene Überzeugung... Letzteres stellt man nicht in Frage und ersteres ist Grundlage des zweiten.
Warum sind wir so geworden? Warum sprechen wir nicht, warum tauschen wir es nicht aus? Wir hinterfragen nicht mehr... Wir geben nicht preis...
Haben wir Angst kopiert zu werden und damit etwas zu verlieren? Oder haben wir Angst, etwas zu sehen, was trotz all unserer Überzeugung sehr wohl funktioniert?

Es ist Zeit... Zeit darüber nachzudenken, aber auch Zeit, sich mehr und offener auszutauschen...ohne werden wir nicht besser, und ohne das wir Dinge auf die Probe stellen und hinterfragen, ja Alternativen annehmen erst Recht nicht.

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