RSS-Feed anzeigen

Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Respekt, Alter!

Bewerten
Mann, oh Mann. Wie ich diese Diskussionen hasse. Es ist egal, doch sobald Kampfsport losgeht, geht es sofort um das eine: JEDER, aber wirklich JEDER meint, die Weisheit mit dem Löffel, ach was, der Schöpfkelle gefressen zu haben und daher klar und deutlich sagen zu können, wie und wo der Hase läuft.
Doch die Wahrheit, die liegt, dem Fußball sehr ähnlich, in der Realität. Etwas kann im Training noch so wirksam sein, noch so effektiv aussehen und noch so rasch zum Erfolg führen - in der Realität kann es völlig anders sein. Viele sollten glücklich sein, nie in der Situation gewesen zu sein, sich wirklich mal wehren zu müssen... ich war es leider schon mehrfach. Dabei erinnere ich mich an alle diese Vorkommnisse sehr genau, es sind einfach eingebrannte Erinnerungen, die man oft nicht gern wiederholen möchte. Trotzdem war die erste Erinnerung der typische Fall von Überfall von drei gegen eins auf einem S-Bahnhof. Logisch, umstehende Passanten schreiten weder ein, noch rufen diese Sicherheitskräfte. Sie wenden sich ab und lassen es gut sein. Dabei darf man nicht vergessen, dass ich hier mit einer Schusswaffe bedroht wurde und die Sache nur deshalb eskalierte, weil der Typ diese Waffe in die Hosentasche steckte - und ich als Judoka daraufhin meine Chance sah, den Kerl zu packen. Was ich jedoch völlig verdrängte, war die Tatsache, dass er nun mal ein typischer Strassenschläger war: Schnell, flink und erfahren - und das Zuschlagen mit der Faust hier nicht verboten war, wie im Judo. Ich blutete daher nach zwei, vielleicht drei Schlägen ins Gesicht wie ein abgestochenes Schwein. Doch dann wurde mir gewahr, dass eben das Festhalten der Hände diesen vielleicht hinderte, die Waffe aus der Hosentasche zu ziehen, aber nicht, dass er mich schlagen konnte. So äderte ich meine Taktik und schaffte es mit einem im Judo verbotenen, aber in der Realität sehr gut anwendbaren Kehlkopfwürger den Kerl sofort unter Kontrolle zu bringen. Das Adrenalin ließ alles, was hektisch und schnell ablief für mich in Zeitlupe passieren und ich glaube, das Gefühl, das ich den Kerl hatte am Kehlkopf hochheben können, täuschte mich nicht, denn der Strassenschläger rang hier um sein Leben - ein Würger ist ein lebensbedrohlicher Angriff. Doch mir war das in dem Moment egal... Als er dann weich wurde, schob ich diesen an eine Infotafel, wo er zusammen sackte. Seinem Kollegen, der mir ständig in die Rippen trat, ohne dass ich es merkte, machte ich darauf hin die Ansage, dass wenn er das weiter machen würde, ich zuerst seinen Kollegen alle machte und dann Ihm selbst zeigen würde, wie das ist, wenn die Finsternis nach einem greift. Er hörte zwar nicht, aber der Kollege, der immer noch meine Hand umklammerte, gurgelte etwas erstickend, so dass die Treterei aufhörte. Aber mein erstickender "Freund" nestelte nun nervös an der Hosentasche herum, brachte zittrig die Waffe hoch, die ich im aus der Hand schlug, und mit einer gesprungenen Judorolle hechtete ich der Waffe hinterher, bekam diese zu fassen und stand im nächsten Moment mit einer durchgeladenen Waffe, entsichert wie im schlechten Action Film im S-Bahnhof. Klar, die drei hielten nun Abstand... und da die Bahn einfuhr, rannte ich zu meiner Tasche, warf diese in die Bahn und mich ebenfalls hinein. Das erschreckte Aufsehen, der Leute, dass jemand mit einer Schusswaffe, die frei sichtbar war, in die Bahn springt, der zudem aussieht, als hatte er gerade jemand den Hals aufgeschlitzt... nun ich habe es schlicht nicht wahrgenommen. Als die Türen sich schlossen, warf ich die Waffe zwischen Bahn und Gleis - und war in Sicherheit.
Ich erinnere mich noch gut an das Taschentuch, welches mit eine junge Frau gab, damit ich mein furchtbares Äußeres zumindest notdürftig versorgen konnte. Nein, ich habe im Training keinen Ball gehalten - das viele Adrenalin sorgte für ein solches Zittern der Muskulatur im Sport, dass ich nach 20 Minuten Tw Training die Laufschuhe freiwillig anzog und dann zwei Runden um den Golfplatz drehte... mehr wie ein Zombie, als wach. Was bei diesem Bericht ins Auge fällt, ist das plötzliche in Erscheinung treten der Waffe, aber auch, dass die meisten nicht einzeln Täter nicht alleine sind. Wichtig auch, dass das bisher bekannte Konzept, des Greifens, Haltens und der Versuch dann die Energie des Gegners gegen sich zu verwenden, hier überhaupt nicht funktionierte, ja mich sogar in absolute Bedrängnis brachte. Bei einer anderen Auseinandersetzung sah ich den Ärger schon kommen. Ja, es ist etwas, wie eine Art Vorahnung die man hat. Der Kerl war zwar weggefahren, doch scheinbar so aufgebracht, dass er stoppte und zurückkam. Dabei war es eher banal, denn er hatte mir gedroht und ich hatte ihn daraufhin ausgelacht. Sicherlich, hätte ich mich devot gezeigt, wäre er nicht zurück gekehrt, doch ich sah mich im Recht - und lachte daher über seine Drohung, dass er sich sein vermeintliches Recht mit der Faust 'erstehen' wollte. Nun, diesen Versuch setze er, wohl durch mein Gelächter, auch dann in die Tat um. Ich spürte die Bedrohung von hinten, wo ich dem ersten Schlag glücklich ausweichen konnte, dann war er an mir dran, schubste mich hin und her. Als ich mit dem Rücken an ein Auto stieß und nun weder links noch rechts ausweichen konnte, wurde mir gewahr, dass meine nun eher defensive Haltung nicht zielführend war, denn der grobe Mensch drang weiter auf mich ein. Ich warnte nicht mehr. Eher täuschte ich nun weiter keine Gegenwehr vor, doch als er mich nun packen wollte, stieß ich zu, heiß und heftig wie eine Hornisse. Mein Stich mit den Fingerspitzen zur Leiste war hart und fand völlig außerhalb seines Sichtbereiches statt. Das stoppte sofort sein Ansinnen, ließ Ihn vornüber schnappen, wo ich ihn fing und mit einem Kreuzschränkwüger vollständig in die Mangel nahm. Mein Mund war sehr nahe seinem Ohr, trotzdem brüllte ich, ob es nun genug wäre... Auch hier wurde der Mensch weich, doch nun kamen Passanten und trennten uns... der wohlgemeinte Rat eines Passanten, vielleicht beim nächsten Mal sich eher unterwürfig zu zeigen, bevor schlimmeres passiert, habe ich ignoriert. Ich hatte zwar nicht gewonnen - denn gewinnen und verlieren gibt es nicht - aber ich hatte auch gefühlt nicht verloren. Was hier nun auffällt, war das einige Menschen sich nicht scheuen, deren Standpunkt oder vermeintliches Recht mit Gewalt einzufordern, dafür sogar ursprüngliche Vorhaben aufgeben und mit eben diesem Vorhaben zurückkehren. Auch beeindruckend fand ich, dass ich diesmal klar denken konnte - ich war nicht in einer Art Schockstarre, dafür verließ ich mich nicht mehr allein auf meine Judo Kenntnisse, sondern wand auch hier bestimmte Dinge an, die ich wo anders abgeschaut hatte - und diese funktionierten besser, als der Sport. Der Situation entkam ich aber nicht aufgrund einer Bilderbuch Technik, sondern einer freien Improvisation. Ich wand etwas an, eher intuitiv und dieses war hoch wirksam, weil es dann in die Technik einleitete, wie es im Training nie hätte stattfinden können. Zudem war der Überraschungseffekt auf meiner Seite, die Täuschung, dass der andere die Situation kontrollierte, mich eingeschüchtert hatte, lies diesen unvorsichtig werden, was ihn in die Distanz brachte, dass just genau mein Vorteil, diese Distanz aus dem Training zu kennen, hier zum Erfolg führte. Denn nur so konnte ich den Stich zur Leiste zielsicher und mit der nötigen Energie anwenden und nur so der bedrohlichen Situation entkommen....Aber halten wir mal fest: Es sind Erlebnisse, die eher die Ausnahme sind... aber Sie belegen, dass beide ein eher dogmatisches Festhalten an Prinzipien des Kampfsports und des erlernten Technik Repertoire im Training mein Untergang gewesen wären, oder ein Niveau benötigt hätten, welches ich weder zu diesem Zeitpunkt gehabt habe, noch heute habe. Die somit ewigliche Diskussion, ob der eine oder andere Kampfsport oder Kampfkunst für die Realität sich besser eignet, ist eher blödsinnig, als zielführend. Denn ich hätte, diese oder jene Kampfkunst machen können, denn in beiden Situationen war nicht die Technik entscheidend, vielmehr das situationsgebundene, intuitive Agieren und Reagieren. Ja auch war und bin ich kein Mensch, der ein typisches Schlag auf Schlag Szenario wie im Boxring oder Karate Sparring gewohnt ist, oder praktiziert hat. Vielmehr das typische sportliche Training des Randori, also des Trainingswettkampfes im Judo, der den normalen Regeln des Judo Wettkampfes folgt, nur eben ohne Mattenrichter ausgetragen wird, ist und war mein Kenntnisstand. Vielleicht hätte ich, Sparringserfahrung gehabt, eher zugeschlagen oder agiert - aber es sind Vermutungen, ich glaube viel mehr, dass diese Erfahrung kaum hätte zielführender sein können...Somit ist das reine und sehr dogmatische Vorbeten der Vorteile bestimmter Kampfsportarten für die Selbstverteidigung eher ein Werbetrick, als wirklich zielführend, weil es die eine, oder sagen wir vielmehr, eben die ultimativen Techniken nicht gibt. Es gibt sie nicht, die ultimative, alles übertreffende Kampfkunst.

Tja, und damit leite ich nun auf den Torhüter über. Denn auch hier suchen meines Erachtens immer viele den ultimativen Torwart und identifizieren diesen gern über die Technik. Er tut dies, genau nach Vorschrift, er agiert so, genau nach Lehrbuch. Bullshit möchte ich da rufen, denn was nutzt das Lehrbuch und die Vorschrift - wenn dann auf dem Rasen all die genannten Beispiele nicht greifen. Da verbieten Tw Trainer den Schützlingen das Übergreifen, und ich frage mich, welchen Grund diese dafür haben. Ist es denn wirklich sinnvoll, den Torwart auf eine bestimmte Anzahl Techniken zu reduzieren? Techniken, die er dann wie auswendig gelernt wiederholen und einschleifen muss, damit diese selbst im Spiel exakt den Vorgaben entsprechen?
Nein - und das ist meine persönliche Meinung. Zwar hat man schon bei MacGyver immer wieder gesehen, was ein Taschenmesser, ein Kaugummi und etwas Klebeband bewirken können, doch MacGyvers wahres Wunderwerkzeug war sein Improvisationstalent. Denn die drei Werkzeuge waren ja nicht allein für den Erfolg nötig, sondern sie waren das, was aus dem was im Umfeld gefunden und vorhanden war, dann den typischen MacGyver Trick entstehen ließ Allein weil er sich nicht auf die Drei Dinge beschränkte, auch wenn es eigentlich so ausgesehen hat und heute so dargestellt wird, sondern geschickt die Dinge seines Umfeldes einbezogen hat, brauchte MacGyver kein großes Arsenal an Werkzeug oder Waffen. Er nahm was vorhanden war und löte mit diesen Dingen die Situation. Dabei setzte er auch oft auf Täuschung, gab sich unterwürfig oder leicht naiv, um dann im richtigen Moment aus überlegenem Geist zurück zu schlagen, gegen einen Gegner, der MacGyver zumeist völlig unterschätzte. Der Überraschungsmoment und sein Erfindungsreichtum machten dann aus, dass er erfolgreich agierte. Wenn ich also einen Torwart auch wenige Dinge reduziere, was muss im Gegenzug sein, dass er ein wahrer Zauberer wie MacGyver wird? Logisch, er muss sein Umfeld mit einbeziehen UND er muss improvisieren können. Dabei ist nicht unerheblich, daß MacGyver auch nicht halt davor macht, seine drei Grundwerkzeuge zu zerlegen oder anderweitig zu benutzen, so dass allein der ordnungsgemäuc0ß Gebrauch und das lehrbuchhafte Benutzen derselben nicht zielführend ist, sondern im Gegenteil hinderlich ist. Man muss also sogar über die Fixigkeit verfügen, die wenigen Werkzeuge ggf. auch nur in Teilen zu benutzen und diese Teile zu einem neuen Ganzen zusammen zu führen. Dies ist dann der Widerspruch zu dem, was viele im Tw Training tun und anwenden, da diese Trainer dem Torwart absprechen und verbieten, die Technik ggf. zur Lösung zu verändern. Auf dem Rasen im Spiel sieht man dann die Auswirkungen. Bestes Beispiel ist das dogmatische und beständige Bestimmen darauf, dass ein Torwart schräg nach vorn zum Ball agieren muss und soll. Er darf es nie anders machen! Hier lassen viele Tw Trainer keine Toleranz walten - das muss einfach so sein. Hingegen steht mein Torwart gut ein zwei Schritte vor der Linie und eine gefährliche Bogenlampe senkt sich in Richtung Kreuzeck, muss ich den Ball wenn ich schräg nach vorn agiere verfehlen, Denn hier ist der Ball, der sich ja noch senkt, wesentlich höher, als im Moment, da er unter der Latte einschlägt. Der Torwart kann zwar hier den Winkel verkleinern, da aber die Schnittlinie der Ballflugbahn keine Gerade ist, die sich vom Schusspunkt nach außen ausbreitet, sondern im Gegenteil nach Überschreiten der Spitze der Flugbahnkurve negativ nach innen zieht, ist der weitere Stand und das entgegenspringen ein Sprung ins Leere! Denn dort wo der Torwart hinspringt, wird der Winkel größer, nicht kleiner. Hier muss der Torwart plötzlich rückwärts agieren, um den Ball zu erreichen, er darf nicht vorwärts agieren, sondern muss parallel der Linie oder sogar leicht rückwärts reagieren, um den Ball auch wirklich zu erreichen. Es ist nur schade, dass es vielen nicht auffällt, dass es so sein muss. Verstehen diese Trainer den Sinn der Torverkleinerung oder auch Winkelverkürzung genannt, nicht? Denn wenn diese es verstehen würden, würde diese dann nicht erkennen, dass hier die Ballflugbahn und damit der Winkel sich ändert? Wo kommt so etwas heraus? Auf dem grünen Rasen. Da hechtet der eine Torwart nach der Bogenlampe und lenkt diese am Tor vorbei. Der andere Torhüter hechtet ebenfalls, erreicht aber den Ball nicht, obwohl die Hand sichtbar das Kreuzeck abdeckt! Doch der Ball geht abwärts hinter Hand und der Latte hindurch ins Netz, da der Flugstrahl nicht vom Boden ansteigend ist, sondern aus der Luft abfallend. Hier muss der Torwart plötzlich seine Fäuc0äigkeit umstellen. Der andere Torwart, der bei typischen Bällen nicht die Bälle holt, weil er rückwärts agiert, gelingen dann die spektakulären Bälle. Der andere Torwart, der Lehrbuch gerecht nach vorn agiert, holt die spektakulären Bälle nicht, weil er zwar schräg nach vorn agiert, aber hier den Winkel anstelle kleiner, gröuc0ßr werden läuc0ß. Und dann geht das Gerede los... witziger Weise wird einem Torwart der diese von der Laterne fallenden Bälle nicht holt, abgesprochen dies zu können, nur weil der andere Torhüter mit der Rückwärtsaktion diese Bälle ablenken kann.
Nun, ich denke, sowohl das Missverstehen der Torwartaktionen nach diesen "Hechtbällen" als auch das dogmatische Festhalten am schräg nach vorn agieren ist wenig zielführend. Hier braucht es mehr. Hier muss ein MacGyver her. Denn wenn ich die Flugbahn des Balles visualisieren kann, kann ich erkennen, ob ein vorwärts agieren zielführend ist, oder ob die Bälle sogar rückwärts geholt werden müssen. Denn das schräg nach vorn agieren wird ja nur deshalb gemacht, um den durch den Winkel vorgegebenen Flugstahl des Balles möglichst ideal zu erreichen - um damit den Ball rasch und sicher zu erlangen. Doch wenn der Flugstrahl negativ ist, muss ich anders agieren, ich muss auch hier negativ agieren, anstelle schräg nach vorn muss ich schräg rückwärts den Flugstrahl des Balles auf kürzestem Weg erreichen, es geht anders nicht.
Dieses Grundverständnis muss der Trainer haben - er muss also wie MacGyver in der Lage sein, das Werkzeug der Torverkleinerung und schräg nach vorn agieren in seine Bestandteile zu zerlegen, um dann aus den Bestandteilen eine erfolgreichere Form zu erschaffen - und dies muss im Training erläutert und trainiert werden. Das intolerante und dogmatische Festhalten - es kann in einigen Situationen eben nicht funktionieren, weil nicht alle Situationen auf dem Platz nach Lehrbuch sind. Es ist eben keine Trainingsumgebung, sondern die Realität. Ist es daher besser, den Torwart zu beschränken? Oder sollte man den Torwart einfach durch verschiedenste Situationen zum beständigen Umdenken und Anhalten von Improvisationen der eigenen Bewegungsmuster anhalten? Ist es da nicht auch sinnvoller, hier dem Torwart mehr Bewegungsmuster angedeihen zu lassen, als nur ein paar wenige? Im Gegensatz zu MacGyver muss der Torwart ja keinen Werkzeugkasten schleppen, der belasten würde und auffällig wäre, oder wie der Actionheld bepackt mit einer Vielzahl von verschiedensten Waffen ausgerüstet sein... sondern er kann einen reichen Werkzeugkoffer mit sich tragen, diese müssen nur geschärft und in reicher Auswahl als Bewegungsmuster abgelegt sein. Diese Vielzahl an Techniken macht dann einen Torwart komplett, weil er für eine Vielzahl von Situationen feste Muster abrufen kann, um diese Situationen schon zu lösen - er braucht nicht improvisieren. Hingegen gibt es Situationen, wo keines der Muster passend ist, so dass aber dann durch Zerlegen nicht der wenigen Werkzeuge (Bewegungsmuster) in deren Bestandteile, aus einer reicheren Auswahl ein völlig neues Bewegungsmuster erschaffen werden kann, welches optimal die Situation lösen hilft, als wenn man aus der geringeren Auswahl von Bewegungen improvisieren muss. Sicher war MacGyver mit dem wenigen ein wahrer Zauberer, doch mit den richtigen Werkzeugen wäre er in der Lage gewesen, wahre Wunder zu vollbringen, da die Palette der Möglichkeiten und Kombinationen zur Improvisation so bunt und reich ist, wie eine blühende Sommerwiese...Warum also sind wir so dogmatisch und pochen so unablässig, ja stur auf das Einhalten bestimmter Dinge, anstelle Toleranz walten zu lassen? Warum dürfen Torleute bestimmte Bewegungen nicht machen, warum verbieten wir etwas? Wir sollten es nicht verbieten, sondern ädern. Selbst Hans Leitert achtete immer wieder auf entsprechende Kompensation und war von bestimmten Techniken völlig losgelöst. Sein Training zielt allein auf das effektive Lösen der Situation ab, nicht auf das Reduzieren des Torwarts in bestimmte Muster. Seine 7 Regeln, wovon nur 5 technische Anwendung finden, 2 mentale Anforderungen sind, sind das Fundament seines Trainings und zielen genau auf diese Sälen des Torwartspiels ab. Doch keine Regel bedingt hier die Beschränkung des Torwarts, oder gibt dem Trainer eine Intoleranz vor - sondern im Gegenteil: Sie fordert dem Trainer ein hohes Verständnis der Grundlagen des Torwartspiels ab, denn er muss erkennen, warum bestimmte Dinge gemacht werden und gemacht worden sind - und ob diese Lösung dann optimaler zu lösen gewesen wäre, oder ob genau diese Bewegung die optimalste Lösung gewesen war, entsprechend der 7 Regeln. So kann, der Flugbahn entsprechend Prinzip Nummer 5 (Schnell und Aktiv zum Ball) auch nur rückwärts wirklich schnell und aktiv geschnitten werden, wie im Beispiel der Bogenlampe bezeichnet. Das Dogmatische missinterpretierten dieses Prinzips, dass es nur aktiv nach vorn in den Ball hinein geht, es stimmt einfach nicht. Es bedeutet viel mehr, daß der Torwart aktiv den Ball erlangen wollen soll, und nicht abwarten soll, bis der Ball direkt in seiner Reichweite ist. Er soll aktiv den Ball angreifen, aktiv mit seinen Techniken die Ballsicherung betreiben, anstelle einfach nur zu reagieren. Er soll die Situation erkennen und dann daraus eine Lösung ableiten, die Ihn, den Torwart, so rasch als möglich in den sicheren Ballbesitz bringt, oder das Erzielen des Tores verhindert. Viele Trainer denken hier zu linear. Der Ball fliegt eine Gerade, es gibt keine Hartplätze mehr, der Torwart hechtet eine gerade Linie... all dieses Denken führt nicht weit. Es ist nur leider typisch Deutsch, weil es mit Geodreieck und Konstruktionszirkel auf Papier gezeichnet werden kann und völlig uniform ist. Leider ist keine Situation im Spiel uniform, es gibt keine Situation, die einer anderen identisch ist, auch wenn sich Situationen ähnlich sein können, sie sind aber nicht identisch. Daher kann auch die Lösung nicht identisch sein, sie kann nur ähnlich erfolgen - und schon daher muss der Torwart kompensieren und improvisieren.
Doch einige haben nicht die Toleranz. Sie haben nicht die Gröuc0ß und Sicherheit, dies zuzulassen. Sie berufen sich auf die unumstöuc0ßichen Regeln, die Dogmas des Torwartspiels, auf die Vorgaben der Verbände und verstehen nicht, dass die eigene Engstirnigkeit die wahre Gröuc0ß des Torwarts blockiert. Anstelle Flügel legen sie die Torleute an die Kette, weil er dies nicht darf und das nicht soll... Anstelle auch klar zu sagen: diese Situation hat sich nur so lösen lassen, oder auch zugeben, dass sich die Situation nur hat anders lösen lassen, abseits Lehrbuch und Dogmata.
Im eigenen Training fordere ich regelmäßig die Torleute auf, verschiedene Optionen zu versuchen. Einfach, wie Torleute individuell sind. Der eine kann dies, der andere das besser und keiner von beiden hat die gleiche Technik, wird diese auch nie haben. Sie mögen sich ähnlich sein, ja, aber nie gleich. Es sind Menschen, die sich wie überall unterscheiden, der Wunschtraum, zwei gleiche zu haben, es gibt ihn nicht. Gerade daher muss Man Individualität fördern, anstelle verbieten. Klar hat das Training Regeln, da muss es so aussehen wie es vorgegeben ist, aber in spielnahen Übungen muss dann die individuelle Ausprägung der Technik, aber auch die Improvisation und das Verknüpfen der Techniken, oder Technikbestandteilen zu neuen Bewegungsmustern zum Lösen der Situationen gefördert werden. Hier müssen dann auch Ausnahmen zu den Regeln erlaubt sein, ja es darf sogar eine Aufforderung sein, Dinge zu versuchen... Denn nur so lernt der Körper, entwickelt sich der Geist.
Das beständige Beharren auf bestimmte Formen und Ausprägungen, es wird irgendwann nicht mehr reichen, nicht genug sein. Wohl dem Torwart, dessen Trainer dies erkannt hat - und immer wieder zulässt, dass dieser sich auch frei entwickeln kann... aber auch, dem Torwart die für andere Trainer so dogmatisch verteidigten Bewegungsmuster beibringt und angedeihen last. Freiheit ja, aber im Rahmen bestimmter Grenzen, Entwicklung ja, aber angeleitet und geführt und nicht anarchisch und durch Chaos geprägt. Denn diese Techniken haben ja einen Sinn, haben einen Grund und sind daher so, wie diese sind.
Was ist aber dafür nötig? Richtig, Toleranz.
Man muss sich einfach eingestehen, das andere Dinge wichtig sind, das andere Dinge eine Lösung sein können. Man darf es nicht verwerfen, man darf es nicht ablehnen, nur weil es nicht dem eigenen Prinzip entspricht. Ja, man muss es sogar annehmen, untersuchen und ggf. vermitteln können, weil man nur so einem Torhüter, andere Möglichkeiten zur Lösung der Situation anbieten kann – und vielleicht ist eine dieser Möglichkeiten, auch wenn man selbst diese ablehnt, genau die Möglichkeit, die dann dem Torhüter hilft und diesen zur Lösung der Situation verhilft.
Somit kann ich als Trainer nicht einfach eine Methode ablehnen, nur weil diese nicht den Vorgaben, dem Lehrbuch, der Philosophie widerspricht – ich muss diese aufnehmen, muss diese untersuchen, sie mir erklären lassen, ich muss es verstehen, möchte ich den Torleuten als Trainer optimal helfen. Denn wie oben geschildert, ist Tw Training oft sehr individuell. Biete ich hier nur wenige, reduzierte Lösungen an, die meinem Torwart nicht helfen, so wird er sich nicht verbessern und fehlen. Er wird früher oder später mich verlassen, oder aufgrund der stagnierenden Leistung auch den Verein verlassen müssen, oder höhere Ziele verfehlen.
Bin ich als Trainer aber in der Lage, hier weitere Möglichkeiten, auch wenn mir persönlich diese nicht gefallen, anzubieten und zu vermitteln, kann ich unter Umständen dann einem Torhüter helfen, bei dem die normalen Lösungen versagen. Greifen aber die anderen Möglichkeiten, habe ich geholfen, eine Sache zu kompensieren, einen Fehler auszumerzen – und ich habe meinen Torhüter besser gemacht.
Dazu brauche ich aber die Toleranz, diese anderen Bewegungsmuster und Formen zuzulassen, ja nicht nur, ich muss auch die Toleranz aufbringen, mir diese anzueignen, diese nicht zu verwerfen.
Dazu darf ich mich aber nie über einen anderen Trainer erheben, oder dessen Tun in Frage stellen – in Frage stellen in der Form, seine Art das Torwartspiel zu interpretieren zu vergleichen und anhand dieses Vergleiches zu kritisieren. Ich darf vielleicht beide Arten kritisch vergleichen, aber keinesfalls seine Form in der Hinsicht kritisieren, als das er damit Fehler begeht – arbeitet auch er doch besten Wissens und Gewissens.
Das einer der Torleute dann einen anderen Stil hat und vielleicht bei bestimmten Dingen nicht das Maximum erreicht, liegt vielleicht auch dann daran, daß ich etwas sehe und eine andere Möglichkeit habe, diese auch vermitteln und erklären kann, die dem anderen Trainer verborgen geblieben ist, oder auf die er nicht so geachtet hat. Dies trägt erst dann negativ, wenn der Torhüter mit Ansprüchen wechselt und meint, sicher und sauber ausgebildet zu sein – und Korrekturen und neue Bewegungsmuster nicht akzeptieren kann.
Das Problem ist einfach, daß es nicht die ultimative, all überlegene und einzig wahre Torwarttechnik und –Taktik gibt. Das ist die Parallele zum Kampfsport/Kampfkunst… Es gibt nicht das ein für alles, das eine einzig richtig und wahre.
Die einzige, gültige Wahrheit, liegt in der Person selbst, die den Weg geht… und es liegt am Trainer, wie erfahren er ist und wie viel Wege er kennt, um seinen Torwart zu unterrichten. Doch sicher ist: Je weniger Toleranz er hat, je mehr er sich über andere erhebt, desto sicherer kann er fehlen. Denn es ist nur sein Weg… und dieser Weg kann und wird nicht der einzig wahre und richtige Weg sein, daß Ziel zu erreichen. Somit ist Toleranz nur ein Schlüssel, der andere ist der Respekt... vor sich und vor allem den anderen...

Auch ich, als ich diese Worte schreibe, habe mir mal wieder kräftig an die eigene Nase gefasst, und mich erinnert... ja, ich habe mich angebrüllt...

Kommentare

  1. Avatar von xirram
    Oha Steffen, das ist schon eine halbe Doktorarbeit;) mit so vielen Thesen und so vielen Denkanstössen, so das ich das alles erst mal sacken lassen musste um das Chaos in meinen Kopf zu ordnen. Letztendlich verstehe ich Deinen Beitrag als "Ode an die Tolleranz" die mit dem Dogma des mechanisch wirkenden und handelnden Torwarts aufräumt.
    Ich persönlich kann vieles nachvollziehen und blind unterschreiben.
    Ich denke auch, das Torwarttechniken ersteinmal beigebracht, und selbstverständlich der Spielsituation angepasst , werden müssen. Erst dadurch wird ein Torwart zu einem Talent das auf" höhere Weihen"" hoffen kann.Deshalb sollte man seinem Schützling auch erklären warum eine Technik so, und nicht anders, angewendet wird.Nur durch Verständnis der Technik hat der Torwart die Chance sie sich wirklich zu eigen zu machen und richtig anzuwenden und dann für sich zu verändern.
    Nun aber wird es kompliziert, denn das was einen zukünftigen grossen Torwart ausmacht ist nicht trainierbar, und wenn, nur in einem sehr begrenzten Rahmen! Die Intelligenz diese Informationen richtig umzusetzen. Ein Torwart, der dumm,wie 3m Feldweg, ist, werde ich in diese Sphären nie hinführen können. Auch da bleibt mir als Torwarttrainer nur die Erkenntnis das ich hilflos danebenstehe und eine höhere Macht bitten muss, mir die Tolleranz zugeben, auch Einfältigkeit zu tollerieren. Dort hilft nur den Spass zu vermitteln und froh zu sein einen Mitmenschen glücklich zu machen.Auch das gehört zum Alltag eines Trainers und muss einem letztendlich auch mit Freude erfüllen.
    Wenn ich jedoch einen intelligenten Torwart habe , der in der Lage ist, das erlernte sinnvoll für sich zu interpretieren, ja dann habe ich einen Rohdiamanten in der Hand, den es zu schleifen gilt und , auch das gehört dazu, bereit bin, ihn im richtigen Moment
    auch gehen zulassen, um sich weiterzuentwickeln , technisch und menschlich! Auch Abschied gehört zwingend zur Grundausbildung eines Torwarts , egal ob ich bei Bayern
    München in der Jugend spiele oder bei DJK Fern ab :)der Wupper. Um ein Meister zu werden heisst es eben auch altvertrautes hinter sich zu lassen und neue Ufer zu erklimmen. Es heisst eben doch irgendwann -Adios-!
    Das Beispiel mit der Bogenlampe und das Rückwärtsspringen, wie von Dir erwähnt, ist ja eine Torwarttechnik (Zur Latte springen etc.), von daher war das Beispiel schlecht gewählt, aber ich weiss natürlich was Du meinst.
    Ich hoffe Deine Botschaft verstanden zu haben und ziehe daraus meine Quintessenz, nämlich: Grundtechniken sind ein zwingendes muss, als Rüstzeug-sozusagen das Schweizer Taschenmesser- wie ich dieses Taschenmesser als Torwart jedoch verwende bleibt eine Frage der Intelligenz.
    Also viva intelligente Torhüter der Republik:D
  2. Avatar von Icewolf
    Mal ab von den Ausführungen zum Torwart-Dasein:
    Frankfurt ist schon ne feine Ecke...