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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Torwarttrainer - Gedanken, Philosophie und Eindrücke - Teil Zwei

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Identisch ist beiden nun, daß weder der Kampfkünstler noch der Torwart die eigentliche Konflikt Situation sucht, Ihr aber ab und an nicht ausweichen kann. Der Kampfkünstler lädt den Kontrahenten zum Bier ein und entschärft die Situation im guten, offenen Gespräch, der Torwart fängt die Hereingabe ab, bevor diese zu einer brenzligen Strafraumsituation führen kann.
Doch nicht ist dies möglich. auch der Kampfkünstler weiß, daß minimalistisch zu denken ist, im direkten Konflikt. Rasches beendigen der Auseinandersetzung ist entscheidend, nicht der Kampf an sich. Ebenso denkt der Torhüter, der an einer schnellen und effektiven Lösung interessiert ist, einen Torabschluss effektiv zu unterbinden und das Tor zu verhindern.
Trotzdem: Sowohl der Kampfkünstler, als auch der Torhüter geben sich dem Ritual der Formen - den Katas - hin. Weniger haben diese mit der Wirklichkeit zu tun, noch weniger sind diese oft effektiv. Dennoch verbergen sich in diesen Formen Wahrheiten und Prinzipien, die es zu erkennen und zu verstehen gilt. Wichtige Kleinigkeiten, die der Ausübende erkennen sollte und begreifen lernt, ob diese für Ihn förderlich oder hinderlich sind. Er soll so erkennen, welche Möglichkeiten sein Körper und sein Geist bieten, und welche Beschränkungen er hat. Er soll so erkennen, in welchen Prinzipien er sich entwickeln kann, und welche Dinge er besser vermeiden sollte, aber er lernt auch, seine Schwächen kennen. Er lernt auch dadurch seine Schwächen zu decken und diese zu kompensieren, denn nicht immer kann man einen Angriff auf die Schwächen vermeiden oder diesem entgegen. Um aber siegreich zu sein, muss man die eigenen Schwächen kennen und Mittel und Wege finden, daß diese nicht zum Nachteil werden, weil man davon eigene nicht abstellen kann.
Sehen wir uns einen großen Torwart unserer Zeit an, Oliver Kahn, entdecken wir bei genauem Hinsehen einige Schwächen. Wohl ein gutes Beispiel ist, daß er auf der rechten Seite sehr gut mit der Linken Hand Bälle über die Querlatte lenken konnte und so Bälle aus dem Kreuzeck angelte, die für andere Unerreichbar blieben. Auf seiner linken Seite hingegen, schaffte er diesen Bewegungsablauf eher selten, sein Bewegungsablauf war hier weniger und und weniger effektiv, dennoch lernte er, durch das Anschlagen des Balles von unten diesen über die Querlatte zu heben oder zu schlagen, wobei er dies mit der linken Hand tat, was ein wenig zu einem Markenzeichen wurde. Letztendlich aber war es nur die Kompensierung einer Schwachstelle, daß diese Schwachstelle aber kein Nachteil war, weil er diese sehr gut zu kompensieren wußte und dafür eine Möglichkeit entdeckte, wissen wir alle...
Jetzt entdecken wir, einige Jahre nachdem das Torwarttraining aufgebaut, etabliert und sicherlich auch Grundlagen hat, daß es viele Stile gibt. Und plötzlich geht das Hauen und Stechen los, welches der Steile wohl der Beste ist. Man merkt deutlich, daß der Vergleich zum Kampfsport nicht von ungefähr kommt. nicht an den Haaren herbei gezogen ist, sondern die Ähnlichkeiten frappierend, ja von verblüffender Gleichheit sind.
Ein Gerry Ehrmann wird um seiner Flugschule von den Anhängern der eher dogmatisch arbeitenden Torwarttrainer (ich nenne hier mal extra keine Namen, es könnte negativ aufgefasst werden, was ich nicht möchte oder beabsichtige) belächelt. Andere Torwarttrainer, wie Thomas Schlieck oder Eberhard Trautner sind offener, was man dann in deren Training gut erkennen kann, wie bei Thomas Schlieck die Einflüsse von Hans Leitert und Marten van Aarts
Bei Gerry Ehrmann sind es die Dinge des Fanz Hoeck oder Hargitay, sowie die Dinge, die er zusammen mit Schumacher erarbeitete, deutlich an seinen Schützlingen wie Roman Weidenfeller oder Tim Wiese zu erkennen.
Auch diese Erkennbarkeit der Stile wird von einigen belächelt oder sogar als Belastung angesehen, obiger Vergleich der Kampfkünste zeigt aber, daß es dies nicht sein muss, wenn der Trainer seinem Schüler dann die Freiheit der Entwicklung lässt.
Es ist im Torwartspiel in Deutschland oft erst die zweite Generation Torwarttrainer unterwegs, ja viele dieser Trainer hatten selbst keine Ausbildung. Denken wir an die erste Generation, deren Ikone Sepp Maier sicherlich als einer der "Großmeister" des deutschen Torwarttraining gelten kann. Sein Nachfolger bei Bayern, Walter Junghans kann als zweite Generation gelten, selbst aber hat auch er wohl nie wirklich einen Torwarttrainer in der Hinsicht gehabt.
Wir leben also noch in einer Zeit, wo erst jetzt junge Aufstrebende Talente unter Torwarttrainern heranreifen, viele dieser Trainer waren selbst Torleute und viele versuchen nun, daß eigene Wissen an diese Schüler zu vermitteln. Aus der Geschichte der Kampfkünste wissen wir, daß es gute, sehr mächtige Krieger gab, die es nicht geschafft haben, Ihre Erkenntnisse und Erfahrungen je an einen Schüler weiter zu geben, oder dies zu wollen. Denken wir an Musashi... Viele unterschiedliche Ideen und Erkenntnisse kommen auf. Schlimmer noch, viele Theoretiker kommen mit praxisfernen Untersuchungen und versuchen, Einfluss auf diese Entwicklung zu nehmen. Dies kennen wir auch aus der Kampfkunst, wo angeblich effektive Selbstverteidungssysteme wie Pilze auf verrottenden Abfällen aus dem Dreck aufschossen, aber so rasch wie diese kamen auch wieder vergingen. Geblieben sind daher Stile und Richtungen, die nicht nur den Schüler zum Musha Shugyo ermutigt hatten, sondern diesen zugleich Rückhalt und Rückrad vermittelt hatten.
Auch im Torwartspiel entdecken wir viele, viele Torwartschulen und Torwarttrainer... es ist nur die Frage, ob diese Trainer bereit waren oder bereit sind, den Musha Shugyo zu gehen, oder ob diese einfach irgendetwas übernommen haben, und alles andere als unkorrekt oder fehlerhaft erachten.
Wei beim Kampfsport, so meine Erfahrung, ist die individuelle Förderung des Torwart, unabhängig bestimmter Vorgaben und Stile unheimlich wichtig. Er bekommt von seinem Trainer etwas beigebracht, er muss es ja erlernen. Ein Stil prägt sich aus. Wohl nur dem Trainer, der selbst nicht in allein seinem Stil dogmatisch behaftet ist, sondern auch bereits andere Stile studiert und versucht hat. Er schickt seinen Torwart nun auf eine Wallfahrt, in der er möglichst viele Methoden und Stile sich ansehen soll und muss, um Neues zu erlernen und neues zu erfahren. Er muss seine persönliche Beschränkung in Techniken und Dingen seines Trainings auflösen, seine bisherigen Fertigkeiten erproben, vervollkommnen oder durch andere Elemente ergänzen, um vollkommen zu werden.
Diesen Ansatz verleitete Hans Leitert zu seinem Buch. Es kann nicht von allen Leuten verstanden oder gelesen werden, und sofort umgesetzt werden. Es ist für viele daher wie verschlüsselt, bleibt verborgen. Doch ein Meister kann es aufschlüsseln, versteht, was Hans Leitert ausdrückt und erklärt... Er beginnt das wahre Dogma, das unabrückbare Prinzip vor und hinter aller Technik zu erkennen und zu begreifen. Er sucht sein Heil nicht mehr allein in der Technik, im Stil, sondern auch in der Philosophie des Torwartspiels. Der Grundlagen, den tragenden Säulen, dem eigentlichen Fundament. Hans Leitert schuf, ohne es vielleicht wirklich zu wissen - wobei ich glaube, daß er es weiß - eines der wichtigsten Lehrbücher zu diesem Thema. Es ist stiloffen, stilfrei und völlig neutral - beinhaltet aber die wohl wichtigsten Dinge des Torwartspiels, die nun viele Trainer unterschiedlich ausgelegt,, im eigenen Stil wieder entdecken oder verstärkt darin arbeiten können.
Der Stil verändert sich nicht, der Fokus der Trainingsarbeit ist anders, es ist eine andere Sichtweise auf die Arbeit der Torwarttrainer... und sie macht eindeutig klar: Selbst wenn man als Trainer einen Stil verfolgt oder vertritt, man darf nie stehen bleiben. Man muss auch als Trainer beständig die Musha Shugyo begehen, Irrfahrten und Wallfahrten. Man muss so seinen Schülern ebenfalls demonstrieren, daß man nicht nur allein auf das was man ist und was man ausdrücken möchte sich ausruht, sondern daß man andere respektiert und mit Vorbild voran geht - daß man selbst von anderen lernt, versucht und den eigenen Stil erweitert, ergänzt oder vertritt. Das man nicht einen Schüler eines anderen Stils nur aufgrund dessen schlecht redet oder weniger wert schätzt, sondern seine Leistung anerkennt und wenn dieser kommt, individuell fördert und versucht, zu vervollkommnen. Die Musha Shugyo des Trainers ist daher auch, vom Schüler anzunehmen, zu lernen. So wie Eberhard Trautner von Jens Lehmann lernte und heute dieses weitergeben kann.
Auch Thomas Schlieck sammelte Erfahrungen und gibt weiter, wo er denkt, das es seine Torleute weiter bringen kann und wird, ebenso wie Dennis Rudel oder Bernd Dreher.

So kann man das Torwart.de Camp aus eine Möglichkeit ansehen, die viele Torleute in wenigen Tagen viele Eindrücke verschiedener Trainer und Stile erfahren läßt. Für mich auch immer etwas, mich selbst in Frage zu stellen, aber auch zu sehen, wo ich mich weiter entwickeln kann.
Der Torwart selbst, überwältigt der vielen Eindrücke, muss diese verarbeiten, er braucht ggf. auch Hilfe. Schlecht, wenn er hier niemand hat. Torwart.de mit seinem Forum bietet aber eine unendliche Hilfe bei solchen Gedanken, wie der Frage nach: der richtigen Technik. Das es darauf für den Suchenden keine eindeutige Antwort gibt, sondern der Suchende für sich dies erfahren und herausfinden muss, ist die eine Seite. Die andere hingegen ist der wichtige Austausch mit Trainern, mit anderen Wallfahrenden/Suchenden, die helfen, die Philosophie, als die Weisheit hinter den Dingen zu erkennen und den Schüler in seiner Entwicklung zu stärken. Es ist aber auch Plattform für Trainer, um die eigene Philosophie zu erklären und im Gespräch die Weisheit zu erfahren, andere Ansichten und Standpunkte kennen zu lernen, anzunehmen und den eigenen Standpunkt von anderer warte aus gesehen zu betrachten. Ein wichtiger Satz von Hans Leitert wog daher schwer und ist Triebfeder meiner bisherigen Trainertätigkeit. Auf die Frage, wann man bei einem Torwart eingreifen, etwas ändern muss, erwarteten viele eine Antwort im technisch taktischen Sinne, doch Leitert selbst wich der Sache aus und erklärte:
" Da war mal ein Torwart, der dreht immer über die Schulter herum, um zum Ball auf der anderen Seite zu kommen., Der Bewegungsablauf war schnell und sicher. Warum hat er dies so gemacht?"
Die Antwort des ehemals österreichischen Nationaltorwarts Goriupp ließ nicht aus sich warten:
"Weil er wußte wohin der Ball geht!"
Leitert nickte nur anerkennend:
"Soll ich das ändern? Vielmehr, muss ich das ändern? Ich weiß es nicht. Im Spiel führte diese Eigenheit nie zu einem Problem, gab nie Anlass zu Klage oder zu Gegentoren... Soll ich daher etwas ändern, nur weil ein Lehrbuch etwas anderes sagt?
Ich weiß es nicht, aber ich - für mich - glaube es auch nicht, daß es etwas bringt, hier etwas zu ändern..."
Dieser Satz, es nur dann ändern zu müssen oder zu versuchen, wenn ein Einzigartigkeit oder eine gefundene Möglichkeit eine Situation zu lösen sich als nachteilig in der Konfliktsituation zeigt, prägte sich bei mir ein, So ist das Coaching im Spiel unheimlich wichtig, um den Torwart im Konflikt zu sehen und zu sehen, wo ggf. Verbesserungen und Veränderungen erforderlich sind, aber auch, ob Dinge die im Training passieren, negative Effekte auf das Lösen von Situationen im Konflikt, im Wettkampf haben.
Ist dies nicht der Fall, kann und sollte man, so Hans Leitert, einfach auch die Imperfektion des Torwarts zulassen und ggf. diese sogar fördern, um eine Schwäche zu kompensieren und damit im direkten Konflikt trotz oder sogar aufgrund der Schwäche noch stärker zu werden. Ein offenes Wort an die Trainer damals in Stuttgart, offener und toleranter zu sein.
Ob es Anklang gefunden hat? Bei Thomas Schlieck habe ich den Eindruck, wenn ich so sehe, wie er mit Dingen umgeht, die er von anderen Trainern mitnimmt.

Das torwart.de Camp war daher eine Möglichkeit für die Torleute, unter 5 Trainern zu arbeiten, 5 unterschiedliche Stile und Ideen in Erfahrung zu bringen und damit den eigenen erlernten Stil zu erproben, aber auch Neue Stilelemente zu erlernen und zu versuchen. Es soll aber auch die Möglichkeit sein, diese Elemente zu hinterfragen, zu diskutieren.
Dies wird noch zu wenig genutzt... keines Falles aber ist, aufgrund obiger Betrachtung, es günstig, wenn alle Trainer nur ein und den gleichen Stil vertreten. Die Torleute würden das Training 'spielen', und auf bekannte und bewährte Bewegungsmuster setzen. Nach Hans Leitert aber soll der Torwart neuen Situationen ausgesetzt werden, im Training, immer und immer wieder, um diese zu lösen und das Treffen von Entscheidungen zu forcieren. Er muss Fehler machen, um aus diesen im Training zu lernen, er muss Erfahrungen sammeln, um im Konflikt des Wettkampfes die optimale Lösung zu haben. Der Torwart darf daher im Training nicht beständig ein und die gleichen Bewegungsmuster anwenden, sondern, muss ggf. auch neue Muster entwickeln und versuchen dürfen. Er darf daher nicht beständig bekannte Übungen ausführen und somit ein Bewegungsmuster nur passend für die Übung, oder wie es der Trainer sehen möchte anwenden, sondern muss herausgefordert werden, ggf. neue Bewegungsmuster zu erlernen und zu erarbeiten, um die für sich selbst am Besten passende Lösung zu finden.
Das Torwart.de Camp bietet just diese Möglichkeiten, kompakt und intensiv. Es bietet zudem die Möglichkeit, es zu hinterfragen, zu erklären und zu verstehen. Es kann daher die Individualität des Torwarts signifikant steigern und fördern, und so helfen, den Torwart ein großes Stück voran zu bringen, wenn er offen und neutral behandelt wird. Er darf Kritik bekommen, nur sollte er nie aufgrund der Kritik sich in seiner Leistung angegriffen fühlen, vielleicht sollte er herausgefordert werden, neue Wege zu gehen und zu versuchen, um zu vergleichen und für sich heraus zu finden, welche Elemente nun passend und schlüssig sind und welche eher nicht.
Es kann daher ein großer Moment für den Torwart zu sein, so intensiv dabei zu sein, so viele Eindrücke erfahren zu dürfen. Denn all diese Eindrücke sind Herausforderungen, Aufforderungen für neue oder andere Lösungsmöglichkeiten von Situationen, aber auch, bewährtes und bekanntes zu vergleichen und auf die Probe zu stellen.

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