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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Out for a kill

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Es ist für die namhaften Androphologen schon erschreckend, wenn Schimpansen etwas tun, was man bisher nur dem Mensch zugedachte: Koordiniertes Zusammen arbeiten.
Denn dies bedingt Koordination, Planung und auch Kommunikation unter einander.. Gerade letzteres war vielen Wissenschaftlern bisher so nie bewußt, doch die Jagd von Schimpasen Clans auf Stummelaffen als Bereicherung der sonst ausschließlich pflanzlichen Nahrung stellte eindeutlig klar: Kommunikation ist nicht das Thema.


Es war im letzten Jahr, als ich zum Team-Building Seminar der Sportjugend Hessen fuhr. Es war mehr ein Wiedersehen mit den Lehrgangsteilnehmern der Übungsleiterlehrgänge, sollte jedoch Programm haben.
Mich hatte das Programm eher angesprochen als die Teilnehmerliste, doch für viele war scheinbar die Teilnehmerliste wichtiger.
Daher gab es für dieses Seminar auch nicht wirklich eine Auszeichnung oder Ausbildungsbestätigung, dennoch: Der Einblick, er war genial.

Wichtigste Grundregel, die ich lernen durfte ist:
auch wenn Du zutiefst davon überzeugt ist, daß es ein Fehler ist, man stellt sich nicht gegen die Entscheidung des Teams

Dies ist wohl das schlimmste und schwerste für mich. Ich kann dies oft nicht, ein völliger Ausschluß ist die Folge. Ich bin daher oft absolut nicht Teamfähig...
Eine krasse Erkenntnis.

Trotzdem: So ein Seminar führt einen selbst ja nicht nur an die Grenze, sondern zeigt auch auf, wohin grenzenlose Euphorie im Team führen kann - zum totalen Versagen, dem sich totprobieren anstelle der Einsicht der Unmöglichkeit und des gemeinschaftlichen Aufgebens des Strebens. Hier tritt nun das Gegenteil obiger Situation ein: Nicht ein einzelner schließt lich aus, sondern das gesamte Team schießt sich selbst ab, weil die euphorischen Teamplayer die kritischen Stimmen überflügeln, das Team mitreissen und dann am Ende es zum Totalversagen kommt...

Man lernt schnell, was im Team wichtig ist: Vertrauen, Opferbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Diskussions und Streitkultur, Planungsfertigkeit

Wir haben am Freitag Abend mit einem kleinen Spieleabend zum Kennenlernen begonnen, hier zeigte sich schon, wer eher der kommunikationsfreudige Typ ist und wer eher nicht. Danach spielten wir ein Spiel, welches man in unterschiedlichen Größen findet, und es gibt bei weitem viele Variationen. Dazu gehört, daß ein Stift oder eine Figur durch ziehen an Seilen durch die Teilnehmer durch einen Parcours geführt oder gezogen wird. Wir haben es mit einem Stift gemacht, der durch Schnüre bewegt werden konnte. Das ist nicht einfach, weil man nicht einfach locker lassen und andere arbeiten lassen darf, oft muss man gegen halten, oder auch nur leicht mitsteuern eingreifen, ab und an auch allein verantwortlich die Grund-Richtung bestimmen.
Am Anfang herrscht wüstes Schreien, Toben und Lachen - Kultur ist nicht vorhanden, es geht ja um nichts.. es zeigt sich aber dann, wenn man es nochmals spielt, daß die Kultur sich ändert, man kommuniziert zweck und ziel gebunden. Dies wird nun verstärkt, wen man die Hände überkreuzt, oder auch zwei völlig unterschiedliche Schnüre bedienen muss, so daß man für zum Teil völlig verschiedene Richtungen verantwortlich ist. Kommunikation ist hier alles.
Beim Schach des Teufels geht es darum, auf einer mittig in Balace gehaltenen Platte unterschiedlich schwere Gewichte zu platzieren. Spiel man miteinander, muss man die Scheibe in der Balance halten und diese darf nicht fallen.
Spielt man gegeneinander, muss man die Gewichte so aufstellen, daß der andere sein Gewicht aufstellt, so daß dies dazu führt, daß die Scheibe kippt und damit die Gewichte zu Boden fallen.
Hier muss man man seine Opferbereitschaft bekunden, denn im Gegensatz zum eigenen Vorteil muss man hier oft dem Gegner einen vermeintlichen Vorteil verschaffen, damit man damit zum Ziel kommt, Sieg durch Selbstaufgabe.
Gerade wenn man dann diese Sache in Mannschaften gegen einander spielt, zeigt sich hier, wie wichtig die Kommunikation, Planung und auch Disziplin der Spieler ist.
Auch das Klettern gehört dazu, denn hier wird das Vertrauen in den unten stehenden Partner, der einen an der Wand sichert, geschult. Man muss, versagt man, oder stößt an die physikalischen oder körperlichen Grenzen der Kletterwand, darauf vertrauen, daß dieser den Sturz unterbindet, abfängt und einen hält... Nicht jeder kann das... auch muss man Verantwortung übernehmen, auch etwas, wo sich nicht viele in den Vordergrund drängen.

Teppichfaltzen war am nächsten Tag angesagt: Die Aufgabewar es, einen Teppich zu wenden oder zu falten, während die Teilnehmer darauf stehen.
Weiter ging es dann mit dem Teufelsfluss, oder der Teufelschlucht. Ein an sich einfaches Spiel, wo aber zum ersten Mal Teamgeist und Teamplay gefragt waren, sonst konnte man nicht bestehen.
Zwischen zwei Markierungen durfte der Boden nicht berührt werden, dennoch, so die Aufgabe, galt es, die Lücke zwischen den Markierungen zu überwinden - Hilfsmittel waren ein paar Holzbretter, nur unwesentlich größer als eine Schuhsohle.
Anfangs war das einfach: Fünf Brettchen auf den Boden in einem bestimmten Abstand und hopp-hopp-hopp ind ein paar Sätzen jeder für sich drüber. Doch weit gefehlt, so war die Aufgabe nicht gemeint.
Vier Brettchen und es wurde mit Springen fast unmöglich, jedenfalls wurde das Risiko des Scheitern so groß, daß man andere Möglichkeiten suchte. Das Brettchen weiterreichen ging los.
Der Abstand der Schlucht wurde nun größer und auch mit 5 Brettchen musste man nun Brettchen weiterreichen spielen.
Witzig dann die Variationen: Pro Brett darf nur ein Teilnehmer darauf stehen, man musste notgedrungen anderen auf die Füsse treten... oder aber: Wurde das Brettchen nicht berührt, klaute der Spielleiter dieses und man musste mit einem oder gar zwei Brettchen weniger auskommen... Oft fanden sich dann schon sehr komplexe Lösungswege wieder, die aber dank guter Kommunikation und Lösungsfindung im Gruppengespräch rasch gemeistert wurde.

Witziger war dann das Flaschen-stellen. Über eine bestimmte Markierung darf der Spieler nicht hinaus treten, muss aber versuchen, so weit wie möglich, die Flasche von der Markierung entfernt ins Feld stellen.
Das begann mit Bücken und angeln, dann mit zaghaftem Festhalten...Verschärft wurde Übung dann, indem der Flaschensteller einen Ring auf dem Boden nicht verlassen durfte, als auch der Festhalter des Flaschenstellers im Ring stehen musste... Hier bewährte sich der sogenannte "Kran":
Der Flaschensteller wird vom Festhalter an einer Hand gehalten, der Festhalter reicht nun seine freie Hand einem anderen Mitstreiter, der nun Gegengewicht ist... Nun kann der Festhalter seinen Arm strecken, ebenso der Flaschensteller sich auf der Kante des Rings abstützend dem Boden durch Strecken des Arms nähern. Das Gegengewicht muss nun den Festhalter so ausbalancieren, daß dieser den Flaschensteller halten kann: So konnte der Flaschensteller bis nur wenige Zentimeter über den Boden bei völlig gestrecktem Körper gesenkt werden und dieser die Flasche noch über Kopf fast 2,2 Meter weit ins Feld stellen.
Das Gegengewicht zog nun den Festhalter beim Aufrichten des Flaschenstellers in die Aufrechte Position und der Festhalter konnte nun den Flaschensteller einholen und auch wieder in die aufrechte Balance bringen.
Hier war Vertrauen gefragt, aber auch Gefühl und miteinander. Diskussionen und Planungswirrwar führte hier nicht zu Erfolgen.

Der Nachmittag war dann Niedrigseil Garten. Wer so etwas noch nie gesehen hat, der stelle sich Gruppen von im Boden verankerten Pfählen vor. Diese sind in bestimmten "Routen" durch Stahlseile in der Höhe von ca. 50 cm verbunden.
Die Aufgabe nun: Die Hauptroute vom Start bis zum Ziel zu überbrücken.
Logisch, Einzelne versuchen es durch Balancieren, jedoch: Nicht alle Seile sind optimal gespannt, mache steigen an oder fallen leicht ab, es war daher den meisten unmöglich, das andere Ende der Route zu erreichen, wenn man es allein tut. Auch zu zweien oder dreien in Kleingruppen hat man keine Chance, man muss als komplette Gruppe arbeiten, je mehr desto besser.
Ketten, die einander stabilisieren bildeten sich, es wurde von einem Pfahl aus jemand losgeschickt, gehalten und dann von der anderen Seite aus übernommen, die Stärkeren und Sicheren halfen den Schwächeren oder Unsicheren... Oft musste man sogar eine Sackgasse 'aufmachen', um Unsichere auf schweren Wegstellen doppelt zu helfen und zu stützen, um danach diese Sackgassen wieder aufzulösen und dann die Hauptroute weiter zu verfolgen.
Alles in allem: Es ist schwer und man merkt hier deutlich schon an: Team würde diese Gruppe so einfach nicht werden, zuviele Vorbehaltete einzelner gegen andere waren vorhanden. Vertrauen nicht 100%ig gegeben und bei einigen die Opferbereitschaft für andere nicht oder nur wenig vorhanden.
So war dann die 5 Meter Wand auch nur einer kleinen Gruppe vorbehalten. Es galt, diese Wand ohne Hilfmittel, bis auf ein rund 1,5 Meter langes Seil zu überwinden.
Also, einfach mal mit Räuberleiter jemand hochhelfen, das war nicht. Aufgabe war: die ganze Gruppe aus 5 Leuten muss die Wand überwinden, es darf keiner zurück bleiben.
Die Planung war das schwerste, doch am Ende entschied man sich für den Turm:
Zwei Unten, die nun zwei auf die Schultern nahmen, jeder hielt den anderen an den Armen fest und man lehnte sich gegen die Wand. In der Mitte der vier Leute kletterte nun der 5 nach oben, konnte so über die letzte kahle Wandstelle überklettern und dann dem ersten hochhelfen, so daß nun zwei oben auf der Wand dem letzten auf den Schultern stehenden hochhalfen. Jetzt drehte sich einer der unten Stehenden mit dem Rücken zur Wand und der zweite konnte nun so auf dessen Schultern steigen und von den anderen hochgezogen werden. Von oben warf man nun das Seil aus, welches von zwei Leuten oben gehalten wurde, der letzte unten nahm etwas Anlauf, sprang die Wand an und ergriff das Seil, er konnte nun ebenfalls hochgezogen werden... die Steigerung, es ohne Seil zu versuchen wurde ausgelassen, ebenso auch die 7 Meter Wand... aber die Wand zeigte einfach: Auch persönliche Vorbehalte, als auch eigene Ängste können das Scheitern einer Gruppe bewirken, insbesondere, wenn man nicht offen dazu steht, oder den anderen nicht genug Vertrauen gegenüber erbringt.

Der Sonntag war dann ein Orientierungslauf. Schamlos kamen nun die inneren Kluften der Gruppe zu Tage, die sich beim eher durchwachsenen Wetter nicht immer auf eine sichere Route einigen konnten, keine Späher oder Kundschafter aussandten und lieber wohl im Bett geblieben wären, die Gruppe fand zwar am Ende den "Schatz", doch letztendlich war die Teamleistung auf dem Weg eher mangelhaft und damit blieben viele Teile unerfüllt...

Team Building ist daher eine Sache, wo es nicht immer darauf ankommt, die Besten der Besten auszuwählen. Viel wichtiger ist, daß sich im Team eine Gruppe findet, die gemeinsam sich den Herausforderungen stellt, zueinander Vertrauen hat, sich nicht internen Grabenkämpfen und Grillenduellen hingibt und den Herausforderungen gemeinsam stellt. Eine Gruppe, die miteinander Kommunizieren kann, zielgerichtet und in der Planungsphase durch eine Streit- und Diskussionskultur zudem auch Lösungswegemiteinander und füreinander findet und beschließt, die dann in der Ausführungsphase probiert und gemeinsam gegangen werden.

Ich kann daher vielen nur empfehlen, mit der eigenen Mannschaft ruhig einmal so etwas zu machen, nicht nur um den Teamgeist der Mannschaft zu fördern, nein, auch um einfach sich der eigenen Grenzen bewußt zu werden... denn letztendlich merkt man:
Wenn wir wirklich besser sein wollen, als der Clan der Schimpansen, müssen wir oft auch einfach über unseren Schatten springen, aber auch ab und an mal die Fresse halten, anstelle etwas zu sagen, nur weil das eigene Ego angekratzt wurde... auch ein Reservespieler trägt zum Erfolg der Mannschaft bei, wenn er sich mental und körperlich beständig darauf vorbereitet, einen Stammspieler zu ersetzen, der ausfällt oder verhindert ist, ohne dabei sofort zu meinen, damit gesetzt sein zu müssen - es geht nicht um eine Position oder einen Mensch, es gahlt allein um das Team.
Und schon deshalb müssen viele Dinge dann auch unausgesprochen bleiben, oder im können nur im Rahmen moderierter Kreise geklärt und besprochen werden, um das zerbrechliche Vertrauensgefüge des Teams nicht zu belasten oder zu zerbrechen...

Team Building - geniale Erfahrung!
Danke an Holger, Roland, Bernd und die anderen Teilnehmer des LSB-H Kurses...
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