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Believer

Gedanken einer Torwarttrainerin (?) und einer Torhüterin

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Noch ist es für mich eher ein abstrakter Gedanke. Ich und Torwarttrainerin? Richtig angestellt im Verein, mit allem Drum und Dran. Noch erschreckt mich diese Verantwortung, die mit der Beschäftigung einhergeht ein wenig.

Das Torwarttraining in den Jugendmannschaften U13 und U17, die ich betreue, ist gut angelaufen. Ich musste mir zwar in der ersten Einheit bei Zweien ein wenig Respekt verschaffen, damit ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit habe, aber mittlerweile trainieren beide konzentriert und vor allem motiviert. Auch in der U17 sind meine beiden Torhüterinnen voll bei der Sache, machen im Training Fortschritte und fragen vor allem viel. Am tollsten aber: Wir haben Spaß bei der Sache. Manchmal muss ich ein wenig drauf achten, dass uns vor lauter Spaß nicht ein bisschen die Effektivität flöten geht.
Nicht nur den Mädels macht es Spaß, sondern mir auch. Und doch mache ich mir in dieser neuen Position wieder Druck.

Neben der Begeisterung für die Torwartposition, wie ich sie im Training lebe und wie ich sie ihnen nahe bringen will, ist es mir natürlich auch wahnsinnig wichtig, dass sie durch mein Training ihr Torwartspiel verbessern können. Sicherer werden und ihren eigenen Stil finden. Ich möchte einfach wissen, dass sie mit breiter Brust in den folgenden Spieltag gehen können. Neben dieser Verantwortung habe ich natürlich meine Vorstellungen von einer guten Torwarttrainerin.
Ich denke, dass es für die Torhüterinnen sehr wichtig ist, dass sie in ihrer Trainerin auch eine Art Vorbild sehen. Gute Leistungen im Training, anerkannt im Team, glänzt mit tollen Taten und einer abgeklärten Art im Spiel. Das sind so Wortgruppen, die mir bei diesem Thema in den Sinn kommen.

Doch im Moment bin ich weit von diesen Punkten entfernt.
Nach meiner kleinen Vereinsodyssee am Anfang der Saison, habe ich mir einen Kaderplatz bei den ersten Frauen meines Vereins erarbeitet. Wir spielen Regionalliga, haben viel Potenzial im Team und meine Konkurrentin ist eigentlich nicht besser als ich. Nicht nur eigentlich. Aber sie hat das, was mir fehlt: Die Erfahrung. Auch, wenn sie das nicht immer zeigt. Trotzdem wäre der Weg zum Stammplatz unter diesen Umständen eigentlich kein langer. Doch ich werde von irgendetwas ausgebremst.

Natürlich bin ich auf ein höheres Niveau gekommen, mit Schussstärken, die ich vorher nur selten vor dem Visier hatte. Dennoch. Im Torschusstraining fühle ich mich langsam, behäbig, treffe Entscheidungen zu spät. Es fehlt manchmal an Entschlossenheit.
Mein Stellungsspiel erscheint mir miserabel - zu wenig Druck auf den Angreifer, zu spät zum Stehen gekommen, zu weit in die eine Torecke gelockt. Mein Gefühl für den Raum ist im Keller.
Manchen Bällen sehe ich hinterher und denke: Man, früher hättest du da übergegriffen und sie gehalten. Spring doch einfach. Aber im Moment denke ich. Der Schuss kommt. Ich sehe ihn im Netz einschlagen und denke mir: Hey, wenn du einfach gesprungen wärst, hättest du ihn gesichert. Denken.
Automatismen greifen nicht mehr. Das Eins gegen Eins - früher mit der Sprungkraft meine große Stärke - entwickelt sich für mich langsam zum Alptraum. Zu langsam mit den Füßen. Mit den Händen. Stehe ich zu "fest"? Stellungsspiel.
Paraden, bei denen ich gelobt werde, analysiere ich anders. Wenn ich einen Ball halte, dann fühlt es sich wiederum selbstverständlich an. Nichts besonderes. Nichts herausragendes. Ich habe keine Relation mehr für gute Paraden, sehr gute Paraden für unhaltbare Bälle. Im Moment hätte ich jeden Ball halten können und die Bälle, die ich halte sind nur alltägliche Saves.

Dann kommt immer wieder dieser trügerische Gedanke: Früher war das doch ganz anders, da warst du spritzig, hast dich schnell und leicht beim Springen gefühlt. Die Sprünge kamen dir vor wie sich in die länge ziehende Sekunden, wenn du im Rausch den Flug und das saubere Abrollen spürtest.
Zu allem Überfluss ist mein Torwarttrainer von einem Arbeitsunfall heimgesucht worden. Schulter zertrümmert. Seine eigenen Handschuhe kann er nun an den Nagel hängen und es wird auch noch ein Weilchen dauern, bis er wieder in der Lage ist, uns zu trainieren.
Ohne Torwarttraining kommt die Zeit für uns Torhüter im Training allgemein sehr kurz. Mein Coach macht sich eben sehr viel mehr aus den Feldspielern, was er auch schnörkellos zu betont.

Zu diesen Zweifeln am eigenen Torwartspiel kommt also noch die neue Herausforderung des Torwarttrainerjobs. Manchmal denke ich, dass er mich in gewisser Hinsicht immer ein bisschen "rettet", weil ich meinen Torhüterinnen helfen kann. In dem sie mich fragen, im Training mitziehen und sichtlich Spaß haben, helfen sie mir auch. Doch immer kommt dieser Drang auch die Torwarttrainerin für sie zu sein, die ich für sie sein könnte.
Dann ist gleich nach dem Torwarttraining wieder mein eigenes Training, in dem ich nun nach der gelungenen Stunde davor das abrufen will, was ich von mir erwarte und eigentlich gewöhnt bin. Dann wird aus der Motivation schnell Ernüchterung. Ich kann nicht das umsetzen, was ich meinen Schützlingen immer wieder "predige". Wie soll man so jemanden seine "Leistung anvertrauen"?

Im Moment suche ich noch nach Gleichgewicht...
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Kommentare

  1. Avatar von Steffen
    *eine Eisbox in den Raum stellt* *Believer fragend anschaut* Möchtest Du vielleicht mal reden? Mit jemand der genau deine Gedanken kennt, versteht und aus eigener Erfahrung Dir etwas sagen und auch antworten könnte, auf all deine Fragen?
    Es ist dein Ding... lass die Box zu und alles ist gut, mach Sie auf und auch dann ist es gut.
    Torleute treffen Entscheidungen, Torwarttrainer auch, triff also eine Entscheidung.
  2. Avatar von Mondy
    Alles Gute Beliver, du wirst sicher deinen Weg gehen und die richtige Entscheidung treffen...viel Erfolg!!!