Bewerbungsteufel bei den Gesetzeshütern (3)
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am 09.12.2010 um 20:07 (12962 Hits)
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No. 7 - Rauchst du eigentlich? Nein? Minuspunkt.
Ich hatte schon von diversen Bewerbern, die zu erst dieses Gespräch und dann die Untersuchungen hatten, diverse Geschichten gehört. Das Gespräch sollte wohl eine halbe Stunde dauern und es wurden neben den "normalen" Fragen auch solche gestellt wie: "Wie würdest du reagieren, wenn in deiner Familie eine Straftat begangen wird von einem Angehörigen?" "Wenn jemand mit einer Waffe auf dich zielt, würdest du schießen?" oder "Wie würdest du eine Todesnachricht überbringen?"
Bei den ärztlichen Tests hatten wir zufällig einen Beamten der SchuPo kennen gelernt, den wir natürlich schon über die Fragen und die besten Antworten ausgequetscht hatten. Ich hatte mir also meine Antworten zurecht gelegt.
Letztendlich brauchte ich sie dann aber nicht.
Die beiden Prüfer waren Beamte der Schutzpolizei, ein Mann und eine Frau. Beide waren mir auf Anhieb sympathisch, da sie sehr locker und freundlich auf mich zukamen. Ein Beispiel?
Als ich ihnen die Hand gab, fragte mich der Prüfer: "Sag mal, rauchst du?"
Stolz antwortete ich: "Nein." Daraufhin seufzte er und sagte nur:"Na dann kriegst du schonmal einen Minuspunkt. Sonst hätten wir das ganze hier bei einer Raucherpause machen können."
Ob das nun ein Scherz war oder nicht. Es lockerte die Stimmung erheblich auf und trug dazu bei, dass aus dem Bewerbungsgespräch eine lockere Unterhaltung wurde. Erst sollte ich meinen Lebenslauf ein bisschen darstellen. Ich pickte mir bestimmte Sachen heraus und endete nach ein paar Sachen beim Fußball - was sonst?
Daraufhin schweiften wir natürlich erstmal zum Volunteering bei der FIFA WM 2011 ab.
Es wurden mir letztendlich dann ein paar Bewerbungsfragen gestellt: "Warum willst du zur Kriminalpolizei?" "In welches Gebiet willst du später gehen?" und "Was sind deine Schwächen?" Bei der letzten Frage konnte ich dann mit einer schnellen Antwort punkten, da die vorherigen Bewerber sich offensichtlich nicht darauf vorbereitet und ewig herum überlegt hatten. So sammelte ich weiteres positives Feedback. Sie sahen einander nach dieser Antwort an und zuckten mit den Schultern. Dann schien der Prüferin noch etwas einzufallen. "Ach ja, hast du dich über das Studium informiert?" "Natürlich", antwortete ich und rasselte mein Wissen über Prüfungsfächer und Abschlüsse herunter, wurde allerdings schon nach dem dritten Satz unterbrochen. "Okay, wir sehen es." Dann fragte sie noch:"Und wo hast du dich informiert?" Breit grinsend antwortete ich: "Auf der Internet-Seite der Polizei." Beide grinsten.
Daraufhin sah der Prüfer seine Kollegin wieder an, sah auf die Uhr (auf der gerade mal ein paar Minuten - vielleicht waren es 8?) vergangen waren und sagte: "Gut, an dieser Stelle können wir es beenden. Wir sind uns beide sicher, dass du zur Polizei passt und wünschen dir alles, alles Gute für deinen Bewerbungsweg. Wir hoffen, dass wir uns bei der Polizei wiedersehen." Er hackte nacheinander alle Kästchen auf seinem Zettel ab und fuhr zwinkernd fort (in etwa): "Zwar willst du ja zur Kriminalpolizei, aber wir sind ja trotzdem nicht aus der Welt."
Danach hätte quatschen wir auf dem Gang noch über Fußball, Knieverletzungen und Verbeamtetwerden.
Das beste Bewerbungsgespräch, das ich je hatte. Definitiv.
No. 8 - Warten. Wieder Warten. Und unbekannte Objekte.
Im Anschluss an den Bewerbungstag kam ich mit der Bahn hundemüde um 16 Uhr zu Hause an und fuhr gleich weiter zum HNO-Arzt, der mir diese bescheuerte Zecke aus meinem Ohr holen sollte. Es passte zum Tag. Fieber - nie gehabt. Zecke - nie gehabt. Dazu war ich eine Stunde zu spät gekommen, mein Pullover war gerissen, so dass ich beim Bewerbungsgespräch nur noch die Bluse anziehen konnte und jetzt saß ich noch 3 Stunden in diesem blöden Wartezimmer bei einer Ärztin, zu der ich noch nie hatte gehen brauchen. Tja.
Am Ende kam ich aus dem Behandlungszimmer mit einem Überweisungsschein an das Berliner Unfallkrankenhaus in der Hand und der Empfehlung, gleich in die Notaufnahme zu fahren, da ich "scheinbar eine Monsterzecke im Gehörgang" hatte.
Letztendlich dachte ich mir dann, dass ich wegen einer Zecke, die schon ewig da drin sein musste, bei diesem Chaos nicht noch abends in die Notaufnahme fahre. Und nahm mir das für den nächsten Morgen vor.
Am nächsten Tag fuhr ich also in die Notaufnahme des UKB, wurde erstmal 45 Minuten von Station zu Station geschoben und um weitere 10 Euro Praxisgebühr erleichtert, bis ich letztendlich weitere 2 Stunden auf der ambulanten HNO-Station im Wartezimmer verbrachte. Und dann endlich war klar, was ich nun im Ohr hatte:
Es war ein Granulatstückchen (so eine kleine grüne Kugel) unseres Kunstrasens. Als ich die "Monsterzecke" betrachtete und mir den Stress des letzten Tages vor Augen führte, musste ich erst einmal herzhaft lachen.
Auf der Bescheinigung für den Polizeiarzt steht nun:
Entfernung des Fremdkörpers im rechten Ohr ICDT16 (Granulat - Kunstrasensportplatz)
Und so hat auch diese Geschichte ihr Ende.
Nun heißt es wieder warten, warten und nochmal: Warten. Die Ranglisten mit den erreichten Punktzahlen, die über meine berufliche Zukunft entscheiden, sollen gegen Mitte Dezember im Internet veröffentlicht werden. Dann entscheidet es sich: Bin ich durch alle ärztlichen Tests gekommen? Bin ich unter den ersten 66?
Jetzt kann zumindest ich nichts mehr tun.