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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Der, der diesen Weg vor Dir gegangen ist...

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Kampfsportlern ist der Begriff Meister geläufig. Doch auch im Handwerk ist der Begriff Meister nicht unüblich. Es ist die Person, die eigentlich alles erlernt hat und nun in der Lage ist, das Wissen an nachfolgende Generationen weiter zu geben.
Den Gesellen schickte man auf Wanderschaft. Das Handwerk wollte so vermeiden, daß der Geselle nur von einem Meister das Wissen übernahm und weiterlebte, sondern daß der Geselle möglichst viel Wissen in sich vereine.
Viele Kampfsport Schulen verbieten Ihren Schülern solche Dinge. Sie wollen den Schüler an einen Meister binden und viele geben sich sogar Mühe, die anderen Schulen schlecht zu machen. Der Meister lässt sich mit Sensei ansprechen, mit Sifu oder ähnlich. Vielen jedoch ist gar nicht gewahr, daß dies einst anders war. Den Sensei sah man in der Schule, dem eigentlichen Ort des Trainings, also der Trainingshalle, dem Dojo, gar nicht. Wenn, dann sass er auf einer Erhöhung und sah dem Training zu. Schon allein die Anwesenheit des Sensei war für viele Schüler eine unvergleichliche Ehre, die diese empfingen. Der Unterricht wurde meist von den Meister-Schülern, den Sempais abgehalten. Und trotzdem: Viele dieser Schulen rümpften über andere Schulen die Nase, oder verhielten sich abfällig. Auch in China, im Lande des Kung-Fu sind solche Anfeindungen gegen andere Stile oder Schulen nicht unüblich gewesen, ja solche Szenen sind heute oft Bestandteil der guten alten Kung-Fu Filme.
In Japan sprachen viele von Tsujigiri, oder Schwerttest. Früher versuchte man die Schärfe des Schwertes an einem armen Bauern, den man antraf, oder an einem zum Tode verurteilten Opfer der Rechtsprechung. Doch der Begriff ging dann auch dahin über, daß in den Zeiten des Friedens die Schüler anderer Schulen in eine Schule gingen, um sich im Kampf zu messen. Dies war meist kein Wettkampf, sondern ein Kampf um Leben oder Sterben. Oft war es sogar üblich, daß ein Meisterschüler den Meister der anderen Schule forderte. Gewann der Herausforderer gegen den Abgesandten der Schule, dann erst folgte der Meister der Herausforderung. Schlimme Verletzungen waren die Folge dieser Vergleiche, ja es kam sogar zu Todesfällen - weshalb diese Herausforderungen verboten wurden. Trotzdem: Die Sempai oder Meisterschüler, die im Namen des Meisters in der Schule den Unterricht leiteten beugten sich nicht immer diesem Gesetz, sondern verabredeten sich insgeheim zu diesen Duellen. Trotz des Verbots kam es immer wieder zu Tsujigiri.
Dabei: Es ist nicht immer sinnvoll, nur von einem Meister zu lernen. Als ich damals mit Judo begann, was mein Trainer ein Japaner. Seinen Namen habe ich vergessen, wir nannten diesen "Ted" und er war ein herausragender Judo Trainer. Doch, er formte mich als Kind. Trotzdem: Er ermutigte uns, auch bei anderen zu lernen. Wir sollten mutig sein und bei anderen Trainern uns vervollkommnen. Denn, so seine Rede, vielleicht sieht ein anderer "Meister" etwas, was er bei uns übersehen hätte, was nun Korrektur bekäme, und dies uns dann noch besser machen würde. Genau dies sollte das Ziel sein: Besser zu werden, nie stehen zu bleiben.
Umso unverständlicher ist, daß es heute Dojo gibt, die den Schülern genau dies untersagen - wie egozentrisch sind diese Lehrer?

Ebenso ist es doch im Fussball! Ein Torwart wird von seinem TwT geformt, er lernt von diesem und wird daher auch irgendwo dessen Stil repräsentieren. Ein Manuel Neuer wird nie Teile von Oliver Reck als seinem TwT leugnen können, aber auch nicht, was ein Bernd Dreher in diesen "hineinpumpte". Ein Oliver Kahn wurde geprägt durch Sepp Maier und auch ein Michael Rensing kann diese Prägung nicht leugnen.
Trotzdem: Ein Torwart kann nur sein volles Potential entfallen, wenn er nicht nur von einem TwT geprägt wird. Ein Torwart lebt davon, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln und möglichst viele Dinge zu lernen. Er sollte angehalten sein, von diesem Lehrer das zu versuchen, und vom jenem Lehrer dies zu probieren. Er muss dabei herausfinden, welche Sachen am Besten zu Ihm passen und Ihm weiter bringen.
Er braucht aber einen verständigen TwT, denn dieser muss seinen Egoismus aufgeben, Ihn zu diesem Schritt ermutigen und als Gesprächspartner diesen, wenn es danach darum geht, heraus zu finden, welche Techniken zu ihm passen und welche nicht - was Ihn also voran bringt und was nicht.
Dies bedingt auch, daß ein Torwarttainer selbst bereit ist, Neues, was der Torwart bin anderen mitbringt, auszuprobieren, zu sehen was es wie oder wo bringen soll... ja er muss sogar sich selbst am Besten aufmachen und von anderen TwT Erfahrungen einholen, ja neues lernen. Der TwT sollte also sein eigenes Wissen auf die Probe stellen, aktualisieren und vergleichen, sich aber der Diskussion auch nicht verwehren.
Denn auch diese eigene Erfahrungssteigerung bringt Ihn als Trainer weiter und verhilft erneut, seinen Torwart besser zu machen.
Schon allein aus diesem Punkt, sollte der TwT seine Torleute ermutigen, neues zu versuchen, sich Herausforderungen zu stellen. Im Training gibt es keine Grenzen, nur ethische und persönliche Grenzen, aber keinesfalls sollten sportliche Herausforderungen im Training fehlen oder vom Torwart nicht gesucht werden.

Und hier kommt die Brücke zur Kampfkunst, denn selbst wenn es früher nicht üblich war, so sollte es heute durchaus den Trainern klar sein, daß wenn Ihr Schüler wirklich etwas erreichen möchte, er möglichst viel Erfahrung und Eindrücke sammeln muss. Denn dies führte zur Entwicklung neuer Stile, zu Veränderungen und Anpassungen in der Kampfkunst. Einige Schulen lernten so rasch, daß diese Eindrücke aus anderen Schulen die eigene Stilrichtungen zwar veränderten, aber voran brachten.
Diese Meister beflügelten nun Ihre Schüler, diese Erfahrungen zu machen, ja entsandten diese sogar mit Empfehlungsschreiben zu anderen - ohne jemand den Verlust der Schüler befürchten zu müssen.
Denn diese Schüler, die vergassen Ihre Wurzeln nie... und noch heute kommen viele zurück, nur um mit dem ehemaligen Sensei einen Tee zu trinken.
Waren einst die Beziehungen Meister - Schüler wie Vater und Söhne, so wandelte sich dies dann zu Beziehungen tiefer und guter Freunde, Brüdern ähnlich...
Dies müssen wir als Trainer in unsere Köpfe bekommen, aber auch als Torleute verstehen.
Ein Torwart also, der sich allein einem Trainer verschreibt, wird nie wahre Größe erreichen, wird nie seine eigenen Grenzen verschieben. Ebenso ein Trainer, der dies von seinem Torwart verlangt, daß er sich so bindet. Er wird sein eigenes Ego immer über das seines Torwarts stellen...

Kein Wunder, daß die Blaue Mauer einen ganz eigenen Lieblingstorwarttrainer hat - und sich schon jetzt auf das Torwart.de Camp 2011 freut.
Ruit, go four!

Kommentare

  1. Avatar von Skanatic
    Hallo Steffen,

    du hast einen tollen Ansatz zum Vergleich gefunden. Finde es interessant, habe wirklich noch nicht so über dieses Phänomen nachgedacht. Allerdings liegt es auch vielleicht daran, dass ich in meiner Aktiven Laufbahn schon des öfteren einen neuen TWT hatte und vielleicht deswegen dieses Nachdenken nie von Nöten war. Aber meinerseits gibt es die volle Zustimmung.