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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Uncharted - Among Thieves

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Well, wer kennt es nicht? Das Spiel mit den Mysterien. El Dorado, das Gold der Inka, Geheimnisse der Kirche, Shambala, Igdrasil oder der Baum des Lebens, Unsterblichkeit... viele Computerspiele verknüpfen uns die Mysterien.
Im TV läuft Sakrileg und auch hier werden wir geschickt mit Mysterien konfrontiert - ja mehr noch, diese Mysterien werden so geschickt verpackt, daß man Unwahrheit von Wahrheit nicht mehr unterscheiden kann. Beim Computerspiel gelingt dies nur Ansatzweise, doch im Buch Sakrileg und im Film verschwimmen Mythos und Realität so gut, daß man meinen könnte, die Wahrheit wäre das Drehbuch gewesen.
Unmerklich nimmt sich dabei dieses Buch den Mythos der Gralsreise vor, die schon in der sogenannten Gralssage um Ritter Parzival beschrieben wird.
Es schickt seinen Helden Landon zusammen mit einer jungen Frau auf diese Gralssuche, nur nicht in der Zeit des Hochmittelalters, sondern in der Neuzeit. Auch ist es nicht die Suche nach dem Kelch an sich, sondern nach den Gebeinen der Maria Magdalena, die mit Jesus Christus Kinder gehabt haben soll, und daher als der Gral, also Gefäss des Blute Christi, einer Metapher der Nachkommen Jesus Christus, gewesen sein soll.
Die Geschichte ist so aufreibend, wie die Suche nach dem Gral, also dem Kelch an sich.
Trotzdem, es bleibt Mythos was zum Großteil den Film ausmacht, aber es bleibt eine Reise zu den wahren Wurzeln des Grals. Denn der Gral und diese Metapher bleibt immer, ist eine Suche nach dem Selbst, nach dem wahren ICh in uns selbst. Die Frage nach dem "Wer sind wir?" ist letztendlich der Auslöser selbst und der Gral an sich, jeder von uns hat daher wohl auch seinen eigenen.
Übrigens, nicht nur die Christen haben solche "Gralsreisen", auch im Buddhismus und anderen Weltreligionen sind solche Walfahrten zum eigenen Ich durchaus bekannt und häufiger zu finden. Im Shintoistischen Glauben der alten Samurai, sowie in den daraus abgeleiteten Form des esoterischen Buddhismus nennt sich die "Musha Shugyo" - Übersetzt als Irrfahrt oder Wallfahrt des Kriegers...
Wer übrigens den Gral sucht, muss heute, in Zeiten des Internets nicht mehr suchen.
Terra X hatte dazu mal eine ganz tolle Dokumentation, wo diese dem Gral folgten, zumindest der Sage. Sie schafften es, die Indizien der Sage, also Mythen und Realität zu entflechten und brachten daher die Hinweise letztendlich auf einen Punkt - und von dort aus war der Weg des Gefässes zum heutigen Aufbewahrungsort nicht schwer. Somit ist, was man finden kann, als Gral in Form des Trinkgefässes, dieser eine, der einzige, der genug Geschichte, Hinweise und Indizien auf sich vereinen kann. Andere gibt es zwar, doch diese schaffen nicht mal halb soviel Belege auf sich zu vereinen, wie der eine.
Er steht in Valencia, im Dom in einem Seitenschiff. Ein schlichtes Trinkgefäss, welches erst später auf einer Halbschale als Präsentationshilfe aufgestellt wurde, um danach noch mit Henkeln und Goldzierat aufgewertet zu werden.

Trotzdem sind diese Geschichten oft ein Wechselbad der Gefühle, nicht bloß für die Figuren der Geschichte, sondern oft auch für den Zuschauer an sich.
Doch nichts ist, wie die Realität. Auch hier sind wir nur zu oft auf einer Gralsreise und werden in einem Wechselbad der Gefühle, einem Malstrom gleich, eingesogen.

Doch der Reihe nach, es nutzt nichts, die alles in einen Beitrag zu packen, fangen wir mit Freitag an..
Eine kleine Runde Torwarttraining bringt uns hier weiter. Eigentlich wollte ich zunächst etwas technisches machen, beschloss aber dann, weil meine U12 Torfrau auf den Sichtungslehrgang fahren musste. Natürlich bin ich stolz, daß mein jüngstes Talent zu solchen Lehrgängen eingeladen wird - aber dies bedingt nicht, daß damit alle in Ordnung wäre.
Also hatte ich beschlossen, etwas zum Thema Stress zu machen. 5 Bälle aus dem Knien flach in die Ecke. Kurze Distanz... das ist böse, denn der Torwart muss einfach reingehen, muss sich zusammen reißen, muss schlicht die Technik ausführen und sich darauf verlassen, daß diese funktioniert. Wer das noch nie gemacht hat, der darf mal sich so etwas hingeben und spüren: Verdammt, jedes Zögern bedeutet das es klingelt. Angst und Selbstunsicherheit sind hier der schlechteste Ratgeber, den man haben kann. Hier muss man Vollgas in den Ball hinein, alles was drinne ist.
Logisch, dabei entstehen Fehler, dabei klappt nichts... aber: Nur so schafft man Vertrauen ins das eigene Ich und in die eigenen Fertigkeiten.
Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, wie dann so etwas abläuft. 5 Schüsse links, Pause, 5 Schüsse rechts, Pause. Die Mädels waren danach nass geschwitzt. Nicht weil wir soviel gemacht haben, nein, weil eben Angst da ist und zudem die Technik hochkonzentriert abgerufen werden muss.
Danach ging es zu den Erwachsenen - weil ich gerade dabei war, haben wir das auch gleich bei den Erwachsenen gemacht. Dann aber auch halbhoch... zunächst ein Gebrüll und ein Geschrei - weil das geht nicht, daß kann ich nicht - blablabla - doch dann haben wir insgesamt 3 Runden, also je 5 Schüsse pro Seite, insgesamt also 30 Schüsse halbhoch gemacht. Distanz vielleicht 7-8 Meter und richtig drauf... danach war auch meine Torfrau voller Adrenalin, voller Tatendrang - aber glücklich. Denn: Wenn man sich überwindet, wenn man den Willen an den Tag legt, dann klappt es... denn letztendlich, da muss man nicht nachdenken, einfach machen. Oder wie ein Fisch namens Dori sagte: "Einfach schwimmen!"
Samstag dann im Eisenbahnverein mit der Lichtmaschine gekämpft und siegreich geblieben, doch gegen 16 Uhr ging es dann los. Letztes Punktspiel: Gewinnen wir, schaffen wir es in die Relegation, Unentschieden reicht nur, wenn die anderen nicht gewinnen und wir mehr Tore behalten... Verlieren hieß damit alles verspielen....
Mein Torwart natürlich, erst seit 6 Wochen reaktiviert und nur 5 Wochen im Training, alles andere als die Ruhe selbst. Daher läuft das Warmmachen auch ruhiger, gelassener... Ich vermittele Sicherheit, nicht Panik. Bin kontrollierter, bewußter, will das er sich sicher fühlt, motiviert ist....
Nach 30 Minuten schicke ich ihn in die Kabine, er soll sich umziehen, seine Dose RedBull trinken und einfach mit sich allein sein.
Nein, überragend sieht anderes aus und nein, ich glaube nicht, daß wir die Relegation überstehen. Die Abwehr ist wie ein Hühnerhaufen, die Leute haben zuviel Platz, doch mein Torwart ist überall. Sicher, die eine Flanke, da ist er schön drunter durch gerauscht. Doch die nächste, auch noch in Bedrängnis hielt er sensationell vor dem gegnerischen Stürmer. Doch das war es nicht, was die Partie drehte, es war die zweite Halbzeit, als die Gegner, die scheinbar vom Tabellenpunktgleichen mit uns ein paar Liter Bier als Siegprämie pro Kopf zugesagt bekommen hatten, nun nochmals Vollgas gaben. Doch wie ein Krake war mein Torwart im Tor. Hielt aus nur 6 Metern den Schuss auf die kurze Ecke indem er sich volles Risiko in den Schuss warf und noch am Boden das Eins gegen eins im Nachfassen für sich entschied. Danach war er nicht mehr zu halten. Er tobte auf der Linie, gäbe es 100 armige Krakenartige Tasmanische Teufel, dann wäre er so einer gewesen... Wir entscheiden glücklich 2:1 für uns, wobei der Schiedrichter auch sein Bestes gegeben hatte, den Gegnern mit Freistößen und Spielunterbrechungen das Spiel auf unser Tor zu erleichtern.
Doch letztendlich: Immer waren irgendwo die Hände des Torwarts und verhinderten, daß der Ball die Linie überschreitet...
So titelt nicht nur die TaunusZeitung von den 1000 Händen des Oli P., auch der Usinger Anzeiger weiß von diesen Heldentaten zu berichten.
Was danach folgte, ist die Sicherheit, Vizemeister zu sein und damit die Relegationsrunde zum Aufstieg geschafft zu haben. Mit dem ChampionsLeague Finale stieg auch der Alkoholspiegel der feiernden Mannschaft... einer aber fehlte... der TwT.
Dieser war zwar mit Bier übergossen worden und roch entsprechend nach erbrochener Gerstenkaltschale, aber beim Feiern, da war er nicht zu finden.
Warum wohl?

Nun, es ist wunderbar, die Relegationsrunde erreicht zu haben. Doch für mich neigt sich eine Ära zu Ende. Zwar beginnt etwas Neues, doch wie man es dreht und wendet - Abschied liegt in der Luft.
Es ist das Gefühl schlechthin, man weiß es. So wie die Torleute zwar drängen, daß man bleiben möchte oder soll, so wenig Raum lasse ich diesen, sich Hoffnungen zu machen.
Und weil so wenig Raum da ist, umso schneidender ist nun, daß man schon nicht mehr dazu gehört, oder vielleicht gehörte man auch nie wirklich dazu. Auffallen kann es erst und nur dann, wenn die Torleute plötzlich im Training mit sich allein gelassen, auf sich allein gestellt, nicht wissen, was und wohin.
Das Gefühl, oft der Mansch mit den Kasperle Figuren zu sein, der mit den Torleuten Tri-Tra-Trullala macht, esi st vorbei... Zwar haftet der Geruch von Bier lange noch an mir, aber nur zu deutlich spüre ich an diesem Abend, daß Abschied in der Luft hängt. Die Freudengesänge auf das bekannte Pippi Langstrumpflied aus dem TV hallen über den Platz, doch ich habe mich in die Dunkelheit zurück gezogen.
In der Ferne ruft das Käuzchen und der laue Wind raschelt mit den Pappeln und Birken hinter dem Tannenwald. Ich sitze und genieße die Stimmung, bin allein... mit dem Platz und seinen Erlebnissen. Mit der ersten Relegation und dem Betrug in dieser. Wo wir führten und meinen Ex-Verein auf die Wahrheit der Kreisoberliga schossen, wo die 100 Arme meines Torwarts die Chancen im Keim erstickten, wie ein mächtiger Kriegsfürst die feindlichen Orks erwürgt... und trotzdem wurden wir gedemütigt, weil wir nicht 'bezahlten', wie man es von uns verlangte...
Es wird eine andere Relegation, es wird auch anders. Gruppenliga war eigentlich mein Ziel - Kreisoberliga bliebt es wohl. Ich werde vielleicht mit Aufsteiger sein, aber noch vor der Gruppenliga wieder gehen.
Durchaus wird mit, unter dem Sternenzelt des Himmels klar, daß ich nicht höherklassig bin, es aber auch nicht sein muss. Meine Berufung und Bestimmung - sicher gefunden habe ich diese nicht. So mache ich mich auf, in das Dunkel über dem Rasenplatz, dessen feuchte, schwülwarme Luft mich umhüllt, wie einen Mantel. Der Wind, es ist wie 100 Stimmen und doch: Es gibt keinen Torwarttrainer Heiligen... Gibt es Schutzpatrone für Bergleute, ja sogar Lokomotivführer, so fällt mir in diesem Moment auf, daß die Torwarttrainer so jung sind, daß diese noch gar kein Mysterium haben. Denn Torwarttrainer, der hier vielleicht alles bewegt und verändert hat... verdammt, sie sind alle noch am Leben und können uns als gute oder böse Geister gar nicht heimsuchen. Wir sind die 2. vielleicht 3. Generation überhaupt, die das tun, was wir tun... Es ist daher die Zeit, wo einige Thesen an Schlosskirchen nageln, dafür gefeiert werden, aber vielleicht schon nur wenig später dafür verbrannt werden. Schmerzlich wird mir bewußt, das wir immer noch völlig auf uns allein gestellt sind, mit dem was wir tun, und nicht wie ein Feldspieler auf Generationen von Fussballspielern und Trainern zurück schauen können.
Gehen wir also den richtigen Weg, und überhaupt: Wo ist den der Weg? Gibt es überhaupt einen? Oder schlagen wir uns selbst eine Schneise in das ewig wachsende Dickicht des Urwalds von Torraumsituationen und deren möglichen Lösungen?
Verdammt, wie gern würde ich genau jetzt, bei einer eiskalten Cola, oder einem guten Long Island IceTea mit Hans Leitert darüber diskutieren... wie gern hätte ich Frans Hoeck las eine Leitfigur des Torwarttrainings überhaupt, dazu mal befragt.... Eiskalte Cola ist aus, Log Island IceTea gibt es hier nicht und die Trainer, auch diese sieht man zu selten.
Schmerzlich wird mir bewußt, daß so ein Abschied auch immer bedeutet, daß man Dinge zurück läßt. Das einem aber auch bewußt wird, daß man sich auf einer Gralssuche befindet. Das man vielleicht etwas sucht, was es so gar nicht gibt, und man es doch inständig zu finden hofft und daher sucht, und sucht und sucht, obwohl man es eigentlich längst gefunden hat.
Ich bin in diesen Gedanken am Mittelkreis angekommen. Würzig die Gerüche des Waldes, mit so vielen Erinnerungen. Erinnerungen an Zeltlager, an Nachtwanderungen und heimlich Lager im Urlaub... und als wäre es Magie, ergreift mich der laue Abendwind, wie tausend Hände, hebt mich an und dreht mich in der Luft. Er flüstert mit tausend Stimmen, die ich nicht verstehen kann. Ich falle auf den Boden zurück, weil ich merke, das es nicht die 100 Stimmen vergangener Torwarttrainer sein können, doch trotzdem: Der Wind bleibt... auch das Gefühl, daß irgendwo eine Aufgabe erfüllt ist.
Ich beginne zu spüren, daß es ist wie der Geist der Lampe. Er half den Menschen, doch wenn es Zeit ist, dann geht er, muss er gehen, damit die Menschen sich auf die Wirklichkeit besinnen, anstelle immer anderes die Lösung der Probleme sein zu lassen.
Ich komme mir plötzlich vor, wie ein Geist... von irgendwoher geschickt und mit der Macht ausgestattet... der Mannschaft zu helfen, und nun, wo diese Aufgabe erfüllt ist, ja diese meine Dienste beginnt zu erkennen, aber auch sich vielleicht zu sehr darauf zu verlassen, schickt mich eine höhere Macht an eine andere Stelle. Nicht um mich ist das Mysterium, nein, ich bin mitten drinne, ja ich selbst bin das Mysterium. Der Wind kann mich so erneut erfassen, mich ergreifen. Ich spüre, wie ich zu Herbstlaub werde, welches sich erhebt, seine feste Form verliert, zu Millionen wirbelnder Teilchen wird, die immer kleiner werden und dann wie Wasserdampf durch die leise Brise davon getragen werde...
Das Käuzchen wird im Tannenwald, im Campo di Tannwaldo, immer rufen... und vielleicht wird sich auf mal jemand daran erinnern, an den Mensch, der die tausend Hände des Oli P. zu wirbeln brachte und der Ihm seine Macht einpflanzte, solche Magie zu haben...

Euer Geist der Lampe

Aktualisiert: 30.05.2011 um 16:32 von Steffen (Falsche TV Serie - es war Terra X, nicht Akte X)

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Kategorien
Torwarttraining , Fussball , Gedanken , Torwarttraining , Gedanken und Erlebnisse

Kommentare

  1. Avatar von Paulianer
    Toll geschrieben, Steffen! Abschied tut weh, schafft aber auch - und vor allem - Chancen für Neues.
  2. Avatar von Steffen
    Danke... wollen hoffen, daß man dort an der Lampe zu reiben weiß...