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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Stirb auf die harte Tour

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Die Hard - ein bekanntes Genre des Action Kino. Der falsche Mann am falschen Ort zur falschen Zeit. Der tragische Held der Streifen ist Ende meist geschnitten, geprellt, verbrannt, angeschossen, aufgeschürft, gequetscht, geschlagen, blutig und zerrissen - aber er hat überlebt und die Bösen Buben im Alleingang besiegt.

Blicken wir nun auf das Wirken und Leben der jungen Fussball Torhüter, so stellen wir fest, dass es diesen oft genau so geht, wie dem Held in besagten Kino Abenteuern.
Doch um dies zu verstehen müssen wir uns in die Rolle des Vaters eines Torwarts begeben.
Nennen wir unseren Torwart der Einfachheit und Bekanntheit wegen "Blaue Mauer". Unser Torhüter ist nun kein Schlechter, aber auch nicht der Beste. Er ist eben ein Torwart und damit sich das ändert bekommt der Kerl auch Torwarttraining. Er wird dabei geschunden wie ein B-Jugend Torhüter, Sandgrube, harte Bälle, das volle Programm.
Jeder Fehler wird analysiert und gnadenlos verfolgt.
Der Vater ist da schon hinterher und wenn da etwas ist, bekommt der Tw Trainer mal ein Scheinchen extra oder ein Bier spendiert, damit dann eben Sonderschichten und Extraeinheiten geschoben werden. Blaue Mauer erträgt es stoisch und mit der Kindern üblichen äußerlichen Gelassenheit. Jedes Spiel wird mit der Videokamera verfolgt, jede Szene mit dem Torwarttrainer ausgewertet und danach das Trainingsprogramm abgestimmt. Wenn er nicht spurt, der junge Torwart, geht es in die Sandgrube.
Was dabei keiner merkt, ist welche Büchse der Pandora hier geöffnet wurde. Alle Plagen, Leiden und Kummer sind auf den Torwart losgelassen und einzig die Hoffnung bleibt Ihm verwert. Hält er mal nicht wie sonst - wir der sofort als Fliegenfänger oder Nachtkappe bezeichnet, rettet er seiner Mannschaft die Punkte, so ist es normal. Funktionieren muss die Blaue Mauer - dafür sorgt der Vater schon. Probetraining hier, Traningslager da, dort ein Showtermin und hier ein neues Video... Man tut als Vater was man kann - irgendwann muss er doch endlich bei großen Verein ankommen. Dabei ist es für den Vater nicht wichtig, dass Torwart Trikot und Trainingsanzug trägt, sondern das Vater Vereinsjacke trägt und Vater damit angeben kann, bei welchem Verein sein Sohn steht.
Was der Vater nicht sieht, ist das der junge Torwart schon wie der Held im Kinofilm eigentlich gar nicht für diese "Kapazität" da ist, doch letztendlich wirft er sich jedes Spiel wieder todesmutig hinein, denn er will gefallen. Doch je mehr er sich bemüht, desto mehr wird er rangenommen. Er kann was Neues, prima, dann bauen wir das aus denkt der Vater und telefoniert auch gleich mit dem Torwarttrainer. Da ist kein Raum für Fehler oder Kind sein - da ist Fussball und Erfolg, mehr nicht.
Könnt Ihr Euch, werter Leser dieses Blogs, nun ein einig hinein versetzten?
Es ist auch niemand vom Verein da, der hier mal lobt. Es wird immer nur darüber gesprochen wie gut andere Torleute sind und immer verglichen - aber die Aussage, das man selbst einen guten hat, die fehlt!
So fehlt es überall an Anerkennung und Blaue Mauer reißt sich wirklich den A.sch auf, um ein wenig davon zu erhalten, doch wirklich gut ist nie gut genug.
Wie der Held im Kino wankt er angeschossen durch die Flammenhölle der Explosionen und Einschläge, nur um sogleich wieder auf "Feinde" oder "Gegner" zu treffen.
Der Vater lässt nicht locker und treibt auch immer wieder an...

Wahrlich, so etwas ist kein Einzelschicksal.

So ist es dann nicht verwunderlich, dass der Vater nachts nach dem verlorenen Spiel nochmals Szene für Szene des Video Mutschnitts durchgeht, vielleicht gab es doch Möglichkeiten, wie Blaue Mauer doch die Punkte hätte retten können.
So wälzt sich der Vater hin und her - er findet keinen Schlaf.
Oh Du Tor möchte man ihm nun zurufen, weil er Blaue Mauer so unter Druck setzt...
Wäre es nicht für uns oft wichtig, diese Väter abzuholen und einzubremsen?
Viele Väter hoffen, dass ihre Kinder die Erfolge haben, die sie selbst nicht hatten. Sie hoffen so, über die Kinder eigene Vergangenheit nach zu holen oder im Nachhinein zu erleben. Etwas was so oder so nicht geht.

So geht der Vater unseres Beispiels in der Nacht Szene für Szene durch und wird errettet. Denn er erkennt, dass nicht er spielt, sondern Blaue Mauer. Szene für Szene, wiederhat und immer wieder abgespielt, lassen in unserem Vater plötzlich das Verständnis aufkeimen, wie sehr sein Torwart sich angestrengt hat, wie sehr er gekämpft und wie sehr er sich verausgabt hat. Szene für Szene wird deutlich, wie sehr der Torwart sich innerhalb seiner Möglichkeiten bemüht hat - und doch vom Gegner geschlagen wurde.
Nun, sicherlich kann man sich nun denken, daß der Vater tief ergriffen und aufgewühlt war, als er erkennen musste, wie sehr sich Blaue Mauer bemühte, den Anforderungen gerecht zu werden - ja zum Teil über sich hinaus gewachsen ist.
Er begann zu weinen, und obwohl es mitten in der Nacht war, schlich er ins Schlafzimmer seines Sohnes um den schlafenden Kerl fest in den Arm zu nehmen.
Er murmelte eine Entschuldigung und ein Versprechen, es besser zu machen.
Dabei weinte er weiter, weil er erkennen musste, zwischen welche Mühlsteine er seinen Sohn immer wieder geworfen hatte - wo er bestehen oder aufgerieben wurde. Wie oft hatte er mitangesehen, wie er sich gegen diese Steine gestemmt hatte, oft erfolgreich aber oft auch weniger - mit den Blessuren unsere Kinohelden, aber geschafft - und wenn er aufgerieben worden war, hatte er schlicht den Druck erhöht, anstelle diesen zu reduzieren.

Wir sollten also daran denken, wenn wir im Verein sind, auch immer wieder unsere eigenen Spieler zu loben - und auch bei Vergleichen, nicht immer nur den Gegner oder andere Spieler besser zu sehen. Hier darf man ruhig etwas patriotischer sein.
Als Eltern sollten wir auch unsere Kinder loben und schützen, behüten und bewahren. Motivieren, anfeuern, nicht unter Druck setzen. Reden darf man über die Fehler, überwiegen muss aber, was gut war...

Jetzt eine Anekdote zum Schluss, die mir eingefallen ist. Wenn jemand wissen möchte, wie die echte Blaue Mauer reagieren würde, hier wie man es nur bei der echten Blauen Mauer erleben würde!

Würde also der Vater der Blauen Mauer nachts weinen in das Zimmer kommen, seinen schlafenden Sohn in den Arm nehmen, würde die Blaue Mauer den Vater in den Arm nehmen. Zart würde er seinen Rücken tätscheln und dann schlaftrunken brummeln:
„Hallo Papa, hast Du was schlimmes geträumt? Jetzt ist ja wieder alles gut ich bin hier und Du bist wach. Wenn man wach ist, sind alle schlimmen Träume vorbei und alles wird gut!“

Das wäre Blaue Mauer live...


Trotzdem, die Büchse der Pandora für junge Torleute und natürlich deren langsames Sterben in den Anforderungen und der fehlenden Bestätigung... sie sind der Feind der jungen Torleute.


Aktualisiert: 26.03.2012 um 09:29 von Steffen

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