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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

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20000 Meilen unter dem Meer - der Klassiker. Er fesselt mich immer wieder. Zwar finde ich die Position von Kapitän Nemo grenzwertig, doch in Anbetracht, wie damals die Welt andere Völker und Rassen sah, ist so ein andersdenkender Mensch ein sehr klarer Kontrast. Und diese Person befehligt dann ein Boot, welches für die damalige Zeit nahezu utopisch ist - heute ist was der Nautilus leistet nichts wildes mehr. Zwar kann kein modernes Unterseeboot 4000 Meter tief tauchen, aber Spezialboote können es. Zwar können die Spezialboote keine 20 Knoten getaucht fahren, doch die militärischen Boote können es. Der Nautilus vereinigt in sich Fähigkeiten, die man heute speziellen Booten zugedacht hat, und trotzdem wirkt der Nautilus nicht plump, sondern er ist schlicht die Maschine, der Personifikation des optimalen Meeresfahrzeugs. Angetrieben von einem für damalige Verhältnisse undenkbarer Maschinerie - dem Elektromotor und Batterien. Der Nautilus muss daher im Heck ausgesehen haben, wie die Flugkörperbatterie eines Raketen Unterseebootes, nur daß dort keine Massenvernichtungswaffen verbaut waren, sondern sich hier die Zellen der großen Batterien aneinander reihten.
Der Nautilus, er beflügelte unsere Phantasie und er nimmt und mit auf eine Reise. Eine fantastische Reise. Das Boot ist daher vielleicht nicht optimal, es hat Schwachstellen und als heutiger Leser ist es alles andere als unangreifbar - und trotzdem, für damals war der Nautilus unmöglich zu fassen oder zu versenken. Der Nautilus stellte die Synthese dar, das Optimum... Von allem denkbaren vereinte er einfach das Beste auf sich...

Wie oft haben wir Torleute, wo man gern aus Zwei Torleuten einen Torwart machen möchte. Der eine ist die Granate auf der Linie, der andere der Gott im Strafraum... wäre es nicht optimal, man könnte aus beiden einen Torwart machen, und so alle Schnitzer und Schwächen ausgleichen, um die Position optimal zu besetzen?
Der Wunsch ist oft Vater des Gedankens und die Triebfeder des Torwarttrainings. Und trotzdem, oft bleiben Schwächen zurück, die Makellosigkeit, die man idealerweise als Vorbild nimmt, hat deutliche Dellen und Unschärfen. Trotzdem entscheidet man sich oft für einen...
Diese Entscheidungen sind oft für mich als Tw Trainer schwer nachvollziehbar. Warum stelle ich einen Tw ins Tor, der keine Bälle sichern kann, sondern im Jugendbereich sich verhält, wie eine Wand und alles was auf diesen zukommt, nicht versucht zu sichern, sondern wegzuboxen, wegzuschlagen, oder sonst wie möglichst weit weg vom Tor zu bekommen? Gilt hier im Jugendbereich nicht auch die goldene Regel, daß sicher vor unsicher geht?
Schaut man dann noch weiter, so findet man meist Torleute, die etwas "moppeliger" oder "träger" sind, oder schlicht weg der Größte der Mannschaft ist. Scheinbar glaubt man so, daß allein die Größe den Erfolg bringt.
Natürlich muss ein 1,6 Meter langer Torwart fast nur umfallen um eine Ecke des Jugendtores abzudecken, doch ohne die korrekte Technik kippt der Torhüter wie eine Bahnschranke zum Ball und kann daher die Dinger auch nicht halten.
Ja und dann haben wie die Torleute, deren Makel erst einmal nicht auffällt... die Mannschaft schießt, der Torwart hält, taucht und fliegt das es eine Wonne ist... man denkt schon, daß der Junge Klasse hat... bis dann ein Ball auf die andere Seite kommt. Da hoppelt der eben so gelobte Spitzenkeeper auf dem Hosenboden mit gestreckten Beinen zum Ball, weil er auf diese Körperseite nicht fallen kann. Es stehen einem die Haare zu Berge, weil er sogar beim Hechten fast versucht ist mit den Füssen den Ball zu bekommen.
So bräuchte man hier schon drei Torleute: Einen Links Seitigen Torwart, einen Rechts Seitigen Torwart und einen großen Torwart... aus denen macht man dann einen....
Okay, okay... das wird so nicht funktionieren.
Einen Torwart habe ich noch vergessen, den Poser! Schlicht, Poser kommt vom Englischen "to pose" - als sich darstellen. Ein Poser ist schlichtweg daher ein Selbstdarsteller oder auch Angeber.
Solch ein Torhüter fängt keinen Ball, sondern in einer mächtigen Parade lenkt er denn Ball über die Querlatte. Wenn er einen Ball aufnimmt, dann springt er nach oder hechtet in einer irren Flugkurve nach einem Ball in der unteren Torecke. Er tänzelt auf der Stelle, dirigiert lautstark, pustet wie Oliver Kahn.. ein Schuss und er springt.
Der Trainer lobt diesne torwart oft für seine Aktion, ist geblendet von seiner Aktivität, seinen Bewegungen und hält viele Schüsse für unhaltbar und meint, daß andere Torleute diesen nicht gehalten hätten.... Sie übersehen dabei, daß der Torwart zu Aktionen, wo der große Sprung nicht nötig ist oder wo ein Sicheres Fangen wichtig gewesen wäre, dass Hechten, Ablenken und Posieren nicht notwendig gewesen wäre...

Ja, oft stellt man die Blaue Mauer als Poser dar. Weil er hechtet... ich frage mich, ob jemand versteht, warum ein Torwart ein Poser sein soll, nur weil er etwas kann. Andere Torleute können es so nicht - ist man deshalb ein Poser?
Die Blaue Mauer würde den Kopf abgerissen bekommen, würde er nach einem flachen Ball in spektakulärer Flugkurve springen. Die Blaue Mauer bekommt Kritik, wenn er anstelle Sicherheit einen Ball nicht sichert, sondern in einer großartigen Parade versucht abzulenken oder wegzuschlagen. Wir haben nun nachgeschaut und im Zeitrahmen von 2011 bis 2013 eine Menge Videos durchforstet, konnten aber wenig spektakuläres finden. Das was wir gefunden haben, waren dann auch wirklich Notwendigkeiten. Bei einem Poser müßte man nicht lange suchen, wäre hier die spektakuläre Parade ein absolutes muss... Wir finden daher auch Paraden, die eher unspektakulär sind, aber von einem einsetzenden Spielverständnis herrühren und daher klasse Aktionen sind, aber nicht auffällig. Die auffälligen Parade, sie ist dann doch eher selten. Poser? Hm, in den Augen der anderen vielleicht.
Und trotzdem wünscht man sich oft, man könnte der Blauen Mauer einen anderen Torhüter einsetzen, der muss nix drauf haben, er muss nur groß sein.
Die meisten Trainer schauen Ihn an - und übersehen diesen, weil er einfach in deren Augen zu klein ist. Das aber "kleiner Mensch ganz groß" oft bei Ihm Programm ist... es war am Wochenende wieder der Fall.
Eigentlich ist Osterpause, ja nicht mal die Nachholspiele sind angesetzt, zu viele Vereine, weiß die Klassenleitung könnten nicht antreten, die sie Spieler in den Osterferien nicht anwesend sind.
Trotzdem ward ein Spiel angesetzt, ein Vergleichsspiel im Jahrgang 2001. Eigentlich kein Ding, spielt die Blaue Mauer im Jahrgang 2000... doch als 2001er wurde er hier angerufen, da sich der Torhüter des 2001er Jahrgangs in die Ferien abgemeldet hatte.
Der Gegner hatte es in sich, stellt doch der Gegner mit der Mannschaft im nächsten Jahr eine Gruppenliga Truppe, während die 2001er der Blauen Mauer alle reine Kreisklasse-Erfahrung haben und nicht mal in der Kreisliga Mannschaft des 200er Jahrgangs gespielt haben...
Somit war dieses Spiel schon so ungefähr ein Test: Gruppenliga gegen Kreisklasse
So sah es dann auch aus. Während der Gegner eingespielte und klare Vorgaben umsetzte und damit grundlegende Grundmuster des Angriffsfussballs lehrbuchgerecht umsetzte, fehlte in der Abwehr das Verständnis für Zuordnung, Raumdeckung oder Verhalten bei Kreuzen und Hinterlaufen... auch das Verschieben der Mannschaft wurde nicht umgesetzt. Also ein Abwehrverhalten, welches taktisch und von allen Grundmustern her, kaum dem taktischen Aufbau des Gegners folgen konnte. Manchmal sah es ein wenig nach E-Jugend aus, nicht nach einer D-Jugend mit Ambitionen, Kreisliga zu spielen und sich dafür anzubieten - das klingt hart, doch ist es nicht das Verfehlen der Spieler, sondern einer der Gründe, warum im Jugendbereich nur wenige überhaupt es schaffen, Klassen zu halten - weil sich ein Konzept wie ein roter Faden durch die Jugendabteilung zieht... Hier muss einfach der Verein dann die Abition haben, so etwas zu machen und dafür einzustehen. Das ist dann mehr als Kinderbeschäftigung und Breitenfussball - es ist die Schwelle zum Leistungssport.
So kam es wie es kommen musste, denn der Gegner hat diese Ambitionen und so sind dann dort auch die Spieler, diese wollen sich anbieten, wollen den Traum Wirklichkeit werden lassen. Im Schnitt kann man sagen, daß es alle 2 Minuten einen Torabschluss gab.
Die Mannschaft der Blauen Mauer war nicht nur überfordert, sondern kaum in der Lage, überhaupt eine Torchance zu erspielen oder zu erkämpfen, gleich an der Mittellinie war Schluss und der Angriff des Gegners die klare Folge.
Für einen Torwart ist so etwas der Horror, denn es ist letztendlich wie 70 Minuten Schusstraining, nur das man Spieler hat, die Abwehr darstellen.... Es dauerte allein 10 Minuten, bis die Pfostenregleung bei Eckbällen geklärt war und auch dann waren die Spieler nicht gebunden, sondern gaben Positionen auf und ermöglichten so Einschussmöglichkeiten.... gelinde gesagt dauerte es über 50 Minuten, bis das Drängen des Gegners nachließ und die Mannschaft die ersten Räume bekam, sich ein wenig zu ordnen und zu spielen.
Doch nach 50 Minuten war die mentale Leistungsfähigkeit des jungen Torwarts erreicht und zum Teil überschritten... denn es reihte sich Angriff an Angriff und an Pausen war kaum zu denken. Nach 35 Minuten die Halbzeitpause, trotz Minus 3 Grad dampfte der Torhüter wie ein Pferd nach schwerer Ackerarbeit. Es stand 0:5 und der junge Torhüter schäumte schon jetzt, denn es hätte gut auch mehr sein können.Eigentlich war fast jede Aktion des Gegners gefährlich, doch auch der Gegner kämpfte nicht mit der Verbissenheit, so daß die Quote der Bälle, die dann wirklich torgefährlich waren, relativ gering war... in den ersten 20 Minuten war der Druck extrem und so waren hier zwei Paraden dabei... da jubelt man als TwT, wenn der Torwart diese hält...
Nach der Halbzeit frohr der junge Torwart, denn der Gegner ließ der Mannschaft ungewöhnlich Raum und drückte auch nicht mehr so, so daß man auch zu einem halbherzigen Torabschluss kam - der Rest wurde sauber und sicher vor dem gegnerischen Strafraum geklärt, bevor auch nur der Hauch von Gefahr entstehen konnte. Die Konter waren aber jetzt erneut gefährlich und die schnellen Vorstöße brachten dann auch rasch das 0:6 und ein verdeckter Schuss das 0:7... Nach 50 Minuten musste dann zum ersten Mal mentale Aufbauarbeit geleistet werden, denn 0:6 tat sehr weh, vor allem wenn man sich beständig im 1 gg 1 beweisen muss, und die Abwehr dann zuschaut, oder anstelle den Gegner zu decken, 4 Mann ins Tor rennen, um das Tor zu verteidigen...
Schade fand ich: Die Blaue Mauer ist beim Gegner wohl bekannt und kennt die meisten Spieler persönlich... doch nach dem Spiel, wo man doch die Klasse des gegnerischen Torwarts erkennen konnte, war nicht mal der Co-Trainer in der Lage, der Blauen Mauer ein Dankeschön zu geben. Man verabschiedete sich und irgendwo war es für alle eher lustig und nicht schlimm, den Hintern versohlt bekommen zu haben. Das die Blaue Mauer angefressen und stinkesauer war, daß juckte niemand. Nicht mal der Gegner drückte hier Anerkennung aus, obwohl die Blaue Mauer im gesamten Spiel wohl den gegnerischen Andrang am meisten geärgert hatte, weil er fast 100%ige Torchancen vereitelte. Als Tw Trainer weiß man, daß man auf einem guten Weg ist - ABER warum vergisst man immer dann den Torhüter?
Mit einem Torwart, wie Ihn der Gegner im Tor in der ersten Hälfte aufgestellt hatte, wäre die Mannschaft der Blauen Mauer in den ersten 35 Minuten zweistellig bedient gewesen... Hier muss man einfach sagen, daß die Abwehr einen guten Job macht und sicherlich so den Schwachpunkt Torwart kompensieren kann... aber mit einem guten Torwart kann man den Schwachpunkt Abwehr nicht wirklich kompensieren. Doch dann den Torwart bei solch einer Monsterleistung zu vergessen und dessen Arbeit zu übersehen - es begleitet einen bis in die höchsten Spielklasse.

Ich finde, ein Torwart kann auch ein gutes oder sehr gutes Spiel machen - trotzdem die Mannschaft selbst das Spiel verliert.

Aber als Tw Trainer konnte ich so daß Spielverhalten eines Torwarts genau beobachten, versuchen, Schwächen zu analysieren und damit Ideen und Schwerpunkte für das Training zu setzen. Leider ist dies bei der Blauen Mauer nicht immer leicht, denn technisch ist er auf einem recht guten Weg - so sind diese Spiele umso wichtiger, denn unter der Last sieht man dann endlich Fehler... leider auf Kosten der Psyche des Torwarts, die unter solchen Lasten leidet... Trotzdem möchte ich attestieren, daß in diesem Spiel er wie der Nautilus war: Völlig in seinem Element und allem Unbill im Prinzip gewachsen... und hier war er ein ganz Großer... nur wie der Nautilus - er wurde verkannt und wieder mal nicht so wahrgenommen.

Naja, jetzt sind Ferien - Zeit für Unfug und vielleicht neue Videos...

Kommentare

  1. Avatar von ryx0riz0r
    Arme Blaue Mauer
    Kann das gut nachvollziehen, ging mir auch schon oft so..man hält und hält und verliert trotzdem 0:5...
    Vergessen wird man sowieso meistens, denn man ist ja "nur" der Torwart und für das steht man ja im Kasten...