Dieser Moment...
von
am 06.05.2013 um 09:38 (8100 Hits)
...wenn man sich wünscht, dass sich neben seinem Tor ein gefühlter 15 Meter breiter und 12,7km tiefer Krater auftut um darin versinken zu können. Ich denke ich spreche jedem Torwart aus der Seele wenn ich behaupte, dass jeder schon mindestens einmal einen solchen Moment erlebt hat. Es ist ein Gefühl des unbeschreiblichen Versagens, das eigentlich keine Beschreibung rechtfertigt. In meinem Falle war es die ca. 70 Minute beim Stand von 0:2: Ein langer Ball mit Effet, etwas Rückenwind, einen kurzen Moment der Unentschlossenheit. Unser Verteidiger und der Angreifer springen am Ball vorbei - ich steh da wie ein Depp und der Ball kugelt ins Tor. "Wo ist die Schaufel?", denkt man sich und würde am liebsten oben besagtes Loch buddeln und sich darin vergraben. Es war das 0:3 - nicht Spielentscheidend sollte man denken, doch innerhalb von nur 10 Minuten kämpfen wir uns bis auf 2:3 heran und treffen danach alles, nur nicht das Tor. Es wäre wohl wahrscheinlicher gewesen wir hätten aus 30 Metern die Eckfahne getroffen, als aus 5 Metern ins leere Tor.
Im Nachhinein betrachtet stellt man sich daher die Frage: War mein Fehler spielentscheidend? Was hätte ich anders machen können? Warum habe ich es nicht anders gemacht - ich kann es doch eigentlich?...
Mit etwas Abstand und einer etwas schlaflosen Nacht muss ich ernüchternd feststellen: Ja, es war mein Fehler und Ja, es hat uns einen Punkt gekostet. Denn nach dem Spiel und nach einer solchen Niederlage sprechen viele nicht von den paar guten Paraden im Spiel oder der mangelnden Chancenauswertung unseres eigenen Teams, sondern höchstwarscheinlich nur von dem entscheidenden Patzer meinerseits. So ist das eben im Leben eines Towarts. "Es ist doch so leicht" - "Stehst ja eh nur im Tor rum und fängst ein paar Bälle" - "Viel laufen musst du ja eh nicht"...Wer kennt sie nicht, diese aberwitzigen, schandlos vorgetragenen Flosekln von unwissenden Leuten, die vielleicht gerade einmal annehmen können, dass der Ball rund ist und am Spielfeldrand vier Eckfahnen stehen. Meistens ist es die große Klappe micht nichts dahinter, nur ist es für das leibliche Empfinden nicht unbedingt das Beste sich stets sowas anhören zu dürfen.
Vergessen wird hierbei nämlich auch, dass wir weder einen fähigen Torwarttrainer haben, noch regelmäßiges Torwarttraining in irgend einer Weise durchführen können. Grob überschlagen würde ich davon ausgehen in den letzten 8 Monaten eventuell 2(?) mal Torwarttraining gehabt zu haben, allerdings ohne Trainer, sondern nur unter uns Torleuten selbst. Statt im Training auch nur Ansatzweise auf die Schwächen und Stärken eines jeden Torwarts individuell einzugehen bzw. eingehen zu können, spielen wir wöchentlich unser "lockeres Spielchen", "Tschechen Rolle" oder laufen uns den Buckel krum bei Diagonalläufen oder im 5vs2. Ist es wirklich so schwer dem Torwart das zu geben, was er verdient?
Wie soll man sich also selbst besser machen? Wie soll man sich selbst trainieren? Soll ich mich klonen, Geld ausgeben oder in der Weltgeschichte rumfahren, nur um ein anständiges, torwartgerechtes Training erhalten zu können? Wieso ist es in der heutigen Zeit so schwer mal auf den Torwart einzugehen und nicht immer nur auf die Feldspieler? Wie soll man anständig mit Kritik umgehen, wenn es genügend Sachen zu ändern gibt, bevor man den Torwart an sich kritisiert?
Natürlich steht man auch im Training im Tor und dann am Wochenende auf dem Spielfeld. Natürlich gibt man sein Bestes und versucht sein Möglichstes. Aber wo zum verdammt brennenden Tribünendach soll man in Herrgotts Namen sein Torwartspiel souverän auf konstantem Niveau abspulen können, wenn sich für die wichtigste Position in der Mannschaft keine Sau interessiert? Stattdessen bekommt man es beim geringsten Fehler breitseite mitten in die Fresse. Bitte entschuldigt meine Wortwahl, aber ich könnte mich hier stundenlang darüber aufregen, aber wie man als Torwart eben so ist, plaudert man sich die Fehler in der Öffentlichkeit schön, frisst den ganzen Mist aber dann doch immer wieder in sich rein und leidet darunter. Wenn man verletzt ist, interessiert das sowieso niemanden, denn objektiv gesehen kann sich ein Torwart ja gar nicht verletzen, bzw. wo soll der sich denn verletzen..fängt ja nur Bälle. *hust*.
Im Endeffekt hilft alles wedeln mit der Fahne nichts, es muss weiter gehen. Auch ohne Torwarttrainer, auch ohne Unterstützung - alleingelassen von Mitspielern, kauernd auf seinem eigenen Schicksal und seinem eigenen Spielfeld - dem 16 Meterraum. Wenigstens gibt es das Torwart.de Camp, da trifft man gleichgesinnte, ist unter sich und kann vernünftig Arbeiten. Eigenschaften, die man im regulären Spielbetrieb heutzutage echt vermisst.