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Believer

Wenn Joggen zum Tanzen wird...

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Es ist 0:13 Uhr - Bausdorfstraße in Berlin/Mahlsdorf an der Grenze zu Kaulsdorf.

Man könnte denken, dass alles ruhig ist. Die meisten Rollläden sind heruntergelassen und die Fenster dunkel. Nur durch einige wenige Schlitze in den Jalousien dringen noch Strahlen der Zimmerbeleuchtung. Es sollte still sein, nur das im Sommer gewöhnliche nächtliche Vogelzwitschern, das so manche Katze nachts auf Hochtouren bringt, sollte zu hören sein. Die Straße liegt verlassen dar und nur im Abstand von 6 Minuten zischt mal ein Auto auf der 30er Strecke mit 60 vorbei, um dann vor der Polizeistation am Ende der Straße vor Schreck fast eine Vollbremsung hinzulegen.
So sollte es sein.
Doch diesen Abend ist es wieder einmal nicht so.

Schon von weitem hört man die Schritte auf dem Asphalt, die sehr unregelmäßig und laut in der Stille klingen. Nach normalem Joggen hört sich das nicht an. Viel mehr folgt auf einen lauten Schritt immer eine abrupte Stille und dann ein lauter Schritt des Aufpralls. Die dunkle Gestalt kommt langsam näher, die weißen Kabel des MP3-Players blitzen, angestrahlt von den Straßenlaternen. Jetzt sieht man deutlich, dass diese Person nicht einer der freundlichen, ruhigen Jogger ist, die um 8 Uhr ihre morgendliche eine Stunde-Runde drehen. Nein.
Sie springt alle paar Meter auf den Bordstein, läuft dann 5 Meter dort weiter und dann, wie scheinbar von einer jähen Lust gepackt, reißt sie die Hände in die Luft und springt wieder mit einer Pirouette auf die Straße zurück, um auf dem Asphalt weiterzulaufen. Dabei stößt sie seltsam unartikulierte Laute aus, die in etwa wie "Oija Weijowehja, Aija weijoweijoh!" anhören...
Während ein Radfahrer fast verschreckt auf den Gehweg wechselt und mit misstrauischem Blick das tanzende Etwas beäugt, hat die seltsame Person das Ende der Straße schon fast erreicht. Die Arme ausbreitend und das Gesicht gen Himmel reckend, singt sie "Oh Africa, weijowehja, weijowah..." vor sich hin und durchschneidet mit einem weiten Sprung das Scheinwerferlicht eines Polizeiwagens, der hinter dem Gitter der Ausfahrt darauf wartet, ausrücken zu dürfen. Man kann förmlich spüren, wie sich die Beamten fragend ansehen. Derweil ist der Gesang leiser geworden, da die Urheberin zweimal abgebogen ist und sich immer weiter entfernt. Lag die Straße, in die sie eingebogen ist eben noch still und friedlich da, so war dies bei dem lauten Singen definitiv nicht mehr so.
Auf einmal nähert sich der Person ein Auto, auf dem in grün-weißem Design "Polizei" steht - es sind die zwei Beamten von vorhin. Der Fahrer drückt kräftig auf die Bremse und das Fahrzeug wird langsamer, je näher es der Joggerin kommt. Auf gleicher Höhe beugt sich plötzlich eine Beamtin aus dem Fenster raus und inspiziert mit gerunzelter Stirn, aber fast amüsierten Gesichtszügen ihr Gegenüber. Auch der Fahrer des Wagens lehnt sich ein wenig an seiner Kollegin vorbei um besser sehen zu können. Dann ist dieser kurze Moment vorbei, beide lassen wieder die Fenster hoch und das Auto beschleunigt wieder.
Und doch kann man sie mit ein wenig Fantasie fast die Köpfe schütteln sehen. So etwas. Um 0:25 Uhr...
100 Meter weiter dreht die Gestalt dann um.

Die Bewohner der Bausdorfstraße dürfen sich nun erneut auf einen kurzen Besuch auf dem Rückweg freuen.
Und vielleicht nervt diese seltsame Gestalt dann irgendwann eine ausgewählte Straße in Frankfurt am Main mit nächtlichen Besuchen - für gewöhnlich ist sie dabei aber etwas leiser...
*grins*
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Kommentare

  1. Avatar von Luke
    Solange die Person ihren Spaß hatte ist das doch okay Aber dass wegen dir sogar ein Polizeiwagen anhält Unfassbar...
  2. Avatar von Believer
    Ja, ich war auch überrascht, als die auf einmal neben mir auftauchten
  3. Avatar von Steffen
    Hahaha, in Frankfurt nehmen die die Leute wegen so etwas sogar mit
    Verdacht auf Drogen, Alkohol oder schlicht gute Laune

    Wobei man in Frankfurt besser nicht um 0.25 Uhr joggen geht.. das Getier, was sich dann zum Teil in den Strassen rumtreibt, ist wirklich zum Teil nur mit Abschaum zu bezeichnen.. Frankfurt ist nicht Berlin und die Unterschiede sind gravierend.
    Berlin hatte schon immer ein recht reguläres, durchgängiges Nachtleben, weil es wenig Sperrstunden und Auszeiten gab.. in Frankfurt hingegen, wo über 2/3 der Tagverbringer zu Feierabend die Stadt in die Suburbs verziehen, klappt man dann zu bestimmten Zeiten die Bürgersteige hoch, um den wahnwitzigen Taxifahrern mehr Raum zu lassen, und zudem haben nachts Geschäfte zu und daher gibt es, bis auf wenige kleine Hotspots, kein klares Nachtleben...
    Und daran muss man sich dann auch gewöhnen, das eine Großstadt wie Frankfurt nachts ein völlig anderes Gesicht haben kann, als am Tage.
    Aktualisiert: 12.06.2010 um 15:45 von Steffen