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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Traurig, aber wahr!

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Kennt Ihr das auch?
Da wird Euch einer erzählt, daß sich der Magen rumdreht. Wie gefährlich doch das wäre, weil Chemie drinnen ist oder man nur Chemie futtern würde.
Oder warum man eher diese Bio-Sache benutzen muss, weil alles andere doch eh nur Chemisch ist. Oder man spritzt die Blumen daheim mit Zigarrenbrühe, und verzichtet auf die Chemie - weil die ist gefährlich...

5 simple Facts before you discuss about chemistry
  • Alles ist aus chemischen Elementen
  • Die Dosis macht das Gift
  • Es gibt keinen Unterschied zwiswchen natürlichen und synthetischen Chemikalien
  • Natürliche Chemikalien sind nicht automatisch gut, synthetische Chemikalien nicht automatisch schlecht
  • Die Eigenschaften chemischer Stoffe werden zumeist durch deren Bindungspartner wesentlich bestimmt


Gerade der Satz des Paracelsus "Jedes Ding ist giftig, nur die Dosis macht den Unterschied" gewinnt heute mehr und mehr an Bedeutung.
Hütet Euch daher über etwas zu diskutieren, wo Euch tiefer greifendes Wissen fehlt, sagte mein Chemielehrer immer - und ja, er hat Recht. Trotzdem, bei Ernährung diskutieren inzwischen Leute mit, da fragt man sich allen ernstes, ob die in der Schule aufgepasst haben. Beispiel: Himalaya Salz... Was bitte macht dieses Salz, welc hes aus Pakistan kommt und unter furchtbarsten Bedingungen abgebaut wird, so toll? Nehme ich Meersalz, dann ist das ebenso gut - auch das herkömmliche Bad Reichenhaller Siedesalz welches jeder kennt, ist klasse - obendrein, hier kann ich mir sogar den Produktionsprozess anschauen. Ich weiß, was in der Packung enthalten ist und wie es da reinkommt. Bei anderen Produkten, wie dem Himalaya Salz weiß ich nicht mal, ob es wirklich da her kommt - den Rosa Salzkristalle gibt es auch in Deutschland zu finden.
Unterschiede sieht und schmeckt der Kunde nicht und von den Inhaltsstoffe naus gesehen, sind die Unterschiede noch geringer.
Aber, höre ich nun wieder meine Freunde rufen, im Himalaya Salz sind doch Stoffe drinne, die es gesünder machen. Im Meer ist Quecksilber, Jod und lauter schlimmes Zeug drinne, von Mikroplastik gar nicht zu sprechen.
Tja, was bitte ist den im Himalaya Salz drinne? Welche Stoffe sind es denn? Es herrscht Schweigen. Stoffe eben... genau und weil man nicht weiß, was drinnen ist, ist es so gesund, richtig?
Ich gehe den umgekehrten Weg: Ich weiß was in meinem Zeug drinnen ist und weil ichj das weiß, esse ich es.

Aber letztendlich kommt mir das oft vor, wie Torwarttraining.
Da diskutieren Leute über Torleute, Torwartspiel und Torwarttechniken die könnten einen Spatz nicht vom Gimpel unterscheiden, oder besser noch, halten Gimpel und Dompfaff für zwei verschiedene Viecher.
Wie beim Salz, denn wer keine Ahnung hat, der muss am meisten und am lautesten mitdiskutieren.
Leute, bitte, was befährigt Euch denn, über Torleute zu sprechen? Weil ihr in der Sportschau dem Bela Rethy zugehört habt? Weil irgendein Trainer, den Ihr kennt und den Ihr für den Erfinder des Fussballs haltet, Euch was erklärt hat?
Es ist erschreckend.
Noch erschreckender ist, wie der Nachwuchs ausgebildet und gefördert wird.
Man drückt sich ja gerade jetzt auf vielen Turnieren rum. Gestandene Gruppenliga C-Jugendmannschaften. Eigentlich ist das so etwas wie der gehobene, oder sagen wir sogar die entsprechend gute Amateur-Leistungsklasse. Das ist nix, wo man jetzt denkt, die Jugendlichen werden (noch) Profis oder haben morgen ein entsprechendes Angebot - auch wenn Eltern so tun, aber das ist ein anderes Thema. Nein, es ist Fussball mit Leistungsanspruch, aber eben Amateure. Spaß mit Anspruch nenne ich das.
Was ich da sehe, man möge es mir verzeihen, es hat mit Torwartausbildung und Torwarttechnik oft soviel zu tun wie die Kuh mit Chorgesang oder ein Schwein mit Fliegen.
Rudimentär gesehen, hat man hier oft Torsteher. Ein Torwart, der da bei einer Ecke ausserhalb des Strafraumes steht, ist da schon selten. Entsprechend das technische Niveau. Wir bewegen uns auf C-Jugend Alter, also eigentlich spielen die Jungs lange genug Fussball. Natürlich sind Stock und Stellungsfehler da immer noch gegeben, aber ein Simpler Abwurf, der von unten nach oben geworfen wird, daß geht einfach gar nicht. Oder ein Torwart, der bei einem Ball genau frontal vor die Füsse auf die Knie fällt und beide Hände auf den Ball legt - unmöglich.
Wer bitte schön ist da Trainer und was macht, entschuldigung, dieser Vollpfosten mit den Jugendlichen?

Kinder lernen schnell, ein D-Jugendlicher hat rasch erkannt, wie man seitlich zum Ball agiert oder nach vorn in den Ball in den Umarmungsgriff eintaucht, wenn man es ein paar Mal vorgemacht und dann auch in Übungen umgesetzt und korrigiert hat. Das Verständnis kommt mit dem Erfolg und dem Gefühl der Sicherheit - meine Überzeugung.

Nun, die Überzeugung, daß viele Torwarttrainer da draussen sind, sie ist nicht neu. Das viele aber nicht wissen, was und wie man mit den Kindern/Jugendlichen arbeiten sollte, für mich inzwischen schon - erschreckend.
Was sieht man denn auf deutschlands Amateur-Sportanlagen, wenn der Tw Trainer da ist? Nun, zunächst sitzen die Torleute auf dem Po und machen die übliche Übung: Ball zuwerfen, Torwart klappt nach hinten, kommt vor, wirft Ball zurück. Schöne Übung, ein Klassiker - die Frage - was bringt esdem Torwart steht im Raum.
Gut, gab Zeiten, da habe ich das auch immer gemacht. Heute? Gibt es nicht mehr. Denn ausser Bauchmuskeltraining, und das nicht mal effektiv, ist diese Übung eigentlich nur auf dem Boden rumgerutsche. Meine Meinung, lasse mich aber gern belehren.
Doch diese Übung wird dann noch mit dem Medizinball gemacht. Erstklassig.
Also nächstes kommen dann typische Kraftübungen, also allerlei Kniebeugen und so ein Kram. Gipfeln tut es dann immer in Übungen wie: Unter der Stange durchkrabbeln, Aufstehen, Hechten nach Ball über die Stange, Durchkrabbeln, Aufstehen, Hechten, Durchkrabbeln.... 10 Stück hintereinander.
Nunja, Ballserien haben wir im Forum genüglich diskutiert, ich frage mich nur: Was zur Hölle bringt so eine Übung, ausser den Torwart vollkommen Matsch zu machen? Ja, und danach trainieren wir Abwürfe - mit dem Medizinball. Denn anstelle der korrekten Technik, braucht der Torwart Oberarme wie Rambo auf Anabolika.
Am tollsten aber sind die Trainer, die dem Keeper einen Rahmennetz hinstellen. Dropkick ins Netz, Torwart fängt den Ball, Dropkick ins Netz... an Langeweile und eintönigkeit kaum zu überbieten fehlt dann auch noch die Korrektur, weil der Trainer mit der Mannschaft eine Lauf/Passübung macht - und der torwart sich mit dem Rahmennetz total toll selbst "trainieren" kann.
Man, echt. Da steht man kurz vor einem körperlichen Verweis der Stufe eins, wenn solche Aussagen kommen.
Allein trainieren geht nicht, weil man seine Fehler trainiert. Es fehlt die Korrektur. Jemand der hinschaut und die Bewegungsfehler die man tut, korrigiert, erklärt warum es anders zu machen ist, etc.
Beispiel Abwurf: Warum wird der Ball über dem Kopf abgedrückt, warum wird der Arm am Kopf vorbei gezogen, wie wird gezielt, etc.
Das muss man lehren und vormachen, damit es verstanden und angewandt wird.
Doch es wird nicht unterrichtet. Statt dessen bolzt man Kraft oder lässt die Torleute über dutzende Hürden springen, zwischen Stangen hin- und her agieren und dann werden Bälle auf das Tor geblasen, aber korrigiert, daß wird nicht.
Es gibt auch keine Übungen um die Techniken zu erlernen - und das sieht man den Torleuten an.
So sieht man in den sogenannten Vorbereitungsturnieren ja keine 'schlechten' Torleute, sondern immer Jugendliche mit Potential, doch das ist nicht entwickelt worden. Das ist wie ein Feldspieler, der nicht in der Lage ist, einen Pass über 5 Meter zu spielen oder nicht mal einen Innenspannstoß beherrscht.
Doch wie soll sich ein Torwart entwickeln, wenn man Ihn nicht unterrichtet? Er muss in Spielen angeleitet werden, muss in Situationen korrigiert werden. Er darf nicht selbst entscheiden, sondern muss bis zur Mitte der B-Jugend und vielleicht noch danach, immer wieder angeleitet werden, braucht Nachkorrekturen für sein Verhalten in Situationen.
Auch in der Technik, man muss immer und immer wieder den Torwart an die Technik erinnern und diese nachschärfen. Perfekt geht nicht, aber man muss versuchen, es zu erreichen - kompensieren kann man später im Erwachsenenbereich.
Da aber viele Torleute nicht ausgebildet sind, nicht technisch angeleitet werden, sieht man es - gerade dann auf den Turnieren. Haarsträubende technische Fehler - wie oben geschildert, Torleute, die auf die Knie fallen um einen flachen Ball vor der Körpermitte am Boden zu sichern - oder auch Aktionismus. Torleute, die in den 1 gegen 1 Situationen kaum agieren, sondern irgendwie 'reinspringen' oder schlicht 'hochspringen', weil Sie nie Anleitung erfahren haben, wie man eine solche Situation entschärft.
Bälle werden nicht gefangen, nicht mal der Versuch gemacht. Das Verarbeiten hoher Bälle in Form von Fangen und Fausten gelingt nicht, oft werden Bälle in der C-Jugend nur weggeklatscht, aber nicht gesichert.
Es ist ein Drama.
Schon allein das Zusehen beim Warm machen der Torleute schmerzt, wenn Torleute den Umarmungsgriff nicht korrekt benutzen, oder auch nicht in der Lage sind, den Korbgriff korrekt anzuwenden. Dabei muss man sagen, daß der Umarmungsgriff bei den meisten Torleuten wohl die einzige Technik ist, die einigermaßen korrekt ausgeführt wird, aber selten machen die Hände den Erstkontakt, sondern oft prallt der Ball stumpf auf die Brust und wird mit schnappenden Armen nur am wegprallen gesichert. Dämpfung? Keine Spur.
Viele der Torleute wollen sich empfehlen, sich auszeichnen - und meinen damit meistens tolle Paraden, die diese denken zu beherrschen. Doch letztendlich, auch der Stürmer spielt nicht umsonst in dieser Liga und im Gegensatz zum Torwart, ist er geschult und ausgebildet. Das ist als würde ein scharfes Schwert gegen ein Schwert aus Pappmaché antreten. Man kann sich denken, wer gewinnt - und der Stürmer antizipiert oft die Schwächen des Torwarts mitten im Spiel wesentlich genauer, als viele Torleute die Spielmöglichkeiten antizipieren können.
Und da viele Eins gegen Eins Situationen durch den sogenannten Ballbesitzfussball entstehen, vergessen Torleute immer, daß deren Aufgabe nicht die Balleroberung ist, sondern schlicht, den Stürmer am direkten Torabschluss zu hindern.
Hier greift phänomental was Michael Rechner der TSG Hoffenheim angemerkt hat - die Distanzen sind wichtig, wann stehe ich aufrecht, wann gehe ich tiefer, wann muss ich blocken. Denn je tiefer ich gehe, desto weniger beweglich bin ich. Stehe ich im Block, dann bin ich unbeweglich, stehe ich tief, bin ich träge - nur wenn ich recht aufrecht stehe, kann ich rasch auf den Füssen agieren und Bewegungen folgen. Somit muss ich Positionen einnehmen, abhängig der Distanz, ich darf aber z.B. keine Position zur Zielverteidigung auflösen. Wenn ich z.B. tief stehe, und dann einen Ball flach bekomme, muss ich es gewohnt sein, mit dem Fuss zu agieren, stehe ich nur einen Hauch zu tief, dann lösen Torleute die Position auf, um den Fuss zu entlasten, damit dieser zum Ball agieren kann. Dies kostet wertvolle Sekundenbruchteile, Zeit die man in dieser Situation nicht hat, der Einschlag ist klar. Stehe ich also so tief, dann darf ich die Position nicht auflösen, entweder ich gehe in den Block und erlange damit die Freiheit für den Fuss, oder ich muss mit den Händen, die tief gehalten werden, etwas tun. Doch dieses Erlernen muss man schulen, muss Entscheidungsmuster trainieren und damit die Entscheidungen situationsabhängig forcieren und damit den Kopf in seinen Automatismen trainieren. Je weniger Training der Torwart bekommt, desto schlechter wird er - er bleibt stehen.
Warum vernachlässigen die Vereine die Torwartausbildung so vehement, oder haben TW Trainer, die schlichtweg nicht ausbilden können. Sie können Torleute abwechslungsreich beschäftigen, ja, aber nicht dem heutigen Spiel entsprechend ausbilden.
Es ist ein Unterschied, ob ich Torleute ausbilde, oder Torleute trainiere. Training ist nur leistungserhaltend, es ist nicht immer Leistungssteigernd. Ausbildung ist nicht leistungserhaltend, Ausbildung ist die Grundlage der Leistungssteigerung, es ist das Erschaffen der nötigen Basis, auf der ich überhaupt Leistung aufbauen kann.
So sind viele Tw Trainer nicht in der Lage wirklich auszubilden - daß mag arrogant klingen, aber es ist die bittere Wahrheit. Ich kann nicht in der C-Jugend anfangen, mangelhafte Technik mittels Sprungkraft oder anderer Formen der Körperkonditionierung ausgleichen zu wollen. Ich muss da ansetzen, wo der Fehler entsteht - in der Technik und in den Entscheidungen, wann welche Technik der Torwart einzusetzen hat. Viele erkennen das nicht, es sieht ja von aussen oft spektakulär aus - und dann heißt es, der Ball war unhaltbar. Doch das geschulte auge sieht es anders. Nur muss dieses Auge dann auch Gewicht und Mitspracherecht bekommen. Dann kommt im Training auch der Aha-Effekt, denn wenn solche Bälle, die unhaltbar galten mit anderer Technik zu halten sind, dann wird es schwer, ein Argument zu finden, warum der Ball im Spiel nicht entschärft wurde.
Ausbildung ist daher etwas anderes, nur leider, man sieht immer und immer wieder: Viele Torleute sind nicht ausgebildet worden, sie sind trainiert worden, aber nicht ausgebildet... Sie erreichen daher schlicht nicht den Zenit ihrer maximal möglichen Fähigkeiten und Leistungen.
Traurig aber wahr!

Aktualisiert: 23.06.2015 um 15:05 von Steffen

Kategorien
Fussball , Torwarttraining , Gedanken und Erlebnisse

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