Die ewige Nummer 2?
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am 19.07.2016 um 14:50 (20528 Hits)
"Bin ich die ewige Nummer 2?". Diese Frage taucht bei mir seit einiger Zeit immer wieder im Gedächtnis auf. Klar, als Torwart - knapp 25 Jahre alt - sollte man sich diese Frage noch nicht stellen und doch hat sich diese These in mein Hirn gebrandt und nagt an mir wie eine Ratte. Im Winter 14/15 brach ich auf zu einem neuen Verein um einen Neuanfang zu versuchen (ich berichtete im Blog), nachdem ich als Torwart in meinem alten Verein vertrauenstechnisch "misshandelt" wurde. Ich spielte mich ins Team und war ein halbes Jahr lang die Nummer eins, doch der Druck zu der Zeit war enorm und hat mich für den Rest meiner "Karriere" geprägt. Es war neu und war bzw. ist immer noch unglaublich schön. Ich durfte so viele neue Leute kennen lernen, konnte mich in so vielen Sachen persönlich weiterentwickeln. Und trotzdem bleibt die Frage: Bleibe ich immer die Nummer zwei? Will mich keiner, weil ich zu schlecht, zu brav oder schlicht "zu fett" bin?
Rollen wir das Feld von hinten auf.
Nach diesem halben Jahr als Nummer eins zwischen den Pfosten hatte sich die Sachlage etwas verändert. Der verletzte Keeper, der als eigentliche Nummer eins geholt wurde, war wieder fit und zusätzlich wurde im Sommer noch ein Keeper geholt, der bereits Bundesligaerfahrung in der Jugend vorzuweisen hatte. Offiziell wurde ein Dreikampf in der Vorbereitung ausgeschrieben, was der eigentliche Witz an der Sache war, denn mir war klar, dass in diesem Dreikampf lediglich zwei um den Platz an der Sonne bzw. zwischen den Pfosten kämpfen. Ich wurde also in der Hoffnung gelassen mich Durchkämpfen zu können, wurde danach allerdings gnadenlos aussortiert und war plötzlich gerade noch gut genug für die zweite Mannschaft. Und "oh Wunder": Der Torwart, der den Kampf um die Nummer eins verloren hat, strich die Segel und schloss sich einem anderen Verein an. Ihr dürft 3x raten, was nun passiert ist. Plötzlich war ich wieder das ach so wichtige Glied in der Kette, der Bernd Leno hinter dem Manuel Neuer und durfte so praktisch bzw. sollte so praktisch wieder den Deppen vom Dienst spielen.
Gut, dachte ich mir, in deinem eigenen Interesse trainierst du weiter hart mit und ziehst durch, denn nur so kannst du dich verbessern - alles andere wäre ebenso sinnlos wie dumm gewesen, auch wenn mir diese Rolle nicht schmeckt. Ich machte also meine 25 Spiele in der zweiten Mannschaft, stand 7x in der Elf-der-Woche und wurde in die Elf-des-Jahres gewählt. Ein schönes "Schmankerl", wie man in Bayern sagt, das meinen Eindruck bestätigt. Der Wechsel damals war der absolut richtige Schritt, trotzdem hänge ich jetzt Fest - wie ein Gefrierschrank im Super-Frost und einer defekten Platine. Insgesamt war ich bei 44(!) Pflichtspielen dabei, habe Stunden und Tage für meine Mannschaften geopfert. Da ist das bisschen Geld, das ich dabei verdiene, die geringste Genugtuung. Immer wieder wird mir doch erzählt wie wichtig ich bin...
Nun also startete letztes Wochenende die neue Saison (übrigends mit einer Niederlage), nachdem ich im Landesliga Team letzte Saison auf Verbandsebene genau EINEN Einsatz als "Belohnung" gegen den Tabellenletzten "hingeworfen" bekam. Als könnte man mich damit zufriedenstellen und ruhigstellen wie einen Patienten in der Zwangsjacke. Mich beschleicht nur langsam wieder das Gefühl, als wolle man mir nicht vertrauen. Trainer und Nummer eins kannten sich von früher, wissen was sie aneinander haben und auch wir verstehen uns blendend, sind gute Freunde - also die Nummer eins und ich. Trotzdem bin ich genervt. Ich hau mich rein und bekomme nichts dafür. Klar kann ich der zweiten Mannschaft helfen und auch mit den Jungs verstehe ich mich super, aber es ist nicht das was ich möchte. Ich möchte einfach Vertrauen, weil ich weiß, dass ich es kann. Ich möchte mich einmal über mehrere Spiele innerhalb der Saison beweisen dürfen - auf Verbandsebene! Nur solange ich diese Chance nicht bekomme, wird es für mich auch schwierig mich anzubieten. Kreisliga Fußball kann man eben nicht mit Landesliga Fußball vergleichen, sich darüber anzubieten wird also schwer.
Alles was mir also bleibt ist die Frage: "Bin ich die ewige Nummer 2?". Die Zeit wird es zeigen....