Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer
Killer Casteels
von
am 18.09.2017 um 12:12 (11822 Hits)
Oh Gott, was eine Diskussion.
Alle Plattformen sind voll davon , jeder diskutiert.
Natürlich sind die Fanlager gespalten. Die VfB Fans auf der einen, die Wolfsburger auf der anderen Seite.
Wir schauen mal hin und gleich zu Anfang sehen wir das Ding, aber es geht ab 3:46 los. die Heringabe, und die Stuttgarter laufen natürlich rein. Casteels kommt raus, faustet und Getner bleibt liegen.
Was war hier passiert?
Es ist das aufeinanderprallen von Tw und Spieler im ungünstigsten Fall, hier für Gentner. Wie oft passieren solche Sachen und wie oft geht es glimpflich aus, hier hat es geschappert.
Beleuchten wir die Szene nochmals, fällt auf, daß die Hereingabe, ein schöner hoher Cross aus dem linken Halbfeld durch Aogo, ca. 10 Meter vor das Tor, fast zentral. Das sind so ca. 30 35 Meter Flugkurve. Beck hat seinen Verteidiger, aber Gentner nicht. Gentner hat sich herrlich gelöst und läuft, wie auch Beck mit dem Blick auf den Ball in den Strafraum.
Casteels hingegen, der das ebenso sieht, macht die Schritte, springt ab und faustet jetzt den Ball, wobei er mit dem Knie des Schwungbeins Christan Gentner voll im Gesicht seitlich des Unterkiefers trifft.
Die Schiedsrichter sagen: Unabsichtlich und lassen weiter laufen.... Spielunterbrechung aber wegen der schwere der Verletzung.
War das Rücksichtslos? War es Absicht? Was ist und was war das?
Halten wir mal fest: Casteels geht das raus wie die meisten Torleute raus gehen würden und wie es seitens der gesammten Torwarttrainer Riege seiht Jahren gepredigt wird. Selbst das Sprungbein stimmt 100%ig.
Der Ball kommt für Casteels von rechts, also springt man rechts ab und zieht das linke Knie zur Brust. Das machen auch Hochspringer so, einfach um mit dem Anziehen des Beins ein zusätzliches Moment zu generieren, einen zusätzliches "Lift", zu dem dreht sich die Hüfte damit im Uhrzeigersinn, also dem Ball engegen, man bekommt eine verdammt stabile Lage in der Luft, die man braucht, um Bälle abzufangen oder wie hier zu fausten.
Von der Technik her kann man Casteels sicherlich keinen Vorwurf machen, schaut man sich hier andere Torraumszenen an, stellt man fest, daß machen nahezu alle Torleute so - kein Wunder, fester Bestandteil nahezu JEDER Torwartausbildung.
Nicht weniger Trainer fordern sogar von den Torleuten das Knie anzuziehen, nicht allein wegen des "Lift" sondern insbesondere wegen des "Schutzes".
Angeblich schützt dieses Knie, so die Trainer und daher ist das eine Forderung, die schon Jugendtorleuten so beigebracht wird.
Absicht, unabsichtlich, rüde?
Gute Frage, keine Frage: Casteels sicherlich ist sich keiner Schuld bewußt, der geht raus, wie er es gelernt hat und wenn man genauer hinhört, hört man diesen deutlich rufen, sprich - er macht auf sich selbst aufmerksam. Das es zum Zusammenprall kommt, ist hingegen dann das Problem, daß Gentner den Ruf wohl kaum gehört hat, zudem aber auch trotzdem dem Ball nachgeht - und weil nun keiner zurück steckt, rappelt es.
Wie oft wird der Torwart unterlaufen, wie oft schweigt dann die Pfeife des Schiedsrichters?
Und unterlaufen ist bestimmt weniger unabsichtlich, wie jetzt diese Situation.
Natürlich zieht Castells bewußt das Bein ein, natürlich weicht er der Kollision nicht aus - warum sollte er?
Casteels ist im Strafraum Torwart und darf den Ball mit den Händen spielen, insbesondere auch in der Luft. Er erreicht daher den Ball VOR Gentner und spielt diesen, die Kollision im Nachgang ist natürlich hart- doch können wir sagen: Billigend in Kauf genommen?
Es ist eine ganz, ganz schwere Diskussion, die wir einfach nicht so oder so entscheiden können.
Fakt ist: Dreht sich Casteels in der Luft leicht ein, kommt das Knie von Gentner weg, dann hat Gentner aber gegebenenfalls die Hüfte im Gesicht, und ein solcher Hüfteinschlag - wir erinnern uns an Toni Schumacher - der kann ebenso verheerend sein.
Ja, aus der Hintertorperspektive sieht man sogar, daß Casteels das Knie nicht gezielt gegen Gentner einsetzt, sonden dieses eben doch auch vor den Körper zieht... Es ist alles in allen extrem unglücklich.
Das die Schiedsrichter, der übrigens nicht mal 10 Meter entfernt steht, es nicht als Foul ahndet... okay. Auch mit der Entscheidung kann man leben, denn Torleute spielen so Fussball, es ist einfach so.
Hätte man Foul pfeifen können?
Aber natürlich hätte man Foul pfeifen können, auch eine Gelbe Karte wäre durchaus vertretbar gewesen. Doch das hätte die Diskussion ja nicht abgemildert.
Bleibt die Frage: Knie, ist das wirklich so wichtig?
Viele Tw Trainer werden das immer anführen und davon auch nicht abkommen.. Fakt ist, der Torwart ist im Luftkampf gegen einen am Boden stehenden Gegenspieler immer unterlegen. Siehe gleicher Spieltag, wo Timo Horn gegen seinen eigenen Mann geht und daher er den Ball nicht festhalten kann.
Bringt das Knie wirklich Schutz?
Da kann man darüber diskutieren; und nein, es wird keine klare Aussage geben. Nehmen wir die Situation gegen Getner und lassen das Knie aussen vor. Dann rappelt es trotzdem: Casteels geht zum Ball, streckt das Schwungbein durch, dann rauscht er mit seinem Hüftknochen, hier inbesondere der stabile Beckenkamm ebenso in Gentner rein, wie mit dem Knie. Vielleicht weil der Treffer dann anders ist, verletzt sich Genter nicht so schwer - aber wäre Gentner nur einen Hauch anders gestanden, hätte Casteels Hüftknochen Christian Gentner ebenso erwischt, ob Knie oder nicht - der Treffer wäre dank Anlauf und Bewegung ein Wirkungstreffer mit vernichtender Wirkung gewesen. Es macht keinen Unterschied, ob nun das Knie oder der Beckenkamm - beides, wenn es trifft mit dieser Energie führt zu sehr, sehr unglücklichen Treffern.
Beleuchten wir nun aber mal das Knie: Angenommen Gentner nimmt die Arme vor das Gesicht, schiebt Casteels Knie zur Seite - was übrigens nicht mal schwer ist, da sich Casteels in der Luft nicht dagegen wehren kann und die Torsion sein eigentliches Moment der Richtung nicht beeinflusst - Gentner wäre nicht getroffen worden, ABER Casteels hätte wahrscheinlich den Ball nicht mehr getroffen, denn mit der Rotation im Hüftbereich wäre auch der Schultergürtel in Rotation geraten.
Kann sich jetzt jemand dann das Gejammer von VfL Torwart Koen Casteels vorstellen?
Ist das nun Foul? Eigentlich ja, aber hier auch Eigenschutz. Vertrackte Sache.
Würde das ein Schiedsrichter pfeifen?
Ich lehne mich mal aus dem Fesnter und behaupte: In den seltensten Fällen. Es ist daher leicht, wenn man als Stürmer weiß, wie der Torwart zum Ball geht, diesen gerade im Luftkampf zu stören. Das Knie bietet daher nicht unbedingt Schutz, sondern kann auch ein Nachteil sein. Es bietet nur Schutz, und das muss man so ein dem Raum stellen, wenn der Stürmer eine Gefahr für sich im Knie sieht und daher den Kontakt meidet.
Wir haben die Sache mit dem Knie im virtuellen Torwarttraining auch mal beleuchtet.
Das Ganze ist nun kein Allheilmittel zeigt aber für uns, daß der "Schutz" nicht immer wirklich zielführend ist.
Trotzdem ist das immer noch dabei und es gehört so auch, wir ja in unserem Video sehen. Denn auch die Blaue Mauer zieht ja das Bein als Schwungbein an.
Ebenso dann im folgenden Video mit Harry Huber, wo man das ebenso deutlich sieht.
Auch der Bund deutscher Fussball Lehrer hat sich in einer Fortbildunbg dem Thema Raumverteidigung angenommen und wie deutlich im Video zu erkennen ist, auch hier arbeitern die Torleute mit dem Schwungbein, und auch damit zum Teil 'gegen den Mann', also ziehen des Knie gegen den Dummy an - als 'Schutz'.
Wir können natürlich diese Sache Casteels vorhalten, können natürlich Foul entscheiden. Aber wir sollten einfach aufhören, Casteels förmlich Absicht unterstellen zu wollen, auch das "Billigend in Kauf nehmen" halte ich in Anbetracht, daß die Torleute so ausgebildet werden, für ein wenig überzogen. Das kann jemand sagen, der noch nie in der kurzen Hose auf dem Rasen gestanden hat oder insbesondere noch nie mit einem Tw Trainer über die Raumverteidung und Hohe Bälle gesprochen hat. Ich könnte jetzt dutzend andere Videos zu Rate ziehen - ABER es wird nichts ändern. Casteels ist das raus, wo wie eigentlich alle Torleute rausgehen... und Christian Gentner ist zum Ball, wie eigentlich alle Stürmer zum Ball gehen - nur hat er diesmal den Torwart übersehen/überhört und es kam zu einer unglücklichen Kollision.
Drehen wir jetzt Casteels bitte keinen Strick daraus, denken wir daran, das auch Manuel Neuer gegen Higuain zu Diskussionen geführt hat, und letztendlich: Es geht hier oft darum, wer den Ball bekommt... Zieht Casteels zurück und Gentner bekommt den Ball, ist die Bude sicher - Casteels bekommt die Schelte. Zieht Casteels hingegen durch und Gentner bekommt das zu spüren, bekommt Casteels ebenso die Schelte. Wie es Casteels also macht, es ist nie richtig.
Fakt ist aber: Wegbleiben darf Casteels da nicht, denn das ist was der Trainer und die meisten Journalisten letztendlich in der Situation erwarten! Der Torwart kommt und klärt die Situation... nur was passiert, wenn werder Stürmer noch Torwart zurück ziehen?
Nun dann passiert, was hier passiert: Es kommt unausweichlich zu einer Kollision und meistens zieht der Feldspieler den Kürzeren. Denn Torleute werden im Training just auf die Rangeleien des Luftkampfes, ja die Kollisionen in der Luft gedrillt und sind daher hier um vieles "härter" als der gewöhnliche Feldspieler, Torleute setzern daher den Körper schon aus Gewöhnheit und auch Eigenschutz anders ein, als viele Feldspieler. Weicht dann keiner, dann hagelt es eben - und hier dann unglücklichweise eben richtig.
Nimmt Casteels die Verletzung Gentners "billigend in Kauf" - so denke ich trotz allen Geldes der Bundesliga, nein, tut er nicht. In der Situation denkt der Torwart nicht an den Gegenspeiler und wie er diesen "Abfertigen" kann, sondern ist hochkonzentriert auf den Ball, den er vor den anderen erreichen muss, ja erreichen soll. Er beschäftigt sich daher nur damit, schnellstmöglich den Punkt der Ballabwehr zu erreichen und den Ball zu klären und nicht damit, wen er nun wie abräumt. So hart es klingen mag...
Jetzt diskutierte gerade die Fachwelt, insbesondere SkyExperte Dr. Markus Merk, daß Casteels das Knie als Waffe einsetzt und bei den Spielern der Ellenbogen im Luftkampf auch unterbunden wird.
Das ist ein Weg, den man argumentiv gehen kann, doch ich finde gut, daß hier die Kollgen des VfB Stuttgart weniger die Schuld bei Casteels als im Unglück an sich sahen, doch reden wir darüber: Wurde das Knie als "Waffe" eingesetzt?
Lieber Hr. Dr. Merk, ich denke, daß kann man verneinen. Es handelt sich um das Schwungbein, man springt ab, zieht es an um einfach mehr Höhe zu generieren, nicht um eine "Waffe" zu haben. "Waffe" heißt immer, daß man es gezielt einsetzt, insbesondere um andere damit zu gefährden. Springt Casteels, wie oben erwähnt anders rein, ist der Hüftknochen da, der ebenso verheerend sein kann, wie das Knie und die Diskussion ob der Torwart nun diesen als "Waffe" eingesetzt hat, bleibt.
Christan Gentner hat den Nachteil, daß er am Boden steht, Casteels springt. Springt Gentner auch ab, ist auch hier sein Gesicht aus der Gefahrenzone und Casteels gleitet sauber an Christian Gentner vorbei - alles in allem extrem unglücklich.
Wie gesagt, man könnte auch Foul pfeifen, nur wenn wie Dr. Merk es fordert, jetzt das schärfer überwacht werden soll und muss, müssen die Torleute allesamt, ihre Technik überdenken.
Das trifft auch uns Torwarttrainer und dann müssen wir insbesondere über dieses von so vielen propagierte Schutzknie nachdenken, weil und das ist so in vielen Trainern einfach drinne: Es ist die Vorgabe des Torwarts, das Knie nicht als Schutz, sondern auch als Abschreckung und damit als Waffe gegen Spieler einzusetzen - leider beißt hier die Maus kein Faden ab, denn das liebe Trainerkollegen, daß wird in nahezu allen Lehrgängen so vermittelt - dank der Diskussion jetzt, weiß ich also nicht, ob man daher nicht doch Dr. Merk Recht geben muss...
Bevor es aber vergessen geht und ich denke, daß ist oft wichtiger als die Diskussion, die uns nun einige Tage verfolgen wird:
Lieber Christian Gentner,
von meiner Seite alles, alles erdenklich Gute und Beste zur Genesung.