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Fußball und wie ich ihn zum Teil erlebe... Eindrücke aus dem Fußballleben und von einen Torwarttrainer

Der heilige Gral

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Ich weiß nicht, ob Ihr was vom heiligen Gral gehört habe, jedenfalls lief ja mal wieder Indiana Jones im TV - und der sucht ja bekanntlich im 3. Teil den heiligen Gral. Die Gralssuche ist etwas, worum sich viele, viele Mythen ranken, denn es gibt, je nach Blickwinkel, mehrere durch aus als gültig anzusehende Lösungen zum heiligen Gral. Die wohl interessanteste beschreibt Dan Brown in seinem Buch "Sakrileg" und bezeichnet mit dem Gral den Mutterschoß, also nicht den Leib Christi, sondern die Vereinigung Christi mit dem weiblichen in Form der Maria Magdalena. Dabei darf man nicht vergessen, daß sich um die Gestalt der Maria Magdalena viele Mythen ranken und es wäre, für einen Juden, der christus nu einmal war, auch nichts aussergewöhnliches gewesen, wenn er verheiratet gewesen wäre, eher ungewöhnlich ist es, daß er es NICHT gewesen ist. Und daher hat Dan Brown genug Material, um eben Mythen und Legenden mit Halbwahrheiten zu einer sehr handfesten Geschichte zu verweben. Einer Geschichte um die Blutlinie Christi.
Eine andere Betrachtung des heiligen Grals ist nun, daß es sich um das Gefäss handelt, mit dem angeblich das Blut Christi aufgefangen wurde, als Jesu Christi am Kreuz blutete. Und dieses Blut in diesem Gefäss wurden als Gral, als heiligste Relique der römisch-katholischen Kirche gefeiert. Natürlich, wie bei nahezu allen Reliquien distanziert sich die Kirche von Reliquen, insbesondere wenn es sich um Reliquien von Jesus Christus handeln soll... aber hier machen viele eine Ausnahme, denn ebenso wie das Turiner Grabtuch, handelt es sich ja eher um Dinge, die möglich warne, ohne das damit die unversehrte Auferstehung in Frage gestellt wird.
Diesen Gral, also eine Schale, mit der das Blut Christi aufgefangen worden sein soll, finden wir in der Schatzkammer der kaiserlichen Hofburg Wien. Burg ist hier nicht treffend, handelt es sich eher um ein Schloss oder eine typische Residenz, aber allemal ist die Hofburg einen Besuch wert, nicht nur wegen der schönen Sammlung von Kunstgegenständen, sondern auch wegen der Waffenkammern und natürlich der Schatzkammer. Hier findet sich dann eine recht unscheinbare Achatschale aus dem Hause der Habsburger, die so die Legende, just dieser Gral sein soll, also die Schale mit der das Blute Christi aufgefangen worden sei.. Das Blut selbst, findet man dann an anderen Stellen wieder, nicht in Wien, aber z.B. in der Kirche Sankt Vinzenz zu Heiligenblut am Großglockner, oder im Museum des Hospitz der heiligen Maria in Siena, aber auch in der Basilika Ravensburg-Weingarten... hier findet man dann das "heilige Blut"...
Eine andere Sichtweise ist nun, daß es sich beim Gral um das Trinkgefäss handelt, welches Jesus Christi bei der Feier des Pessach Festes, bei vielen Christen als "letztes Abendmahl" bekannt, als Trinkgefäss verwendet hat. Hier sollen die berühmten Worte gefallen sein, wo er das Brot brach, es als seinen Leib bezeichnete, ebenso wie er den Kelch reichte, mit den Worten es sei sein Blut... Dieser Kelch ist es, den Indiana Jones sucht, aber auch allgemein als der eigentliche heilige Gral angesehen wird. Auch zu dieser Reliquie gibt es ein Stück, welches man sich ansehen kann, und vertraut man den Indizien, ist es just dieses Gefäss, welches die meisten Indizien auf sich vereinen kann, und daher mit großer Wahrscheinlichkeit das Gefäss ist, welches die Bezeichnung "heiliger Gral" verdient... Er wird in einem Seitenalter der Kathedrale von Valencia aufbewahrt, und es ist nicht die Bodenplatte, die goldene Verzierung, es ist schlicht das kleine Steingefäss auf der Spitze, unscheinbar und für die damalige Zeit auch nicht ungewöhnlich, welches gemeint ist. Gleiches gilt für den Becher, der in der Basilika San Isidoro in Nordspanien, präsentiert wird.
Beim Gral geht es aber weniger um das "Gefäss", sondern was den Gral so besonders macht, sind die Geschichten darum, die zumeist die sogenannte Gralssuche beschreiben, welche den Gral so beeindruckend machen. Weder die Schale in der Hofburg Wien, noch der Kelch in Valencia, noch das Grab der Maria Magdalena sind jetzt so "geheim" oder schwer zu finden, ja selbst die Besuche gestalten sich unschwer, sieht man von den Schlangen der Wallfahrer und Touristen ab.
Doch schon zu Zeiten König Artus machten sich Menschen auf, den Gral zu suchen. Parzival, einer der Ritter dieser illustren Tafelrunde Englands schickte sich an, den Gral zu suchen. Seine Geschichte ist eigentlich fix erzählt: Parzival ist Knappe im Gefolge Ritter Gawans und erlebt immer wieder Abenteuer mit diesem Ritter, bevor er selbst, von Missgeschicken, Versuchungen und Unglücklichkeiten des Lebens den Gral findet. Der Roman wurde von Wolfgang von Eschenbach verfasst und gilt als eine der größten Geschichten des Hochmittelalters - versteckt sind es Geschichten, um Liebe, Sexualität, Ehebruch und natürlich auch Rittertum.
Nicht nur Parzival ist ein Gralssuchender, auch Indiana Jones ist auf der Gralssuche ... und obwohl wenig über Indiana Jones bekannt ist, ist sein jüdischer Glaube doch immer wieder deutlich zu finden, symbolhafte Anspielungen, wie seine Furcht vor Schlagen und damit seine tiefe Abneigung sich der göttlichen Versuchung zu stellen, aber auch sein doch recht heilloses Spiel mit Liebe und Frauen sind hier klare Anspielungen auf seinen Glauben, aber auch auf die Gralssuche, die sich kaum so manifestiert, wie im drittel Teil, wo der Jude sich auch die Suche nach dem eigentlich christlichen Symbol des Allerheiligsten macht.
Auch Dan Brown schicht seine Figur Robert Langdon auf eine Gralssuche, nur nicht nach dem Heiligen Kelch, sondern nach dem heiligen Mutterschoss, nach der Blutlinie Christi. Wie Parzival oder Indiana Jones findet er den Gral, muss diesen aber doch wieder hergeben und kann das Wissen darum auch nicht nutzen. Wie die Sucher zuvor, muss Langdon unzählige Gefahren und Rätsel überstehen, bevor Ihn die Erkenntnis heimsucht - und er endlich den wahren Gral findet und dort niederkniet, an der Rosenlinie unter dem Sternenhimmel. Das Buch schuf einen solchen Hype, daß der Louvre sich genötigt sah, Bilder zu veröffentlichen, um der Geschichte und dem Ende des Buches zu widersprechen. Robert Langdon kniet nicht an den Gebeinen der Maria Magdalena, auch wenn das Ende des Buches wunderbar schlüssig ist und die Geschiche abrundet.
Wir können daher den Gral finden, sei es in der Hofburg zu Wien, im Seltenschiff der Kathedrale von Valencia oder die Gebeine der Maria Magdalena in St-Maximin-la-Sainte-Baume... doch den eigentlich Gral, den finden wir nicht. Denn wie Parzival und auch Indiana Jones erkennen, istz der Gral nicht die Sache, sondern die Suche nach dem eigenen Ich, nach dem eigenen Glauben, dem inneren Christus. Dieser ist für den Katholiken Parzival natürlich unterschiedlich zu dem des Juden Dr. Henry Walten Jones Jr., aber auch zu dem Gral, den Dr. Robert Langdon findet. Der Gral symbolisiert daher keine klare Sache, sondern eher die wahre, reine Erkenntnis - und die Gralssuche ist nichts anderes, als der Mühsame Weg eines Suchenden zu seinem eigenen Glauben, seiner eigenen Spiritualität.
Es ist also nicht damit getan, daß Robert Langdon das Geheimnis von Sophie Neveu ergründet und damit sie als Nachfahrin Christi behütet, also erneut einen Schos der Blutlinie findet und gegen alls Gefahren schützt, nein... sein Abenteuer endet erst, als er endlich am wahren Grab Maria Magdalenas niederkniet... Seine Wallfahrt endet erst dort.
Diese Wallfahrt oder Pilgerreise findet sich in vielen Religionen, doch die Gralssuche kann irgendwo als Mutter der Wallfahrten angesehen werden, als die höchste und heiligste Pilgerreise überhaupt - denn sie führt nicht zu einer Sache, einer bestimmten Reliquie, sondern sie führt zum eigenen Ich, zum Selbst und der tiefen, eigenen Spiritualität. Die harte Sache nimmt mehr und mehr dabei weiche Züge an, der Gegenstand, zu dem der Wallfahrende unterwegs ist, verliert mehr und mehr an Bedeutung und am Ende, wenn das materielle Ziel erreicht ist, ist oft das eigentliche Ziel noch lange nicht erreicht, aber klarer geworden. dies ist wohl die wichtigste Erkenntnis der Gralsssuche, das die Sache an sich weniger wertvoll und wichtig ist, wie das eigentliche, spiritistische, geistige und moralische Ziel. Und genau darum geht es bei der Gralssuche - und somit kann eigentlich jeder, egal welchen Glauben er besitzt, ein Gralssuchender werden.

Betrachten wir nun viele Torwarttrainer als Gralssuchende, werden wir rasch Parallelen finden. Dabei ist der perfekte Torwart der heilige Gral, der Torwart, der in allen Bereichen perfekt ist... und die Gralssuche mag das Bestreben der Tw Trainer darstellen, diesen perfekten torwart durch Methodik aber auch Philosophie zu erschaffen. Gern wird Manuel Neuer und seine Spielweise als heiliger Gral der Torwartposition dargestellt, aber nein, er ist es nicht, wie die deutliche Überlegenheit des FC Bayern auch ohne Manuel Neuer mit Ersatzman Sven Ulreich offensichtlich zeigt.
Trotzdem: Michael Rechner, Sven Hofmeister, Patrick Foletti, Stefan Wessels, Klaus Thomforde, Thomas Schlieck oder Marc Ziegler... alle sind irgendwo Gralssucher. Sie suchen etwas, und nachdem diese etwas gefunden haben, stellen diese fest, daß der eigentlich Weg noch lange nicht zu Ende ist... der wahre Gral ist nicht der Torwart, aber auch nicht irgendeine Philosophie oder eine bestimmte Trainingsmethode... der wahre Gral ist die eigene Mathode, das eigene Selbst. Jetzt kann man gern seinen eigenen Gral zur Schau stellen, für andere wird dieser Gral aber nur Fingerzeig sein. Viele glauben, daß man einfach den Gral eines anderen übernehmen muss, um den eigenen Gral zu finden, werden hierbei aber bitter enttäuscht, denn die Gralsssuche kennt keine Abkürzungen. Man muss also auch dieser Versuchung widerstehen, will man den wirklich Gral finden. Im Umkehrschluss ist aber auch, daß niemand einem den Gral aufdrücken kann, denn das wird einfach nicht funktionieren. Man kann nicht den eigenen Gral "herschenken" und einen anderen damit beglücken, noch kann man einem anderen diesen Gral aufnötigen oder aufzwingen, weil dieser Gral einfach dann nutzlos sein wird. Man muss der Versuchung des Grals widerstehen.
Das hier allerbeste Beispiel ist das Buch die "7 Prinzipien der Meister" von Hans Leitert. Für mich ein Werk, wo man die Gralssuche umso deutlich erfährt, aber auch, wie nahe Hans Leitert wohl einem echten, wahrhaftigen Gral gekommen ist, also einem Gral, der universell einsetzbar ist. Das Problem dabei ist: Dieser Gral, so universell er sich darstellt, ist allein nutzlos - er erschließt sich nicht und löst kein Torwartproblem. Doch die Universalität macht, was Hans Leitert auf seiner Gralssuche gefunden hat und dann präsentiert, schlicht, was anderen Gralssuchenden fehlt: Er gibt wichtige Hinweise, wichtige Fingerzeige auf dem Weg zum eigenen Gral. Der Gral Hans Leiterts ist daher keine Weitergabe des Grals von Hans Leitert, sondern es sind die wichtigen Punkte, ja Leuchtfeuer auf dem Weg zum eigenen Gral. So taucht Leiterts Gral hier und dort immer wieder auf, wie die Kieselsteine bei Hänsel und Gretel im Mondlicht, wie das rettende Leuchtfeuer der alten Leuchttürme. So ist auch der Gral selbst, wenn er gefunden wurde, nur der Wegweiser zum eigentlichen, ureigenen Gral.
Wir finden daher nicht das beste Torwarttraining oder schaffen den besten Torwart, durch einfaches übernehmen eines Grals, oder das Aufsuchen dieses Grals und das übernehmen desselbigen, sondern dies muss uns der Fingerzeig, der Richtungsgeber auf der wahren Suche, dem wahren Weg zum Gral sein.
Das vergessen viele Tw Trainer. Sie suchen den Gral, suchen diesen und wollen diesen "geschenkt" oder "verliehen" bekommen, viele sind dem Gral nahe, einie haben diesen erreicht, nur um zu befinden, daß der Gral den sie gefunden haben, nicht die erhoffte Erlösung, die erhoffte universelle Lösung ist. Viele verzagen hier, doch die Gralssage erklärt und, daß der gefundene Gral eben nicht der Gral ist, nach dem zu Streben oder zu suchen ist, sondern das der wahre Gral tief in uns selbst verborgen ist - und wir diesen Gral zu finden haben. Wir haben nicht den Gral der anderen zu suchen und zu finden, sondern unseren ureigenen Gral.
Und jede Trainingseinheit, die wir tun, stellen wir damit wieder in diese Gralssuche... versuchen, wieder ein Stück näher dem eigentlich Gral zu kommen, und selten ist der Gral das Ziel, als vielmehr der Weg der eigentliche Gral ist. Nur dazu müssen wir diesen beschreiten, unablässig, dürfen nicht scheuen und schrecken, dürfen nicht der Versuchung anheim fallen, sondern müssen treu dem Wege sein, der sich verändert, aber immer wohl zum Ziele führend... viel hängt hier an Glaube, an Erkenntnis, an Erfahrung, aber auch an den bei Parzival bezeichneten Missgeschicken und den daraus erhaltenen Lehren. Nicht birgt mehr Erkenntnis, als die Lehre aus einem Fehler, einem Missgeschick, man muss es nur annehmen. Das versucht auch Yoda dem alten Luke Skywalker zu erklären, offen, ob der alte Jedi Meister es seinem Schüler vermitteln konnte... Jaja, wenn wir schon dabei sind, auch die Fortsetzung der Star Wars Trilogie hat Grundzüge einer Gralssuche, selbst die alten Teile enthielten immer diese Grundmsuter einer Gralssuche... und egal wie man es dreht und betrachtet, jeder Gral war anders, und nein, keiner davon war der wohl wahre, echte, reine Gral.
So geht es dann auch den Tw Trainern... Sie suchen den Gral, diese universelle und allgemein und allumfassend gültige "Trainingslehre" um den perfekten Torwart zu erschaffen, übersehen dabei, daß dies wahrscheinlich gar nicht geht, noch das eigentliche Ziel ist oder sein kann... aber sie wollen es so fest...
Der Weg des Torwarttrainers ist eine Gralssuche, und nein.. wahrhaft gefunden hat den Gral wohl noch keiner. Aber einige, die waren sehr nahe...

Kommentare

  1. Avatar von twtrainer
    Hab mir den Text ein paar mal durchgelesen und auch nicht zwischen den Zeilen was von einem relativ perfekten Torwart oder Torwarttrainer gelesen. Dafür schon mal meinen Respekt!

    Denn solange mehr möglich ist, lohnt es sich nicht am Bewährten festzuhalten, meinte einst schon Dettmar Cramer. Darin an sich liegt kein Widerspruch in der Verehrung von Legenden, sondern lediglich der Auftrag das Gute zu bewahren und Neues zu wagen.

    In der sich permanenten Welt des Fussballs von einer gültigen Trainingslehre, kann dabei leicht aufs Glatteis führen. Denn meistens ergibt sich aus einer Antwort gleich 2 neue Fragen, die auf Antworten warten.

    Aber wo findet man sie, die Trainer, die mit einer gewissen Demut vor den anstehenden Aufgaben gestehen, dass sie sich lediglich in der Vergangenheit und der Gegenwart ein wenig auskennen, um gleichsam aus den Wurzeln dieser Erkenntnisse ein paar Prognosen darüber zu geben, wie es in Zukunft weitergehen könnte?

    Es gilt jedoch zu bedenken, das diese Erkenntnisse aus Beobachtungen von nicht perfekten Trainern über nicht perfekte Keeper gewonnen wurden? Anders formuliert, man mist den eigenen Mist gleich mit! Das schlimme dabei sind eigentlich nur die Konsequenzen mit Entgültigkeitscharakter, weil es eigentlich nicht mehr sein darf als eine momentan wahrgenommene Konstellation, bei der lediglich eigene Proritäten in die Wahl der Determinanten eingeflossen sind.

    Objektives Messen ist nicht möglich, weil wir nicht nur messen, sondern bereits beeeinflußt sind den handelnden Personen in der Umgebung.

    Ich weiß nicht, wie es euch geht, wenn ihr den Interviews der Profis nach einem Spiel zuhört? Dieses monotone: "Ich denke ..." wirkt auf mich, als dass es gerade nicht darum geht, dem Zuschauer einen Blick in die eigene Gedankenwelt zu gönnen, sondern gebetsmühlenhaft die jeweiligen Phrasen aus der Marketingabteilung herunter gedroschen werden. Helfen die irgendjemand weiter?

    Nur der Mut zu eigenen Fehlern kann dabei helfen, sich offen für die Gedanken und Ideen Anderer eigene Puzzlesteinchen zu finden, die das Leben und nicht zuletzt den Trainerjob bereichern können.