... was nichts zu sagen hat, da ich erst seit 2000 im schönen Bayernland bin, aber ich versuch's mal:

Vor einem Monat ist er also 50 geworden, der gute Jean-Marie Pfaff, der aufgrund seines Namens die Lösung des Rätsels "Was ist das: vorne ein Mann, in der Mitte eine Frau und hinten eine Nähmaschine?" war, über das sich fast keiner kaputt gelacht hat. Aber für mich war er seit den Achtzigern ein echtes Idol.

Bekannt wurde er durch die Europameisterschaft 1980 in Italien, in der er wirklich klasse gehalten hat - außer (zum Glück) im Finale. Das 1:1 von Hrubesch war ja noch ein Aufsetzer, wenngleich nicht ganz unhaltbar, aber der Kopfball nach einer Rummenigge-Ecke zwei Minuten vor Schluss auch vom Kopfballungeheuer - das war ganz klar sein Fehler. Wir waren Europameister und JMP hat sich einen Namen gemacht. Damals rankten sich noch Gerüchte um ihn, er stamme aus einer Zigeunerfamilie und hätte 12 Geschwister.

1982 löste er mit seinem Wechsel vom SK Beveren das offensichtliche Torhüterproblem beim FCB. Manfred Müller war bereits Mitte 30 und nie so ein richtig Klassemann und Walter Junghans, der, früher als erwartet die Nachfolge von Sepp Maier (Autounfall - Karriereende) antreten sollte, hat die Erwartungen alles andere als erfüllt. Der Spaßvogl aus Belgien absolvierte in den sechs Jahren bei den Bayern über 150 BL-Spiele, wurde dreimal Deutscher Meister, zweimal DFB-Pokalsieger und scheiterte 1987 im Finale des "Europapokal der Landesmeister", Vorgänger der heutigen Championsleague, am FC Porto (ein damals bereits alternder algerischer Stürmer namens Madjer, der den Deutschen noch von der WM 82 in bester Erinnerung war, erzielte damals den Ausgleich per Hacke). An sein erstes Bundesligagegentor kann ich mich noch ganz genau erinnern: Spiel beim SV Werder, Einfurf von Reinders kurz vor der Halbzeit. Der Ball kommt weit in Richtung Tor. Jean-Marie, blondgelockter Belgier bei seiner Bundesligapremiere kommt raus, will mit einer Hand, den Ball wegklatschen. Sprungkraft zu schwach oder zu viele Spieler um ihn herum, wer weiß es - das Leder rutscht ihm über die Hand und geht ins Tor. Er hatte ihn als Letzter berührt und es steht 0:1 - das war auch der Endstand. Die Sonntagszeitungen waren voll davon, die Bayern schämten sich und dachten, sie hätten schon wieder ein Problem mit ihrer Nummer eins. Allerdings gab's ein 1986 die Revanche in Bremen, als am vorletzten Spieltag der SVW mit einem Sieg gegen die Bayern die Meisterschaft klarmachen konnte, Michael Kutzop aber 2 Minuten vor Schluss einen Elfer an den Außenpfosten setzte (Endstand 0:0) und die Münchener am letzten Spieltag die Schale holten.

Seine Klasseleistugen waren legendär. Den Bayern rettete er einmal in der Verlängerung des Elfmeterschießens den Einzug in die nächste Europapokalrunde (Gegner weiß ich nicht mehr), indem er erst ein hielt und dann selber traf - der Ball landete genau im Winkel. Während seiner aktiven Zeit errang auch die belgische Nationalmannschaft ihre größten Triumphe, u.a. den vierten Platz bei der WM in Mexico, bei der, so glaube ich, JMP zum besten Keeper gewählt wurde.

Er versuchte immer wieder mit neuen Ideen die Rolle des Torwarts weiter zu entwickeln. So ließ er sich z.B. eine Zeit lang ein Brustpolster in sein Trikot nähen, um den Aufprall von Bällen auf die Brust zu dämpfen. Seine Handschuhe (dunkelgelbe reusch mit einem schwarzen P darauf) waren legendär, ebenso seine Faxen, bei denen er mit Sepp Maier ein würdigen Partner hatte (beide haben gemeinsam ein Torhüterbuch geschrieben) und natürlich seine weiten Abschläge per Dropkick! Er war als Flieger und Showman bekannt, ohne allerdings den Erfolg aus den Augen zu verlieren. Ehrgeizig (er baute sich seinen Keller um, knallte abends per Dropkick die Bälle an die Wand um bei den zurückkommenden seine Reaktion zu verbessern) und immer etwas verrückt. Er verließ den FCB 1988 wieder in Richtung Belgien (?) und versuchte später noch mal sein Glück in der Türkei. Anfang der 90er hat er in der Modebranche mit einer eigenen Linie Fuß gefasst (weiß nicht, ob es die Firma noch gibt), seit 1 1/2 Jahren ist er eine Art Big-Brother-Star in Belgien und nimmt jetzt an der Dakar-Rally teil. Eventuelles Trainerengagement ist für die nahe Zukunft scheint dennoch nicht ausgeschlossen.

Gruß aus München