Das habe ich bei vielen Volleyballmannschaften im Jugend- & Amateurbereich beobachtet. Da wird mit Füßen und Händen ein Rhythmus geklatscht bei besonderen Ballwechseln oder einfach, wenn man den Gegner durch die Stärkung der eigenen Einheit verunsichern will.
Das Rhythmus-Klatschen beim Laufen kenne ich auch. Bei den B-Mädchen haben wir es in den ABC-Lauf mit einfließen lassen. Jetzt, bei den Frauen, ist es etwas unkomplizierter, aber das Prinzip ist das gleiche geblieben.
Nachdem ich diesen Thread nun von Anfang an mit grossem Interesse verfolge, möchte ich mal ein paar grundsätzliche Dinge über dieses Thema loswerden. Riutale findet man in vielen Lebensbereichen, ich will mich hier aber auf den Sport, vor allem auf den einzelnen Sportler konzentrieren.
Was sind eigentlich Rituale? Rituale sind wiederkehrende Handlungen, die einen symbolhaften Charakter haben und somit einen Zweck, der über die eigentliche Handlung hinausgeht. Damit unterscheiden sie sich von sogenannten Handlungsroutinen, wo zwar auch immer das gleiche Handlungsschema abläuft, aber ausschliesslich das Handlungsziel im Mittelpunkt steht.
Ich will das an meinem eigenen Beispiel erklären: Ich hatte mein Schuhbinde-Ritual vor dem Spiel, das heisst ich brauchte so etwas eine Viertelstunde, um meine Schuhe zu binden und wollte dabei nicht gestört werden. Das ging deshalb solange, weil ich mich in dieser Zeit intensiv mental auf das Spiel eingestellt habe (mehr dazu später). Im Gegensatz dazu habe ich natürlich auch eine Schuhbinde-Handlungsroutine, die tagtäglich zum Einsatz kommt und nur dem Zweck dient meine Schnürsenkel zu binden, was nur wenige Sekunden dauert.
Welchen Zweck hat nun ein Ritual vor dem Spiel? So vielfältig wie die Rituale, die wir in diesem Thread lesen können, sind auch ihre Zwecke. Dazu gehören u. a. Psychoregulation, Motivation, Volition (Willensbildung bzw. -ausprägung) und Fokussierung. Der Überbegriff hierfür wäre die optimale Bereitstellung mentaler Erfolgsressourcen. Um Erfolgsressourcen zu optimieren und wiederholbar zu gestalten, benötigen wir Sicherungsstrukturen auf der unterbewussten Ebene. Diese unterbewusste Ebene ist sehr wichtig, da sie letztendlich dafür sorgt, dass der entsprechende Hormoncocktail (z.B. Adrenalin, Endorphine usw.), den wir für Topleistung brauchen, bereitsteht.
Als Beispiel kommen wir nun zu meinen Schnürsenkeln zurück. Mit dem Binden der Schnürsenkel begann meine Konzentrationsphase, Stück für Stück blendete ich alles aus, was nicht zum Spiel gehörte. Dabei wurde ich immer ruhiger und begann schliesslich damit technische Abläufe und taktische Situationen (Stellungsspiel und Spieleröffnungen) gedanklich ablaufen zu lassen. Diese gedanklichen Vorstellungen, liefen erst ruhig und langsam, also quasi in Zeitlupe, ab und steigerten sich zunehmend in Sachen Tempo und Aggressivität. Mit dem letzten Handgriff und dem entschlossenen Aufstehen von der Bank, war immer das gleiche Bild verbunden. Ich springe mit voller Power in einen Pulk von Spielern, sichere den Ball und leite blitzschnell mit einem langen Abschlag den Konter zum Siegtreffer ein. Wer genau hinschaut, findet in meinem Beispiel alle oben genannten Faktoren der Bereitstellung mentaler Erfolgsressourcen.
Das häufigste Beispiel, das wir sowohl hier im Thread finden, als auch auf den Plätzen sehen, ist das Hochspringen zur Latte und das „Begrüssen“ der Pfosten. Das Hochspringen ist ein klassischer Fall von Psychoregulation, nämlich die innere Anspannung vor dem Spiel, sorgt für einen Bewegungsdrang, den man irgendwie loswerden muss, um seine innere Ruhe wiederzufinden. Das „Begrüssen“ der Pfosten, dient ebenfalls der Psychoregulation und ebenfalls dem Abbau der inneren Unruhe; es verschafft nämlich Sicherheit, die beiden einzigen Konstanten zu begrüssen, die uns in jedem Spiel im wahrsten Sinne des Wortes zur Seite stehen.
Rituale haben also durchaus einen Sinn und können, wenn sie bewusst durchgeführt werden, einen erheblichen Beitrag dazu leisten, optimale Leistung zu erbringen.
Geändert von strigletti (31.08.2009 um 10:37 Uhr)
Stell dir vor, du gehst in dich - und keiner ist da
Wer glaubt es reicht, wenn man bis zum Umfallen kämpft irrt sich...kämpfe darum Aufzustehen!!!
Interessanter Beitrag, strigletti.
Doch möchte ich das Ganze mal von einer anderen Seite beleuchten: Du sagst, dass Rituale einen erheblichen Beitrag dazu leisten können, optimale Leistung zu erbringen. Sind sie jedoch eine Voraussetzung für optimale Leistungen? Kann nicht ein Torhüter, der kein einziges Ritual verfolgt, genauso gut halten? Und was passiert, wenn ein Torhüter mit ganz bestimmten Ritualen dennoch ein schlechtes Spiel abliefert? Wechselt dieser dann die Rituale, lässt sie eventuell sogar beim nächsten Spiel ganz weg?!
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Man braucht keine Rituale, um gute Leistungen zu bringen.
Aber wenn jemand ein solches Ritual hat, wie Strigletti zum Beispiel und damit gut zu Recht kommt, dann sollte er es beibehalten.
Rituale sind eigentlich für mich eine Art Stressbewältigung, denn ob ich nun vor den Pfosten Klatsche oder erst meinen rechten Schuh und dann den linken anziehe, ist nachher auf dem Platz pupsegal.
Einbildung ist ja bekanntlich auch eine Bildung und von daher denke ich, dass sich viele bei ihren Ritualen auch viel einreden und sich einbilden, dass es hilft. Placebo sozusagen...
Nach einem schlechten Spiel mit dem Ritual sollte man es wohl nicht wechseln, denn so etwas passiert. Dann war aber auch nicht der Schuh Schuld oder der Pfosten.
Ich finde, dass jeder es so handhaben soll, wie er mag. Der eine hat ein Ritual, der andere nicht. Aber über den Torhüter an sich sagt es natürlich nichts aus.
Wichtig ist auf´m Platz...![]()
In stillem Gedenken an Spideratze und Robert Enke.
Lasst uns rausgehen und Bälle fangen, Spiele gewinnen und was noch viel wichtiger ist:
Lasst uns jede Sekunde des Lebens leben und geniessen - nichts ist für immer ! ! !
Ich finde den Teil mit den gedanklichen Abläufen sehr interessant. Wo man das ganz gut beobachten konnte, war bei der Leichtathletik-WM beim Hochsprung der Männer. Während die anderen Springer herumsaßen, Musik hörten und sich ausruhten lief der deutsche Springer Raul Spank auf und ab und schien sich zu pushen, indem er die Abläufe immer wieder genau durchging, Bewegungen andeutete und sich im Kopf voll auf den nächsten Sprung vorbereitete. Aber ist das ein Ritual oder eher mentale Konzentration?
Nur wer vergessen wird, ist tot - Du wirst leben.
Ruhe in Frieden, Robert
Ich drehe die Frage einmal um: Warum sollte "mentale Konzentration" kein Ritual sein? Meiner Meinung nach muss man dazwischen nicht trennen.
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Was mir dazu dann auffällt ist, dass dieser Thread, vielleicht mit dem hier zusammengefasst werden kann. Weil eigentlich sind das doch dann alles Rituale, oder?
Geht um diesen Thread.
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Ruhe in Frieden, Robert
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