Mich macht der Hype um Enkes Tod sehr nachdenklich.
45.000 Menschen im Stadion, mindestens genausoviele davor und in Kürze werden wir wissen, wieviel Millionen Menschen an den Fernsehern zuhause die Trauerfeier verfolgten.
Der Tod von Robert Enke erreicht viele Menschen, die Zeitungen liefern sich einen Wettstreit um die besten und heissesten Informationen und die TV-Sender versuchen ihre Einschaltquoten mit dem Aufmacher "Enke" zu steigern. All das geschieht angeblich aus Informationspflicht und dem öffentlichen Interesse am Tod des Mannes, der unter anderem aus Angst vor genau dieser Öffentlichkeit keinen anderen Weg mehr für sich sah, als in den Tod zu gehen. Der Wettlauf um das beste Geschäft mit dem Tod von Enke wird mit allen psychologischen Tricks der Massenbeeinflussung geführt und so wird eine Massentrauer erzeugt, der sich nur wenige widersetzen können.
Der tragische Tod von Robert Enke wird als Ereignis inszeniert, dem sich niemand mehr entziehen kann und genau die Medienwelt, die erst die gesellschaftlichen Rahmenumstände für Enkes tragische Entscheidung geschaffen hat, tritt jetzt, ihr Desinteresse an dem Menschen Robert Enke und ihre Sensationsgeilheit unter schwarzem Tuch versteckend auf und versucht so über die eigene Verantwortung an seinem Tod hinwegzutäuschen.
Es wird so getan als sei der Tod von Robert Enkes etwas unabwendbares gewesen und die Schuld an seinem Tod wird solange verteilt bis sich jeder ein Stück weit schuldig fühlt und schon läuft das Geschäft wunderbar und in der Pressekonferenz bei Hannover 96 wurde gleich noch eine neue Heldin in Person von Teresa Enke aus der Taufe gehoben. So macht man Kasse, der Held ist tot, es lebe die Heldin und niemand fragt sich, wie es der neuen "Heldin", die soeben Witwe geworden ist, wirklich geht.
Teresa Enke wird als starke Frau in die Heldengalerie eingereiht und niemand stellt sich die Frage, wie sehr sie in den letzten Jahren unter der Krankheit ihres Mannes gelitten haben muss. Über Jahre hinweg hat sie das Versteckspiel um die Krankheit ihres Mannes mitgemacht, glaubte über all das Schweigen zu müssen, was sie jetzt öffentlich gemacht hat. Ein, wie wir jetzt wissen, tödlicher Irrtum, den sie in dem Moment, als sie die Todesnachricht bekam, wohl selbst begriffen haben muss. In diesem Satz steckt kein Vorwurf an Teresa Enke, sondern nur die Erkenntnis, dass sie, wie fast jeder Angehörige eines an Depressionen erkrankten Menschen, irgendwann zum Kofaktor dieser schrecklichen Krankheit geworden ist.
Depressionen sind eine hinterhältige Krankheit, denn sie erfordern oftmals, dass sich jemand aus dem unmittelbaren Umfeld, vermeintlich gegen den Willen und die Interessen des Erkrankten stellen muss, damit diesem geholfen werden kann. Doch aus Liebe versuchte Frau Enke dem Wunsch ihres Mannes zu folgen und schwieg, ein vollkommen natürlicher Vorgang und auch absolut nachvollziehbar. Doch eine Frage bleibt für mich trotzdem stehen: Wieso fand niemand, der über Robert Enkes Krankheit Bescheid wusste, den Mut durch Veröffentlichung der Krankheit, sich "vermeintlich" gegen ihn zustellen, ihm aber in Wahrheit zu helfen. Höchstwahrscheinlich hätte dies das Ende des Torwarts Enke bedeutet, aber es wäre die Möglichkeit für einen Neuanfang des Menschen Robert Enke gewesen.
Diese Worte sind hart, aber wenigstens ehrlich; ganz im Gegenteil zu dem Hype um den Tod von Robert Enke und ich will niemanden verletzen, der wirklich um Robert Enke trauert. Doch Vorsicht, im Moment wird alles dafür getan, um uns einzureden, wir müssen trauern. Ich persönlich bedaure, dass es soweit gekommen ist....