Naja, von "ganz normal seinem Job nachgehen" kann hier m.E. nicht die Rede sein.
Wiese trainiert in einer abgeschotteten Trainingsgruppe, die nur besteht, weil man wohl vertraglich bedingt ein vernünftiges Training anbieten muss. Was ich von solchen Lösungen halte, sei mal dahingestellt, Fakt dürfte aber sein, dass weder die Profis, noch die Trainer ganz besonderen Ehrgeiz zeigen dürften.
Normalerweise will ich mich im Training ja verbessern bzw. für die Startelf anbieten. Es ist letztlich viel aufs Spiel fokussiert und daher quellt dann auch die Motivation. Bei einigen Spielern (z.B. Derdiyok) könnte die Motivation noch daher gekommen sein, sich fit zu halten, um direkt bei einem neuen Verein einsteigen zu können. Wiese aber hat ja gesagt, dass er den Vertrag erfüllen will, für ihn gibt es also keinen Grund, zum Training zu gehen, außer dass er sonst Angriffsfläche für eine Entlassung bieten könnte.
Für diese Punkte kann Wiese logischerweise nichts. Dient halt nur, um zu widerlegen, dass Wiese "ganz normal arbeitet".
Was ich auch nicht missverstanden haben möchte: Natürlich ist es für Wiese schön, dass er viel Zeit mit der Familie verbringen kann, wenig tun muss und dafür Millionen bekommt.
Was ich aber nicht verstehe: Wiese ist 31, kann also noch min. 3 Jahre auf höchstem Niveau spielen. Er hat zuvor seit jüngsten Jahren jedes Wochenende vor Tausenden Menschen gespielt, ein hochprofessionelles Training gehabt, wurde im Umfeld von den Fans gefeiert. So etwas muss einem doch fehlen, wenn man weiß, dass man es locker noch haben könnte (anders als etwa mit 40).
Ich glaube, diese moralische Debatte wird belastet von der verbreiteten Abneigung ggü. dem Modell Hoffenheim.
Betrachtet man es neutraler, sind beide Seiten von juristischer Seite her im Recht, bewegen sich moralisch aber auf sehr dünnem Eis. Ich weiß nicht, ob finanzielle oder familiäre Gesichtspunkte wirklich im Vordergrund stehen, manchmal macht es schon eher den Eindruck, als würden beide Parteien einen "Sandkastenstreit" ausfechten. Hoffenheim, indem man den entspr. Spielern z.B. die Kantine verweigert (ist das immer noch so?), Wiese, indem er genau das macht, was den Verein wohl am meisten wurmen dürfte. Darauf lassen mich z.B. stark zynische Aussagen Wieses ("Es ist nicht meine Art, nach einem Jahr den Verein zu verlassen", obwohl es doch jeder verstehen würde) schließen. Wie gesagt, normalerweise findet man in solchen Konflikten beidseitig akzeptable und gesichtswahrende Lösungen, hier eben nicht, weil man es gefühlt mit 2 bockigen Kindern zu tun hat.