Exklusiv-Interview
Tim Wiese: Ich bin heute besser als je zuvor
Bremens Nationaltorwart Tim Wiese spricht im Interview mit der SPORTBILD über den Konkurrenzkampf in der DFB-Auswahl, rechnet mit seinen Kritikern ab und erklärt, warum er nicht ins Ausland wechseln will.


Sportbild: Wie groß ist Ihr Ärger, wenn Sie oft nur als Deutschlands Nummer drei gehandelt werden?

Wiese: Das ärgert mich nicht. Es war doch schon immer so, dass ich in der Öffentlichkeit anders beurteilt werde. Es gibt immer irgendwelche Lieblinge. Ich bin es nun mal nicht, habe auch schon viel auf die Fresse gekriegt. Aber vielleicht bin ich ja am Ende der lachende Dritte. Ich habe schon so viele Spiele auf dem Buckel und dabei sehr viele gute gemacht. Ich weiß, was ich kann.

Sportbild: Ihr Klub-Manager Klaus Allofs sagt, dass Sie schon allein wegen Ihrer Erfahrung die Nase vorn haben müssten.

Wiese: Fakt ist, dass ich schon seit fünf Jahren in Folge mit Werder im Europacup spiele, davon vier Jahre auch in der Champions League. Ich habe von allen den größten Druck, spiele immer nur englische Wochen, stehe am häufigsten im Blickpunkt. Da ist die Gefahr viel größer, mal einen Fehler zu machen. Trotzdem komme ich mit dem Druck am besten klar. Aber wenn ich ehrlich bin, denke auch ich manchmal über unsere Position nach und komme zu dem Ergebnis: Irgendwie ist der Torhüter-Job auch ein Scheiß-Job.

Sportbild: Warum?

Wiese: Weil jeder kleinste Fehler gleich zu einem Gegentor führen kann. Weil die Bälle doch immer schneller und somit unberechenbarer werden. Wenn die Entwicklung so weitergeht, kommen die Bälle in zehn Jahren mit 250 Stundenkilometern aufs Tor geflogen und machen Torhütern das Leben noch schwerer. Aber zum Glück spiele ich in zehn Jahren wohl keinen Fußball mehr.

Sportbild: Von den drei WM-Kandidaten spielen Sie aktuell am konstantesten. Glauben Sie noch an Ihre Chance bei Bundestrainer Joachim Löw?

Wiese: Natürlich. Er hatte ja das Leistungsprinzip ausgerufen. (Ich liebe seine Ironie) Ich bin zurzeit bestens in Form. Man sieht den stärksten Wiese, den es je gab. Deshalb gilt für mich das Motto: immer weiter, immer weiter. (Der Kahn im Wiese ) Ich will weiter gut halten, alles andere liegt nicht in meiner Macht.

Sportbild: „Immer weitermachen“, so lautete auch das Motto von Oliver Kahn. Er lieferte sich vor der WM 2006 ein Duell mit Jens Lehmann, das er verlor. Teilweise lieferten sich beide öffentlich einen Schlagabtausch. Droht in den verbleibenden Wochen vor der WM 2010 erneut ein Torwart-Krieg?

Wiese: Von einigen Medien wird es vielleicht so dargestellt, das ist nun mal so. Aber untereinander haben René, Manuel und ich ein ganz normales Verhältnis.

Sportbild: Während Sie zu Lehmann keines mehr haben. Der hatte gegen Sie zuletzt öffentlich gestänkert, Sie konterten mit den Worten: „Der soll halten und nicht labern.“

Wiese: Dazu habe ich alles gesagt. Nur so viel: Dieser Lehmann ist ein geiler Typ (grinst).

Sportbild: Werder will Ihren bis 2012 laufenden Vertrag verlängern. Bleiben Sie, oder reizt das Ausland?

Wiese: Ich spiele, wenn man Bayern München ausklammert, beim besten Klub in Deutschland. Werder steht in der Europa-Klub-Rangliste auf Platz elf, spielt in der Bundesliga fast immer oben mit. Meine Familie fühlt sich in Bremen unglaublich wohl. Warum sollte ich das aufgeben wollen? Zudem ist für mich der Wechsel von Timo Hildebrand warnendes Beispiel.

Sportbild: Weil er sich in Valencia nicht durchsetzen konnte und mittlerweile in Hoffenheim spielt?

Wiese: Ja. Da vertraue ich doch lieber auf das, was ich habe.
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