@CrazyHorse:
Provokativ geantwortet: Baut Löw denn auf diese Spieler? Neuer und Adler sind die Keeper, auf die er baut. Weidenfeller wäre ein Keeper, der aufgrund seiner momentanen Leistung zu den besten 3 in Deutschland zählt, aber mit einer Nominierung "baut" man nicht auf ihn. Junge Spieler, die die Rolle des "Backup-Backups" spielen, werden aufgebaut, um mal im Baumetier zu bleiben.
Ein Beispiel: Niemand würde eine junge, noch wachsende Eiche dazu benutzen, die tragenden Balken eines Fachwerkhauses daraus zu fertigen. Stattdessen nimmt man gestandene, dicke Eichen, die die Last auch tragen können. Für ein Haus, was in 5 Jahren gebaut wird, braucht man aber heute noch keine alten Balken zurechtlegen, sondern kann auf die jungen Eichen zurückgegriffen werden, die bis dahin noch wachsen können. Natürlich sollte man bis dahin ein Auge auf die jungen Bäume werfen und sie gut pflegen.
Weidenfeller wäre neben Neuer und Adler eine weitere gestandene Eiche, die man aber für den Hausbau 2014 nicht braucht. Stattdessen ist man daran interessiert, die jungen Eichen zu beobachten und intensiv zu pflegen, damit sie für anstehende Hausbauten 2018 und später eine Rolle spielen können. Die Eiche Weidenfeller wird bis dahin zu knorrig sein, um eine Rolle spielen zu können.
Zum Patzer von ter Stegen: Das Tor ist mega-ärgerlich. Leider gehört es zu so einem Konzept, in dem gefordert wird, dass so wenig wie möglich Bälle hergeschenkt werden (z.B. über unnötige Befreiuungschläge) und Situationen stattdessen spielerisch aufgelöst werden sollen, dass Spieler in manchen Situationen zu viel wollen und Situationen, in denen ein Befreiuungsschlag notwendig ist, trotzdem anders lösen wollen. Ter Stegens Aktion war genauso eine. Selbst, wenn er den Ball sauber annimmt, kann kaum mehr als ein rausgeprügelter Ball dabei rumkommen, warum also nicht gleich?
ABER: Das ist kein Grund, an dem Konzept zu zweifeln und nicht mehr auf Spieler zu setzen, die manchmal über die Grenze gehen. Umgekehrt ist es nämlich so, dass Weidenfeller nicht nur in solchen Aktionen den langen Ball sucht, sondern auch in engen Situationen, die man auch spielerisch lösen kann. Er ist damit das gegenteilige Extrem (okay, "Extrem" ist zu krass, aber ich denke, man versteht, was ich meine), was tendenziell dazu führt, dass mehr Bälle verloren gehen als notwendig. Und wie jeder Dorfvereinstrainer weiß: Wenn der Ball in den eigenen Reihen ist, kann der Gegner kein Tor schießen. Ter Stegen hat zwar bitter erfahren, dass das nicht immer stimmt, aber in Normalfall wird dem doch niemand wiedersprechen. Weidenfeller würde sich dann keine Eigentore einschenken, dafür aber mehr Ballverluste produzieren, was potentiell zu Gegentoren führen kann.
@Oli Kahn:
Ich kenne das genaue Profil nicht. Löw hat aber immer wieder betont, dass es ihm auf der Nummer 3 nicht allein um Leistung geht, sondern darum, einen jungen Keeper heranzuführen. Das deutet das Profil der Nummer 3 doch schon klar an, oder nicht? Wenn du willst, kannst du es als eine Art Azubi sehen (oder eben als die junge Eiche (s.o.) im eigenen Hain), und da passt Weidenfeller eben nicht. Diese Besetzung der Nummer 3 mag diskutabel sein (ich finde sie gut, du nicht), aber wenn man es als gegeben ansieht, musst du doch verstehen, dass Weidenfeller damit nicht nominiert werden kann. Du kannst dich darüber ärgern, dass Löw die Dinge auf diese Weise sieht, aber ihm deswegen Sachverstand abzusprechen und darin den Grund für die ausbleibenden Titel zu suchen, ist weder hilfreich noch objektiv.
Und wenn man das erstmal akzeptiert hat, ist es auch völlig logisch, dass internationale Erfahrung keine Pflichtanforderung für die Nummer 3 ist. Wozu sollte dieser Keeper die dann auch einsetzen können? Er soll sie ja erst (u.A. im Nationalteam) erst noch sammeln.
Also Zwischenfazit: Gehen wir konform darin, dass Weidenfeller aus guten Gründen nicht als Nummer 3 mitgenommen wird, wenn man Löws Konzept als gegeben ansieht? (Kritik am Gesamtkonzept steht dann auf einem anderen Blatt, aber gehen wir hier einfach mal davon aus, dass Löw für sein Konzept seine Gründe hat)
Dann weiter: Die Nummer 3 macht für Weidenfeller somit keinen Sinn. Ihn als Nummer 1 oder Nummer 2 zu setzen, wäre dagegen mit dem Konzept (was Strukturen und Perspektive angeht) durchaus vereinbar. Der entscheidende Unterschied: Jetzt kann man nicht mehr über Weidenfeller anstelle von ter Stegen oder Zieler (was mit Leistungsargumenten einfach ist) diskutieren, sondern muss ihn gegen Neuer und Adler antreten lassen. Das wird schwieriger und an dieser Stelle treten dann eben die Argumente hervor, dass Neuer und Adler einfach eher den Fussball spielen, den Löw sehen will. Deswegen, und weil der leistungsmäßige Unterschied zwischen Neuer, Adler und Weidenfeller nicht mehr so groß ist, stehen die beiden eben momentan vor ihm.
Kannst du das jetzt ein bisschen nachvollziehen? Wie gesagt, dazu musst du dich (nur ganz kurz, versprochen *g*) hinter das Nivea-gecremte Gesicht von Jogi Löw versetzen lassenDann können wir weiter diskutieren