Ich finde es schwierig, einen Trainer an zuvor geholten Titeln zu messen. Für Löw ist die N11 die erste Station als Trainer, wo er große internationale Titel gewinnen kann. Das er das bisher noch nicht hat, ist sicherlich ein Manko, aber es beweist doch nicht, dass er Thomas Müllers "Looserstempel" verdient. Letztlich ist Löw 3x kurz vor dem Ziel gescheitert, wobei er jedes Mal weit weg davon war, Favorit zu sein, mit der Ausnahme von 2012 vielleicht. Aber 2010 haben die meisten Kritiker das Turnier doch schon mit dem Ausfall von Adler und Ballack abgehakt. Von "Versagen" wie beim FC Bayern gegen Chelsea im letzten Jahr kann man da kaum sprechen. Man muss dann den Jogi auch mal an dem messen, was er erreicht hat. Und das ist z.B. der Fussball, der 2010 gespielt wurde und ohne den man m.E. von einem Titelgewinn jeweils viel weiter entfernt gewesen wäre.
Auch den Punkt, dass einer wie Löw bei seinem Team keinen Titelhunger generieren kann, finde ich streitbar. Ist es nicht vielleicht möglich, dass er selbst einen unglaublichen Ehrgeiz entwickelt, weil er sich diese Krone aufsetzen möchte (eine ähnliche Geilheit, die zu der Übermacht des FC Bayern in diesem Jahr nach 2 verlorenen Titeln geführt hat)? Und umgekehrt: Bei einem x-fach gekrönten Trainer ist doch immer die Gefahr da, dass dieser Fehler auf die Spieler abschiebt (ala: "an mir kanns ja nicht liegen, ich habe bereits den und den Titel gewonnen und nachgewiesen, dass ich ein guter Trainer bin)...
Aber mal von einer anderen Seite betrachtet: Du willst einen Trainer, der bereits mit Titeln dekoriert ist als Nationaltrainer. Wer soll das bitte sein? Ich bin dagegen, auf einen Ausländer zurückzugreifen, da ich denke, dass der DFB als weltgrößter Einzelsportverband den Anspruch haben sollte, "auf eigenes Material" zurückzugreifen, um Titel zu gewinnen. Das hat lange Historie und daran zu wackeln finde ich bedenklich, auch weil eine "National"-Mannschaft diesen Namen nicht umsonst trägt. Der nationale Charakter sollte sich auf das ganze wesentliche Team (ok, Masseure und Fitnesscoaches sind mir egal) beziehen.
Das schränkt die Auswahl enorm ein. Schauen wir uns mal die Auswahl an:
- Deutsche Trainer mit Nationalelf-Titeln: Beckenbauer (1990), Vogts (1996) --- Ich denke, die fallen beide raus, oder?
- Deutsche Trainer mit CL Titeln: Heynckes und Hitzfeld --- Beide könnte man sich als Nationaltrainer vorstellen. Aber Hitzfelds Fussball ist nicht mehr der Fussball von heute. Bei Heynckes ist das schon eher der Fall
- Deutsche Welt-/Europameister, die als (nennenswerte) Trainer arbeiten:
Matthäus, Augenthaler, Klinsmann, Babbel,... Da würde ich jetzt über niemanden sagen, dass er ein besserer Trainer ist, als Löw es ist.
- Deutsche CL-Sieger: Sind ein paar mehr, aber wer von denen arbeitet als Trainer und könnte daher die N11 übernehmen?
Es ist einfach nicht das Angebot da, auch weil die hochdekorierten Trainer mittlerweile einer anderen Generation angehören (Augenthaler), nichtmal vom Alter, sondern vor allem von der Spielweise her. Joachim Löw muss sich da in der Auswahl von oben nicht verstecken in seiner Qualifikation als Trainer. Es ist auch, offen gesagt, ein ziemlich beklopptes Auswahlkriterium. Klopp ist ja auch nicht Trainer in Dortmund geworden, weil er so viele Titel gewonnen hat, sondern weil seine Arbeitsweise und sein Fussballkonzept überzeugt hat und die jeweilige Mannschaft ein ganzes Stück nach vorn gebracht hat (dennoch hat der BVB unter Klopp in 3 Europapokal-Jahren nicht einen einzigen Titel (ICH verlange das auch nicht) gewinnen können... Versager, Trainer raus, oder????)
Aber bitte: Nenne mir doch jemanden, den du gerne auf dem Stuhl sehen würdest? Loddar?