Das sogenannte "moderne" Torwartspiel ist ja letztendlich bereits uralt. Als erster Vertreter dieser Art kann man wohl Gyula Groscis sehen, der diesen Stil des "MItspielenden Torhüters" als erster bekannte Torhüter prägte.
Oder ein Jan Jongbloed in den 70er Jahren, von dem ein, ich glaube, Breitner (oder wars Beckenbauer, halt in so einer 74er Reportage) mal sagte: der könnte auch Problemlos in jeder europäischen Spitzenmannschaft als Libero spielen.
Es gab also im Prinzip schon immer ganz unterschiedliche Interpretationen des Torwartspiels. Es gab und gibt auch für "beide" Spielarten stets extrem starke Vorbilder und die Übergänge sind extrem fließend. Ob eine Spielart nun besser oder schlechter ist, läßt sich so einfach garnicht sagen. Aber zur Zeit ist der "mitspielende" Torhüter defenitiv gefragter und das nicht nur in Deutschland. Um das nachzuvollziehen muß man rund 40 Jahre zurückschauen. Fußball wurde bereits mehrfach revolutioniert.
In den 70er erfolgte eine neue Revolution geprägt durch zwei der besten Fußballer, die es je gab. Zum einen gab es die Ajaxschule rund um Johan Cruijff und den Gerneral Rinus Michel, die den Football Total predigten und "erfanden" und als Gegenbewegung Beckenbauer, der den Libero quasi erfand. Beide Systeme sind in verschiedenen Ausprägungen seit damals im Prinzip in ständiger Konkurrenz.
Zu einem Liberosystem passt natürlich der "Linientorhüter" nahezu perfekt, während der Fotball Total (die 4er Kette) eher einen "mitspielenden" Torhüter benötigt, da einfach der letzte Mann fehlt.
Zwar konnte der Libero bis in die später 90er hinein nicht nur Titel gewinnen, sondern auch große Spieler hervorbringen (z.B. Sammer, Franco Baresi), wurde aber dann im Übergang zum neuen Jahrtausend eigentlich komplett verdrängt bzw. ging als "Doppelsechs" oder überhaupt als 6er Position (Pirlo, Frings, Deco, Viera) in den Fotball Total ein. So findet sich heute eigentlich überall nur noch die 4er Kette in der Abwehr, von Außnahmen wie die Össis (diese EM) oder die Griechen(letzte EM) mal abgesehen.
Die 4er Kette verlangt von einem Torhüter grundsätzlich eine andere Spielweise als die eines Liberos oder Ausputzers, bzw. sie verlangt eigentlich alles was ein Torhüter mit einem Libero auch braucht, nur zusätzlich muß man als Torhüter auch noch die Aufgaben eines Liberos übernehmen. Der optimale Torhüter für den modernen Fußball ist also ein Oli Kahn mit der Strafraumbeherrschung eines Lehmanns. Nur das gibt es schlicht nicht. Zumindest noch nicht, wobei ein Buffon dem schon verdammt nahe kommt.
Modernes Torhüterspiel bedeutet also letztendlich doch nicht mehr als das man sich an die Spielweise der eigenen Mannschaft anpasst. Verallgemeiner kann man das sicher nicht, bzw. wie sagt Rehagel doch so schön: Modern ist wer gewinnt. Der "Mitspielende" passt halt zur Zeit viel besser auf das Anforderungsprofil der Topmannschaften. Das kann und wird im Amateurbereich, wo oft noch mit Libero gespielt wird, natürlich ganz anders aussehen.




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