Ich versuche mal, zu antworten:
Den Teil in dem es darum geht, wer was gesagt hat, lasse ich aus. Aber zum Thema deutsche Tugenden: Lies dir Steffens Beitrag durch.
Aber zuerst: Ja, es ist mir nach einem verlorenen Spiel egal, ob ich gut oder schlecht war. Es tut weh zu verlieren, aber man hat immer all das getan, was man für das Beste gehalten hat. Das muss man nicht immer richtig gemacht haben, aber am Ende des Tages hat jeder Sportler alles versucht. Ob das jetzt nach außen hin so aussah, dass man bis zum Umfallen gekämpft hat, oder einem vorgeworfen wird, die Dinge zu schön gespielt zu haben, ist völlig egal. Denn die deutsche Nationalmannschaft wird deutlich mehr Spiele gewinnen, wenn sie auch unter Druck das ganze spielerisch angeht, als wenn man es aufgrund eines Rückstandes mit der Brechstange versucht. Wie man es auch macht, es wirkt nach außen unterschiedlich, Intention war aber, das Ruder rumzureißen. Darauf will ich hinaus. Deutschland hat gegen Argentinien, gegen Italien (EM) und Spanien (WM) versucht zu gewinnen. Auf dem Wege, den man für am aussichtsreichsten hielt. Es hat nicht geklappt. Aber das heißt nicht, dass es auf einem anderen Weg geklappt hätte.
Das ist die Crux an einer spielerischen Taktik. Wenn du gewinnst, ist alles gut, wenn du verlierst, sieht es so aus, als ob man sich nicht genug angestrengt hätte.
Andersrum ist es genauso. Bei einer eher pragmatischen Taktik motzen die Fans nach siegen, weil es unattraktiv war. Dafür sieht es nach Niederlagen eher so aus, als hätte man alles getan.
Egal, was man spielt, man muss seiner Linie treu bleiben. Die N11 ist keine Mannschaft (mehr), die besonders gut kämpfen kann. Aber wer sagt, dass man ein Spiel nur mit der Brechstange drehen kann? Kann man es nicht auch so drehen, indem man seiner Linie (also dem, was man am besten kann) treu bleibt? Glaub mir: Man kann.
Das ist alles, was dahinter steht, dass es egal ist, wie man verliert. Wenn man verloren hat, hat der Gegner die Sachen besser gemacht, als man selbst. Das muss aber nicht unbedingt daran liegen, dass man selbst viele Dinge falsch gemacht hat.
Und zur zweiten Frage:
Wie kommst du darauf, dass die deutsche Mannschaft immer "in den entscheidenden Momenten" verlieren? Dazu müsstest du sagen, dass "die entscheidenden Momente" Halbfinals oder Finals sind. Das sehe ich anders. Die deutsche Mannschaft hat in vielen entscheidenden Momenten gewonnen. Sonst würde sie gar nicht im Endspiel/Halbfinale stehen. Das meinte ich weiter oben mit meinem Beitrag. Im KO-Modus verliert man halt (wenn man verliert) immer das letzte Spiel. Wäre Deutschland 2010 im Viertelfinale ausgeschieden, hätte man auch dort gemosert, dass man "im entscheidenden Moment" versagt hätte. Wäre Bayern in Madrid ausgeschieden, hätten sie auch dort im "entscheidenden Moment" versagt. Aber diese "entscheidenden Momente" wurden gewonnen. Deswegen finde ich es schwachsinnig, hier ein generelles Problem "im entscheidenden Moment" zu suchen.
Ich will auch nochmal den Punkt "Versagen" aufgreifen. Eine hohe, selbstbewusste Erwartungshaltung "Wir wollen Europameister werden" garantiert nicht den Erfolg. Jeder, der das sagt, ist sich bewusst, dass es 4-5 andere Teams gibt, die das genauso wollen und auch die Qualität dazu haben. Dessen unbewusst sind sich leider die meisten, die diese Aussagen hören. Erfolg ist zwar planbar, aber nur in einem gewissen Maße. Du kannst dir im Vereinsfussball ein Team zusammenkaufen, du kannst das meiste Geld von allen ausgeben, aber am Ende kannst du dich maximal in Halbfinale der CL kaufen. Alles was danach kommt, ist nicht mehr planbar, weil du auf Teams triffst, die es genauso machen. Die genausoviel investieren, die genau so eine Qualität haben. Dann muss alles passen in diesen Spielen. Und wenn du am Ende verlierst, hast du dennoch alles getan, vielleicht sogar alles richtig gemacht.
Achja: Deine Schlussfolgerung ist falsch. Ich will ein Spiel mit meiner Herangehensweise gewinnen. Wenn ich u.U. mal von diesem Weg abweichen muss, ist das auch okay. Aber dann muss ich mich nachher fragen, warum ich meine Linie nicht durchziehen konnte. Wenn ich verliere und meinen Weg durchgezogen habe, kann mir niemand garantieren, dass ein anderer Weg erfolgreicher gewesen wäre. Deswegen ist es egal, wie ich verliere.
Anders sieht es natürlich aus, wenn ich verliere, weil ich nicht alles gegeben habe. Wenn ich z.B. am Tag vorher feiern war, wenn ich mich nicht richtig auf das Spiel vorbereitet habe. Aber wenn dem so ist, brauche ich mich nicht zu fragen, warum ich verloren habe, denn dann kenne ich die Antwort bereits. Ich setze voraus, das jeder auf seine Weise sein Bestes zum Mannschaftserfolg beiträgt. Wenn das nicht gegeben ist, braucht man nicht über Taktik, Tugenden und andere Dinge zu debattieren.