Ich hatte heute wohl das erste Spiel in meinem Torwart-Dasein, in dem ich meine Leistung aufgrund der drastisch beeinflussenden Faktoren nicht einschätzen kann. Meine Mannschaft war zu einem Präsentationsspiel (so eine Art Leckerbissen vor der Saisoneröffnung der Männer) bei dem Verein Altlüdersdorf eingeladen. Als Gegner präsentierte man uns den 2. Bundesligisten Blau-Weiß Hohenneuendorf, denen wir mit einem Mix aus der 1. und 2. Mannschaft entgegentreten wollten. Leider gestaltete es sich so, dass die Spielerinnen unserer 1. Mannschaft noch nicht mit der Saisonvorbereitung angefangen haben und daher heute das erste Mal nach 6 Wochen Pause wieder gegen den Ball kicken sollten. Die Vorzeichen standen also ungünstig, aber wir dachten uns: Hey, es ist ein Testspiel. Die Wechsel von vier ehemaligen Spielerinnen von meinem Verein zu unserem Gegner und bereits vorhandene Rivalitäten verliehen dem Spiel im Vorfeld ein wenig mehr Würze, als mir lieb war. Nun hatten wir uns aber auf das Spiel eingestellt und ich hatte bereits am Dienstag erfahren (wie im Thread "Saisonvorbereitung 2009/2010" beschrieben), dass ich über die volle Distanz spielen soll.
Nach 1 1/2 h Hinfahrt empfing uns die erste Schwierigkeit: Innerhalb von 30 Minuten sollten wir umgezogen und erwärmt sein, da die Veranstalter den Zeitplan nicht nach hinten verschieben wollten. Die Spielzeit war zu diesem Zeitpunkt bereits auf 80 Min. gekürzt worden.
So schnappte ich mir 2 der nicht aufgestellten Spielerinnen und ließ mich sehr kurz und unzulänglich warm machen. Bereits in der Erwärmung wusste ich, dass dies hier ungeheuer schief gehen wird. Zu diesem Zeitpunkt war es 18:00 Uhr und die Sonne stand dementsprechend tief. Wir verloren die Platzwahl, spielten also zuerst gegen die Sonne... - und wie. Ich habe es noch nie erlebt, dass für Sekundenbruchteile ein Ball wegen der Sonne komplett aus meinem Sichtfeld verschwindet - bis auf heute. Die nächste Schwierigkeit: Unsere Gegnerinnen traten mit dunkelblauen Trikots an, wir mit schwarzen. Normalerweise würde man einen Unterschied erkennen, jedoch nicht beim direkten Blick gegen die Sonne. Es war, als würden 20 Mitspielerinnen auf dem Feld stehen. Dies führte zu einer (für die Zuschauer) sehr witzigen Situation. Eine Spielerin lief auf den Ball zu, relativ zu Anfang des Spiels. Ich sah ihr "schwarzes" Trikot im Augenwinkel und gab das übliche Kommando "Torwart" aus, um ihr den Laufweg zu ersparen und den Ball in Ruhe aufzunehmen. Die beschleunigte jedoch ihr Tempo nur. Erst 2 Meter vorher erkannte ich, dass es das Trikot einer Gegnerin war und konnte ihr gerade noch den Ball vom Fuß pflücken... Leider sahen sogar die Sponsorenlogos auf den Trikots bei flüchtigem Hinsehen ähnlich aus (Größe, Platzierung auf dem Trikot...).
Dazu kam der knochenharte Untergrund und der sehr helle und trockene Rasen. Es gibt zwei Dinge, die meist abnormal sind auf gegnerischem Terrain: Entweder ist der Platz kleiner oder größer, dafür aber die Markierungen gut, oder der Platz hat die normalen Maße und die Markierungen sind evt. schlecht. Ich habe es noch nie erlebt, dass beide Fälle so drastisch eintreffen wie heute. Die Markierungen waren nicht zu sehen, weder die Mittellinie, noch mein eigener 16er oder 5-Meter-Raum. Dazu war der Platz sehr viel kleiner als unser gewohnter Kunstrasenplatz und deshalb verlor ich jegliches Raumgefühl, dass ich sonst eigentlich habe.
Kommandos konnte ich nicht mehr viele geben, die Strafraumbeherrschung wurde ein Glücksspiel, bei dem ich entweder pokerte, ob der Schiedsrichter sieht, dass ich außerhalb des Strafraumes bin und ich deshalb riskieren kann voll rauszugehen oder eben gar nicht rauslief und auf Nummer sicher ging in den meisten Situationen. Das war natürlich sehr ätzend.
Dazu brach gleich in der 2. Minute bei einem Torschuss eine eigentlich totgeglaubte Verletzung auf, die ich schon bei meiner mangelhaften Erwärmung gemerkt hatte - das gab mir in der sengenden Hitze den Rest. Ich quälte mich durch die ersten 40 Minuten und ließ mich danach auswechseln. Es tat mir für die Mannschaft sehr leid, da das Spiel am Ende noch 1-6 verloren ging (HZ: 3-1), aber in Testspielen wollte ich das Risiko einfach nicht weiter eingehen. Am Ende kann ich evt. sagen, dass ich den Umständen entsprechend gut gehalten habe, aber auch nicht mehr. Es war einfach eins der schwierigsten Spiele, die ich bisher bestreiten musste.