Oh Mann, ich bin fix und fertig. Ich habe zwar nicht selbst gespielt, war jedoch zu Gast beim letzten Relegationsspiel meines neuen Teams. Die Voraussetzungen waren vor dem Spiel klar: Nach zwei eher durchwachsenen Auftritten in der Relegation, würde ein Remis zum Aufstieg reichen.
Das Spiel fand auf einem neutralen Platz stand, gut 500 Meter Luftlinie von dem Ort entfernt, an dem sich Robert Enke das Leben nahm. Ein merkwürdiges Gefühl. Zum Glück war es nicht mehr so warm, wie in den vergangenen Tagen, ein starker Wind verschärfte jedoch die Bedingungen ein wenig. Der Rasen war in einem Topzustand, besser als teilweise in der Bundesliga. Sogar vor den Toren war der Platz in einem perfekten Zustand. Und so etwas am Saisonende, stark. Kein Platz für Ausreden, nun ging es um alles. Aufstieg oder Nichtaufstieg, Gewinner oder Loser.
Das Spiel beginnt sehr flott. Mein Team kommt gut in die Partie und dominiert von Beginn an. Nach fünf Minuten dann bereits der erste Schock: Der sehr erfahrene defensive Mittelfeldspieler zieht sich bei einem Pressschlag eine Zerrung im Oberschenkel zu und muss ersetzt werden. Nach etwa 15 Minuten gelingt dann der erste Durchbruch nach einem schönen Steilpass. Unser Stürmer legt den Ball am Torwart vorbei, dieser weiß sich nicht anders zu helfen und reißt den Gegenspieler um. Ein klarer Elfmeter, das sah auch der Schiedsrichter so. In meinen Augen, und das sah auch ein Großteil der Zuschauer so, hätte es obendrein noch eine rote Karte geben müssen, da der Torwart nicht zum Ball sondern lediglich zu den Beinen des Stürmers ging. Der Schiedsrichter belässt es jedoch bei einer gelben Karte. Was dann passierte, ist nach dieser bisher sehr durchwachsenen Relegation symptomatisch: Unser bester Torschütze der Saison legt den Ball auf den Punkt und schießt ihn dem Torhüter in die Arme. Es war unglaublich. Das Team lässt sich davon jedoch nicht beirren und spielt weiter geradlinig nach vorne. Man scheitert jedoch ein ums andere Mal im Abschluss. Nach etwa 25 Minuten, als es schon längst hätte 3:0 stehen müssen, dann die nächste unglaubliche und absolut passende Situation: Unser linker Mittelfeldspieler spielt den Ball aus der gegnerischen Hälfte zu einem Innenverteidiger zurück, übersieht dabei jedoch den Gegenspieler in dessen Rücken. Ein Laufduell, ein Schuss, Tor. 0:1. Fassungslosigkeit. Die Köpfe hingen, doch es musste irgendwie weiter gehen. Ein Tor würde zum Aufstieg genügen. Dann ging es in die Halbzeit. Es war klar, dass nur eines fehlte: das erlösende Tor. Das Spiel plätschert im zweiten Durchgang vor sich hin. Dann macht sich unser Trainer bereit für seine eigene Einwechslung. Er zieht sich gerade das Trikot über, als einer einer unser Stürmer kurz vor der Strafraumgrenze gefoult wird. Der Schiedsrichter zeigt dem Foulenden die gelb-rote Karte. Der Wechsel muss warten. Der Freistoß kommt mit viel Schnitt auf das Tor, ist jedoch nicht wirklich gut geschossen. Der Ball tickt kurz vor dem Torhüter auf, dieser kann den Ball nicht festhalten und unser Stürmer staubt ab zum 1:1. Was für ein Jubel! 10 gegen 11 und dazu das erlösende Tor. Was sollte nun noch passieren? Schnell wurde jedoch deutlich, dass man die Überzahl nicht ausspielen kann. Das vermeintliche Übergewicht ist nicht zu erkennen, der Gegner bäumt sich auf uns mobilisiert die letzten Kraftreserven. Dann gibt einen Freistoß an der Mittellinie. Der Ball wird hoch vor das Tor gespielt, ein Gegenspieler fällt hin, ein Pfiff. Elfmeter. Warum? Das weiß niemand. Es soll wohl ein leichtes Trikotzupfen gegeben haben. Schuss. Tor. 1:2. Wieder im Rückstand. Von nun an klappt gar nichts mehr. Man sucht verzweifelt die Lücke in der gegnerischen Abwehr, der Gegner verteidigt mit Mann und Maus und probiert es mit schnellen Kontern. So auch in der 75. Minute: Ein lange Ball, Mann gegen Mann, Schuss, Tor. 1:3. Das Ende. Alle waren geschockt. In der 85. Minute mache ich mich dann auf dem Weg zu meinem Auto. Ich habe genug gesehen und bin nur noch frustriert. Aus dem Augenwinkel sehe ich einen Zweikampf im Strafraum des Gegners. Wieder ein Pfiff. Wieder Elfmeter. Diesmal ein anderer Schütze. Er legt sich den Ball zurecht und verwandelt sicher. 2:3. Geht da noch was? Niemand glaubt mehr so recht daran. Nun wird alles nach vorne geworfen. Zweimal scheitert man erneut im Abschluss. 90. Minute: Gewusel im Strafraum. Der Ball wird quer gelegt. Ein satter Schuss in die linke untere Ecke. Tooooooooor! 3:3. Unglaublich. Ich renne auf den Platz und reiße unseren Torwart um. Was für ein Jubel. Anstoß. Noch ein Freistoß für den Gegner. Der Ball kommt hoch vor das Tor, unser Torwart zögert beim Rauslaufen, doch ein Innenverteidiger kann den Ball klären. Ein langer Ball nach vorne und dann war es endlich soweit: Abpfiff! Grenzenloser Jubel, die Fortuna steigt auf! Wer hätte damit nach diesem Spielverlauf noch gerechnet? Wohl kaum jemand. Doch umso größer die Freude. Der Gegner tut mir unendlich Leid. Ein aufopferungsvoller Kampf mit einem Mann weniger, der beinahe belohnt worden wäre. Fußball kann so bitter sein. Freude auf der einen Seite, unendliche Trauer auf der anderen.
Ich freue mich: Noch ein Jahr Landesliga.