Ja, ich erinnere mich. Aber wie Du sagst, es hat sich heraus gewachsen.
Können wir daraus jetzt trotzdem ein Muster ableiten, daß dieses 'Überdrehen' wie "verwunderter Beobachter" - und ich zähle Dich, Anadur jetzt mal dazu - es nennt, trotzdem immer noch vorkommt und können wir es anhand von Spielszenen und Momenten auch stichhaltig belegen?
Sprich haben wir eine Ursache, wie z.B. Rückstand der Mannschaft UND viele vergebene Torchancen, also langsam Zeitnot - die dann Auslöser dafür ist, für was Ihr seht, also das Überdrehen? Oder unterliegen wir bloß einem subjektiven Eindruck, ja, lassen wir uns vielleicht sogar verwirren, weil was passiert, eine Stallorder ist?
Nun, wie oben angesprochen. Ist es wirklich ein Muster, und warum gerade bei Spielen gegen Gladbach? Weißte, ich könnte jetzt sofort 2 YouTube Links einbetten, weil ich gleich mal nachgeschaut habe, aber ich will - man merkt es vielleicht - mich da ein wenig gebremst halten.Das war damals eine schallende Ohrfeige. Und ja, das ist ein Muster von ihm, das fällt nur in der Bundesliga nicht ins Gewicht, weil das Niveau fast aller Mannschaften einfach zu unterirdisch ist. Es fällt ja nun auch nicht zwangsweise direkt eine Gegentor, wenn er mal wieder so einen Harakiri-Ball / Aktion spielt. Alleine aus seinen Spielen gegen Gladbach kannst du ein Lehrvideo drehen, wie ein Torwart es eben genau nicht machen sollte.
Denn schallende Ohrfeige hin oder her, Bayern hat Ihn ja genau wegen dieser Eigenschaften geholt und "SweeperKeeper" wurde ja nicht nur in kontinental Europa ein Begriff und was er tat und wie er spielte, prägte einen Begriff der heute "modernes Torwartspiel" am Besten umschreibt.
Die Frage die sich damit immer und immer wieder stellt ist schlicht: Sollte so wirklich jeder Torwart sein und spielen? Ist es wirklich so herausragend?
Oder haben wir mit dem Begriff "modernes Torwartspiel" schlicht auch etwas übersehen und müssen das Ganze vielleicht ein wenig umdefinieren - und damit auch in den Köpfen gerade rücken?
Nicht missverstehen, aber ich beobachte in vielen Vereinen, daß man dort inzwischen versucht, Feldspieler mit ein wenig Talent zu "mitspielenden Torleuten" umzufunktionieren. Die Folge sind, daß der an der 16er Kante zwei Spieler ausdribbeln will, den Ball verliert und der Innenverteidiger dann den Ball von der Linie grätscht - und der Trainer nicht mal was sagt. Als Tw Trainer, wobei ich da nur Zuschauer bin, stehen mir die Haare zu Berge.
In Spielen ist die Leistung zwar solide, aber dann nicht überragend, weil andere Qualitäten in den Vordergrund rücken.
Und du merkst es sicher - Anadur - ich komme immer wieder auf diesen Punkt des "modernen Torwartspiels" zurück, denn seit ich wirklich intensiv die Schulungen des Landesverbands verfolge, seit ich selbst Kurzschulungen regelmäßig besuche und auch Jörg Daniel himself erleben durfte, Michael Fuchs beobachten konnte, frage ich mich, wie dieser Begriff denn wirklich, wirklich gemeint ist und warum Manuel Neuer immer wieder genannt wird, aber weder Leno noch Ter Stegen (genannt, weil DFB Liebling), noch sonst so ein Torwart (ich nenne mal Baumann, der hier auch Anlagen hatte!) just dieses Spiel prägt.
Und im Vergleich dazu Buffon, der als "Ikone des alten Tw Spiels" gilt, dann bei der EM plötzlich hinter der Kette soliden und sehr sicheren Fussball - also mit dem Fuss - spielte...
Da klinke ich mich jetzt aber auch ein... Was ist mich da immer interessiert: Welche körperlichen Vorraussetzungen sind denn entscheidend?"Im entscheidenden Moment die richtige Entscheidung treffen und dann in der Lage sein, diese auch körperlich umzusetzen."
Denn Anhand des Selbstbewußtseins bestimmter Körperlicher Fähigkeiten wächst die Entscheidungskompetenz... Schau, wenn ich selbst nicht gut schwimmen kann, springe ich dann in ein mir unbekanntes Wasser um einem Mensch zu retten, oder bleibe ich am Ufer und brülle um Hilfe? Wohl eher letzteres... Kann ich hingegen recht gut schwimmen, bin mir dessen bewußt und weiß, wie ich mich in einem strömenden Gewässer zu verhalten habe, ja habe vielleicht sogar damit ein wenig Erfahrung, springe ich da mit Klamoten und Kram einfach rein und ziehe den Verunfallten an Land...
Also, welche Voraussetzungen sind bei einem Torwart da wichtig? Kommen wir nun doch dahin, daß Zielverteidigung, also klassische Tw Techniken, eher Randerscheinungen sind, dafür brauchen wir aber einen Libero - weil das eben das "moderne Torwartspiel" bedingt?
Diesen Weg gehe ich mit, daß weißt Du. Ich bin gern bereit, die Szene für den Torwart allein zu beleuchten - aber ich gebe ihm keinesfalls die Schuld.Gegen Frankreich hat er eine falsche Entscheidung getroffen und seine falsche Entscheidung war eine von vielen kleinen Fehlern, die dann in der Summe zum Gegentor geführt haben. d.h. natürlich nicht, dass wenn er die "richtige" Entscheidung getroffen hätte, das dann kein Tor gefallen wäre oder halt ganz generell gesagt, dass die richtige Entscheidung uns vor Gegentoren schützt. aber so kommen man vielleicht von der Schuldfrage weg.
Öhm, ja... merkst Du, warum ich da immer so ein wenig komisch reagiere? Weil ich mir das inzwischen so oft anhören muss und darf. Ich selbst habe anders Fussball gespielt, habe anders im Tor gespielt... das war aber in den 80er Jahren... selbst in den 90er Jahren spielte ich noch mit Libero, sogar einem, der mal hätte zum Hamburger Sportverein wechseln sollen, es aber nicht getan hat.Aber das sind doch Basics, die schon in den 70ern galten. Das hat doch nichts mit der Spielphilosophie des Torhüters zu tun.
Daher ist immer die Frage: Was sieht man, wenn man heute einen Torwart beobachtet und mit dem Spiel von "damals" vergleicht... und dann die Frage: Wenn Manuel so die Rakete ist, was sollte ich in der Ausbildung junger Torleute auf jeden Fall beachten und was sollte ich auf jeden Fall unterbinden? Oder ist Manuel Neuer doch in seiner Spielform eher einzig-artig, also einzig, nicht artig - als daß man diese Spielform allen Torleuten angedeihen lassen sollte, sofern dies überhaupt möglich ist.
Die Frage steht auch noch im Raum: Kann man Manuel Neuers spielweise anderen Torleuten in der Ausbildung 'angedeihen' lassen?
Bela.B ... das musst Du mit Vorsicht genießen. Ich kritisiere das Torwartspiel von Manuel Neuer, richtig. Doch Kritik ist nicht negativ, sondern Kritik ist auch positiv. Ein Kritiker kann den Werk zerreißen oder in den Himmel loben. Somit stehe ich dem Tun und lassen Manuel Neuers als Torwart kritisch gegenüber, aber nicht negativ. Er spielt das, er spielt genau so und das ist auch, was Ihn auszeichnet.
Für mich ist und bleibt die Frage, ist genau dieses Torwartspiel wirklich genau DAS was ein Jugendtorhüter, oder überhaupt ein Torwart anstreben sollte? Sprich kann und ist er das definitive Vorbild?
Das darfst Du nicht verwursten und darauf runterbrechen, daß ich der Meinung bin, das Manuel Neuer 'Schei..' ist - ich bin vom Gegenteil überzeugt. Aber ich trage eine andere Philosophie in mir. Da ich mich und diese Philosophie aber immer und immer wieder in Frage stelle, weil nur so wird diese Besser, muss ich damit den Besten der Besten und damit auch insgesamt gesehen, die Besten der Besten situationsbezogen in Frage stellen und auch Spielweisen in Frage stellen...
Damit stelle ich nicht in Frage, was diese generell tun oder generell wie diese es tun - nein, individuelle Ausprägung muss man tolerieren - sondern ich stelle damit nur in Frage, ob man in diese Richtung allgemein gehen und ausbilden sollte.
Weißte, bei der WM zeigte sich die hohe Risikobereitschaft Manuel Neuers gegen Algerien sicherlich aus Ausschlag, oder auch sein konsequentes, aber eben Diskussionswürdiges Handeln gegen Higuain - alles Faktoren die Manuel Neuer ausmachen und sicherlich zum Erfolg beigetragen haben, keine Frage.
Frage bleibt aber: Ist es das, was wir als Trainer als Nachwuchstorleute sehen wollen? Sollen so Torleute werden?