Moment Shay Given, du darfst die Situation nur so bewerten, wie Neuer sie sieht. Hätte Neuer den zweiten Kasachen gesehen, hätte er sich für das Rausschlagen des Balles entschieden, da bin ich mir sicher. Diesen hat er aber übersehen und das ist das Problem in der Situation. Deswegen wehre ich mich so vehement dagegen, dass da jetzt ein Angriff auf seinen Spielstil draus entsteht.
Dieser wäre gerechtfertigt, wenn er darin bestünde, generell 2 Gegenspieler ausdribbeln zu wollen. Aber das will er ja nicht. Was er machen will ist, den Ball nicht einfach rauszukloppen, sondern den einen Kasachen aussteigen zu lassen um dann den Ball sauber weiterspielen zu können. Wie gesagt, der 2. Kasache ist das Haar in der Suppe, den hat er nicht wahrgenommen und sich deswegen hier falsch entschieden. Das ist der Fehler in der Szene und da würde ich sagen, dass er für so eine Lösung der Situation natürlich die Lage im Blick haben muss. Das ist im Normalfall kein Problem, hier ist es halt mal in die Hose gegangen. Aber so gesehen ist das dann auch das erste Mal, dass sowas passiert. In Gladbach 2012 war es ja nochmal anders: Da war es ja situationsbedingt vollkommen okay, den Gegner aussteigen zu lassen und das Problem liegt dann darin, dass er den Ball nicht trifft.

@TW-Mentalcoach: Im Fussball gilt auf jeder Position in der Regel kurz vor lang. Den nächsten Mann anspielen. Neuer ist ja schon einer der Besten, was die Zielgenauigkeit langer Bälle angeht, trotzdem kommt man da nur sehr schwer auf Passquoten von über 60%. Die weniger zielgenauen Keeper liegen sogar weit darunter, zudem muss der Pass ja nicht nur den eigenen Mann erreichen, sondern von diesem auch verarbeitet und kontrolliert werden können. Jetzt kann man wieder überschlägig rechnen: Sagen wir, der Keeper wird 10 mal im Spiel angespielt. Wenn er jeden dieser Rückpässe lang rausspielt, statt einen Verteidiger kurz anzuspielen, muss man damit rechnen, dass pro Spiel 5x der Ball auf diese Weise an den Gegner übergeben wird. Das ist keine gute Sache in Teams, die es auf Ballbesitz und Spielkontrolle anlegen. Rechnen wir weiter: ca. 50 Spiele in der Saison, das heißt, es wird 250x der Ball an den Gegner übergeben und das ohne Not. Wieviele Tore können jetzt daraus fallen? Eine ganze Menge, und wieder sieht der Torwart dabei in erster Linie gar nicht mal schuldig aus (Aber Tor ist Tor). Dann doch lieber ein Risiko in Kauf nehmen, dass ein Bock auftritt, bei dem die Fehler schlechte Ballannahme und mangelnde Übersicht zusammenkommen und dieses Risiko vielleicht 1x in 2 Jahren zum Tragen kommt. In der Sicherheitstechnik nennt man Ereignisse, bei denen mehrere Fehler zusammen auftreten müssen übrigens "technisch ausgeschlossen", was nicht heißt, dass es nicht passieren kann, aber das eben die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist. Und wenn man jetzt die beiden Varianten vergleicht, muss man sich eben entscheiden und kommt zu dem Schluss, dass mit der spielerischen Methode eben Spielaufbau und Torverhinderung gleichermaßen erfüllt werden können. Im Einzelfall kann es halt trotzdem schief gehen, wie am Dienstag zu sehen war.