Interview mit Tom Starke:

Tom, wie würdest du die momentane Situation des MSV Duisburg beschreiben?
Starke: Wir befinden uns genau da, wovon wir vor der Saison ausgegangen sind, nämlich im Abstiegskampf, allerdings leider unter dem Strich. Und das wollen wir so schnell wie möglich wieder ändern.

Der MSV Duisburg hat vor der Saison 11 neue Spieler verpflichtet, darunter auch dich. Welche Probleme gibt es eigentlich speziell für einen Torhüter, sich in eine neue Mannschaft zurechtzufinden?
Starke: Ich denke, dass es für einen Torhüter noch einfacher ist, weil wir, wie allgemein bekannt ist, auch ein Stück weit Einzelkämpfer sind, unser eigenes Trainingsprogramm haben und durchführen. So ist man zunächst einmal auf seinen eigenen Trainer konzentriert, während die sozialen Kontakte zu den Mitspielern mit der Zeit automatisch kommen.

Du warst U-20 und U-21-Nationaltorhüter und galtest als eine der großen Torhüterhoffnungen in Deutschland. Einige grobe Schnitzer bei deinen ersten Einsätzen warfen dich zurück. Wird im Profifußball zu schnell über die Qualität eines jungen Spielers entschieden?
Starke: Momentan sieht es so aus. Es gibt in meinen Augen zu schnell nur noch schwarz und weiß, entweder ganz schlecht oder überragend. Ob meine Karriere speziell durch diese Patzer sehr gelitten hat, kann ich nicht genau einschätzen, da ich meine ersten beiden Bundesligaspiele ja beim HSV gemacht habe und sowieso nur ein halbes Jahr dorthin ausgeliehen war. Es stand also bereits im Vorhinein fest, dass ich anschließend als Nr. 2 hinter Jörg Butt zurückkehren werde und nur Erfahrungen sammeln sollte. Daher kann man nicht genau sagen, welchen Einfluss die Patzer auf meine Karriere hatten. Ich denke, dass alles seinen Sinn und Zweck hatte. Ich habe mich nie hängen lassen und bin jetzt auch da, wo ich immer hinwollte.

Du hast dich über gute Leistungen in Paderborn wieder für die erste Liga empfohlen und dich dabei auch als Nr. 1 beim MSV Duisburg durchgesetzt. Welche sportlichen Ziele hast du dir mittelfristig gesetzt?
Starke: Zunächst natürlich einmal mit dem MSV Duisburg die Klasse zu halten. Darüber hinaus wollen wir uns in der Ersten Bundesliga etablieren. Ich habe ja auch für 3 Jahre unterschrieben und habe nicht vor, wieder in die Zweite Liga zu gehen. Da sind wir schon bei meinen persönlichen Zielen. Ich möchte natürlich meinen Stammplatz in der Ersten Liga halten und dann angreifen.

Für wie wichtig hältst du Krafttraining für einen Torhüter?
Starke: Krafttraining ist mit das Wichtigste für einen Körper. Allerdings muss Krafttraining mit Verstand eingesetzt werden. Es nützt nichts, nur an die Geräte oder Hanteln zu gehen. Das sieht man seit der WM, seit Klinsmann und Verstegen, wie wichtig eigene Körperspannung und vor allem der Schwerpunkt des Körpers sind. Dazu braucht man gar keine großen Gewichte. Das weiß man allerdings nicht erst seit der WM 2006, ist aber durch sie wieder neu betont worden.
Hattest du als Kind oder Jugendlicher ein Torhütervorbild?
Starke: Ja, absolut. Als ich als Kind mit ca. 6 Jahren zum Fußball gekommen bin, war es Rene Müller (Anmerkung der Redaktion: 46 Länderspiele für die DDR), später im Jugendbereich der Holländer Edwin van der Sar.
Was hast du an den beiden besonders geschätzt?
Starke: Über die Zeit hat man seine eigene Philosophie entwickelt und als Kind sucht man sich seinen Weg, was einem am besten gefällt: die Ausstrahlung, das Mitspielen. Es gab für mich immer schon den Weg, den Van der Sar auch gegangen ist, so habe ich seine Karriere schon immer aufmerksam verfolgt. Da habe ich noch einiges vor.

Wo siehst du deine Stärken?
Starke: Das ist immer schwierig, darüber selber zu sprechen. Meine Stärken liegen aber sicherlich auf der Linie und im fußballerischen Bereich.

Du hast 6 1/2 Jahre lang die Leverkusener Torwartschule durchlaufen, die schon einige hervorragende Torhüter hervorgebracht hat (Wiese, Adler, Starke …). Was schätzt du an ihr besonders, warum entwickeln sich dort immer wieder hochklassige Torhüter?
Starke: Ich kann selbstverständlich nur für mich allein sprechen. Für mich kann ich sagen, dass ich in meiner Zeit in Leverkusen drei hervorragende Torwarttrainer erlebt habe. Es fing an mit Werner Friese, danach ging es mit Toni Schumacher und Rüdiger Vollborn weiter. Werner Friese war ein bekannter Oberliga-Torhüter zu DDR-Zeiten, die anderen beiden kennt ja jeder. Das waren drei grundverschiedene Typen mit drei grundverschiedenen Einstellungen, und daher hatte ich ganz Verschiedenes mitbekommen. Etwas Besseres kann einem als Profi nicht passieren, als diese Torwartschule zu durchlaufen. Das sieht man auch an Rene Adler. Tim Wiese ging nach der Jugendzeit nach Kaiserslautern, so dass seine Entwicklung in starkem Maße auch dort geprägt wurde.

Du bist jetzt 26 Jahre alt. Wann erreicht ein Torhüter nach deiner Meinung seinen Leistungshöhepunkt?
Starke: Ich habe für mich selber die Erfahrung gemacht, dass es wichtig ist, viel zu spielen. Denn Erfahrungen sind gerade im Torwartbereich von enormer Bedeutung. Ich denke, dass ich in meinem Alter noch lange nicht am Zenit meiner Leistungsfähigkeit angekommen bin.

Du hattest, wie bereits betont, schon Einsätze für die deutsche U-21-Nationalmannschaft. Träumst du manchmal noch von Einsätzen in der Nationalmannschaft?
Starke: Träumen ist erlaubt. Ich denke man sollte immer Ideale und Träume haben, und diese orientieren sich immer am Maximum. Wer sagt, dass er nur bis zur Zweiten Liga kommen will, wird einiges eben nicht erreichen. Mein Ziel oder mein Ideal ist natürlich, Nationalspieler zu werden. Realistisch gesehen sollte man erst einmal Schritt für Schritt gehen. Der Weg ist das Ziel, und deshalb möchte ich mich erst einmal in der Ersten Bundesliga etablieren.

Du bekommst im Moment sehr gute Kritiken und wurdest schon mehrfach als „Fels in der Brandung“ bezeichnet. Glaubst du, dass deine Leistungsfähigkeit ausreicht, um den MSV in der Ersten Liga zu halten?
Starke: Wir sind ja immer elf, und es nützt nichts, wenn einer überragende Leistungen bringt und die anderen Zehn nicht. Wir müssen schauen, dass wir die Leistung konstant bündeln und die kleinen Fehler, die in dieser Liga sofort bestraft werden, schnellstmöglich abstellen und selber nach vorne ein bisschen effektiver werden. Da müssen wir alle an einem Strang ziehen. Das hängt nicht nur an einem Spieler, aber auch ich muss meine Leistung konstant bringen und mich noch weiter verbessern. Dann bin ich überzeugt, dass wir die Klasse auch halten.

Wir wünschen dir auf diesem Weg jedenfalls viel Glück!