Also so ungewöhnlich ist dein Problem gar nicht, besonders für jemanden der gerade aus der Jugend zu den Herren gewechselt hat; auch nach einem Vereinswechsel zu einer höherklassigen Mannschaft taucht dieses Phänomen öfters auf, als einem lieb ist.
Was passiert da? Wieso ist man am Spiel emotional unbeteiligt und innerlich kalt? Im Prinzip handelt es sich um eine Art inneren Schutzreflex, der dafür sorgt, dass wir keine Angst empfinden können, indem wir eine innere (emotionale) Distanz zu dem aufbauen, was wir tun. Wenn wir an dem, was wir tun, gefühlsmässig nicht beteiligt sind, machen uns auch Fehler nichts mehr aus, da wir den inneren Bezug zu unserer Handlung verloren haben.
Landläufig wird Angst vor Fehlern oft mit Schwäche oder Feigheit gleichgesetzt, was aber aus psychologischer Sicht völlig falsch ist. Angst tritt immer und bei jedem auf, der vor einer (neuen) Situation steht und ist letztendlich der Hauptantrieb für menschliches Handeln. In den allermeisten Fällen wird uns dies gar nicht erst bewusst, da wir im Laufe unserer persönlichen Entwicklung Automatismen entwickeln, die unmittelbar, die erforderlichen Handlungen auslösen. Aber manchmal, gerade in neuen Situationen (z.B. neuer Arbeitsplatz oder eben neue Mannschaft), haben wir keinen automatischen Denk- und Handlungsablauf bereit liegen. Dieses Fehlen kann sich nun auf verschiedene Arten bemerkbar machen. Im günstigsten Fall bemerken wir die Angst und setzen uns rational mit ihr auseinander; bei anderen wird die Angst in Form von starker Nervosität (bis hin zur körperlichen und gedanklichen Blockade) spürbar. Oder aber, die Angst wird so stark verdrängt, dass sie gar nicht bemerkt wird, aber eben, genau wie in diesem Fall, zu einer emotionalen Blockade führt. Jeder von uns hat da sein persönliches Muster und dieses Muster sagt nichts über die Stärke oder Schwäche der jeweiligen Person aus.
Damit ist geklärt, wie diese innerliche Distanz entsteht und wo sie herkommt. In dieser Entstehungsgeschichte liegt aber auch die Antwort für die Lösung dieses Problems. Wir müssen uns mit unseren Gefühlen auseinandersetzen, die durch die neue Situation, da sind. Nicht abschalten und verdrängen, sondern zulassen und uns bewusst damit auseinandersetzen. Haben wir vielleicht Bedenken, den Sprung leistungstechnisch nicht zu schaffen, haben wir Angst als schlechter Torwart zu gelten, haben wir Angst im neuen Team kritisiert zu werden, haben wir Angst unseren guten Ruf zu verlieren, haben wir Angst uns zu blamieren, haben wir Angst Erwartungserhaltungen anderer nicht zu erfüllen......Den Begriff Angst, könnt ihr durchaus mit "sind wir uns sicher, dass..." bzw. "sind wir uns nicht sicher, dass..." oder "habe ich Bedenken, dass..." ersetzen. Kommt dabei irgendwo ein "Ja" als Antwort raus, solltet ihr euch überlegen, ob davon wirklich eine Gefahr für euch ausgeht, die eure ganze Person und damit euer ganzes Leben in Bedrängnis bringt. Dies ist mit Sicherheit nicht der Fall, da eure Persönlichkeit und euer Leben (hoffentlich) mehr beinhaltet, als nur das "Torwartsein". Wir alle sind zuallererst Menschen und dann Torwart (trifft sogar auf Olli Kahn zu).
Vor diesem Hintergrund ist es relativ einfach, die Bedenken (Angst) zu akzeptieren und emotional zuzulassen. Ist dieser Schritt vollzogen, kann man dieses Gefühl für sich nutzen und die Angst wird der Antrieb zu einer höheren Konzentration auf die Erledigung der anstehenden Aufgabe sein. Letztendlich wird so die Angst zur Motivation, um die Herausforderung anzunehmen und zu
bewältigen.
sorry, ist mal wieder ein ziemlich langer Post geworden...aber so ist er halt....der strigletti