Hi,
nun muß ich ja sagen, daß ich ein Alter erreicht habe, wo der Kunstrasen damals etwas war, was man sehr kritisch beäugte, insbesondere als Fußballer. Auch heute ist der Kunstrasen in vieler Hinsicht noch mit Vorurteilen behaftet, die ich so nicht teilen oder verstehen kann.
Gerade der alte Kunstrasen, es war damals schon der 'modernste' Kunstrasen seiner Zeit in Frankfurt, hat mit dem aktuellen Kunstrasen nichts mehr gemeinsam.
Der alte Kunstrasen auf der Bezirkssportanlage Süd war ein Teppich! Extrem feiner kurzer Flor und damit wenig weich, eher war der Boden hart und dämpfte kaum, auch wenn die Gummischicht darunter war.
Der Boden war daher im Sommer nur bespielbar, wenn er von Regnern befeuchtet wurde, war der Platz trocken, war er stumpf und nicht wirklich gesund. Die Reibung war so hoch, daß Rutschen unmöglich war, hier sind Bänderdehnungen, Rupturen und so ein Kram allen Zeiten möglich gewesen, und ein Grätschen hat keiner gemacht. Denn die feinen Fasern rieben nicht nur an der Haut und verursachten Verbrennungen, nein, es gab auch haarfeine Schnitte in die Oberhaut, die sehr schmerzhaft waren. Zwar war der Vorteil, daß diese 'Schürfwunden' im Gegensatz zum Hartplatz sauber waren, aber verheilt sind diese ebenso schlecht, denn meist bildete sich kein richtiger Schorf, sondern eher eine empfindliche dünne Schicht und die Wunde nässte Tagelang.
Dann bekam ein Nachbarplatz Kunstrasen. Dieses war ein Sandkunstrasen. Die Fehler des kurzen Flor waren hier erkannt und vermieden worden. Der Flor war ebenso fein, aber nicht so dicht, so daß man mühelos 10 LKW Ladungen Sand auf den Flor aufbrachte und einbürstete. Der Boden war nun weicher, man rutschte und die Verletzungsgefahr sank. Leider hatte der Boden ein etwas komisches Gefühl, denn unter den Füssen war immer der Sand zu spüren, der sich wegdrückte. Der Platz war aber dennoch toll und gut bespielbar, war der Sand feucht, war der Platz besser, als wenn es trocken war und hier konnte man nun auch grätschen ohne Schürfwunden.
Nachteilig war, daß sich der Sand ausschwemmte und dann der weniger dichte, längere Flor sehr weich war und sich im Boden 'Löcher' bildeten. Jetzt stieg die Verletzungegefahr wieder an, weil man umknickte oder stolperte, auch der Ball begann dann wie ein 'Sandhase' über diese Stellen zu hoppeln.
Ja, und letztendlich erscheinen die Granulatplätze, wie wir auch einen haben.
Hier ist der Flor früher dünne und lang gewesen. Es wurde eine Mischung aus Sand und feinem Gummigranulat eingebürstet. Dies erwies sich als ideal. Man brauchte den Unterboden nicht aufwendig mit einer Dämpfungsschicht versehen, sondern konnte eine gute ebene Drainageschicht belegen, die Dämpfung fand nun hauptsächlich durch dne Sand und das Granulat statt. Die feinen Florfädchen bürsteten sich aber ab, so daß erneut Löcher entstanden, keine schöne Sache....
So nimmt man heute einen recht groben Flor aus breiten, langen Kunststofffäden. Diese Fäden sind stabiler, schneiden kaum mehr in die Haut ein und halten Granulate und Sand besser. Der Platz ist daher auch trocken hervorragend zu bespielen, er vereist nicht wie ein kurzer Flor sondern bereift nur.
Leider gibt es auch hier Nachteile: Schaut man sich den Elfmeterpunkt an, stellt man tiefe ausgetretene Löcher links der Markierung fest. Druch die vielen tausend Elfmeter die geschossen werden, wird durch den Stemmschritt hier Granulat und Sand hochverdichtet und wenig einbebürstet.
Da sich zu nicht-Trainingszeiten dutzende Jugendliche stundenlang mit Elfmetern beschäftigen, ist diese Stelle ein Gefahrenpunkt, der nicht zu unterschätzen ist..... und man kann diese Stelle an beiden Punkten finden und bemerken.
Man müßte also hier gezielt nachsanden und Granulat beimischen, doch nach wenigen Tagen wäre diese Stelle erneut freigeschabt und getreten.

Abgesehen von diesem Punkt ist der jetzige Kunstrasen eine nahezu optimale Spielfläche, Sommers wie Winters und der Vorteil daß kein Training oder Spiel aufgrund ungenügender Platzverhältnisse ausfällt, ist ein schätzenswerter Vorteil.

Nachteil sehe ich darin, aß viele Spieler mit dem Kunstrasen mehr Probleme haben, als Vorteile. Denn nicht jeder Spieler ist in der Lage einen 'One-Touch' Fußball zu spielen. Also das Bewegen ohne Ball, insbesondere das Laufenlassen des Balls und das Doppelpassen anstelle rascher Dribblings macht vielen das Ballverliebte Leben schwer.
So eine Umstellungsphase dauert, bis man versteht, wie das auf dem Kunstrasen geht und bis das Verständnis für dieses spiel endlich erkannt und dann auch umgesetzt wurde....