Mahlzeit...
Ich werd aus für mich aktuellem anlass dieses eigentlich alte Thema nochmal aufwärmen... Hab nämlich letztens einiges an Kritik einstecken müssen, obwohl ich meiner Meinung nach richtig reagiert hab. Mich würde mal interessieren was die Leute hier so darüber denken:
Es sind sich ja alles ziemlich einig, dass solche Situationen immer ziemlich blöde für den Torwart sind und die Abwehr idR schon den gewaltigen Bock geschossen hat. Für mich hat der Torwart einige Optionen, die aber alle nen relativ großes Restrisiko beinhalten. Das ganze gilt meiner Ansich nach nicht nur für die Pässe von der Grundlinie an der 5er sondern allgemein für scharfe Hereingaben in die Mitte.
1.) Er geht dem Stürmer der den Pass bekommt entgegen und hofft so möglichst viel vom Tor abdecken zu können
2.) Er klebt auf der Linie und sinkt mit dem Ball in Richtung der Mitte des Tores ab und verlässt sich auf sein Reflexe, bzw darauf das der Stürmer schlicht zu blöd ist
3.) Er geht dem Passgeber entgegen und setzt diesen unter Druck
4.) Er versucht den Pass abzufangen
Generell gilt, dass der Torwart hier blitzschnell und instinktiv entscheiden muss was er tut. Dabei beeinflussen ihn zig verschiedene Faktoren wie die Position des Passgeber sowie des Schützen, Position der Abwehr, schärfe der Hereingabe. Teilweise ist es auch gar nicht möglich dies alles zu erkennen, da vieles davon sehr seitlich oder sogar im Rücken des Torwarts liegt.
Zu 1.) und 2.) Hier ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Es kommt jetzt auf die Situation in der Mitte und die Position des Schützen an um zu entscheiden ob Option 1 oder Option 2 besser sind. In beiden fällen kann der Torwart eigentlich nur noch beten und hoffen, dass der/die Stürmer zu blöd sind. Bei einem einzigen Schützen und schnell überbrückbarer Distanz zu diesem ist es hier denke ich besser zu agieren als zu reagiern, dh Option 1.
Zu 3.) Diese Option ist dann sinnvoll, wenn in der Mitte noch ein Abwehrspieler die Chance hat den Pass vor dem Stürmer zu erreichen. Gerade wenn der Passgeber sehr nahe an der Grundlinie ist, kann er gut unter Druck gesetzt werden. Kommt der Pass jedoch trotzdem an, muss der Stürmer nur noch den Ball ins leere Tor schieben. Als Torwart muss ich mir also sehr sicher sein den erfolgreichen Pass verhindern zu können.
Zu 4.) Dies ist die Option, die ich ein klein wenig den anderen Optionen gegenüber präferiere. Und zwar aus folgenden Gründen. Wenn der Pass abgefangen werden kann gibts keine Diskussion, dann ist 4. die sicherste Variante. Schwierig wird es, wenn der Ball nur abgelenkt/abgeklatscht /weggefaustet oder gerade so eben noch nicht mal berührt werden kann. Das ist die Situation bei der ich im Training viel Kritik einstecken musste, weil der Ball häufig genau in die Mitte, also eigentlich in die NOGO-Zone, abgelenkt wird. Dabei bin ich der Meinung, dass es durchaus trotzdem Sinn macht es zumindest zu Versuchen, auch wenn man den Ball im Anschluss nicht sicher hat.
Main Trainer meinte ich solle gefälligst nur zum Ball gehen, wenn ich diesen sichern oder aus der gefährdeten Zone hinausbefördern kann. Ich Stimme damit nicht ganz überein. Natürlich ist es besser den Ball zu sichern, aber in anbetracht der Tatsache, dass ich damit den Stürmer zumindest mal stark irritiere finde ich diese Option besser als darauf zu warten, dass Stürmer den Ball aus 5 m in den Kasten jagt.
Wie seht Ihr das?
Meiner Meinung nach besteht zwar immer noch die nicht gerade geringe Gefahr, dass wieder ein Gegner an den Ball kommt. Ich halte diese Gefahr aber für geringer, als die Gefahr, dass der Stürmer den Ball aus 5 m direkt reinmacht wenn der Pass durchgelassen wird. Vor allem, da bei so abgefälschten Bällen die Abwehr eigentlich immer im Vorteil ist. Sie muss ja nur einen kontrollierten Schuss verhindern oder den Ball irgendwohin wegschlagen, während ein Stürmer den Ball kontrollieren muss und somit meist viel Zeit braucht. Sogar wenn ich den Ball überhaupt nicht berühre, so glaube ich sind viele Stürmer von mir so irritiert, dass sie den Ball im leeren Tor nicht versenken.
Ein Klasse-Beispiel hierzu ist das EM-Halbfinale von 96 zwischen Deutschland und England. In der Nachspielzeit (man erinnert sich: Golden Goal) kommt eine solche Hereingabe. Köpke macht sich lang, kann den Ball aber nicht erreichen. Paul Gascoine grätscht rein und trifft den Ball ebenfalls nicht. Meiner Meinung nach nicht nur weil er zu langsam ist, sondern eben auch, weil Köpke ihn irritiert hat und er daraufhin etwas zu lange zögert (Gott sei Dank!)...
Wie ist eure Meinung dazu?