So Jungs, bevor hier noch mehr Quatsch verbreitet wird und Ihr Euch Eure Knie kaputtmacht, sehe ich mich veranlasst, doch mal meinen Senf dazuzugeben: Kniebeugen sollten entweder "halb" (also oberhalb von 90°) oder "tief" (na tief eben ) ausgeführt werden, wobei man mit einer halben Kniebeuge auch ein bisschen vorsichtig sein sollte, weil man damit zwar nichts kaputtmachen kann, aber auch nicht viel erwirkt. Ganz einfach deshalb, weil der Spielraum zum Mogeln relativ gross ist und man vor allem die Zielmuskulatur nicht über den vollen Weg trainiert. Das ist aber bei den komplexen Anforderungen einer sportlichen Aktivität sehr wichtig, um im Extremfall risikofrei die erforderliche Leistung (z.B. nach einer Aktion am Boden liegend schnell hochzukommen und sofort wieder abzuspringen) abrufen zu können.
Tiefe Kniebeugen erfassen die Muskelschlinge komplett und sind für die Knie am schonendsten, solange man die Abwärtsbewegung langsam und kontrolliert ausführt und dann zügig wieder hochkommt. Dabei werden im Auftakt aus dem aufrechten Stand zuerst die Knie "entriegelt" und leicht nach vorne geschoben, die eigentliche "Knie"-Beuge wird dann eher durch eine zunehmende Beugung in der Hüfte und ein Abwätsschieben des Hintern eingeleitet und ausgeführt. Die Knie beugen sich dabei automatisch, sie sollten aktiv nach aussen gedrückt und in Richtung der Zehen geschoben werden. Der Oberkörper geht leicht (!!) nach vorne, der Rücken bleibt gerade!! Das Ende der Bewegung ist dann erreicht, wenn das Becken abkippt, also die Lendenwirbelsäule anfängt rund zu werden. Die Füsse bleiben während der gesamten Übung bitte komplett flach auf dem Boden. Sollte das aufgrund einer gewissen Unbeweglichkeit im Sprunggelenk absolut nicht möglich sein, darf man einen flachen Keil unter die Fersen schieben.



Das Video zeigt sehr schön worauf es ankommt. Zuerst die Knie entriegeln, dann die Abwärtsbewegung langsam einleiten. Der Rücken bleibt gerade! Was man aber auch gut erkennen kann ist, dass der Bursche zu tief runtergeht, denn der untere Rücken bleibt nicht gerade, er beginnt "einzurollen". Faustregel hierfür ist, dass in der Regel bei waagerechtem (parallel zum Boden) Oberschenkel die Bewegung gerade noch gehalten werden kann, hier sollte die Umkehrbewegung nach oben erfolgen.
Ach ja, und natürlich soll die 90° Diskussion hier nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden. Eigentlich ist das ein recht einfaches Physikalisches/Mechanisches Problem. Bei 90° Kniewinkel ist der Hebel des Oberschenkels am grössten. Die Kniescheibe wird extrem fest in ihr Lager hineingepresst. Der sogenannte "Retropatellardruck" ist also in dieser Position am grössten. Das findet auf Dauer keine Knorpel besonders lustig, zumal der retropatellare Knorpel (also die Knorpelschicht hinter der Kniescheibe) sowieso recht verschleissanfällig ist, weil bei den meisten Menschen die Kniescheibe nicht optimal im Lager sitzt. Erfolgt jetzt ausgerechnet am Punkt des höchsten Drucks auch noch die Umkehrbewegung nach oben, steigt die Belastung noch einmal an. Bei einer tiefen Beuge läuft dagegen die Bewegung einfach flüssig und unter stetiger Muskelspannung dynamisch über diesen Punkt drüber und der Druck nimmt danach wieder ab. Ich schlage also zwei Fliegen mit einer Klappe, indem ich eine hohe punktuelle Belastung des Knorpels vermeide und die Muskelkette im Ganzen trainiere.
Ich weiss, dass das in älteren Büchern noch anders drinsteht, das liegt daran, dass man früher messtechnisch noch nicht in der Lage war, den Druck korrekt zu beurteilen.
Sorry für den Roman, aber wenn schon Krafttraining, dann eben richtig.
Danke für Eure geschätzte Aufmerksamkeit
dTiT