So, nach zwei 1/2 Wochen aus der Toscana zurück und endlich mal wieder hier aktiv. Und ein bisschen verwundert, wenn ich ehrlich bin. Warum wärmen wir das Thema ständig wieder auf?
Es ist relativ einfach. Denn wann wird der Hüpfer zum Vorteil? Nur - und absolut nur - dann, wenn man in dem Moment beide Beine auf dem Boden hat, wenn der Schuss erfolgt. Denn nur dann steht mir jede Reaktionsoption zur Verfügung. Das ist nur allzu selten der Fall. Je mehr Bewegung, desto seltener. Es gab vorletzte Saison ein Gegentor, das Mielitz gegen Bayern kassiert hat. Da bekam der den Ball scheinbar unhaltbar aus 30 Metern um die Ohren. In der Zeitlupe sieht man, dass Mielitz einen riesigen Hüpfer macht, den Absprungpunkt verpennt und dann einfach zu spät dran ist. Also kann dieses Argument "Entfernung" auch nicht überzeugen. Eigentlich macht es die Sache nur noch schlimmer, denn gerade bei weiten Entfernungen habe ich doch viel bessere Möglichkeiten, mich gut zu positionieren und aus einer guten Grundstellung heraus zum Ball zu agieren.
Worum es geht ist, jederzeit bereit zu sein für eine Aktion, sei es ein Abschluss, eine Flanke oder ein Pass. Dazu braucht es nebst hoher Konzentration ein sehr gutes Stellungsspiel. Dieses setzt zwingend Bewegung voraus, horizontales und vertikales Verschieben. Das Geheimnis ist, aus diesem Verschieben heraus in Sekundenbruchteilen eine ideale Positionierung zur Aktion einzunehmen. Diese beinhaltet zwingend, beide Fußspitzen mit der entsprechenden offensiven Gewichtsverlagerung am Boden zu haben. Aus der dann eingenommenen Grundhaltung erfolgt die Aktion.
Es mag sein, dass ein "Einspringen" in die Aktion ab und an grandiose Ergebnisse mit sich bringt. Doch es ist letztlich ein Spiel mit dem Feuer. Noch deutlicher wird das, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir uns, wie gesagt, in einer latenten Bewegung zum Spielgeschehen befinden. Dadurch erfolgt so ein Hüpfer oder Sprung oft aus einer seitlichen Bewegung heraus. Folge: die Gewichtsverteilung beim Aufkommen ist fast zwingend ungleich. Ein eh schon schwieriges ideales Reagieren in die Gegenrichtung wird aufgrund der aufgebauten Energie nahezu unmöglich. Außerdem ist das Risiko hoch, gar nicht beide Füße gleichzeitig auf dem Boden zu haben. Einzige Lösung: Richtig, der TW steht im Moment des Schusses mit beiden Füßen und einer 50/50-Gewichtsverteilung auf dem Boden. Es sind dabei nicht die großen Bewegungen, die zum Ziel führen, sondern kurze und schnelle Steps, die man sich im Training aneignen muss. Aus großen Bewegungen heraus ist das Einnehmen einer guten Grundhaltung sehr, sehr schwierig.
Wir müssen an dieser Stelle eine Definition durchführen: Was ist ein Hüpfer oder Sprung? Wenn ich aus den kurzen Steps heraus in die Position kommen muss, bleibe ich ja nicht einfach stehen, sondern bewege mich intinktiv mit einem kurzen Schritt nach vorn. Dieser ist dann noch kein Hüpfer, wie ich ihn kritisiere. Als solchen bezeichne ich eine Bewegung, die als automatisierter Bestandteil der Aktionsauslösung ein Wegdrücken nach vorn beinhaltet. Das ist kontraproduktiv - zumindest in 3/4 aller Fälle. Neben der Problematik des Timings ergibt sich nämlich eine weitere Schwierigkeit: Der Hüpfer oder Sprung erfolgt, wenn ich wahrnehme, dass ich in eine Aktion komme. Dann muss ich eigentlich schon fertig sein zur Aktion und nicht erst mit der Prozedur beginnen. Folge: Mein Oberkörper richtet sich auf die mögliche Reaktion ein, während die Beine sich noch nach vorn bewegen. Bei sehr, sehr vielen Torhütern bis in die Bundesliga kann man gut erkennen, wie stark dann die Balance verloren geht. Der Torwart steht - selbst wenn er im Schussmoment die Beine am Boden hat, nicht ausbalanciert auf dem Vorderfuß, sondern mit leichtem Übergewicht nach hinten höchstens auf Höhe des Mittelfußes. Von hier aus geht die Aktion nicht mehr zum Ball, sondern hinter dem Ball her. Außerdem verliert der Torwart an Sprungkraft, da er die Hüfte nicht mehr ideal über dem Absprungbein platziert hat.
Alles in allem dürfen wir uns nicht von der optischen Dynamik täuschen lassen. Es sieht spektakulär aus, ja. Und es ist subjektiv ein Vorteil, aus einer starken Bewegung heraus zu agieren. Aber zu selten gelangt der Torwart in eine ideale Grundhaltung, um diese Dynamik zielführend einsetzen zu können.
Training: Sich anzueignen, der Ball im allerletzten Moment zu erwarten und nicht zu aktiv zu sein, ist ein langer Prozess, der Durchhaltevermögen erfordert und ist mit einigen Trainingseinheiten verbunden, in denen der Torwart das gefühl hat, ihm fliegen die Bälle um die Ohren. Doch nach und nach wächst das Vertrauen in die eigene Reaktion und dann setzt es sich bis zur Automatisierung immer mehr durch. Wichtig ist dabei, die kurzen Steps und Bewegungen zu trainieren, um sukzessive die Aktion besser einleiten zu können.





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