Die Torwarttrainer Seminare des Hessischen Fußballverbandes haben in Grünberg schon Tradition.
Das Seminar I ist das 14. Seminar gewesen, daß Seimnar II war dieses Jahr das Zweite.
Es ist schade, daß viele Trainer das Seminar ausschließlich als Fortbildung zur Verlängerung der Lizenz ansehen, als daß wirklich Interesse am Torwarttraining besteht.
Das Torwarttrainer Seminar I ist daher meist von Trainern besucht, die sich damit konfrontiert sehen, einen Torwart trainieren zu müssen, oder einfach auch die Bewegung des Torhüters verstehen und weiter geben zu wollen.
Es wurde durch den Leiter der Sportschule Grünberg, den Fußballlehrer Volker Piekarsky ins Leben gerufen, der schon früh einfach in Gesprächen und Diskussionen damit konfrontiert wurde, daß ein Torwart ein Sondertraining braucht.
Als Leitungsmitglied des Hessischen Fußballverbandes konzeptionierte er daher dieses Seminar und fand mit Kurt Kowarz und Rainer Berg zwei ehemalige Weggefährten, die der Berufung als Torwarttrainer lange schon gefolgt waren und sich daher als "Ausbilder" anboten.
Die Resonanz war sehr gut, leider war die Nachfrage nach dem 2. Baustein der Torwarttrainer Ausbildung eher kläglich. Schon deshalb ist die Aufbaustufe leider nicht so oft nachgefragt worden, wie die erste Stufe und es war daher kein Wunder, Trainer anzutreffen, deren Teilnahme am ersten Seminarteil schon über Jahre zurück gelegen hatte.
War im letzten Jahr Rainer Berg verhindert und Kurt Kowarz allein auf dem Seminar I, so war dieses Jahr Kurt Kowarz als Torwarttrainer der U21 nicht anwesend, so daß Rainer Berg hätte das Seminar allein leiten können, wenn nicht das anschließende Seminar der Aufbaustufe "Torwarttrainer Seminar II" einfach einen zweiten Referenten nötig machte.
Mit Christian Lasch von Fortuna Düsseldorf, der insbesondere die Jugendtorleute im Leistungsbereich dort trainiert, aber auch Torwarttrainer Lehrgänge beim Fußballverband Niederrhein leitet, fand sich daher ein junger und dennoch erfahrener Referent.
Traditionell eröffnete Volker Piekarsky das Seminar am Dienstag früh nach der Zimmerbelegung durch die Teilnehmer im Hörsaal mit einem Überblick. Nach Ausführungen über das DFB Lizenzsystem und die Aussichten auf eine DFB Torwarttrainer Lizenz ging es nun zur Theorie, die Volker Piekarsky in gewohnter Weise mit verschiedenen DVD und Video Filmen durchführte, hier insbesondere zum Thema Ballgewöhnung und Professionelles Torwarttraining.
Volker Piekarsky war selbst nicht in der Lage, den praktischen Teil zum Thema Funktionsgymnastik und Dehnungsübungen zu leiten, fand aber mit dem Torwarttrainer, A-Lizenz Inhaber und Physiotherapeuten Thomas Götzinger einen absolut kompetenten Referenten innerhalb des Lehrerstabes des HFV für diesen praktischen Teil.
In der alten Halle zeigte Thomas Götzinger so am Nachmittag eine vollständiges Dehnungsprogramm von den Händen abwärts bis zu den Füssen. Er hatte immer wieder Alternative Dehnungsübungen und ließ auch die Diskussion um Dehnen oder Nicht-Dehnen vor dem Wettkampf nicht aus und schilderte seine Sicht auf Beweglichkeit und Vorbeugung muskulärer Probleme durch das Dehnen.
Er schloss die Einheit mit Kräftigungsübungen, die gerade die Stütz- und Haltemuskulatur des Rumpfes stärken sollten. Rücken, Schultern, Brust und Bauch wußte er effektiv mit wenig Aufwand zu stärken und so den Körper zu stabilisieren.
Da am späten Nachmittag / Abend die geplante Einheit zu Theorie mit Spielszenen zum Torartspiel und Diskussion darüber leider ausfallen musste, fanden sich die meisten Teilnehmer des Kurses ein, um ein Spiel auf das Kleinfeld zu machen.
Allgemein gilt es, daß Torleute schlechte Fussballer sind, doch in diesem Spiel zeigten einige der Torleute überdeutlich gute wenn nicht sehr gute Feldspielerqualitäten.
Am nächsten Tag nach einem reichhaltigen Frühstück fand man sich zur Theorie mit Rainer Berg und Christian Lasch im Hörsaal ein.
Rainer Berg beleuchtete zunächst die Wichtigkeit des Torwartspiels und stellte mit Christian Werner einen weiteren kompetenten Referenten vor, der als Doktorant am Seminar teilnahm.
Der Torwarttrainer der SpVgg Unterhaching ging auf Standard Situationen ein und stellte so das allgemeine Torwartspiel in der Theorie vor.
Dabei ging es hauptsächlich um die Taktik, also Stellungsspiel und Positionierung, sowie das Abwehrverhalten des Torhüters.
Unterstützt wurde dies durch Spielszenen auf Video, die Stellungsspiel und Abwehrverhalten in der Praxis beleuchteten.
In der folgenden Praxiseinheit auf dem Platz vor der Mehrzweckhalle zeigte Rainer Berg nun zunächst das einfache, aber gezielte Aufwärmen des Torhüters.
Er ging dann zu simplen Übungen zur Beweglichkeit, Reaktion und Technikschulung ein, welches mit einem einfachen Training zum Abfangen von Flanken und der Faustabwehr weiterging.
Rainer Berg und Christian Lasch gingen dann zum Stellungsspiel, dem "Winkelverkürzen" oder richtiger der Torverkleinerung über.
Mit einem künstlichen Tor und/oder einer sogenannten Zauberschnur stellte hier Christian Lasch das Stellungsspiel klar und machte dazu einige Übungen, wie man das Stellungsspiel immer wieder im Training ausbilden und vertiefen sollte.
Nach dem Mittagessen starte Christian Lasch mit Beleuchtungen zum taktischen Verhalten der Torleute in Spielsituationen, wie gerade in 1 gegen 1 Situationen anhand einiger interessanter Videozusammenschnitte.
In der Praxis Einheit nach der Kaffeepause zeigte Rainer Berg nun Methoden zur Ballgewöhnung und dem Aufwärmen in der Gruppe.
Dann gab es einige Übungen zur Torverhinderung aus spitzem Winkel, der Doppelabwehr und dann der Rückpassverarbeitung.
Abschluss fand der Tag nach dem Abendessen mit einer lockeren Diskussionsrunde in der Sportgaststätte "Tannenköppel".
Am nächsten Tag stand dann die Einführung zur Verbandstechnik und Taping mit Ingolf Semmel an, der hier in Theorie und Praxis eine Einführung in die Behandlung stumpfer Sportverletzungen oder auch deren Vorbeugung geben würde.
Da sich jedoch Torwarttrainer Seminar I und Torwarttrainer Seminar II an diesem Tag überschnitten, verblieben die Teilnehmer am Aufbauseminar im Hörsaal.
Mit Rainer Berg und Christian Lasch ging es nun insbesondere um die Taktischen Aspekte des Torwartspiels. Der Aufbaukurs startete daher bei der Vorstellung des professionellen Aufwärmes, welches Rainer Berg kurz vorstellte. Er zeigte dann auch die theoretische Aufstellung der Trainingsanteile in der vorbereitung und der laufenden Saison vor. Er erläuterte die Effekte und stellte Methodische Abläufe vor, um den Torwart auf die Saison vorzubereiten und die Leistung im Lauf der Saison zu erhalten. Auch die psychologisch, mentalen Aspekte wurden beleuchtet und durch Christian Lasch vertieft. Auch Christian Werner wußte hier um viele interessante Details, die er im Rahmen seiner Doktorarbeit ermittelt hatte.
Die praktische Einheit war daher auch die Darstellung eines typischen Auswärmprogramms aus dem Semi-Professionellen Bereich, welches in leicht abgewandelter Form auch im Profi Bereich so gemacht wird.
Mit drei Teilnehmern demonstrierte er diese Form des Aufwärmes und gab dazu der Gruppe Erläuterungen.
Danach zog er die Gruppe hinzu, und demonstrierte die Möglichkeiten des Auswärmes des Torwarts im Gruppenverband mit der Mannschaft und Christian Lasch zeigte einige effektive Aufwärmmethodiken spielerischer Natur, gerade für den Jugendbereich, die höchst effektiv waren.
Rainer Berg beleuchtete erneut nochmals die Methodik zum Trainieren von Flanken, auch im Verbund mit Spielern um möglichst realitätsnah den Torwart an diese Situation zu gewöhnen und dessen Entschlusskraft zu Flanken zu fördern.
Nach dem Mittagessen war nun Christian Lasch dabei und beleuchtete das Rückpassverhalten der Torleute mit Folien und Videomaterial. Er zeigte hier die Möglichkeiten auf, wenn der Torwart als freie Anspielstation agiert und dann im Zuge einer guten fussballerischen Ausbildung auch die Bälle rasch und sicher von hinten heraus spielen kann.
Er beleuchtete Abwurf, Abstoß und Abschlag und zeigte anhand von Beispielen verschiedene Lösungsmöglichkeiten und demonstrierte an Hand Spielausschnitten mit Video diese Möglichkeiten und deren Effektivität.
In der anschließenden Praxiseinheit wurde nun Fußball gespielt. Passspiel, Passannahme, Ballstoppen und deren Trinignsmöglichkeit stand auf dem Programm, einfache Übungen aus dem Mannschaftstraining, welches dann mit Torhüterübungen vermischt die fußballerischen Fertigkeiten der Torhüter verbessern sollen, bzw. im Torwarttraining diese gezielt ausbilden sollen.
Er zeigte Übungen zum Rückpassspiel mit einer Teilnehmerin um eine Vielzahl von Übungsmöglichkeiten und Übungsvariationen zu demonstrieren.
Danach stand eine Übungsform auf dem Programm, um zwei Torleute in einer Spielform mit der Zielverteidung und der Spieleröffnung zu konfrontieren, was bei den Teilnehmern optimal ankam, da diese Übung nicht nur effektiv, sondern auch einfach war.
Nach dem Abendessen trafen sich die Teilnehmer kurz zu einer eigenständigen Wiederholung um am nächsten Morgen nach dem Frühstück kurz den Ausführungen von Christian Lasch und Rainer Berg zur Sprungkraft zu folgen. Auch Volker Piekarsky gab hierzu ein paar interessante Erläuterungen.
Auf dem Fußballfeld ging es dann im Sprungkraft. Hechten in allen Variationen war nun angezeigt. Mit Hürden und Sprunghindernissen zeigte Rainer Berg rasch, wie im Profi Bereich Sprungkraft Torwartspezifisch umgesetzt und trainiert wurde.
Die vier Teilnehmer der Demonstration stellten sich den hohen Anforderungen die Rainer Berg stellte.Rasches Aufstehen, Einbeiniges und Beidbeiniges Abspringen, Stemmschritt und der richtige Abdruck waren nun auf dem Programm und wurden der hinter dem Tor stehenden interessiert zusehenden Teilnehmerschar gezeigt. Rainer Berg gab dabei immer Erläuterungen und Erklärungen und in den Erholungspausen der Teilnehmer der Übungen stellte er sich der Diskussion der Fragen.
Hierbei muss man ergänzen, daß es traurig ist, wie wenige Teilnehmer bereit sind, am eigenen Leib mitzuwirken und sich der Hausforderung zu stellen, sei es als Trainer mitzuwirken, oder als Ausführender. Dabei geben viele der Teilnehmer gerade aus dem höherklassischen Bereich immer wieder deren Wirken in großen Vereinen, der Talentförderung und Jugendarbeit an, wo es oft sehr wichtig ist, Übungen am eigenen Leib zu erfahren, vormachen zu können oder demonstrieren zu können. Es ist daher sehr schade, daß auch hier der Eindruck oft entsteht, daß viele Teilnehmer sich mit der Rolle eines Zuschauers abfinden können und vom Namen des eigenen Vereines oder einer Torwartschule leben, anstelle auch hier sich praktisch zu beteiligen und die eigene Lehrkompetenz auch aktiv unter Beweis und in Kritik zu stellen.
Nach dem Mittagessen standen nun Ausführungen zur Koordination auf dem Programm.
Volker Piekarsky und Christian Lasch beleuchteten die 5 Koordinationsfähigkeiten:
- Differenzierungsfähigkeit
- Gleichgewicht
- Orientierung
- Rhythmusfähigkeit
- Reaktion
Dabei wurde erwähnt, daß auch Umstellungsfähigkeit und Koppelungsfähigkeit oft zu diesen Koordinativen Fähigkeiten gezählt werden und diese im Kindesalter ausgebildet werden müssen, weil diese nicht angeboren sind.
Daher seien gerade bei Kindern im Fußballspiel Übungen zu diesen Fertigkeiten sehr wichtig und sollten daher auch immer wieder in der Torwartausbildung gemacht werden.
Nach der Kaffeepause war nun wieder Praxis angezeigt, wobei nun Rainer Berg rasch Übungen zur Koordination mit vier Teilnehmern demonstrierte. Koordinationsleiter, Übungen mit Hütchen und Bällen standen nun auf dem Programm. Rainer Berg belaste dabei die Teilnehmer über eine Stunde lang, und weis darauf hin, daß Kondition gefragt war, weil Koordinationstraining immer auch Konzentrationsarbeit ist, und diese Belastung auf die mentalen Fähigkeiten wie nichts anderes einwirken würde.
Nach einigen, wenigen abschließenden Fragen wurden die Teilnehmer nun verabschiedet und machten sich nach dem Duschen auf die mehr oder weniger lange Heimreise.
Abschließend ist zu bemerken, daß vielen Torarttrainern der Mut und Wille zum Austausch fehlt und daher oft Trainingsmethoden nicht wirklich überall ankommen oder beherzigt werden, ja auch bestimmte Vorurteile und einige diskussionswürdige Technikformen und Technikdetails zum Teil ohne Nachdenken oder Diskussion verworfen, verurteilt oder gefördert werden. Dies ist schade, denn nur gemeinsam kann man das Training im Austausch immer wieder abwechslungsreich und interessant gestalten.
Dies geht nicht ohne Diskussion und Austausch, was leider diese Seminare oft nur bedingt sind.
Auch hier spürt man oft den Klüngel der großen Vereine, sehr zum Nachteil kleinerer Vereine, die doch oft die Jugendarbeit für die Großen Vereine übernehmen.
Auch wenn die Inhalte dieser Seminare immer wieder gleich sind, ist doch der Austausch das, was einen Torwarttrainer weiter bringen kann, weil andere Ansichten und andere Trainingsmethoden hier einfach das Repertoire und Verständnis des Torwarttrainers bereichern und ergänzen.
Leider neigen einige Torwarttrainer hier eher zum Stillstand und verweigern sich daher der Gelegheit zum Knüpfen von Kontakten und der Gelegenheit des Austausches.
Doch dies ist eine andere Diskussion.