Sehe ich ähnlich wie Druffeler. Natürlich ist es nicht ganz risikofrei, wenn der Torwart Pässe spielt, die möglicherweise zu gefährlichen Fehlpässen werden können.
Neben der aufgeworfenen Frage "Traue ich mir den Pass zu?" steht dabei auch eine Risiko/Nutzen-Gewichtung an. Bin ich bereit - vorausgesetzt ich habe einen TW, der es sich technisch und psychisch zutraut, aus der Bedrängnis einen gezielten Pass zu spielen - die Folgen einiger Fehlpässe über die Saison in Kauf zu nehmen? Und sind die Vorteile, die ich daraus ziehe ausreichend, um das eingegangene Risiko zu rechtfertigen? Zwei Beispiele zu diesen Fragestellungen:

A) Bayern München: Das Spiel ist auf Ballbesitz ausgerichtet, demzufolge ist es wichtig, den Ball in den eigenen Reihen zu halten, auch dann, wenn der Gegner mal drückt. Würde man hier Bälle zu oft rausprügeln, würde man dem Gegner Pausen gewähren und müsste selbst dem Ball hinterherlaufen. Somit würde die risikolose Variante nicht zum Spielsystem passen. Zudem hat man mit Neuer einen Torwart (Absicht?), der die technischen Fähigkeiten hat, um die Fehlpassquote auch unter Druck gering zu halten. Eine sinnvolle Kombination!

B) Borussia Dortmund: Anderes Spielsystem, das auf Ballgewinne und schnelle Konter ausgelegt ist. Für dieses System ist es dann gar nicht mal schlecht, wenn der Ball lang gekloppt wird und der Gegner dann tief in der eigenen Hälfte einen herabfallenden Ball verarbeiten muss oder das Spiel durch Einwurf fortsetzen muss. Eventuell kann man mit sowas (obwohl man den Ball zunächst abgibt) dann mehr Gefahr erzeugen, als durch gezielte Ballabgabe vor dem eigenen Tor. Dazu (oder auch hier Absicht?) hat man einen TW, dessen Stärke nicht das Herausspielen ist. Auch hier passt die Kombination dann.

Wären die Keeper in beiden Fällen anders verteilt, könnte es möglicherweise nicht mehr passen, sodass man die Keeper (oder die Teams) zu einem anderen Verhalten anhalten müsste.

Habe ich eher die Bayern-Variante, ist es dann auch eine Frage des Anspruchs. Wird der Pass aufgrund des gegn. Stellungsspiels zu riskant, muss der Torwart die risikofreie Variante spielen. Aber er darf auch nicht zu risikoavers werden. Es ist wie bei der Frage "Fangen oder kontrolliert ablenken?" von Schüssen. Natürlich ist ein gefangener Ball besser, als ein zur Ecke geklärter. Ist das Risiko aber zu hoch, den Ball gefährlich abklatschen zu lassen, ist eine Sicherheitsaktion auf Kosten einer Ecke besser. Das abzuwägen ist dann Aufgabe des TW, der aber in die Kritik geraten wird, wenn er zu oft auf Nummer sicher geht und fangbare Bälle zur Ecke klatscht, genauso wie es Ärger gäbe, wenn jedes zweite Tor durch einen Abpraller entsteht, weil der TW einen zu strammen Schuss unbedingt festhalten wollte.