Ergebnis 1 bis 50 von 78

Thema: Liebes Tagebuch bzw. Erlebnisse, die ihr unbedingt loswerden müsst...

Baum-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #33
    Welttorhüter
    Newcomerin des Jahres 2009
    Avatar von Believer
    Registriert seit
    30.04.2009
    Ort
    Berlin (Mahlsdorf)
    Beiträge
    4.328
    Blog-Einträge
    15

    Standard

    So, hier kommt mein letzter Beijing-Bericht.

    Review: 25.07 - Mauertag
    "Unendlich lange Mauer"


    Man hat dieses Gefühl. Der Verstand kann nicht begreifen wie lang diese Mauer ist, wenn man auf einem Turm steht und über die Länge dieses Steingebildes hinweg sieht. Es ist immer wieder faszinierend und überwältigend zugleich. Ich drücke es mal mit den Worten von einem Schauspieler aus "Gladiator" aus, der vor dem Colosseum stand und sagte: I didn't know humans could build such things...
    Dieser Gedanke begleitete meinen Weg über die Mauer, der nicht gerade kurz war. Wir sind 5 1/2 Stunden über Steine gelaufen, hinweg geklettert. Der schlimmste Anstieg war etwa auf einem 1/3 der Strecke. Da die sich chinesische Mauer in ihrer Gesamtheit über 12.000 km, auch in den Bergen von Badaling (70 km von Peking entfernt) erstreckt. Die bloße Mauer ist "nur" 8851,8 km lang, doch gerechnet auf die dazuhörigen seperierten Mauersegmente, umfasst sie diese Länge.
    Sie ist also mit zwei Adjektiven beschrieben unglaublich lang.
    Die Berge machen den Weg über die Mauer so anstrengend, da sie an Berghängen natürlich mit unglaublich steilen Treppen versehen ist, bei denen man Glück haben muss, damit sie noch gut erhalten sind. Es werden schon Mauerteile restauriert, aber ich halte das für Schwachsinn, solange sie nicht droht in sich zusammen zu fallen.
    Bei den Treppen nun war die einzige Überlegung meistens nur noch: Hoch - und das so schnell wie möglich.
    Glaubt mir, nach 30 Riesenstufen versagen euch die Waden- und Oberschenkelmuskeln und nach 10 weiteren Stufen kann man nicht mehr rennen, auch wenn man es will. Es gab ungefähr 10 von diesen Treppen.
    Die mittigen 1,5 h (nach etwa 1,5 h Marsch) sind die schlimmsten, denn das ist der Zeitpunkt, an dem der Körper rebelliert. Diesen Zeitpunkt kennt jeder Läufer nur zu gut, wenn euch der Körper sagt, was ihr tun sollt und dass er erschöpft ist und eigentlich keine Lust mehr auf die ganze "Sch*" hat, aber ihr genau wisst, dass ihr noch weiter laufen könnt - wenn sich euer Wille nur durchsetzt. Danach ist es nach 1h Stunde joggen, als würde man selbst im Stehen weiterlaufen und im Grunde tut man das irgendwie auch. So ist es eben auch in diesen 1,5 h an der Mauer. Danach geht alles von allein, denn man denkt nicht mehr, sondern handelt nur noch in Automatismen. Ein Fuß vor den Anderen, Steigung, Abstieg, ein Fuß vor den Anderen... das war die schönste Zeit. Außerdem konnten wir uns immer gut mit unserem "Germany's Next Wall Model"-Projekt ablenken.
    Aber diese 5,5 h Fußweg muss man mitgemacht haben, wenn man die Chance hat die Mauer zu besichtigen. Ich war/bin heilfroh über diese Möglichkeit.
    Diese unendliche Weite ist das Schönste an diesem Ausflug gewesen. Wohin das Auge reicht, sind nur Berge, Mörtel und Gestein - und eben der Himmel über euren Köpfen. Genial.
    Dieser Tag war sicherlich das Highlight - mit dem Besuch des Lama-Tempels, der jetzt folgt.



    Review: 27.07. - Day 10
    "Von der Magie des Lama-Tempels"


    Der Yonghegong (chin. "Lama-Tempel") ist für mich wohl der schönste Ort in ganz Beijing. Er liegt zwischen riesigen Skyscrapern versteckt in einem kleinen Houtong-Viertel (welches aufgrund des Penetranten Geruches nicht für einen längeren Aufenthalt zu empfehlen ist ) im nördlichen Beijing. Die Tempelanlage ist die am besten restaurierte, aber auch, im Verhältnis gesehen, kleinste Tempelanlage. Dennoch liebe ich sie, wie keinen anderen buddhistischen Tempel, den ich besucht habe.
    Ich habe mich nicht viel mit Buddhismus beschäftigt - ich gebe es zu. Meine Kenntnisse reichen nur bis zu Büchern. In einem von diesem sind die Worte Buddhas zitiert, ein Anderes hat der Dalai Lama über Meditation und die Grundlagen des Buddhismus verfasst, das Letzte ist eine Erzählung über einen kleinen Mönch, der aus seinem Heimatdorf fliehen muss und in einem Kloster zu Flucht und Verbindung zum Buddhismus findet.
    Dennoch finde ich diese Religion hochspannend und wenn ich nicht Agnostiker wäre - ich würde diese wählen. Es geht dabei nur um den Einzelnen, der seinen Weg finden soll. Es geht nicht um beten und bitten, sondern um Ehrerbietung für einen Mentor, dessen, für mich wichtigster Satz wie folgt lautet (ähnlich): Folgt nicht strikt meinen Anweisungen und Worten, sondern findet euren eigenen Weg.
    Hochspannend. Ich will keine Diskussion über Religionen vom Zaun brechen, aber diese meine Auffassung steht in ganz engem Zusammenhang mit meiner Wahrnehmung des Tempels.
    Der Lama-Tempel nun, ist der einzige Tempel, den ich Chinesen mit Räucherstäbchen betreten sehe. Ganze Bündel werden in den kleinen Räucherstäbchen-Shops vor dem Tempel gekauft und tütenweise hineingetragen. Vor jedem Tempel-Gebäude steht ein gusseiserner Wagen, in dem die Glut von schon mehreren verbrannten Räucherstäbchen schmort, daneben ein Trog, in dem eine Flamme zum Anzünden züngelt.
    Die Chinesen nehmen sich nun ein kleines Bündel Räucherstäbchen, klemmen sich diese zwischen die aneinander gelegten Hände und vollführen auf speziellen Bänken (ähnlich der ersten Stufe auf einer Feuerleiter, nur mit Torf überzogen) die typischen verbeugenden Bewegungen. Die Räucherstäbchen werden in den flach gefalteten Händen vom Herzen weg zum Tempel hingeführt, dann wieder zum Herzen hin. Dies wird dreimal wiederholt oder öfter. Vor jedem der kleinen Tempel zollen die Chinesen ihren Respekt gegenüber den Buddha-Statuen in den Gelehrtenräumen, wo z.B. auch ein Dalai-Lama sein Studium begann.
    Den Wahnsinn dieses Tempelgeländes findet ein Suchender im Haupttempel, dem Yonghegong. Dort steht ein 18 m hoher Buddha aus Sandelholz mit Goldfarbe überzogen und über und über mit Schleifen, bunten und verzierten Bändern und Perlenketten (meist Jade) behängt. Er ragt noch 8 Meter in die Tiefe und wurde aus einem einzigen Baum gebaut. Es ist nur schwer vorstellbar wie riesig und alt dieser Baum gewesen sein muss, denn er hatte solche Ausmaße, dass sie den Buddha bauten und den Tempel dann erst rundherum. Es raubt mir immer wieder die Sprache, wenn ich vor so einer riesigen Statue stehe, die auf mich herabsieht mit ihrer ganzen Ruhe und Vollkommenheit. Vielleicht mögt ihr das jetzt als overdone oder kitschich bewerten, doch dies ist einfach auch ein Teil meiner Welt.
    Die Faszination des Lama-Tempels ist die Atmosphäre. Der Duft der Räucherstäbchen, die in den Händen der knienden Chinesen ihren Rauch in die Luft kringeln lassen. Das ist es, was mich immer wieder zu diesem Tempel zurückführt. Es war bereits mein zweiter Besuch dort und es hat sich, zum Glück, nichts verändert. In dieser Atmosphäre denkt man nicht viel nach - man läuft, schaut, bewundert und atmet einfach diese aromatisierte Luft ein und aus. Das ist es.
    Es war einer der zwei Gründe, warum ich unbedingt nach Beijing zurück wollte. Und ich sage euch: Würde dieser Tempel in Berlin stehen - ich wäre vor jedem Spiel dort.


    28.07. - Day 11
    "chinesische Morgengymnastik... "


    Mit gerade Mal 5 h Schlaf wurde ich heute morgen aus den Federn gerissen. Zwar blieb mir die Entscheidung frei, ob ich aufstehen wolle oder die etwas bequemere Variante bevorzuge, aber ich konnte mir diese Gelegenheit pekinger Morgenkultur zu erleben, einfach nicht entgehen lassen. Wir sind also zum Pekinger Stadtpark gejoggt/gefahren. Meine Schwester hat natürlich sofort auf dem Fundament des Sonnentempels - dort ist wohl das Feng Shui optimal - ihre Stretchübungen gemacht und damit die dort anwesenden Chinesen in Aufrur versetzt.
    Mein Dad und ich haben uns derweil im Park bei diesen Do-it-yourself-Fitnessgeräten (Foto unten) umgesehen und die Federfußballer gesucht. Ihr müsst euch einen Hackisack vorstellen, der oben mit 4 Federn versehen ist. Dann ersetzt ihr den Hackisack durch eine Plastikscheibe, die mit aufgestabelten Metallscheiben beschwert sind und in dessen Halterung die Federn stecken - et voilà - ein Federfußball. Meistens kann man sie im Park - je nach Aufmachung und Qualität - im Rahmen von 50 Cent bis 3 € kaufen bei einer Frau, die mit diesen Spezialanfertigungen jeden Morgen dort ist. Mein Vater war ja überzeugt davon, dass wir bei den 4 Chinesen/innen, die dort im Kreis standen, unbedingt mitspielen müssen, aber ich genierte mich da doch etwas. Bis dann einer der Chinesen (etwa 65) uns sah und uns begeistert heranwinkte. Und ehrlich Leute?
    Es bockt voll! Mein Gott, der eine Chinese (den werdet ihr noch auf den Bildern sehen) war dermaßen skilled, dass mir nur hören und sehen vergingen. Im Grunde kann man ja alle Skills, die man mit einem normalen Ball macht, auch mit diesen Federfußbällen durchführen. Doch unterschied sich mein "Stil" schon deutlich vom chinesischen. Ich bin ja das Jonglieren mit dem Spann gewohnt, wobei sich das "Jonglieren" (meist sind es nur 1-2 Berührungen) mit der Innenseite wirklich besser macht. Irgendwann teilten sich die Gruppen, so dass ich mit diesem "High-skilled-Man" und einer Frau zusammen spielte, was diese 45 min. auch zu einem Beijing-Highlight machten. Am Ende war ich ganz gut im Spiel und sie fingen schon an zu zählen weil wir zusammen den Ball gute 10 Minuten hochhalten konnten - wenn auch ab und zu mit Ganzkörpereinsatz, wie die Bilder bestätigen werden.
    Beim Verabschieden wollten sie mir das Versprechen abnehmen morgen wieder zu kommen, nur leider fliege ich ja heute schon ab (es ist ca. 01:22). Also deutete ich auf mich "Me" machte Flügelbewegungen und fügte "tomorrow, sorry" hinzu. Sie antworteten mir mit: "Nice" + Flügelbewegungen. Ja, die Kommunikation in Beijing ist wirklich manchmal super lustig, aber auch sehr süß.

    Der Rest des Tages läperte sich so bis 19 Uhr zusammen. Ein kurzer Besuch im Silk Market, um 200 g Yasmine Tea zu besorgen und ein kurzer Aufenthalt im Carrefour aus der Notwendigkeit heraus, dass ich meinen Koffer mit Milch-Tea-Pulver vollstopfen will. *grins* Das Spezielle an diesem Yasmine Tea ist seine Form. Es sind richtige Blüten, die man dann meistens in einer gläsernen Kanne im heißen Wasser aufgehen lässt und die dann dort wie Blumen hin- und herschwimmen. So etwas ist in Deutschland wirklich sehr teuer. Dazu habe ich von meinem Vater ein schönes Teeservice geschenkt bekommen und einen chinesischen Teebecher mit wirklich ausgeklügelter Sieb-Kontrollier-Technologie.

    Um 19 Uhr kamen wir dann mit dem Taxi in dem, wie mein Vater behauptet, besten Restaurant für Peking Ente der Stadt an. Wir hatten ein Separé gemietet, in dem uns eine Kellnerin rund um die Uhr betreute. Das Essen war effordbar (sorry, ich habe einen Hang zu denglisch manchmal ), die Peking-Ente wie letztes Mal (dies war mein 2. Besuch dort) delicious und die Speisen dazu klasse. An sich bringt euch eine Beschreibung nicht viel, aber ich denke, dass sich die meisten von euch unter einem traditionellen Peking-Enten-Essen etwas anderes vorstellen, als es der Realität entspricht. Daher habe ich hier mit Bildern eine kleine "Bedienungsanleitung" angefertigt.



    Das ist euer Zubehör, zusätzlich zum Teller und zu den Reisfladen natürlich



    1. Step: Man nehme einen Reisfladen (noch dünner als ein Crêpe) und lege ihn glatt auf den Teller. Beachtet: Alles wird mit Stäbchen gemacht.



    2. Step: Mit den Stäbchen wird ein Stück Ente gegriffen und in die dafür vorgesehene Soße getaucht.



    3. Step: Nun schmiert man ein wenig von der Soße über den Fladen und lege dann das Stück Fleisch in die obere Hälfte. Beachtet: Stäbchen



    4. Step: Dies wird nun mit dem dazugehörigen Gemüse (Rettich, Zwiebeln, Gurke, gehakter Ingwer, Pilzmuß) garniert.





    5. Step: Die untere Kreisfläche wird nach oben geklappt. Beachtet: Stäbchen



    6. Step: Die linke Ecke wird über die Mitte geschlagen. Beachtet: Stäbchen



    7. Step: Die Rolle wird einmal über die rechte Ecke gedreht, so dass die Rückseite nun nach oben zeigt. Beachtet: Stäbchen

    8. Step: Jetzt habt ihr sehr viel Arbeit und Schweiß investiert (vorausgesetzt, ihr habt die mit "Beachtet" versehenen Hinweise befolgt ) - na dann: Ab in den Mund damit! Guten Appetit



    Das soll es für heute gewesen sein. Die Bilder füge ich noch mit an (nur die Bedienungsanleitung - der Rest kommt morgen in Deutschland, wenn ihr es mir verzeiht ), dann heißt es für mich: Ab ins Bett, denn es wird dann, wenn ich schnell bin, ca. 02:00 Uhr Ortszeit sein. Morgen heißt es schon um 06:00 Uhr aufstehen, da unser Flug verhältnismäßig früh geht und bei längeren Flügen der Check In und damit die Sitzwahl - das wohl Wichtigste bei 10 h - immer 2 h vorher beginnt.
    Ich hoffe euch hat dieses kleine Reise-Tagebuch gefallen und desweiteren, dass dieser Thread nicht ausstirbt und ihr auch etwas zu erzählen habt.
    Das wars von mir aus Beijing.

    Over & out.
    Geändert von Believer (28.07.2009 um 19:13 Uhr)
    "Bangerang"

    Krieger des Lichts
    06.11.09 † 10.11.09

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen

  1. Eure kuriosesten Erlebnisse
    Von makaayfan im Forum Allgemeine Torwartthemen
    Antworten: 135
    Letzter Beitrag: 07.07.2011, 18:25
  2. torwart.de-Camp 2009: Paulianers Tagebuch
    Von Paulianer im Forum torwart.de-Camp
    Antworten: 61
    Letzter Beitrag: 12.10.2009, 16:53

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •