Gut, dann übernehme ich jetzt mal kurz das Zepter.
Ich hatte leider noch nie das Vergnügen mit einem Torwarttrainer länger als 2 Monate zusammen zuarbeiten, deshalb kann ich die Erfahrungen nur im Anfangsstadium beschreiben.
Das Vertrauen eines Spielers zu seinem Torwarttrainer ist ein anderes, als zum normalen Trainer oder zu anderen Spielern. Wieso ist das so?
Nun, da würde ich mir zu erst die Erwartungen ansehen, die ich an meinen Torwarttrainer habe, die Erwartungen, die er an mich stellt und die Vorraussetzungen für eine gute Beziehung zwischen Beiden. Ich erwarte also von meinem Torwarttrainer, dass er umfassende Fachkenntnisse hat, also die nötige Kompetenz besitzt, so dass ich in seine Übungen und deren Effektivität vertrauen kann. Ich spreche nicht von einem allumfassenden Wissen, sondern von einer gewissen Fachkompetenz. Jeder ist fehlbar - auch das ist wichtig.
Als nächstes erwarte ich von ihm Engagement und den Willen mit mir zu arbeiten - das sollte selbstverständlich sein.
Der Mensch hinter meinem Trainer ist auch ein sehr wichtiger Punkt für mich. Ein reines Akzeptieren, wie es ab und zu zwischen den Feldspielern ist ("Ich muss nur auf dem Feld mit ihm/ihr zusammen spielen, aber eigentlich kann ich ihn/sie nicht ausstehen"), käme bei mir nicht in die Tüte. Auch darauf basiert mein Vertrauen. Letztendlich steht beim Torwarttraining noch mehr die Individualität im Vordergrund im Vergleich zum Feldspielertraining, in dem der Cheftrainer sich gleich mit 18 Spielern/Spielerinnen befassen muss. Am Ende ist eines der wichtigsten Dinge für mich: Leidenschaft.
Was erwartet der Tw-Trainer im Gegenzug von mir?
- Einsatz & Leidenschaft - den Willen in Übungen auch ab und zu an die Schmerzgrenze zu gehen im Wissen, dass es mich weiterbringt. (evt. Engagement außerhalb des Feldes)
- Konzentration während dem Training
- Feedback - Fragen zu Übungen, Einschätzung der Trainingseinheit (positives, negatives Feedback), Eigeninitiative
- Verantwortungsbereitschaft - für mich, für meine Leistung (in der Fehleranalyse z.B.)
- Allgemeine Regeln jeder zwischenmenschlichen Beziehung (z.B. Ehrlichkeit)
Wenn diese Erwartungen untereinander erfüllt werden, ist ein Grundstein für die vertrauensvolle Beziehung zu einem Torwarttrainer in dieser Altersklasse (ich gehe die ganze Zeit von mir aus) gelegt.
Warum ist nun die Beziehung zwischen Torwarttrainer und Torwart so eng?
Das ist eine schwierige Frage - ich kann es nur vermuten. Einmal habe ich bereits die Individualität des Torwarttrainings angesprochen, bei dem meist nur 1-3 (selten 4) Torhüter trainiert werden. Somit ist ein besseres Einstellen aufeinander möglich. Ich würde es mir aber im Grunde so erklären:
Mein Torwarttrainer teilt mit mir (nach obigem Modell) die Leidenschaft des Fußballes. Das ist schon ein entscheidender Schritt, denn jeder von beiden ist sich im Klaren, dass
das hier, der grüne Platz, der Ball und die zwei Paar Torwarthandschuhe, das Entscheidende sind. Zwei Menschen, die eine Leidenschaft für einander teilen sind wohl sehr enge Freunde oder ein Liebespaar. Was sind zwei Menschen, die eine Leidenschaft für eine Sache teilen? Fans, Verrückte oder auch zusammengefasst: Torwarttrainer und Torwart

Nun wird mich der Torwarttrainer im Verlauf der Trainingseinheiten wahrscheinlich an meine Grenzen gehen sehen. In diesem Moment bin ich alle, erschöpft und verwundbar. Ich schreie, weine, fluche - es kann alles sein. Er wird mit der Zeit ein Feingefühl entwickeln müssen, wie er solche Situationen handhabt. Was er sagt, wenn er mich beruhigen will nach einem Fehler oder mir den letzten Motivationsschub für die zwei restlichen Durchgänge gibt. Genauso verhält es sich in jenem Fall, wenn ich im Spiel einen Fehler mache. Wie baut er mich auf? Das ist wohl einer der schlimmsten Momente für einen Torwart: Es steht 1:1 und in der Nachspielzeit fängt man sich so ein Ei zum 1:2. Wie reagieren? Das ganze Training war umsonst - Ich habe die Niederlage verschuldet und auch die Arbeit des Teams zu nichte gemacht. Wie reagieren in so einer Situation, in der der Torwart verletzt ist und emotional am Boden? Dazu müssen sich diese zwei Menschen kennen und ein Feingefühl füreinander und den Charakter des anderen entwickeln. Mit solchen Momenten baut sich ein Vertrauensverhältnis auf.
Ebenso wie bei einem gescheiterten Training. Was waren die Gründe? "Stress zu Hause, mit dem Freund/der Freundin?" kommt die Frage vom Torwarttrainer. Sofort gebe ich etwas sehr persönliches frei, um mich von dieser Last ein wenig zu lockern. Je mehr sich beide aufeinander einlassen, desto größer wird das Vertrauen zwischen beiden. Dazu gehören natürlich auch unabdinglich der Erfolg langfristig und das gute Gefühl im Training.
Dann gibt es da noch etwas. Ich kann es nicht genau beschreiben. Ich habe es das letzte Mal abends im Camp erlebt. Wer sich
hier Beitrag Nummer 123 durchliest, bekommt zu mindest eine Ahnung davon, was ich meine. Luke, Paulianer & co werden wissen wovon ich rede.
Das mag jetzt kitschig klingen, aber man sieht es in den Augen seines Gegenüber, das Vertrauen und sein eigenes.