@Schnapper: Danke, dass du mich auf dieses Thema aufmerksam machst. Ich werde versuchen, die alten Beiträge mit der aktuellen Situation zu koppeln.
Ich versuche mal, eine Essenz aus den bisherigen Beiträgen zu ziehen: Am Ende ist es so, dass wir Torhüter versuchen, für Verständnis zu werben. Wir wollen verstanden werden in unserer Sonderrolle, in der ein Fehler ein Gegentor bedeutet. Wir möchten, dass dies bei unseren Fehlern bedacht wird, dass uns ein Fehler nicht allzu sehr zur Last gelegt wird, dass wir Vertrauen bekommen nach schwachen Leistungen.
Wir möchten einfach neutral bewertet werden. Wir sind selbst darum bemüht, gute Leistungen von uns nicht allzu sehr an die große Glocke zu hängen, das selbe soll doch bitte bei schwachen Leistungen der Fall sein.
Was ich mich nun Frage: Ist es vielleicht der falsche Weg, ständig um Verständnis zu werben für die Rolle des Torwarts? Wäre es nicht besser, wenn wir die allgemeine Einschätzung des Torwartspiels akzeptierten? Wenn wir den "Anderen" eingeständen, dass ein Fehler katastrophal ist und stattdessen unser Selbstvertrauen vielmehr aus unseren guten Leistungen zu ziehen?
Bisher wurde die Definition des Torwarts ja immer von Seiten der schlechten Zeiten betrachtet. Fehler passieren, die einen runtermachen, die einem jedes Selbstvertrauen rauben.
Ich möchte jetzt mal von der anderen Seite kommen:
Der Torwart spielt ein Riesenspiel, hält alles, was er halten kann und vielleicht noch ein bisschen mehr. Es sind - gemessen am erreichbaren Leistungsniveau - echt gute Paraden dabei. Ich selbst habe das gerade gestern erlebt. Was sind hier die Reaktionen im Umfeld? Es ist ein Auswärtsspiel, Heimzuschauer, die hinter dem Tor stehen sagen "Wow, starker Fänger, den die Gäste da im Kasten haben". Die eigenen Spieler, die Fehler machen, kommen nach einer Parade zu mir: "Danke, dass du mich da rausgeboxt hast". Das Spiel geht leider doch verloren, 1:3, nach dem Spiel der Handshake mit dem Gegner, "Starkes Spiel", "Hast es uns ganz schön schwer gemacht heute", "Echt, super Leistung Junge"...
Und wie reagieren wir? "Ach, man tut halt, was man kann", "Naja, hat leider trotzdem nicht gereicht", "3 Dinger waren trotzdem drin". Habe ich mich selbst bei erwischt.
Warum reden wir unsere guten Leistungen in diesem Moment immer selbst herunter? Warum nutzen wir solche Spiele nicht, um uns quasi einen Selbstvertrauensvorrat anzulegen für schlechte Zeiten?
Hier kann ich das Beispiel Thomas Kraft ranziehen, der ein echt starkes Spiel in Mailand gemacht hat. Es gibt natürlich immer Unterschiede zwischen dem, was man den Medien sagt und dem, was man sich selbst sagt, aber "Ich habe heute halt meinen Job gemacht", "Was ganz okay, aber jetzt steht das nächste Spiel an". Wer erkennt diese Aussagen denn nicht wieder?
Sagen wir uns nicht vielleicht zu oft nach guten Leistungen, dass wir "einfach unseren Job" gemacht haben? Sind wir da nicht zu oft zu bescheiden?
Hier im Forum ist es doch auch so: Ein Keeper zeigt eine wirklich gute Parade und von allen Seiten kommt: "Naja, auf dem Niveau muss er den auch halten", "Schon gut gehalten, aber nicht unbedingt weltklasse".
Hilft uns diese Bescheidenheit wirklich weiter? Setzen wir an diesem Punkt nicht selber den Grundstein dafür, dass gute Leistungen als selbstverständlich angesehen werden und man beim nächsten Fehler der Fliegenfänger ist? Dabei ist es doch nichtmal unbedingt so, dass das Umfeld diese Leistungen von uns als selbstverständlich abtut. Das tun wir doch vielmehr selber. In den Medien wird Kraft nach seinem Mailand-Spiel gehypt, Rensing ist momentan ein vielgelobter Mann, Neuer sowieso. Sollten wir nicht diesen Hype auf gewissen Bahnen - immer jedoch kritisch reflektierend, um am Boden zu bleiben - nutzen, um uns selbst stark zu machen? Um eben dieses so wichtige Selbstvertrauen zu tanken und zu konservieren, um immer besser, immer sicherer zu werden?
Ist es vielleicht am Ende so, dass wir das Umfeld nicht verstehen statt andersherum? Dass wir uns selbst viel zu kritisch sehen und uns in guten wie in schlechten Zeiten schwächer reden als wir sind?