Zuerst mal mein Dank an Schnapper für die Eröffnung dieses Threads.
„Psychischer Druck nur bei Profis oder auch bei Amateuren“ ist eine Frage, die sich mit einem klaren Ja beantworten lässt, da Druck letztendlich immer aus der Differenz zwischen der eigenen Erwartungshaltung und dem gefühlten eigenen Leistungsvermögen entsteht. Aus diesem Grund kann psychischer Druck immer und überall und bei jedem entstehen. Es ist daher notwendig, sich beide Faktoren näher anzusehen, um zu verstehen, wie es zu diesem Druck kommt.
Die eigene Erwartungshaltung wird aus vielen Bausteinen zusammengesetzt, die aus einem Wechselspiel mit unserer Umwelt entstehen. Zunächst sind wir Torleute und das Wesen des Torwartspiels besteht darin, dass es sicherheitsorientiert ist, also keine Fehler erlaubt; im Gegensatz dazu sei der Stürmer genannt, der einen Volley mit vollem Risiko Richtung Tor hämmert, egal wo der Ball landet. Jeder weiss im Grunde aber auch, dass Fehler ein Merkmal der menschlichen Natur sind, und sich daher nicht immer vermeiden lassen. Unsere Umgebung setzt diese menschliche Grundeigenschaft aber für Torhüter allzu oft ausser Kraft und lässt uns dies auch spüren. Sätze, wie „Du darfst heute keinen Fehler machen“, „Da hast du heute wieder daneben gegriffen“ oder „den musst du haben“ gehören für uns zum Alltag.
Derartige Worte hören wir von unseren Mitspielern, dem Trainer, den Zuschauern oder eben auch den Medien und unserem sozialen Umfeld wie Familie, Beruf, Schule oder Freundeskreis; unabhängig davon, ob wir Profi oder Amateur sind. Da gibt es nämlich nur einen wesentlichen Unterschied: Die Kritik am Profi findet in breiter Öffentlichkeit statt und ist in der Masse angelegt und somit, trotz persönlicher Angriffe, gewissermassen anonymisiert und oft nicht greifbar. Der Amateur dagegen steht meist in ständigem persönlichen Kontakt mit denen, die mehr von ihm erwarten und er muss diese Angriffe oft Auge in Auge mit seinem Gegenüber hinnehmen. Diese Problematik wird durch das allgemeine Unverständnis des Torwartspiels zusätzlich verschärft, so dass zum einen viele Angriffe ungerechtfertigt sind und zum anderen eine Verteidigung nur sehr schwer möglich ist.
Durch die Nullfehlertoleranz, die dem Torwartspiel zugrundeliegt kommt es zu einem weiteren Problem für den Amateurspieler. Jeder kennt die Paraden eines Lehmann, Neuer, Adler, Wiese etc. aus dem Fernsehen und erwartet die gleiche Leistung von einem Amateurkeeper. Im Gegensatz dazu, erwartet niemand von einem Kreisliga-Feldspieler ein Hochgeschwindigkeitsdribbling ala Robben. Warum? Ganz einfach, der Feldspieler hat das Recht Fehler zu machen, ganz im Gegensatz zum Torwart. Deswegen wird beim Feldspieler Müller1 mit Müller2 und Müller3 verglichen, während der Kreisliga-Keeper mit National- und Welttorhütern verglichen wird.
So wird von aussen eine Erwartungshaltung erzeugt und von vielen Torleuten leider übernommen und verinnerlicht, die weit über ihrem abrufbaren Leistungsvermögen liegt. Und diese Diskrepanz wird als Druck spürbar; ein psychischer Druck, der sich meist auch leistungsmässig negativ bemerkbar macht und so zu noch mehr Druck führt. Ein Teufelskreis indem sich viele Keeper in unteren Ligen befinden. Für uns gibt es nur einen Ausweg aus diesem Dilemma: Eine realistische Erwartungshaltung an unsere Leistung, im Wissen um unser Können, aber auch um unsere Fehlerhaftigkeit.
Dazu muss man sich im Klaren sein, dass es Fehlerlosigkeit nicht gibt und es immer nur darum geht unsere Fehler zu minimieren und dass wir trotz allem Leistungsanspruch im Grunde nur eines tun: Wir spielen ein Spiel – weil es uns Freude macht!
Ich persönlich habe nie Druck empfunden, denn ich wusste immer was ich kann und habe versucht genau dies zu spielen. Ich war nie ein Sepp Maier oder Oliver Kahn, sondern immer nur strigletti und habe das gespielt, was strigletti konnte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.