Der nachweisbare Unterschied beim "nach vorne Agieren" im Gegensatz zum "seitlichen Fallen", liegt im kürzeren Weg zum Ball.
Daraus resultiert der Vorteil, dass der Torwart mehr Bälle innerhalb der Entfernung erreicht, wo er sie sicher halten und nicht nur ablenken kann. Das bedeutet weniger Nachschussgelegenheiten und weniger Eckbälle für den Gegner. Der Nachteil dabei ist, dass aufgrund dieses kürzeren Wegs zum Ball dem Torwart weniger Zeit zur Verfügung steht, um diesen zu erreichen. Ich glaube so lässt sich das bis jetzt zu diesem Thema gepostet zusammenfassen.
Die Frage ist also, was mehr ins Gewicht schlägt, der Vor-oder Nachteil. Und da lohnt es sich den Nachteil einmal näher zu beleuchten und zu hinterfragen. Klar ist, dass es dabei nur um Hunderstel Sekunden geht, die dem Torwart weniger bleiben, um den Ball zu erreichen; aber genau diese Hunderstel können entscheidend fehlen. Am einfachsten wäre es jetzt zu sagen, dann muss der Torwart eben in der Situation entscheiden, ob ihm die Zeit reicht, um "nach vorne zu agieren" oder nicht; reicht sie agiert er wegen der grösseren Sicherheit nach vorne, andernfalls muss er eben seitlich fallen. Dies wäre zunächst der logische Schluss aus Steffens Meßarbeit (Danke für diese Wahnsinnsarbeit Steffen).
Doch diese Zeit- und Entfernungsstudie kann einen ganz wichtigen Faktor nicht erfassen: Der Torwart ist ein Mensch und dieser kann sich naturgemäss, nicht in alle Richtungen gleich schnell bewegen. Und so stellt sich mir die Frage, ob dieser Zeitnachteil beim "nach vorne agieren", auch bei der realen Ausführung in dem Mass exisitiert, wie es nach Steffens Messungen in der Theorie der Fall ein müsste. Konkret heisst dies: Kann sich der Torwart nach schräg vorne schneller bewegen, als seitlich? Kann er das - und ich glaube das tut er - dann würde der Zeitnachteil öfters wegfallen und er hätte unter Umständen sogar in einigen Fällen einen Zeitvorteil. Um das genauer zu entschlüsseln, muss man berücksichtigen, dass sich die Gesamtzeit bis zum Erreichen des Balles so berechnet:
Wahrnehmungszeit + Antizipationszeit + Entscheidungszeit + Bewegungsablaufszeit
Da sich die angewandte Technik immer nur auf den letzten Teil auswirkt, haben wir gerade bei schnellen Bällen aus kurzer Entfernung immer das Problem, dass der Zeitanteil des Bewegungsablaufes in Relation zur Gesamtzeit immer kleiner wird und wir somit irgenwann an den Punkt kommen, wo wir den Zeitnachteil, der sich aus Steffens Messungen eindeutig ergibt, nicht mehr durch die schnellere Bewegung aufholen können. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass dann der langsamere Ablauf des "seitlichen Fallens" in der Relation zur Gesamtzeit nicht mehr so zu Buche schlägt und wir damit einen Nutzen aus der längeren Annäherungsdauer des Balles ziehen können.
Leider bin ich nicht in der Lage den Beweis anzutreten, dass sich der Torwart nach schräg vorne wirklich schneller bewegen kann, als dies beim seitlichen Fallen ist. Aber vielleicht haben wir ja einen Fachmann hier, der dies kann; ich bin jedenfalls überzeugt, dass das so ist.