Vorneweg: Im Grunde ist es völlig egal, ob du dich da in einer Traningssituation befindest oder ob der Schütze im Spiel frei und unbedrängt am 16er zum Schuss kommt. Dein Verhalten in einer solchen Situation sollte sich nicht unterscheiden; die vorgehensweise ist absolut identisch. Ich halte es für absolut falsch, wenn sich der Torwart im Training anderst verhält als in der Spielsituation (Ausnahme: Der Torwart probiert ganz gezielt etwas aus).
Das wichtigste ist, dass du den Winkel für den Schützen möglichst schlecht machst; d. h. für dich: Während der Schütze anläuft, gehst du ihm soweit als möglich entgegen (Torverkleinerung). Da können schön zwei oder drei Schritte nach vorne, sehr viel erreichen. Als kleiner Anhaltspunkt: Du kannst dem Schützen im Regelfall soweit entgegengehen, wie der Schütze Anlauf hat. Sobald der Schütze den Ball erreicht, solltest du dann aber aktionsfertig in Grundstellung stehen und das Gewicht gleichmässig auf beiden Beinen verteilt haben. Bei dieser Ballentfernung ist spekulieren absolut überflüssig und kontraproduktiv! Schiesst der Schütze dann, hast du genug Zeit um gezielt in die richtige Ecke zu agieren und das Ding zu halten.
Das Problem bei diesen Torschussübungen ist doch, dass wir Torhüter unsere Spieler mit der Zeit so gut kennen, dass wir wirklich häufig schon im Vorfeld wissen, wo der den Ball hinbefördert (das Fangnetz lässt grüssen), aber das sollte uns nicht daran hindern, konzentriert und richtig vorzugehen. Als ich vor Jahren zu meinem jetztigen Verein gewechselt bin, haben sich die Spieler anfangs fürchterlich über mich aufgeregt und gefordert, dass ich doch bitte im Tor bleiben möge, denn soweit wie ich bei dieser Übung herauskäme, bekomme man doch nie einen Ball ins Tor. Ich habe diese Trainingsübung immer unter dem Motto "Winkel verkürzen und rechtzeitig fertig" angenommen; so hatte ich als Torwart auch etwas davon.
Denn eins sollte uns allen klar sein, tritt die Situation auf, dass ein Gegner im Spiel frei am 16er zum Schuss kommt, dann kann das auch in einer 1 gg. 1 Situation enden, wenn der Schütze mit dem Ball weiterläuft, statt zu schiessen. Egal wie er sich aber verhält, je weiter wir ihm entgegenkommen umso höher ist der Druck, den wir auf den Schützen machen und umso kleiner das Tor für ihn.